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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 21.01.2005
Aktenzeichen: 10 Ta 278/04
Rechtsgebiete: ArbGG


Vorschriften:

ArbGG § 5 Abs. 1 Satz 1
ArbGG § 5 Abs. 4 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 10 Ta 278/04

Verkündet am: 21.01.2005

Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 19.10.2004, AZ: 8 Ca 1199/04, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.996,39 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

Die Klägerin war bei der Beklagten seit dem 17.02.2003 als Schwesternhelferin beschäftigt. Mit Schreiben vom 21.05.2004, welches der Klägerin am 27.05.2004 zuging, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31.05.2004. Hiergegen richtet sich die von der Klägerin am 05.07.2004 beim Arbeitsgericht eingereichte Kündigungsschutzklage.

Bereits in ihrer Klageschrift vom 02.07.2004 hat die Klägerin beantragt, die Kündigungsschutzklage nachträglich zuzulassen. Zur Begründung dieses Antrages hat die Klägerin vorgetragen, sie sei im Zeitraum vom 17.05.2004 bis 16.07.2004 arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Am 25.05.2004 habe sie sich einer Operation unterzogen und sich in der Folgezeit in einer Klinik aufgehalten, aus der sie erst am 08.06.2004 entlassen worden sei. Auch danach sei sie in ihrer Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt gewesen. Sie habe sich deshalb in ihrer Wohnung in A-Straße, A-Stadt aufgehalten und sei dort von Verwandten gepflegt worden. Sämtliche Unterlagen betreffend das Arbeitsverhältnis hätten sich hingegen zum damaligen Zeitpunkt noch in einer Wohnung in E befunden. Sie habe daher ihre Tochter beauftragt, die erforderlichen Unterlagen in der Wohnung in E zusammenzusuchen und ihr vorbeizubringen. Diese Unterlagen (Arbeitsvertrag, Kündigung, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, Lohn- und Gehaltszettel) seien ihrem Prozessbevollmächtigten sodann auf dem Postweg zugeschickt worden. Unmittelbar daraufhin habe ihr Prozessbevollmächtigter die Kündigungsschutzklage eingereicht. Aufgrund ihrer Operation, dem damit verbundenen Krankenhausaufenthalt und der anschließenden weiteren physischen Beeinträchtigung sei sie nicht in der Lage gewesen, ihre rechtlichen Angelegenheiten wahrzunehmen und sich Rechtsrat einzuholen.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 19.10.2004 den Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage abgewiesen.

Gegen diesen, ihr am 25.10.2004 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 05.11.2004 sofortige Beschwerde eingelegt.

Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Zur Darstellung des Sach- und Streitstandes sowie der Prozessgeschichte im Übrigen wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die nach § 5 Abs. 4 Satz 2 ArbGG statthafte sofortige Beschwerde ist insgesamt zulässig. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg.

Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbGG ist eine Kündigungsschutzklage nachträglich zuzulassen, wenn der Arbeitnehmer nach erfolgter Kündigung trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert war, die Klage innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung zu erheben. Diese Voraussetzung ist vorliegend nicht erfüllt.

Soweit sich die Klägerin auf ihre Erkrankung in der Zeit vom 17.05.2004 bis einschließlich 16.07.2004 beruft, so vermag dies die nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage nicht zu rechtfertigen. Eine Erkrankung allein hindert den Arbeitnehmer nicht an der Erhebung der Kündigungsschutzklage. Es ist vielmehr darauf abzustellen, ob die Erkrankung die rechtzeitige Klageerhebung objektiv unmöglich gemacht hat. Nur solche gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die den Arbeitnehmer trotz Anwendung aller nach Lage der Dinge zuzumutenden Sorgfalt an der rechtzeitigen Erhebung der Kündigungsschutzklage hindern, können die nachträgliche Zulassung der Klage rechtfertigen. Es kommt darauf an, ob der Arbeitnehmer durch seine Krankheit objektiv daran gehindert war, eine Klage zu formulieren oder seine Rechte auf andere Weise wahrzunehmen (KR-Friedrich, 6. Auflage, § 5 KSchG Rd-Ziffer 42 m. w. N.). Solange die Krankheit nicht die Entscheidungsfähigkeit beeinträchtigt, kann der Arbeitnehmer seine Rechte auch dadurch ausreichend wahrnehmen, indem er Angehörige oder Bekannte beauftragt, Klage zu erheben, wobei die schriftliche Vollmacht nachgereicht werden kann. Es ist ihm darüber hinaus möglich, telefonisch oder schriftlich Auskünfte bei sachkundigen Stellen einzuholen und ggfls. Auftrag zur Klageerhebung zu geben, wobei auch in diesen Fällen die u. U. erforderliche schriftliche Vollmacht nachgereicht werden kann.

