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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 07.09.2006
Aktenzeichen: 11 Sa 458/06
Rechtsgebiete: ArbGG, TVG, VTV, ZPO


Vorschriften:

ArbGG § 64 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 6
ArbGG § 66 Abs. 1
ArbGG § 69 Abs. 2
TVG § 3
TVG § 4 Abs. 3
VTV § 2
VTV § 3
VTV § 3 Ziff. 1
VTV § 9
ZPO § 519
ZPO § 520
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 11 Sa 458/06

Entscheidung vom 07.09.2006

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 27.04.2006 (Az.: 1 Ca 2166/05), wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Im vorliegenden Verfahren begehrt die Klägerin eine andere Eingruppierung und Zuordnung zu einer anderen Bandbreite gemäß dem Vergütungstarifvertrag zwischen dem Arbeitgeberverband W und der .....gewerkschaft V vom 02.07.2003.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird bezüglich des erstinstanzlichen Vortrages der Parteien und des unstreitigen Tatbestandes auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts in seinem Tatbestand gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG vollumfänglich verwiesen.

Ergänzend wird festgestellt, dass es zwischen den Parteien unstreitig ist, dass bei der Beklagten bei der Eingruppierung von Arbeitnehmern das von der Firma U erarbeitete Bewertungssystem herangezogen wird. Arbeitsgrundlage und Basis für die Bewertung der Tätigkeiten eines Arbeitnehmers und damit folgend der Eingruppierung und Zuordnung zu einer Bandbreite nach dem Vergütungstarifvertrag ist dabei, zumindest in erster Linie, die jeweils aktuelle Stellenbeschreibung, die vom jeweiligen Vorgesetzten erstellt wird. Bezüglich der Einzelheiten des angewendeten Bewertungssystemes wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 02.03.2006, Bl. 3 ff. (Bl. 135 ff. d. A.) verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. In seinen Entscheidungsgründen hat es ausgeführt,

dass zur Feststellung der tarifgerechten Eingruppierung im vorliegenden Streitfalle nicht auf das Bewertungsschema zurückgegriffen werden könne, welches nach der zwischen dem Betriebsrat und der Beklagten getroffenen Regelungsabrede vom 13.01.2003 im Unternehmen seit 01.01.2003 angewandt wird, weil dieses mit den zwingenden Eingruppierungsbestimmungen des zum 01.06.2003 in Kraft getretenen Vergütunstarifvertrages nicht vereinbar sei. Dieses Bewertungsschema beinhalte weder eine zulässige Konkretisierung der tarifvertraglich vorgegebenen Tätigkeitsmerkmale noch eine zulässige Umsetzung der tariflichen Bestimmung zur Vornahme der Eingruppierung, sondern stelle hiervon abweichende eigene Kriterienbewertungsregelungen auf, nach denen die jeweilige Tätigkeit an Hand eines festgelegten Punkteschema einer Bandbreite zugeordnet werde. Dieses eigenständige Bewertungssystem sei mit den zwingenden Eingruppierungsbestimmungen des Vergütungstarifvertrages nicht vereinbar und könne auch nicht als eine günstigere Regelung im Sinne des § 4 Abs. 3 TVG angesehen werden. Soweit die Klägerin dargelegt habe, welche Tätigkeiten sie tatsächlich ausübe, sei festzustellen, dass sie der ihr insofern obliegenden Darlegungslast für das Vorliegen der tariflichen Tätigkeitsmerkmale der höheren Bandbreiten 8 - 10 oder 7 - 9, in die sie gerne eingruppiert bzw. zugeordnet werden wolle, nicht erfüllt habe. Die Darlegungs- und Beweislast würde bei ihr liegen, nicht beim Arbeitgeber, da die Beklagte vorliegend keine Rückgruppierung vorgenommen habe, sondern eine Neueingruppierung nach dem neuen Vergütungssystem. Aus den Angaben der Klägerin bezüglich ihrer ausgeübten Tätigkeit könne nicht entnommen werden, dass sie die beanspruchten betrieblichen Tätigkeitsmerkmale unter Einschluss der dazu vorgesehenen Qualifizierung auch tatsächlich erfülle. Ihrer derzeitigen Eingruppierung in Vergütungsgruppe 8 des Tarifvertrages und ihre Zuordnung zur Bandbreite 6 - 8 stünde auch nicht § 9 des Vergütungstarifvertrages vom 02.07.2003 entgegen. Sie sei weiterhin in ihrer bisherigen Vergütungsgruppe eingruppiert und erhalte auch ihre bisherige Vergütung. Daher sei ihr Bestand nach § 9 Vergütungstarifvertrag gewahrt worden.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten der Entscheidung wird auf die Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils verwiesen.

