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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 22.06.2006
Aktenzeichen: 11 Sa 604/05
Rechtsgebiete: KSchG, BGB, ArbGG, ZPO, HGB, BZRG


Vorschriften:

KSchG § 9
KSchG § 10
BGB §§ 187 ff.
BGB § 626 Abs. 1
BGB § 626 Abs. 2
ArbGG § 8 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 6
ArbGG § 66 Abs. 1
ZPO § 138
ZPO § 286
ZPO §§ 511 ff.
HGB § 60
HGB § 60 Abs. 1
BZRG § 51
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 11 Sa 604/05

Entscheidung vom 22.06.2006

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 22.04.05 (Az.: 3 Ca 2868/04) wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten - soweit in der Berufungsinstanz noch von Bedeutung - über die Wirksamkeit einer von der Beklagten mit Schreiben vom 30.11.2004 aus verhaltensbedingten Gründen hilfsweise fristgemäß zum 31.12.2004 ausgesprochenen Kündigung des Arbeitsverhältnisses sowie einen Auflösungsantrag der Beklagten gemäß §§ 9, 10 KSchG.

Die Beklagte, die in Mainz in der Regel ca. zwanzig Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden beschäftigt, unterhält einen Betrieb der IT-Branche. Die bei Klageerhebung 28-jährige Klägerin ist aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrages vom 06.01.2003 dort als Account Managerin für den Bereich IT-Training und Seminare tätig.

Bereits unter dem 15.10.2004 sprach die Beklagte mit der Begründung, die Arbeitsleistung der Klägerin entspreche nicht ihren Erwartungen, eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 15.11.2004 aus und stellte die Klägerin gleichzeitig unwiderruflich von der Arbeitsleistung frei. Der Zweck dieser Aufforderung ist zwischen den Parteien streitig.

Die Beklagte, die hierin die Vorbereitung einer Wettbewerbstätigkeit der Klägerin sieht und der Klägerin weitere Wettbewerbs- bzw. Konkurrenztätigkeiten vorwirft, wies die Klägerin mit E-Mail vom 22.10.2004 darauf hin, dass ihr während des bestehenden Arbeitsverhältnisses Wettbewerbs- oder Konkurrenztätigkeiten verboten seien und drohte für den Fall der Fortsetzung der Aktivitäten Schadenersatz- und Unterlassungsansprüche an.

Unter dem 30.11.2004 sprach die Beklagte sodann die hier streitgegenständliche außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung zum 30.12.2004 aus.

Die Klägerin hat vorgetragen, sie habe sich per e-Mail lediglich von ihren Kunden verabschiedet und von ihrem Fortgehen unterrichtet sowie diejenigen Kunden, die nach einem Wettbewerbsverbot gefragt hätten, entsprechend informiert. Sie habe weder Verhandlungen mit Kunden der Beklagten geführt noch betreibe sie selbst ein Erwerbsgeschäft. Insbesondere habe sie auch den Kunden W-AG nicht aufgefordert, den Vertrag mit ihr fortzusetzen.

Sie habe sich von der Kollegin V Kundenangebote übermitteln lassen, weil sie einen eigenen Verkaufsstil entwickelt habe und für den Fall, dass sie bei einem Wettbewerber eine neue Stelle finde, diese Unterlagen als Mustervorlagen verwenden wolle. Es habe sich insoweit nicht um Geschäftsunterlagen, sondern nur um von ihr allein verfasste Unterlagen gehandelt. Sie habe Frau V aufgefordert, die E-Mails zu löschen, um diese nicht in Schwierigkeiten zu bringen.

Im Übrigen hat die Klägerin die Meinung vertreten, die Beklagte habe sich rechtswidrig Zugang zu dem von ihr auf ihrem Geschäftsrechner eingerichteten privaten E-Mail Account verschafft, in dem sie Druck auf die Mitarbeiterin U ausgeübt habe, damit diese das Kennwort der Klägerin bekannt gebe. Sodann habe die Beklagte die Daten in strafbarer Weise ausgespäht. Die so gewonnen Erkenntnisse unterlägen einem Beweisverwertungsverbot, das sich auch auf die Vernehmung des Zeugen T erstrecke, da die Beklagte erst durch die Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte auf die Idee gekommen sei, sich mit dem Zeugen in Verbindung zu setzen.

Der Auflösungsantrag müsse schon daran scheitern, dass er nach Ausspruch einer außerordentliche Kündigung nur noch vom Arbeitnehmer gestellt werden könne.

Die Klägerin hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 15.10.2004, der Klägerin zugegangen am 15.10.2004, nicht aufgelöst worden ist,

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag von 2.801,29 € brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 31.10.2004 zu zahlen,

3. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch die fristlose hilfsweise fristgerechte Kündigung vom 30.11.2004, der Klägerin zugegangen am 30.11.2004, aufgelöst worden ist,

4. für den Fall des Obsiegens mit den Anträgen zu Ziffer 1) und 3) die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Account Managerin weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Für den Fall des Unterliegens des Abweisungsantrages bezogen auf die Klageanträge zu 1) und 3):

das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien zum 15.11.2004 - hilfsweise zum 31.12.2004 - aufzulösen, gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung.