Dies gilt auch im Falle eines Krankenhausaufenthalts. Solange Krankheitsverlauf oder Behandlungsmethode nicht entgegenstehen, besteht kein durchschlagender Grund, den Krankenhauspatienten von der Anforderung freizustellen, sich nötigenfalls telefonisch beraten zu lassen. Die nachträgliche Zulassung kommt nur dann in Betracht, wenn die klinische Behandlung während des Laufs der Klagefrist Außenkontakte ausschließt oder so erschwert, dass die Wahrnehmung der gegebenen Kontaktmöglichkeiten unzumutbar ist (vgl. KR, a. a. O. Rd-Ziffer 44).

Es ist dem Arbeitnehmer nicht unzumutbar, die Klage durch Angehörige oder Bekannte erheben zu lassen. Es geht nicht um die Beurteilung der Sach- und Rechtslage, auch nicht um die sachgerechte Führung des Kündigungsschutzprozesses, sondern um die Wahrung der dreiwöchigen Ausschlussfrist für die Erhebung der Kündigungsschutzklage. Entscheidend ist daher allein, ob der Arbeitnehmer in der Lage war, für die Erhebung der Klage zu sorgen.

Im vorliegenden Fall bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin infolge der Erkrankung in ihrer Entscheidungsfähigkeit beeinträchtigt war. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die bis zum 08.06.2004 andauernde stationäre Behandlung und darüber hinaus auch die bis zum 20.08.2004 andauernde Pflegebedürftigkeit die Wahrnehmung von Außenkontakten ausschloss oder so wesentlich erschwerte, dass die Nutzung der gegebenen Kontaktmöglichkeiten zur Klageerhebung unzumutbar waren. Die Klägerin, die den Zugang des Kündigungsschreibens am 27.05.2004 einräumt und nicht in Abrede stellt, von der Kündigung jedenfalls noch während des Laufs der Dreiwochenfrist Kenntnis erlangt zu haben, trägt diesbezüglich selbst vor, dass sie trotz ihrer Bettlägerigkeit in der Lage war, ihre Tochter damit zu beauftragen, ihr bestimmte Unterlagen betreffend das Arbeitsverhältnis zu besorgen. Es wäre der Klägerin daher durchaus auch möglich gewesen, ihre Tochter oder einen Rechtsanwalt mit der Klageerhebung zu beauftragen.

Soweit die Klägerin schließlich geltend macht, sie habe sich zunächst noch bestimmte Unterlagen (Arbeitsvertrag, Kündigung, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, Lohn- und Gehaltszettel) über ihre Tochter besorgen lassen müssen, um diese ihrem Prozessbevollmächtigten zuzuschicken, der die Unterlagen für die Klageerhebung benötigt habe, so vermag dies eine nachträgliche Zulassung keinesfalls zu rechtfertigen. Es ist nämlich nicht erkennbar, dass das Fehlen dieser Schriftstücke einer Klageerhebung in irgendeiner Weise entgegenstand.

III.

Nach alledem war die sofortige Beschwerde mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wurde gemäß § 3 ZPO festgesetzt.

Gegen diese Entscheidung findet kein Rechtsmittel statt (vgl. BAG vom 20.08.2002, AP Nr. 14 zu § 5 KSchG 1969).

Ende der Entscheidung

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