Das Urteil des Arbeitsgerichts ist dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 24.05.2006 zugestellt worden. Er hat mit am 14.06.2006 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenen Schriftsatz gegen dieses Urteil Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 18.07.2006, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am 20.07.2006 eingegangen, begründet.

Die Klägerin trägt vor,

das Arbeitsgericht habe an dem Willen der Parteien vorbei argumentiert. Da beide Parteien des Rechtsstreits übereinstimmend von der Vereinbarkeit des Bewertungssystems der Fa. U mit dem einschlägigen Vergütungstarifvertrag ausgegangen seien, hätte das Gericht in der Sache lediglich über die richtige Anwendung der Kriterien des Bewertungssystems entscheiden dürfen. Da beide Parteien von der Wirksamkeit der zu Grunde liegenden Regelungsabrede zwischen den Betriebspartnern ausgehen würden, hätte sich das Gericht nicht von Amts wegen zu einem "Supervisor" der Betriebspartner aufschwingen dürfen, da ihm eine solche Rolle im Parteiprozess nicht zukomme. Da das Arbeitsgericht sich nicht mit den einzelnen Bewertungskriterien des Bewertungssystems und der damit zu erfolgenden Bandbreitenzuordnung der Klägerin befasst habe, sei das Urteil fehlerhaft ergangen. Die Umsetzung der Regelungsabrede in das Arbeitsverhältnis der Klägerin sei durch eine ständige Betriebsübung, Akzeptanz der Betriebsübung durch die Betriebsparteien und Arbeitnehmer und dreijährige Betriebsüblichkeit erfolgt. In jedem Fall habe das Arbeitsgericht § 9 des Vergütungstarifvertrages falsch ausgelegt, da jedwede Schlechterstellung ausgeschlossen werden sollte. Die Zuordnung der Klägerin zu einer anderen Bandbreite als nach dem alten Vergütungssystem stelle eine solche Schlechterstellung dar. Die Richtigkeit der Zuordnung zu der begehrten Bandbreite ergebe sich daraus, dass die Klägerin als Betriebsratsassistentin mit Vorstandsassistentinnen und Sekretärinnen vergleichbar sei und nicht mit Abteilungsassistentinnen und deswegen wie die Vorstandsassistentinnen bzw. die Sekretärinnen derselben Bandbreite zuzuordnen sei. Selbst wenn die Anwendung des Bewertungssystems der Fa. U aufgrund der Regelungsabrede falsch und unwirksam gewesen sein sollte, hätte die Klägerin einen Anspruch auf eine erste, dem Vergütungstarifvertrag entsprechende willkürfreie Zuordnung zu einer Bandbreite. Die vom Arbeitgeber vorgenommene Zuordnung sei dann völlig fehlerhaft erfolgt, da sie das Bewertungssystem angewendet habe. Es liege damit gar keine erste Eingruppierung nach dem Vergütungstarifvertrag und seinen Voraussetzungen vor. Die Darlegungs- und Beweislast bezüglich der richtigen Eingruppierung und Zuordnung zu einer bestimmten Bandbreite läge damit bei der Beklagten.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Vortrages der Klägerin wird auf ihren Schriftsatz vom 18.07.2006 verwiesen.

Die Klägerin beantragt,

Das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 27.04.2006 - 1 Ca 2166/05 - wird geändert:

I.

1. a)

Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin ab Oktober 2004 in die Vergütungsbandbreite 8 bei 10 des neuen Vergütungsgruppenverzeichnisses (Anlage 1 des VTV's vom 02.07.2003) einzuordnen.

b) Hilfsweise:

Es wird festgestellt, dass die Klägerin ab Oktober 2004 entsprechend § 3 TVG der Bandbreite 8 bis 10 des neuen Vergütungsgruppenverzeichnisses (Anlage 1 des VTV's vom 02.07.2003) zuzuordnen ist.

