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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 26.10.2006
Aktenzeichen: 11 Sa 453/06
Rechtsgebiete: ArbGG, BGB, BetrVG, KSchG, ZPO


Vorschriften:

ArbGG § 64 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 6
ArbGG § 66 Abs. 1
ArbGG § 69 Abs. 2
BGB § 323
BGB § 323 Abs. 1
BGB § 623
BetrVG § 102
KSchG § 1
KSchG § 1 Abs. 2
KSchG § 1 Abs. 3
KSchG § 9 Abs. 1 S. 2
KSchG § 23
ZPO § 139
ZPO § 519
ZPO § 520
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 11 Sa 453/06

Entscheidung vom 26.10.2006

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen - 4 Ca 2978/05 - vom 06.04.06 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Bezüglich des tatsächlichen Vorbringens der Parteien erster Instanz wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils vom 06.04.2006 Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 06.04.2006 den Einspruch der Beklagten gegen das Versäumnis-Urteil vom 17.03.2006 zurückgewiesen, das Versäumnis-Urteil aufrecht erhalten sowie den Auflösungsantrag der Beklagten zurückgewiesen.

In den Gründen hat es ausgeführt, die Kündigung vom 30.11.2005 sei zum einen deswegen unwirksam, da eine Betriebsratsanhörung nicht vorgetragen worden sei, zum anderen sei die Schriftform des § 623 BGB durch die Unterzeichnung der Kündigung durch Frau Y lediglich mit dem Zusatz "i.A." nicht gewahrt worden. Die Kündigung vom 12.12.2005 sei deswegen unwirksam, da zum einen keine ordnungsgemäße Beteiligung des Betriebsrats nach § 102 BetrVG dargelegt worden sei, zum anderen allerdings auch kein Kündigungsgrund im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG vorgetragen worden sei, der ohne Ausspruch einer einschlägigen Abmahnung eine Kündigung hätte sozial rechtfertigen können. Insofern sei maßgeblich, dass zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung am 16.12.2005 das Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitsverhältnis bereits Anwendung fand. Der auch seitens der Beklagten gestellte Auflösungsantrag sei deswegen zurückzuweisen gewesen, da die Kündigung vom 12.12.2005 nicht nur zurückgewiesen worden sei, weil sie sozial ungerechtfertigt war, sondern auch weil keine ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung vorgelegen habe.

Das Urteil des Arbeitsgerichts ist dem Beklagtenvertreter am 10.05.2006 zugestellt worden. Mit beim Landesarbeitsgericht am 12.06.2006 eingegangenem Schriftsatz hat die Beklagte gegen dieses Urteil Berufung eingelegt und die Berufung mit Schriftsatz vom 10.08.2006 begründet. Berufungsanträge hat die Beklagte erstmals im Kammertermin am 26.10.2006 gestellt.

Sie trägt vor,

der Kläger habe in einer Vielzahl von Fällen Fehler bei der Auftragsabwicklung getätigt, die zu erheblichen Schäden geführt hätten. Bezüglich des in seinem Schreibtisch gefundenen Schecks bestehe der Verdacht, dass er eine Unterschlagung versuchen wollte, weswegen die Vertrauensgrundlage für eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr gegeben sei. Bei dem Verschenken von Kochkursen habe der Kläger eigenmächtig gehandelt und dadurch einen schwerwiegenden Vertrauensbruch hervorgerufen. Der Vorwurf, der Kläger habe gegen das Alkoholverbot verstoßen, könne zwar nicht nach Tagen festgemacht werden. Allerdings sei er wesentlich häufiger als andere Mitarbeiter an der "Feel-Good-Bar" gesehen worden. Schließlich habe das Arbeitsgericht auch zu Unrecht den Auflösungsantrag zurückgewiesen, da nicht zuletzt aufgrund des Verhaltens des Klägers im vorliegenden Prozess, in dem er andere Mitarbeiter versucht habe "schlecht" zu machen, eine weitere vertrauensvolle Zusammenarbeit nicht möglich sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 06.04.2006 sowie das Versäumnis-Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 09.03.2006 aufzuheben, sowie die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt vor,

eine ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats zu den ausgesprochenen Kündigungen sei nicht erfolgt. Das Kündigungsschreiben vom 12.12.2005 sei ihm erst am 16.12.2005 zugegangen. Zutreffend habe das erstinstanzliche Gericht darauf erkannt, dass bei einer verhaltensbedingten Kündigung grundsätzlich eine Abmahnung notwendig sei. Im Übrigen habe er keine Fehler, die eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen könnten, begangen.

