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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 03.05.2004
Aktenzeichen: 10 Ta 78/04
Rechtsgebiete: ZPO, BRAGO


Vorschriften:

ZPO § 104 Abs. 3
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 91 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 91 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 104 Abs. 1 Satz 2
BRAGO § 32
BRAGO § 61 a Abs. 1 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 10 Ta 78/04

Verkündet am: 03.05.2004

Tenor:

I. Die nach dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 13.08.2003, AZ: 5 AZN 395/03, von der Klägerin an die Beklagte zu erstattenden Kosten werden auf 197,45 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.08.2003

festgesetzt.

II. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden zu 65/100 der Beklagten und zu 35/100 der Klägerin auferlegt.

IV. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 566,00 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Klägerin hat gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland - Pfalz vom 19.02.2003, AZ: 10 Sa 784/02, am 23.06.2003 Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesarbeitsgericht eingelegt, deren Zurückweisung die Beklagte mit Schriftsatz vom 11.07.2003 beantragt hat. Die Nichtzulassungsbeschwerde wurde mit Schriftsatz der Klägerin vom 10.07.2003, beim Bundesarbeitsgericht am 11.07.20003 eingegangen und der Beklagten am 14.07.2003 zugestellt, zurückgenommen. Mit Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 13.08.2003 sind der Klägerin die Kosten ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision auferlegt worden.

Den Antrag der Beklagten, die von der Klägerin nach dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 13.08.2003 zu erstattenden Kosten auf 566,00 € (20/10 Prozessgebühr bei einem Streitwert von 4.456,27 € nebst Auslagenpauschale in Höhe von 20,- €) festzusetzen, hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 19.02.2004 zurückgewiesen.

Gegen diesen, ihr am 25.02.2004 zugestellten Beschluss hat die Beklagte am 26.02.2004 beim Arbeitsgericht, sofortige Beschwerde eingelegt. Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht Rheinland - Pfalz zur Entscheidung vorgelegt.

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die nach § 104 Abs. 3 ZPO statthafte und vorliegend insgesamt zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache zum Teil Erfolg.

Die der Beklagten von der Klägerin nach dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 13.08.2003 zu erstattenden Kosten sind auf 197,45 € (13/20 Gebühr aus einem Streitwert von 4.456,27 € zuzüglich Auslagenpauschale in Höhe von 20,- €) festzusetzen.

Im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren erhält der Rechtsanwalt nur eine 13/20 Gebühr gemäß den §§ 62, 61 Abs. 1 Nr. 1, 31 Abs. 1 Nr. 1, 11 Abs. 1 Satz 4 BRAGO. Hieran hat sich auch nach Inkrafttreten des § 61 a Abs. 1 Nr. 2 BRAGO nichts geändert, da diese Vorschrift auf die Nichtzulassungsbeschwerde vor dem Bundesarbeitsgericht keine Anwendung findet (vgl. BAG, Beschluss vom 27.11.2003, AZ: 8 AZB 52/03).