Hilfsweise zu 1. a):

Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin ab Oktober 2004 in die Vergütungsbandbreite 7 bis 9 des neuen Vergütungsgruppenverzeichnisses) Anlage 1 des VTV's vom 02.07.2003) einzuordnen.

Hilfsweise zu 1. b):

Es wird festgestellt, dass die Klägerin ab Oktober 2004 entsprechend § 3 VTV der Bandbreite 7 bis 9 des neuen Vergütungsgruppenverzeichnisses (Anlage 1 des VTV's vom 02.07.2003) zuzuordnen ist.

II. (Eventualantrag bei Obsiegen nach einem der Anträge zu I.)

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin von Oktober 2004 bis 31.12.2005 eine Monatsvergütung nach der Monatsvergütungstabelle 2004, gültig vom 01.10.2004 bis 31.12.2005, Vergütungsgruppe 9, Gruppenstufe 20, entsprechend der arbeitsvertraglich vereinbarten Arbeitszeit pro Woche zu bezahlen, ab 01.01.2006 nach der ab diesem Zeitraum geltenden Monatsvergütungstabelle, dort Vergütungsgruppe 9, Gruppenstufe 20.

III. Hilfsweise zu I. und II.:

a) Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin ab 01.01.2006 in die Vergütungsbandbreite 8 bis 10 des neuen Vergütungsgruppenverzeichnisses (Anlage 1 des VTV's vom 02.07.2003) einzuordnen.

b) Hilfsweise zu a):

Es wird festgestellt, dass die Klägerin ab 01.01.2006 entsprechend § 3 VTV der Bandbreite 8 bis 10 des neuen Vergütungsgruppenverzeichnisses (Anlage 1 des VTV's vom 02.07.2003) zuzuordnen ist.

c) Hilfsweise zu III. a):

aa.

Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin ab 01.01.2006 in die Vergütungsbandbreite 7 bis 9 des neuen Vergütungsgruppenverzeichnisses (Anlage des VTV's vom 02.07.2003) einzuordnen.

bb. Hilfsweise:

Es wird festgestellt, dass die Klägerin ab 01.01.2006 entsprechend § 3 VTV der Bandbreite 7 bis 9 des neuen Vergütungsgruppenverzeichnisses (Anlage 1 des VTV's vom 0207.2003) zuzuordnen ist.

IV. (Eventualantrag bei Obsiegen nach einem der Hilfsanträge zu III.):

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ab 01.01.2006 eine Monatsvergütung nach der ab 01.01.2006 geltenden Monatsvergütungstabelle Vergütungsgruppe 9, Gruppenstufe 20, entsprechend der arbeitsvertraglich vereinbarten Arbeitszeit pro Woche zu bezahlen.

V.

Die Beklagte trägt die gesamten Kosten des Rechtsstreits.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Sie trägt vor,

auch sie sei der Ansicht, dass aufgrund der Regelungsabrede vom 13.01.2003 die Eingruppierung und Zuordnung zu einer Bandbreite nach dem Bewertungssystem der Firma S wie geschehen vorzunehmen gewesen sei. Auch sie gehe davon aus, dass die Anwendung dieses Bewertungssystems zu sachgerechten und brauchbaren Ergebnissen führe. Die Klägerin sei allerdings nach diesem Bewertungssystem richtig in die Vergütungsgruppe 8 eingruppiert und der Bandbreite 6 bis 8 zugeordnet worden. Im Übrigen habe das Arbeitsgericht zu Recht § 9 des Vergütungstarifvertrages dahingehend ausgelegt, dass die Klägerin nicht rückgruppiert wurde. Auch die Ausführungen zur Darlegungs- und Beweislast seitens des Arbeitsgerichts seien zutreffend gewesen. Die Tätigkeit der Klägerin habe sich seit der Stellenneubewertung aus dem Jahre 2003 tatsächlich nicht verändert. In der neuen von ihr vorgelegten Stellenbeschreibung seitens ihres Vorgesetzten, des Betriebsratsvorsitzenden, sei lediglich eine andere Zuordnung der Tätigkeiten hinsichtlich der Frage ob es sich um Sachbearbeitertätigkeiten oder Sekretariatsarbeiten gehandelt habe, erfolgt.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beklagten im Berufungsverfahren wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 23.08.2006 (Bl. 261 ff. d. A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Rechtsmittel der Berufung ist nach § 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist ordnungsgemäß nach den §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i. V. m. §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

Das Rechtsmittel der Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst vollumfänglich auf die zutreffende Begründung des Arbeitsgerichts in seinem Urteil gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG verwiesen.