Bezüglich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die eingereichten Schriftsätze und das Sitzungsprotokoll vom 26.10.2006 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Beklagten ist vorliegend nach den §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

Das Rechtsmittel der Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

1.

Die Kündigung vom 30.11.2005 ist wegen Nichteinhaltung des Schriftformerfordernisses gemäß § 623 BGB unwirksam.

Nach § 623 BGB bedarf die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Unterzeichnet ein Vertreter, kann er dies mit dem Namen des Vollmachtgebers tun. Unterschreibt er mit dem eigenen Namen, so muss die Stellvertretung in der Urkunde zum Ausdruck kommen (vgl. DLW, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 5. Aufl. D Rz. 17). Es bedarf bei der Unterzeichnung durch einen Vertreter eines das Vertretungsverhältnis hinreichend deutlich zum Ausdruck bringenden Zusatzes (BAG 21.04.2005, EzA § 623 BGB 2002 Nr. 4). Nicht ausreichend ist die Unterschrift eines bloßen Erklärungsboten. Die Verwendung der Abkürzung "i.A." statt "i.V." indiziert ein Handeln als Bote (DLW, a.a.O. D Rz. 17 a).

Das Unterzeichnen mit den Initialen "i.A." kann ausnahmsweise dann genügen, wenn ersichtlich ist, dass trotzdem die Unterschrift in Vertretung erbracht worden sein soll und eine Vollmacht vorliegt (vgl. KR 7. Aufl. § 623 Rz. 105).

Im vorliegenden Fall hat die Beklagte zwar behauptet, die die Kündigung unterzeichnende Frau Y, die mit dem Kürzel "i.A." unterzeichnet hatte, habe eine Vollmacht gehabt. Diese Behauptung wurde allerdings seitens des Klägers bestritten. Die Vollmacht wurde während des Verfahrens nicht vorgelegt. Außerdem ist seitens der Beklagten nicht dargelegt worden, warum und wieso der Kläger von einer solchen Vollmacht hätte Kenntnis haben sollen. Die diesbezüglichen Ausführungen der Beklagten, dem Kläger sei während seiner Tätigkeit bekannt gemacht worden, dass Frau Y als Mitarbeiterin in der Personalabteilung der Beklagten im Vertretungsfalle für den Personalleiter Herrn X Kündigungen aussprechen könne und der Kläger habe von der Kündigungsberechtigung von Frau Y in Ausnahmefällen gewusst, sind unsubstantiiert. Insofern fehlt es an einem substantiierten Vortrag, wann dem Kläger dies von wem, wo mitgeteilt worden sein soll.

Dem diesbezüglich angebotenen Beweismittel, der Vernehmung des Zeugen W, konnte nicht nachgekommen werden, da es sich insofern um die Stellung eines unzulässige Aushorchungsbeweises gehandelt hat.

2.

Auch die Kündigung vom 12.12.2005 hat das Arbeitsverhältnis nicht beendet.

a)

Zutreffend hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass bezüglich dieser Kündigung das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet. Die Beklagte beschäftigt mehr als zehn Arbeitnehmer und der Kläger war zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung länger als sechs Monate im Betrieb der Beklagten beschäftigt, §§ 1, 23 KSchG.

