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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 31.08.2006
Aktenzeichen: 11 Sa 286/06
Rechtsgebiete: BGB, ArbGG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 613 a
BGB § 613 a Abs. 5
ArbGG § 64 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 6
ArbGG § 66 Abs. 1
ZPO § 519
ZPO § 520
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 11 Sa 286/06

Entscheidung vom 31.08.2006

Tenor:

1. Die Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 24.01.2006 - 3 Ca 2060/05 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Im vorliegenden Verfahren wehrt sich der Kläger gegen eine ihm gegenüber seitens der Beklagten ausgesprochenen, ordentlichen Beendigungskündigung.

Der 1960 geborene Kläger arbeitete bei der Beklagten seit dem 01.04.1992 als Lokalredakteur im Springer-Dienst. Seit 1995 war er in den Lokalredaktionen W und V als Lokalredakteur eingesetzt. Seit 1998 bis zum Ausspruch der Kündigung übte der Kläger seine Tätigkeit als Redakteur der Q in der Redaktion U aus.

Seine Bruttomonatsvergütung betrug zuletzt 5.400,00 Euro.

Mit Schreiben vom 27.06.2005 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31.12.2005 aus betriebsbedingten Gründen. Auf den Inhalt des Kündigungsschreibens (Bl. 11 d.A.) wird verwiesen.

Die Beklage vergab die bislang in der Schwerpunktredaktion T ausgeführten Arbeiten ab dem 01.05.2005 an einen externen Dienstleister, die E.. Insofern wurden der E. sämtliche Betriebsmittel aufgrund einer Vereinbarung zwischen deren Geschäftsführern zur Verfügung gestellt, so z.B. Computer und Einrichtung. Auch die bisherigen Räumlichkeiten der Schwerpunktredaktion T werden von der E. weiter genutzt. Die Redaktion der Q T befindet sich nach wie vor in den gleichen Räumen. Auch die bisherigen Telekommunikationsmittel, wie Telefon und Faxnummer sowie E-Mail-adressen haben sich nicht geändert. Das vorhandene Bildarchiv ist ebenfalls von der P übernommen worden.

Im Wesentlichen wird auch derselbe Belegschaftsstamm wie zuvor in T weiter beschäftigt. Dabei handelt es sich um die Mitarbeiter O, N, M, L, K, J, I, H, G, F, E, D, C, B, A und Z. Eine Unterbrechung der Herausgabe des entsprechenden Lokalteils der Q erfolgte. Die Herausgabe erfolgte nahtlos auch vom 30.04.2005 auf den 01.05.2005. Die E. nimmt am internen Postweg der Hauspost der Beklagten teil.

Die E. beschäftigt ca. 40 bis 50 Arbeitnehmer. Zu ihr gehören die ehemaligen Lokalredaktionen T, X, Y und Y.

Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen,

es habe einen Betriebsübergang am 01.05.2005 von der Beklagten auf die E. stattgefunden. Außerdem habe die Beklagte diese Sozialauswahl fehlerhaft vorgenommen. Der Kläger hätte mit allen Redakteuren im Verbeitungsgebiet der Q in eine Sozialauwahl einbezogen werden müssen.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die betriebsbedingte Kündigung der Beklagten vom 27.06.2005 nicht aufgelöst wird.

2. Die Beklagte zu verurteilen, ihn über den 31.12.2005 hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen,

der Einsatz des Klägers sei aufgrund einer Unternehmerentscheidung dauerhaft entfallen. Diese Unternehmerentscheidung habe zum Inhalt, die Schwerpunktredaktion T mit Ablauf des 30.04.2005 zu schließen und sämtliche Arbeiten ab dem 01.05.2005 auf einen externen Dienstleister zu übergeben. Aufgrund der Unternehmerentscheidung sei der Arbeitsplatz des Klägers bei der Beklagten entfallen, ein anderer freier Arbeitsplatz sei nicht vorhanden.

Bezüglich des weiteren Sachvortrags der Parteien erster Instanz wird auf die Schriftsätze und den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 01.10.2006 die Klage abgewiesen.

In den Entscheidungsgründen hat es ausführt,

im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung am 27.06.2005 habe kein Arbeitsverhältnis mehr zwischen dem Kläger und der Beklagten bestanden, da sein Arbeitsverhältnis bereits zuvor gemäß § 613 a BGB auf die E. übergegangen sei. Insofern habe ein Teilbetriebsübergang stattgefunden. Die Schwerpunktredaktion T sei insofern als bereits bei der Beklagten früher abgegrenzter Teilbetrieb zu verstehen, der im Wesentlichen unverändert in seinem Fortbestand auf die E. übergegangen sei. Aufgrund der punktuellen Streitgegenstandstheorie, die nach ständiger Rechtsprechung des BAG anzuwenden sei, sei doch für die Begründetheit einer Kündigungsschutzklage erforderlich, dass zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung noch ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestand.

Bezüglich der weiteren Gründe der Entscheidung des Arbeitsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe verwiesen.

Das Urteil des Arbeitsgerichts ist dem Klägervertreter am 07.03.2006 zugestellt worden. Mit beim Landesarbeitsgericht am 05.04.2006 eingegangenen Schriftsatz hat er gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 08.06.2006 beim LAG Rheinland-Pfalz eingegangenen Schriftsatz begründet.