Im Hinblick auf die Berufungsbegründung und die Erörterung im Kammertermin am 07.09.2006 ist folgendes zu ergänzen:

1.

Die richtige Eingruppierung der Klägerin in eine Vergütungsgruppe und Zuordnung zu einer Bandbreite nach § 3 des Vergütungstarifvertrages kann nicht nach den Kriterien vorgenommen werden, wie sie in der Regelungsabrede der Betriebspartner der Beklagten vom 13.01.2003 festgeschrieben worden sind.

a)

Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob diese Regelungsabrede im vorliegenden Fall überhaupt im Rahmen einer betrieblichen Übung in das Arbeitsverhältnis der Klägerin auf individualrechtlicher Ebene implementiert worden ist.

Dagegen könnte sprechen, dass nach der Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 14.08.2001 - 1 AZR 744/00 -) eine Regelungsabrede grundsätzlich lediglich den Arbeitgeber gegenüber dem Betriebsrat verpflichtet, von seinen vertraglichen Gestaltungsmöglichkeiten in bestimmter Weise Gebrauch zu machen. Die Missachtung einer solchen Verpflichtung bleibt im Verhältnis zu Dritten folgenlos. Sie verschafft Arbeitnehmern keine über die vertragliche Abmachung hinausgehenden Rechte.

Im Urteil vom 19.06.2001 (1 AZR 598/00) hat das BAG weiter ausgeführt, dass eine betriebliche Übung eine bestimmte Verhaltensweise des Arbeitgebers erfordere, die den Schluss darauf erlaube, dass er sich vertraglich auf Dauer entsprechend binden wolle. Diese Verhaltensweise habe der Arbeitnehmer konkret vorzutragen, weil sie den Inhalt der vertraglichen Vereinbarung bestimme. Die Annahme eines entsprechenden Bindungswillen des Arbeitgebers setze weiter voraus, dass er zu dem von ihm praktizierten Verhalten nicht verpflichtet sei. Daher habe der Arbeitnehmer zur Begründung eines Anspruchs auf betriebliche Übung auch das Fehlen einer rechtlichen Verpflichtung des Arbeitgebers für die Gewährung der Vergünstigung darzulegen. Ansprüche aus betrieblicher Übung können nur entstehen, wenn für die Leistung noch keine andere - kollektiv- oder individualvertragliche - Anspruchsgrundlage besteht. Ein Anspruch kann regelmäßig auch dann nicht auf betriebliche Übung gestützt werden, wenn der Arbeitnehmer davon ausgeht, die vom Arbeitgeber gewährten Leistungen stünden ihm bereits aus einem anderen Rechtsgrund zu (vgl. DLW Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht 5. Auflage, Randziffer 585).

Vorliegend hat die Klägerin vorgetragen, die Beklagte sei aufgrund der Regelungsabrede mit ihrem Betriebsrat verpflichtet, sie entsprechend ihrer Stellenbewertung nach dem Bewertungssystem der Firma R einzugruppieren und einer bestimmten Bandbreite zuzuordnen. Hiervon ging nach den Ausführungen der Beklagten auch die Beklagte tatsächlich aus. Ob bei einem solchen von beiden Arbeitsvertragsparteien angenommenen Verpflichtungsgrund überhaupt eine betriebliche Übung entstehen kann, erscheint deswegen nach den oben dargelegten Grundsätzen bereits zweifelhaft.

b)

Selbst zu Gunsten der Klägerin allerdings unterstellt, die Regelungsabrede vom 13.01.2003 sei durch eine betriebliche Übung in ihren Arbeitsvertrag übernommen worden, führt dies entgegen ihrer Ansicht im vorliegenden Fall nicht dazu, dass ihre richtige Eingruppierung zu einer Vergütungsgruppe und Zuordnung zu einer bestimmten Bandbreite nach den Kriterien dieser Regelungsabrede zu erfolgen hat.

Insofern sind die Ausführungen des Arbeitsgerichts völlig zutreffend, dass die Regelungsabrede, zumindest in einem entscheidenden Punkt, von den im Vergütungstarifvertrag vorgegebenen Merkmalen, wie ein Arbeitnehmer einzugruppieren und einer Bandbreite zuzuordnen ist, abweicht.

