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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 21.04.2009
Aktenzeichen: 10 Ta 86/09
Rechtsgebiete: ZPO, ArbGG


Vorschriften:

ZPO § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Buchst. b
ZPO § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 Buchst. a
ZPO § 115 Abs. 1 Satz 7
ZPO § 115 Abs. 2
ZPO § 120 Abs. 4
ZPO § 127 Abs. 2
ArbGG § 72 Abs. 2
ArbGG § 78 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

I. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 27. Februar 2009, Az.: 12 Ca 2992/08, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst: 1. Dem Kläger wird für den ersten Rechtszug rückwirkend ab dem 11.12.2008 Prozesskostenhilfe bewilligt.

2. Gleichzeitig wird ihm zur Wahrnehmung seiner Rechte Herr Rechtsanwalt E. beigeordnet.

3. Die Bewilligung erfolgt mit der Maßgabe, dass der Kläger monatliche Raten in Höhe von € 200,00 an die Landeskasse zu zahlen hat. II. Der weitergehende Antrag wird zurückgewiesen.

III. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

IV. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen. Gründe:

I. Der Kläger (geb. am 25.05.1951, verheiratet) ist seit dem 07.11.2007 bei der Beklagten als Kraftfahrer zu einem Bruttomonatslohn von € 2.000,00 zzgl. Spesen beschäftigt. Er war seit dem 15.09.2008 durchgängig arbeitsunfähig erkrankt. Seit dem 27.10.2008 bezog er Krankengeld in Höhe von € 36,60 täglich. Mit Schreiben vom 07.11.2008, zugegangen am 10.11.2008, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 15.12.2008. Mit am 11.12.2008 beim Arbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begehrt der Kläger die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten für seine Kündigungsschutzklage vom 01.12.2008 sowie seine Klageerweiterung auf Zahlung von Spesen in Höhe von € 264,00. Im Gütetermin vom 28.01.2009 einigten sich die Parteien in einem Vergleich auf die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses. Der Kläger erklärte zu Protokoll, dass er ab sofort wieder arbeitsfähig sei. Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 27.02.2009 den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Kläger erziele ausweislich der vorgelegten Abrechnung für August 2008 einen monatlichen Nettolohn von € 1.625,42. Nach Abzug der Freibeträge und der Wohnkosten verfüge er über ein einzusetzendes Einkommen in Höhe von € 1.006,79 monatlich, so dass er monatliche Raten in Höhe von € 556,79 zahlen könne. Da die Kosten der Prozessführung (ca. € 980,00 Rechtsanwaltsvergütung) die Summe von vier Monatsraten nicht überstiegen, sei Prozesskostenhilfe nicht zu bewilligen (§ 115 Abs. 4 ZPO). Gegen diesen Beschluss, der ihm am 06.03.2009 zugestellt worden ist, hat der Kläger mit Schriftsatz vom 17.03.2009, der am 18.03.2009 beim Arbeitsgericht eingegangen ist, sofortige Beschwerde eingelegt. Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 23.03.2009 nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht vorgelegt. Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt verwiesen. II. Die nach § 127 Abs. 2 ZPO an sich statthafte, fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde des Klägers hat in der Sache - wie aus dem Tenor ersichtlich - teilweise Erfolg. Dem Kläger ist Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten zu bewilligen. Er hat allerdings monatliche Raten in Höhe von € 200,00 an die Landeskasse zu zahlen. Der Kläger verfügte im Zeitpunkt der Bewilligungsreife seines Prozesskostenhilfegesuchs über ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von € 1.101,00. Ausweislich der vorgelegten Belege bezog er seit dem 27.10.2008 Krankengeld in Höhe von € 36,60, seit dem 01.01.2009 in Höhe von € 36,70 täglich. Da Krankengeld bei vollen Kalendermonaten für 30 Tage gewährt wird, betrug das Einkommen des Klägers im maßgeblichen Zeitpunkt der Bewilligungsreife monatlich € 1.101,00 netto. Die Mitteilung des Klägers im Gütetermin vom 28.01.2009, er sei ab sofort wieder arbeitsfähig, führt nicht dazu, dass ein höheres Arbeitseinkommen, das der Kläger damals noch nicht erzielte, anzunehmen wäre. Vom Einkommen des Klägers aus Krankengeldbezug in Höhe von € 1.101,00 ist der Freibetrag für die Partei in Höhe von € 386,00 (§ 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 Buchst. a ZPO) sowie ein Freibetrag für die Ehefrau des Klägers in Höhe von € 33,00 abzusetzen. Die Ehefrau verfügt ausweislich der vorgelegten Entgeltabrechnungen über monatliche Einkünfte in Höhe von € 353,00 netto, die den Unterhaltsfreibetrag gemäß § 115 Abs. 1 Satz 7 ZPO vermindern (€ 386,00 minus € 353,00). Da der Kläger im Zeitpunkt der Bewilligungsreife Krankengeld und kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt hat, ist kein Freibetrag nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Buchst. b ZPO in Höhe von € 176,00 abzusetzen (ebenso: LAG Baden-Württemberg Beschluss vom 27.06.2007 - 9 Ta 8/07; LAG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 17.07.2008 - 21 Ta 1105/08; beide dokumentiert in Juris). Genauso wenig sind Werbungskosten für Fahrten zur Arbeitsstätte abzusetzen, weil dem Kläger während der Arbeitsunfähigkeit keine Ausgaben für Fahrten mit seinem Privat-Pkw von der Wohnung zur Arbeitsstätte entstanden sind. Vom Einkommen des Klägers sind keine Kosten für Strom und Wasser abzusetzen, da sie im Freibetrag nach § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 Buchst. a ZPO schon enthalten sind (vgl. LAG Rheinland-Pfalz Beschluss vom 17.01.2008 - 3 Sa 291/07 - Juris, mit zahlreichen Nachweisen). Die Kosten für Strom und Wasser gehören nicht zu den Kosten für Unterkunft und Heizung gemäß § 115 Abs. 1 Nr. 3 ZPO. An Unterkunfts- und Heizkosten hat der Kläger folgende Aufwendungen belegt:

Versicherung Wohngebäude € 131,08 jährlich

Grundsteuer € 44,26 jährlich

Schornsteinfeger € 42,94 jährlich

Abfallgebühren € 150,70 jährlich

Abwassergebühren € 148,00 jährlich (€ 37,00 im Quartal)

WKB Oberflächenwasser € 52,00 jährlich (€ 13,00 im Quartal)

Heizkosten € 642,78 jährlich

Summe € 1.211,76 jährlich

geteilt durch 12 Monate = € 100,98 monatlich Die Wohnkosten sind vorliegend ausnahmsweise nicht zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau aufzuteilen. Nach der Rechtsprechung sind Wohnkosten der von Ehegatten gemeinsam genutzten Wohnung grundsätzlich zwischen diesen nach Kopfteilen aufzuteilen, wenn beide Ehegatten über ein angemessenes Einkommen verfügen (vgl. LAG Rheinland-Pfalz Beschluss vom 26.02.2008 - 11 Ta 16/08 und Beschluss vom 31.10.2007 - 10 Ta 231/07, beide dokumentiert in Juris, mit weiteren Nachweisen). Davon ist dann eine Ausnahme möglich, wenn das Einkommen eines Ehegatten so erheblich hinter dem Einkommen des anderen Ehegatten zurückbleibt, dass eine Heranziehung zu einem hälftigen Anteil der Wohnkosten nicht angemessen erscheint (vgl. OLG Koblenz Beschluss vom 28.12.1999 -9 WF 760/99 - MDR 2000, 728, mit weiteren Nachweisen). So verhält sich der Fall hier. Während der Kläger über monatliche Nettoeinkünfte von € 1.101,00 verfügt, erzielt seine Ehefrau Einkünfte in Höhe von lediglich € 353,00. Von diesen Einkünften hat die Ehefrau den Ratenkredit für ihr Fahrzeug in Höhe von € 119,00 monatlich sowie die Beiträge zur Kfz-Versicherung in Höhe von € 12,42 monatlich zu bestreiten. Damit ist von folgendem Einkommen und Absetzungsbeträgen auszugehen:

Krankengeld € 1.101,00

Freibetrag für den Kläger € 386,00

Freibetrag für die Ehefrau € 33,00

Kfz-Versicherung € 4,16

Kosten für Unterkunft und Heizung € 100,98

Ergebnis: € 576,86

Von diesem nach den Abzügen verbleibenden, auf volle Euro abzurundenden Teil des monatlichen Einkommens (einzusetzendes Einkommen) hat der Kläger nach der Tabelle zu § 115 Abs. 2 ZPO monatliche Raten in Höhe von € 200,00 aufzubringen. Die Summe von vier Monatsraten übersteigt die Kosten der Prozessführung (ca. € 980,00 Rechtsanwaltsvergütung nach § 49 RVG) nicht. Der angefochtene Beschluss war daher wie geschehen teilweise abzuändern. Das der Kläger nach seiner Genesung inzwischen wieder über ein monatliches Arbeitsentgelt in Höhe von mindestens € 1.552,00 netto verfügen dürfte, ist im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens nach § 120 Abs. 4 ZPO zu würdigen. Dieser Beschluss ergeht gerichtsgebührenfrei. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt (§ 127 Abs. 4 ZPO). Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde fehlt es unter Berücksichtigung von §§ 78 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG an einem gesetzlich begründeten Anlass. Dieser Beschluss ist daher nicht anfechtbar.

Ende der Entscheidung

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