Die der Beklagten durch die Beauftragung und die Tätigkeit ihres Prozessbevollmächtigten im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren entstandenen Kosten in Höhe einer 13/20 Gebühr sind auch erstattungsfähig. Es handelt sich nämlich insoweit um notwendige Kosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung i. S. v. § 91 Abs. 1 ZPO. Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin der Beklagten mit Schreiben vom 20.06.2003 mitgeteilt hatte, dass die Nichtzulassungsbeschwerde nur vorsorglich eingelegt werde für den Fall, dass vor Ablauf der Rechtsmittelfrist kein Vergleich zustande komme und zugleich darum gebeten hat, aus Kostengründen von einer anwaltlichen Vertretungsanzeige zunächst abzusehen. Gemäß § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO gehören zu den erstattungsfähigen Kosten die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei. Daraus ist zu entnehmen, dass eine Partei im Prozess einen Rechtsanwalt zu Hilfe nehmen darf und die dadurch entstandenen Kosten auch erstattungsfähig sind. Eine Einschränkung dieses Grundsatzes für die Fälle, in denen ein Rechtsmittel nur vorsorglich eingelegt wird, ist weder im Gesetz ausdrücklich vorgesehen, noch lässt sich dies aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO entnehmen. Dabei kann dahinstehen, ob die Notwendigkeit der Einschaltung eines Rechtsanwalts überhaupt der Nachprüfung unterliegt. Denn jedenfalls ist sie aus der Sicht einer verständigen Prozesspartei zu beurteilen. Maßgebend ist dabei nicht, ob die Beautragung eines Prozessbevollmächtigten im konkreten Fall objektiv nützlich oder gar notwendig war, sondern ob eine verständige Prozesspartei in der gleichen Situation ebenfalls einen Anwalt beauftragen würde. Dies kann im Regelfall, solange das Rechtsmittel (vorliegend: der Rechtsbehelf) nicht wieder zurückgenommen ist, nicht verneint werden. Die mit einem Rechtsmittel überzogene Partei kann regelmäßig nicht selbst beurteilen, was zur Rechtsverteidigung sachgerecht zu veranlassen ist. Ihr kann daher nicht zugemutet werden, zunächst die weiteren Entschließungen der anwaltlich vertretenen Gegenpartei abzuwarten. Ob in der aktuellen Situation tatsächlich etwas zu veranlassen ist, kann in diesem Zusammenhang nicht allein den Ausschlag geben. Der Grundsatz der Waffengleichheit spielt daher nicht die entscheidende Rolle. Vielmehr genügt es, dass der Rechtsmittelgegner anwaltlichen Rat in einer als risikohaft empfundene Situation für erforderlich halten darf. Die durch die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts in einem Rechtsmittel- bzw. Rechtsbehelfverfahren sind daher auch dann erstattungsfähig, wenn die Gegenpartei ihr Rechtsmittel nur zur Fristwahrung einlegt und vor Ablauf der Begründungsfrist zurücknimmt (vgl. BGH, Beschluss vom 17.12.2002, AZ: X ZB 9/02).

Der Erstattungsfähigkeit der 13/20 Prozessgebühr steht im vorliegenden Fall auch nicht der Umstand entgegen, dass die Klägerin ihre Nichtzulassungsbeschwerde bereits mit Schriftsatz vom 10.07.2003, beim Bundesarbeitsgericht am 11.07.2003 eingegangen, zurückgenommen hat. Der betreffende Schriftsatz ist der Beklagten erst am 14.07.2003 zugestellt worden. Bei Beauftragung ihres Rechtsanwalts und dessen Tätigwerden mit Schriftsatz vom 11.07.2003 hatte die Beklagte somit von der Rücknahme der Nichtzulassungsbeschwerde noch keine Kenntnis.

Ohne Bedeutung ist im vorliegenden Fall die vom Arbeitsgericht im angefochtenen Beschluss unter Hinweis auf die Entscheidung des BAG vom 16.07.2003 (AZ: 2 AZB 50/02) aufgeworfene Frage, ob der seitens der Beklagten gestellte Sachantrag (Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde) als notwendig angesehen werden konnte. Das Stellen eines Sachantrages hatte nämlich auf die Höhe der Prozessgebühr keinerlei Auswirkungen, da die Vorschrift des § 32 BRAGO keine Anwendung findet (§ 61 Abs. 3 BRAGO).

Die von der Klägerin an die Beklagte nach dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 13.08.2003 zu erstattenden Kosten waren somit auf insgesamt 197,45 € (13/20 Gebühr bei einem Streitwert von 4.456,27 € zuzüglich 20,- € Auslagenpauschale gemäß § 26 BRAGO) festzusetzen. Der festgesetzte Betrag ist nach § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO ab Eingang des Festsetzungsantrages (27.08.2003) mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

III.

Der angefochtene Beschluss war daher unter Zurückweisung der sofortigen Beschwerde im Übrigen teilweise abzuändern.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Der Streitwert wurde gemäß § 3 ZPO festgesetzt.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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