Nach § 2 der Regelungsabrede ist die Grundlage für die Bewertung einer Stelle, d. h. die Eingruppierung in eine Vergütungsgruppe und Zuordnung zu einer Bandbreite, die Stellenbeschreibungen der Arbeitnehmer. So wurde es auch tatsächlich nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien bei der Beklagten gehandhabt.

Nach § 2 des Vergütungstarifvertrages vom 02.07.2003 ist die Zuordnung zu einer Vergütungsgruppe allerdings nach der überwiegend tatsächlich ausgeübten Tätigkeit vorzunehmen.

Die Tätigkeit eines Arbeitnehmers kann zwar mit den in einer Stellenbeschreibung aufgeführten Aufgaben übereinstimmen, sie muss es allerdings nicht. Gerade im vorliegenden Fall bestreitet die Beklagte die von der Klägerin im Einzelnen in ihrem Schriftsatz vom 19.01.2006 in der Anlage aufgelisteten Tätigkeiten und vertritt die Ansicht, dass allein auf die Stellenbeschreibung aus dem Jahre 2003 abzustellen sei (Schriftsatz vom 02.03.2006 Bl. 16 unter 4., Bl. 148 d. A.).

Das Arbeitsgericht hat daher zutreffend festgestellt, dass das Verfahren der Eingruppierung und Zuordnung zu einer Bandbreite nach der Regelungsabrede, welches als Grundlage die Stellenbewertungen heranzieht, anders ist, als es die Tarifvertragsparteien in § 2 des Vergütungstarifvertrages vorgesehen haben. Die Regelungsabrede ist insofern tarifwidrig und damit auch, sofern sie über eine betriebliche Übung in den Arbeitsvertrag implementiert wurde, die nunmehr arbeitsvertraglich vorhandene Regelung, wie eine Eingruppierung und Zuordnung zu einer Bandbreite zu erfolgen habe.

Eine solche auf der Ebene des Arbeitsvertrages abweichende Regelung vom Tarifvertrag ist allerdings gemäß § 4 Abs. 3 TVG nur dann zulässig, wenn sie günstiger ist als die tarifvertragliche Regelung.

Auch insofern wird zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts in seinen Entscheidungsgründen unter II. Ziff. 2 gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG verwiesen.

Für das Landesarbeitsgericht war nicht zu erkennen, dass insofern eine Bewertung nach Stellenbeschreibung immer günstiger sein soll, als eine Bewertung nach den ausgeübten Tätigkeiten. Dies behauptet die Klägerin auch selbst nicht, wie sich auf ausdrücklicher Nachfrage des Vorsitzenden im Kammertermin beim Landesarbeitsgericht ergeben hat. Gerade im vorliegenden Fall trägt die Klägerin ja vor, dass ihre Tätigkeiten sich in den letzten Jahren verändert hätten und deswegen nicht mehr mit der ursprünglichen Stellenbeschreibung aus dem Jahre 2003 übereinstimmten.

2.

Für die Frage der richtigen Eingruppierung der Klägerin in den Vergütungstarifvertrag und Zuordnung zu einer bestimmten Bandbreite war daher allein auf die im Vergütungstarifvertrag aufgestellten Merkmale abzustellen.

a)

Hierbei ist zunächst festzustellen, dass entgegen der Ansicht der Klägerin die Beklagte die Klägerin tatsächlich in die Vergütungsgruppe 8 eingruppiert und der Bandbreite 6 bis 8 zugeordnet hat. Dies mag aufgrund fehlerhafter Anwendung des von der Firma R erstellten Bewertungssystems und auf fehlerhafter Grundlage, nämlich der Stellenbeschreibung, erfolgt sein, so dass evtl. das gefundene Ergebnis durch die Beklagte auch fehlerhaft sein mag. Tatsache ist allerdings, dass die Beklagte die Klägerin jedenfalls in eine Vergütungsgruppe nach dem Vergütungstarifvertrag eingruppiert hat und auch in eine nach dem Vergütungstarifvertrag vorgesehene Bandbreite.