Zwar hat die Beklagte vorgetragen, die Kündigung sei dem Kläger bereits am 15.12.2005 und nicht, wie von ihm behauptet, am 16.12.2005 zugegangen. Jedoch oblag ihr insofern die Beweislast für diese Tatsachenbehauptung. Einen Beweis konnte sie allerdings nicht führen. Die Kündigung, die durch Einschreiben übersandt wurde, wurde seitens der Post offensichtlich fehlerhaft zugestellt. Die Post konnte der Beklagten insofern keinen Nachweis geben, was von der Beklagten im vorliegenden Verfahren selbst vorgetragen worden ist. Auch ein anderes Beweismittel, zum Beispiel die Benennung eines Zeugen, der die Übergabe hätte bestätigen können, hat die Beklagte nicht angeboten.

b)

Findet das Kündigungsschutzgesetz allerdings auf ein Arbeitsverhältnis Anwendung und wird die Kündigung auf einen so genannten verhaltensbedingten Kündigungsgrund im Sinne des § 1 Abs. 3 KSchG gestützt, bedarf es nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vor Ausspruch einer Beendigungskündigung grundsätzlich einer einschlägigen Abmahnung.

Nach dem nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (17.03.1987 EzA § 611 BGB Abmahnung Nr. 5; 09.08.1984 EzA § 1 KSchG verhaltensbedingte Kündigung Nr. 11) den Kündigungsschutz beherrschenden Ultima-Ratio-Prinzip und aus dem in § 323 Abs. 1 BGB, n.F. enthaltenen allgemeinen Rechtsgedanken heraus, ist der Arbeitnehmer bei einem pflichtwidrigen Verhalten grundsätzlich zunächst abzumahnen. § 323 BGB erhält den allgemeinen Grundgedanken, dass der Gläubiger den Schuldner vor so einschneidenden Maßnahmen wie der einseitigen Vertragsaufhebung auf die Folgen eines rechtswidrigen Verhaltens hinweisen muss (vgl. DLW, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 5. Aufl. D Rz. 1316).

Auch bei Störungen im Vertrauensbereich ist grundsätzlich eine Abmahnung vor Ausspruch einer Kündigung erforderlich, wenn es um ein steuerbares Verhalten des Arbeitnehmers geht und eine Wiederherstellung des Vertrauens erwartet werden kann. Lediglich wenn eine Störung im Vertrauensbereich so gravierend ist, dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Arbeitgeber wieder zum Arbeitnehmer Vertrauen fassen wird, kann eine Abmahnung im Einzelfall als entbehrlich angesehen werden. Dies gilt insbesondere bei gegenüber dem Arbeitgeber begangenen Straftaten (vgl. insofern DLW, a.a.O., D Rz. 1326 ff).

c)

Im vorliegenden Fall beruft sich die Beklagte auf verhaltensbedingte Kündigungsgründe.

Soweit sie insofern ausführt, der Kläger habe - was dieser bestritten hat - in einer Vielzahl von Fällen seine Arbeitsleistung fehlerhaft erbracht, was zu Schäden bei der Beklagten geführt habe, handelt es sich um typische Fälle von Störungen im Leistungsbereich, in denen eine Abmahnung notwendig ist.

Gleiches gilt, soweit die Beklagte sich auf einen angeblichen Verstoß des Klägers gegen das im Betrieb geltende Alkoholverbot beruft, wobei insofern die angeblichen Verstöße seitens der Beklagten nicht einmal substantiiert dargelegt worden sind.

Bei den behaupteten Vertragsverstößen, der Kläger habe eigenmächtig Gutscheine für Kochkurse an Kunden verschenkt, ist ebenfalls von dem Erfordernis einer Abmahnung auszugehen. Es ist nicht ersichtlich, warum der Kläger im Falle des Ausspruchs einer Abmahnung sein Verhalten zukünftig nicht ändern sollte und insofern eventuell verloren gegangenes Vertrauen wegen Verschenkens von Kochkursen wieder gewonnen werden könnte.