In der Berufungsbegründung trägt er vor,

das Arbeitsgericht habe zwar zutreffend einen Teilbetriebsübergang angenommen. Dennoch bestünde ein Rechtsschutzinteresse des Klägers an der begehrten Feststellung im Verhältnis zum Beklagten. Dies ergebe sich daraus, dass er bislang nicht ordnungsgemäß seitens der Beklagten oder der E. über den erfolgten Betriebsübergang gemäß § 613 a Abs. 5 BGB informiert worden sei, weswegen ihm noch ein Widerrufsrecht zustehen würde. Im Falle der Ausübung eines solchen Widerrufs würde er allerdings noch in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten stehen.

Er beantragt,

1. unter Anwendung des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 24.01.2006 - 3 Ca 2060/05 - festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 27.06.2005 nicht aufgelöst worden ist.

2. Die Beklagte zu verurteilen, ihn über den 31.12.2005 hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte trägt vor,

allein entscheidend sei, dass der Kläger bislang sein Widerrufsrecht nicht ausgeübt habe. Im Übrigen verteidigt sie das erstinstanzliche Urteil.

Bezüglich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die eingereichten Schriftsätze und das Sitzungsprotokoll vom 31.08.2006 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, Abs. 2 c ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gemäß den §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg.

Das Arbeitsgericht hat sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung zutreffend die Klage abgewiesen.

1.

Soweit das Arbeitsgericht noch über den streitigen Vortrag der Parteien befinden musste, ob überhaupt ein Betriebsübergang vorgelegen habe oder nicht, ist dieser Punkt zwischen den Parteien inzwischen unstreitig. Die Beklagte hat ausdrücklich in ihrem Berufungserwiderungsschriftsatz vom 02.08.2006 Bl. 2 (Bl. 106 d.A.) nunmehr den vom Arbeitsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegenen Sachverhalt, aus dem sich der Teilbetriebsübergang ergibt, unstreitig gestellt. Damit steht fest, dass der Teilbetrieb Lokalredaktion T zum 01.05.2005 auf die E. durch Rechtsgeschäft übertragen worden ist.

Damit ging auch das Arbeitsverhältnis des Klägers kraft Gesetzes gemäß § 613 a BGB über (vgl. KR-7. Auflage/Pfeiffer § 613 a BGB Randziffer 108).

Dabei ist es völlig unerheblich, ob der Kläger über sein Widerrufsrecht gemäß § 613 a BGB seitens der Beklagten oder der Betriebsübernehmerin, der E., ordnungsgemäß informiert worden ist. Eine Verletzung der Unterrichtungspflicht über den Betriebsübergang würde lediglich dazu führen, dass der Kläger gegebenenfalls noch ein Widerrufsrecht hat (vgl. insoweit BAG 24.05.2005 - 8 AZR 398/04 -), ändert jedoch nichts an dem gesetzlich bestimmten Übergang seines Arbeitsverhältnisses im Zeitpunkt des Betriebsübergangs.

Erst wenn der Kläger sich dazu entschließt, tatsächlich von seinem Widerrufsrecht Gebrauch zu machen, würde sein Arbeitsverhältnis zur E. erlöschen und gegebenenfalls bei der Beklagten wieder neu entstehen.

2.

Nach der punktuellen Streitgegenstandstheorie war die Klage daher zwingend abzuweisen.

Nach der punktuellen Streitgegenstandstheorie haben die Arbeitsgerichte in ihren Urteilen zwei Feststellungen zu treffen; nämlich ob ein Arbeitsverhältnis zum Kündigungszeitpunkt bestand und ob es sich durch die konkret angegriffene Kündigung zu dem in ihr ausgesprochenen Zeitpunkt seine Beendigung gefunden hat (BAG 21.01.1988 - EZA § 4 KSchG neue Fassung Nr. 33; vgl. Handbuch des Fachanwalts des Arbeitsrechts 5. Auflage/Luczak L, Randziffer 195).

Die punktuelle Streitgegenstandstheorie führt im Falle eines Betriebsübergangs dazu, dass eine erhobene Kündigungsschutzklage gegen eine Kündigung des Betriebsveräußerers nach dem Betriebsübergang als unbegründet abzuweisen ist, unabhängig davon, dass die ausgesprochene Kündigung des Veräußerers ins Leere ging und damit unwirksam war.

Das BAG hat insofern nochmals in seiner Entscheidung vom 27.10.2005 (8 AZR 568/04) insofern ausgeführt: "Ein Erfolg im Kündigungsschutzprozess setzt nämlich nach der punktuellen Streitgegenstandstheorie voraus, dass zum Zeitpunkt der Kündigung (noch) ein Arbeitsverhältnis besteht. Dies gilt auch im Fall des Betriebsübergangs. Die Kündigung eines Betriebsveräußerers nach Betriebsübergang geht zwar mangels bestehenden Arbeitsverhältnisses ins Leere, eine gleichwohl erhobene Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung ist aber unbegründet, denn ein Arbeitsverhältnis besteht nicht mehr."

Insofern hat das BAG seine Rechtsprechung, wie im Urteil vom 18.03.2002 - 8 AZR 346/01 - ausführlich dargelegt, bestätigt.

III.

Nach alledem war zu entscheiden, wie geschehen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Für die Zulassung der Revision war angesichts der gesetzlichen Kriterien nach § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.

Ende der Entscheidung

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