Begehrt die Klägerin nunmehr in eine andere Vergütungsgruppe oder/und in eine andere Bandbreite eingruppiert zu werden, trägt sie die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die insofern nach dem Tarifvertrag vorgesehenen Voraussetzungen der begehrten Vergütungsgruppe bzw. Bandbreite tatsächlich erfüllt werden (BAG 08.06.2005 - 4 AZR 417/04 -; 20.10.1993 - 4 AZR 47/93 -).

Eine Umkehr der Darlegungs- und Beweislast liegt im vorliegenden Fall nicht etwa deswegen vor, weil die Beklagte die Klägerin "rückgruppiert" habe. Insofern wird wieder zunächst auf die zutreffende Ausführung des Arbeitsgerichts in seinen Entscheidungsgründen unter I., 2. a) und b) nach § 69 Abs. 2 ArbGG verwiesen. Richtig hat das Arbeitsgericht erkannt, dass im vorliegenden Fall ein neues Vergütungssystem eingeführt wurde, was von seiner Systematik her sich völlig vom alten Vergütungssystem unterscheidet. Bereits begrifflich kann daher eine Herabgruppierung nicht erfolgen, da dies die Anwendung des bisherigen Vergütungssystemes voraussetzen würde.

Tatsächlich ist die Klägerin auch nicht herabgruppiert worden. Sie ist, wie nach dem alten Vergütungssystem, weiter in die Vergütungsgruppe 8 eingruppiert und erhält auch ihre bisherige Vergütung.

b)

Der ihr obliegenden Darlegungs- und Beweislast, dass sie die Tätigkeitsmerkmale der Bandbreite 8 bis 10 bzw. hilfsweise 7 bis 9 erfülle, kam die Klägerin nicht nach.

Auch insofern wird zunächst auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts in seinen Entscheidungsgründen unter I., 4) verwiesen.

Ergänzend sei die Klägerin darauf hingewiesen, dass das Landesarbeitsgericht auch nach der von ihr vorgelegten Tätigkeitsauflistung für den Zeitraum 07. - 20.12.2005 nicht feststellen konnte, dass sie die herausgehobenen Merkmale der begehrten Bandbreite erfüllt.

Sie ist seitens der Beklagten der Bandbreite 6 bis 8 zugeordnet worden. Hierunter fallen Tätigkeiten unterschiedlicher Art, die nach eindeutiger Anweisung teilweise selbständig ausgeübt werden, die bezüglich der zu lösenden Probleme allgemeine Anforderungen an das Wissen und das fachliche Können stellen und soweit notwendig Sozialkompetenz erfordern und die eine abgeschlossene Ausbildung mit einer im Regelfall mindestens einjährigen Berufserfahrung erfordern.

Die begehrte Bandbreite 8 bis 10 unterscheidet sich dadurch, dass die Tätigkeiten nicht nur teilweise selbständig, sondern weitestgehend selbständig ausgeübt werden und die zu lösenden Probleme nicht allgemeine Anforderungen, sondern erhöhte Anforderungen an das Wissen, das Dispositionsvermögen sowie an das fachliche Können stellen. Das Merkmal der "erhöhten Anforderungen" ist auch nach der hilfsweise beantragten Zuordnung zur Bandbreite 7 bis 9 erforderlich.

Nach § 3 Ziff. 1 des Vergütungstarifvertrages ist maßgebend für die Zuordnung zu einer bestimmten Bandbreite die Wertigkeit der von dem Arbeitnehmer überwiegend auszuübenden Tätigkeiten.

Unter Zugrundelegung dieser Parameter konnte das Gericht aufgrund der Tätigkeitsauflistung der Klägerin nicht feststellen, dass insbesondere das Merkmal der "erhöhten Anforderungen" an das Wissen und das fachliche Können und das Vorliegen notwendigen Dispositionsvermögens bei der überwiegend von der Klägerin aufgeführten Tätigkeiten in dem Zeitraum 07.12. - 20.12. notwendig waren.

Am 07.12.2004 konnte das Gericht dies lediglich für die Tätigkeiten zwischen 13.00 Uhr und 14.00 Uhr zu Gunsten der Klägerin unterstellen. Alle anderen Tätigkeiten, so weit für sie überhaupt eine Aussage getroffen werden konnte, ließen keinen besonderen Schwierigkeitsgrad und damit eine erhöhte Anforderung an Wissen und Können erkennen.