Ein Kündigungsgrund auch ohne vorhergegangenem Ausspruch einer Abmahnung könnte grundsätzlich vorliegen, wenn der Kläger tatsächlich versucht haben sollte, einen Provisionsscheck zu unterschlagen. Insofern würde es sich um einen Straftatbestand handeln (§ 246 StGB), der so gravierend wäre, dass es der Beklagten nicht zuzumuten wäre, mit dem Kläger weiter zu arbeiten, was dieser auch hätte erkennen müssen. Dass durch eine Abmahnung insofern verlorenes Vertrauen wieder gewonnen werden könnte, ist nicht ersichtlich.

Allerdings sind insofern die Ausführungen der Beklagten nicht geeignet, eine solche versuchte Straftat zu belegen oder einen hinreichenden Verdacht bezüglich einer mutmaßlich vom Kläger beabsichtigten Unterschlagung zu begründen.

Nach dem eigenen Vortrag der Beklagten im Kammertermin ging der streitgegenständliche Scheck erst am 01.12.2005 bei ihr überhaupt ein. An diesem Tag wurde er dem Kläger von einer Mitarbeiterin übergeben. Nach der Einlassung des Klägers wollte er mit seinem Vorgesetzten bezüglich dieses Schecks eine Unterredung abhalten und hat ihn deswegen auf seinen Schreibtisch gelegt. Wie er in die Schublade des Schreibtisches kam, der im Übrigen für jedermann zugänglich ist, ließ sich nicht aufklären. Der Kläger verneinte jedenfalls, dass er den Scheck dort hineingelegt habe. Bereits einen Tag später, nämlich am 02.12.2005, suspendierte die Beklagte den Kläger vom Dienst und stellte ihn frei. Er hatte damit keine Möglichkeit mehr, bezüglich des streitgegenständlichen Schecks mit seinem Vorgesetzten ein Gespräch zu führen. Insofern fehlt es bereits an hinreichenden Anhaltspunkten und auch an einem hinreichenden Verdacht, dass der Kläger einen Unterschlagungsversuch habe vornehmen wollen. Dies gilt insbesondere deswegen, da es sich bei dem Scheck um einen Verrechnungsscheck gehandelt hat, der auf die Beklagte ausgestellt war. Eine Unterschlagung war daher faktisch durch den Kläger kaum möglich.

Schließlich ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts für eine Verdachtskündigung grundsätzlich die vorherige Anhörung des Arbeitnehmers Wirksamkeitsvoraussetzung (BAG 10.02.2005 EzA § 1 KSchG Verdachtskündigung Nr. 3; 26.09.2002 EzA § 696 BGB 2002 Verdacht strafbarer Handlungen Nr. 1).

Im vorliegenden Fall hat die Beklagte den Kläger unstreitig nach dem Auffinden des Schecks am 02.02.2005 und vor Ausspruch der Kündigung am 12.12.2005 nicht zu dem bei ihrer entstandenen Verdacht, er habe diesen Scheck eventuell unterschlagen wollen, angehört. Insofern hätte sie sich zumindest um eine solche Anhörung bemühen müssen. Allein der Umstand, dass sie den Kläger von der Arbeit freigestellt hatte, entband sie nicht von dieser Verpflichtung. Sie hätte den Kläger in dem Zehntageszeitraum versuchen müssen, privat zu erreichen.

3.

Soweit die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung - nicht in ihrem Berufungsantrag! - die Ansicht vertritt, das Arbeitsgericht hätte dem Auflösungsantrag stattgeben müssen, konnte das Berufungsgericht dieser Ansicht ebenfalls nicht folgen.

a)

Gemäß § 9 Abs. 1 S. 2 KSchG ist auf Antrag des Arbeitgebers das Arbeitsverhältnis aufzulösen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen.

Notwendige Voraussetzung ist die Feststellung der Sozialwidrigkeit der ausgesprochenen Kündigung im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG.