Das Vorliegen der qualifizierenden Merkmale hinsichtlich der ausgeübten Tätigkeit konnte am 08.12. lediglich für die Tätigkeiten zwischen 13.00 Uhr und 15.30 Uhr unterstellt werden, am 12.12. für die Tätigkeiten zwischen 12.45 Uh rund 13.00 Uhr, am 13.12. für die Tätigkeiten zwischen 9.00 Uhr und 9.30 Uhr, wobei insofern fraglich ist, ob es sich nicht um Tätigkeiten der Klägerin im Rahmen ihrer Eigenschaft als Betriebsratsmitglied handelte, am 14.12., 15.12., 16.12., 19.12., 20.12. für keine der angegebenen Tätigkeiten.

Die erhöhten Anforderungen an Wissen und Können bei Ausübung der Tätigkeiten der Klägerin im genannten Zeitraum machen daher weit unter 50% der insgesamt erledigten Tätigkeiten aus, so dass eine Zuordnung zu der erstrebten Bandbreite bereits aus diesem Grunde ausscheidet.

3.

Schließlich ergibt sich auch nicht aus § 9 des Vergütungstarifvertrages ein Anspruch der Klägerin den begehrten Bandbreiten zugeordnet zu werden.

Auch insofern wird zunächst wieder auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts in seinen Entscheidungsgründen unter I. Ziff. 3 gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG verwiesen. Ergänzend sei auf folgendes hingewiesen:

a)

Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt nach der ständigen Rechtsprechung des BAG (12.09.1984, EzA § 1 TVG, Auslegung Nr. 14) den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Zunächst und als erstes ist daher vom Wortlaut auszugehen. Danach ist der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen, ohne an Buchstaben zu haften. Lediglich so weit der Tarifwortlaut nicht eindeutig ist, ist der in der tariflichen Norm zum Ausdruck kommende wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen. Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil diese Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefern und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Ergebnisse nicht zu, dann können ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien, wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend herangezogen werden. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen in Tarifauslegung der Vorzug, der zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt. Wenn die Tarifvertragsparteien ein Wort erwähnen, das in der Rechtsterminologie einen festen Inhalt hat, ist im Zweifel davon auszugehen, dass sie dies in demselben Sinn verstanden wissen wollen (BAG, 28.01.1977, AP Nr. 1 zu § 1 TVG - Tarifverträge: Ziegelindustrie; vgl. DLW, Handbuch des Fachanwalts, Arbeitsrecht H Rz. 115).

b)

Die Tarifpartner haben beim vorliegenden Vergütungstarifvertrag vom 02.07.2003 in § 9 geregelt, dass aus Anlass oder im Zusammenhang mit der Inkraftsetzung dieses Vergütungstarifvertrages und des neuen Vergütungsgruppenverzeichnisses Arbeitnehmer nicht "rückgruppiert" werden dürfen. Mit anderen Worten heißt das, dass die bisherige Eingruppierung beibehalten werden muss.

Unter Eingruppierung wird allerdings grundsätzlich die Zuordnung zu einer bestimmten Vergütungsgruppe verstanden.

Dass die Betriebspartner dies auch im vorliegenden Fall so verstanden wissen wollten, ergibt sich aus § 3 Ziff. 1 des Vergütungstarifvertrages. Hier haben die Tarifpartner auch eindeutig vom Wortlaut her zwischen einer "Eingruppierung in eine Vergütungsgruppe" und "Zuordnung zu einer Bandbreite" unterschieden. Der Bestandsschutz nach § 9 bezieht sich daher lediglich auf die Eingruppierung in eine bestimmte Vergütungsgruppe, insofern darf ein Arbeitnehmer nicht "rückgruppiert" werden. Er bezieht sich allerdings nicht auf die Zuordnung zu einer Bandbreite.

Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die Zuordnung zu den Bandbreiten, wie sie nach dem alten Vergütungstarifvertrag vorgenommen wurden, überhaupt vergleichbar sind mit der Zuordnung nach dem neuen Vergütungstarifvertrag. Jedenfalls kann sich die Klägerin bezüglich der Zuordnung zu einer Bandbreite nicht auf § 9 des Vergütungstarifvertrages berufen.

III.

Nach alledem war zu entscheiden wie geschehen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Für eine Zulassung der Revision war angesichts der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.

Ende der Entscheidung

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