Das Ziel des Kündigungsschutzgesetzes ist es in erster Linie, den Arbeitnehmer im Interesse eines wirksamen Bestandsschutzes des Arbeitsverhältnisses vor einem Verlust des Arbeitsplatzes durch sozialwidrige Kündigung zu bewahren. Das Kündigungsschutzgesetz ist vorrangig ein Bestandsschutz- und kein Abfindungsgesetz. Deswegen ist es gerechtfertigt, an den Auflösungsantrag des Arbeitgebers strenge Anforderungen zu stellen (BAG 07.03.2002 EzA § 9 KSchG, neue Fassung, Nr. 45).

Als Auflösungsgrund kommen Beleidigungen, sonstige verletzende Äußerungen oder persönliche Angriffe des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, gegen Vorgesetzte oder Kollegen in Betracht. Auch ein entsprechendes Verhalten des Prozessbevollmächtigten des Arbeitnehmers im Kündigungsschutzprozess kann ein Grund zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses darstellen, sofern es von ihm veranlasst oder gebilligt worden ist. Bestehen Spannungen zwischen den Arbeitsvertragsparteien, kann sich der Arbeitgeber insofern nicht auf diese berufen, wenn er selbst zurechenbare Anteile an den verursachten Spannungen gehabt hat, zum Beispiel durch ein eigenes provozierendes Verhalten im Prozess (vgl. BAG 02.06.2005 EzA § 9 KSchG neue Fassung Nr. 49).

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu erwarten ist, ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz.

Der Arbeitgeber ist darlegungs- und beweispflichtig für das Vorliegen der Gründe, die einer künftigen gedeihlichen Zusammenarbeit entgegenstehen. Schlagwortartige Formulierungen, etwa des Inhalts, dass die Vertrauensgrundlage entfallen sei oder keine gemeinsame Basis mehr für eine Zusammenarbeit bestehe, reichen nicht aus (vgl. DLW, a.a.O. D Rz. 1879 ff).

b)

Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben des Gesetzgebers und der höchstrichterlichen Rechtsprechung konnte das Gericht vorliegend keine Auflösungsgründe feststellen.

Soweit die Beklagte sich insofern auf die "Arbeitsweise des Klägers" bezieht, ist zum einen zu berücksichtigen, dass das Arbeitsverhältnis erst seit kurzer Zeit bestanden hat, zum anderen, dass dem Kläger gegenüber bislang nicht durch eine Abmahnung sein Fehlverhalten vor Augen geführt worden ist. Warum der Kläger seine angebliche fehlerhafte Arbeitsweise nach Ausspruch einer Abmahnung nicht ändern sollte, war für das Gericht nicht ersichtlich. Sollten weiterhin häufig Fehler und Reklamationen auftreten, besteht die Möglichkeit des Ausspruchs von Abmahnungen und gegebenenfalls einer danach darauf gestützten verhaltensbedingten Kündigung.

Insofern ist auch die vorgelegte Liste, nach der eine Vielzahl von Arbeitnehmern angeblich nicht mehr bereit sein sollen, mit dem Kläger zusammenzuarbeiten, zu bewerten. Die Beklagte behauptet, die Arbeitnehmer hätten diese Liste deswegen unterzeichnet, da sie immer aufgrund der fehlerhaften Arbeitsweise des Klägers Nacharbeiten und Mehrarbeiten zu verrichten gehabt hätten. Sollte der Kläger insofern seine Arbeitsweise nach entsprechender Abmahnung ändern, wäre auch insofern der Vorbehalt der Kollegen ausgeräumt.

Schließlich ist die Bemerkung des Klägers in seinen Schriftsätzen und auch im Kammertermin, dass er Frau V für "unfähig" halte nicht geeignet, einen Auflösungsantrag zu begründen. Nach dem nicht widersprochenen Vortrag des Klägers, der danach gemäß § 139 ZPO als zugestanden anzusehen ist, ist Frau V nicht mehr bei der Beklagten beschäftigt, so dass insofern ein gestörtes Arbeitsverhältnis zu dieser Person bei Rückkehr des Klägers in den Betrieb nicht zu befürchten ist.

III.

Nach alledem war zu entscheiden, wie geschehen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Für eine Zulassung der Revision war angesichts der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.

Ende der Entscheidung

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