Die Klägerin hat beantragt,

den Auflösungsantrag der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen, die Klägerin habe unmittelbar nach Erhalt der ersten Kündigung und der Freistellung von einer E-Mail-Adresse, die sie (auch) auf ihrem Computer an ihrem Arbeitsplatz bei der Beklagten eingerichtet habe, Kontakt zu den Kunden und Vertragspartnern der Beklagten aufgenommen, die sie bisher als Account Managerin betreut habe. Die Klägerin habe diesen sodann neue Kontaktdaten übermittelt, und, mit dem Hinweis sie unterliege gegenüber der Beklagten keinem Wettbewerbsverbot, um Kontaktaufnahme gebeten.

Den Kunden W AG habe sie am 21.10.2004 per E-Mail aufgefordert, den Auftrag von S, den die Klägerin für sie - die Beklagte - habe akquirieren sollen, nun über sich selbst laufen zulassen. Dies habe der Vertragspartner jedoch abgelehnt.

Kurz nach Zustellung der Kündigungsschutzklage wegen der ersten Kündigung sei sie - die Beklagte - von einem Geschäftspartner davon unterrichtet worden, dass die Klägerin die Wettbewerbstätigkeiten auch nach Erhalt der Unterlassungsaufforderung fortgesetzt habe. So habe ihr der Mitarbeiter des Schulungsunternehmens P3, Herr S, am 24.11.2004 per E-Mail mitgeteilt, dass sich die Klägerin erneut bei dem Schulungspartner gemeldet habe, um ein Geschäft mit R, einem der potentiellen Kunden der Beklagten, mit dem die Klägerin zuvor Verhandlungen aufgenommen habe, einzuleiten.

Die Beklagte hat vorgetragen, das Verhalten der Klägerin schließe eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit der Parteien aus. Sie - die Beklagte - würde sich im Falle eines weiteren Einsatzes der Klägerin als Außendienstmitarbeiterin zudem gegenüber den kontaktierten Kunden unglaubwürdig machen.

Auch die Aufforderung der Klägerin an die Mitarbeiterin V, sich ihr - der Beklagten - gegenüber vertragswidrig zu verhalten, schließe eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses aus, zumal Frau V wegen des Vorgangs ebenfalls gekündigt worden sei.

Die Beklagte hat die Meinung vertreten, sie könne die am 30.11.2004 erklärte Kündigung auch auf die Aktivitäten der Klägerin stützen, die bereits Inhalt der Unterlassungsaufforderung vom 22.10.2004 gewesen seien. Die erneute Kündigung sei erst erforderlich geworden, nachdem die Klägerin - im Widerspruch zu ihrem eigenen Wettbewerbsverhalten - durch die Erhebung der Kündigungsschutzklage die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses verlangt habe.

Das Gericht hat Beweis erhoben über die Behauptung der Beklagten, die Klägerin habe den Kunden W AG am 21.10.2004 per E-Mail aufgefordert, den Auftrag von S über sie laufen zu lassen, durch Vernehmung des Zeugen T. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift des Sitzungsprotokolls vom 22.04.2005 verwiesen.

Das Arbeitgericht hat mit Urteil vom 22.04.2005, das der Klägerin am 23.06.2005 zugestellt worden ist, festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die Kündigung der Beklagten vom 15.10.2004 noch durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 30.11.2004 aufgelöst worden ist, sondern bis zum 31.12.2004 fortbestanden hat und dem Zahlungsantrag der Klägerin stattgegeben. Im Übrigen hat es die gegen die ordentliche Kündigung vom 30.11.2004 gerichtete Klage abgewiesen. Das Arbeitsgericht hat seine Entscheidung - soweit in der Berufungsinstanz noch von Bedeutung - im Wesentlichen wie folgt begründet:

Soweit die Klage sich gegen die außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung richte, habe diese schon im Hinblick auf § 626 Abs. 2 BGB nur insoweit Erfolg wie sie sich gegen die fristlose Kündigung wende.

Ein Kündigungsgrund liege vor, da die Kammer nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon überzeugt sei, dass die Klägerin versucht habe, ein für die Beklagte angebahntes Vermittlungsgeschäft zwischen der W AG und der S abzuwerben und künftig selbst zu vermitteln.

Im Hinblick auf die Bedenken der Klägerin an der Verwertbarkeit des Beweismittels wegen der Verletzung des Datenschutzes durch die Beklagte beim Ausspähen der auf dem Account der Klägerin gespeicherten E-Mail-Korrespondenz sehe sich die Kammer zwar an der Verwertung der E-Mail-Ausdrucke als solche - die ihrerseits auch kein Beweismittel im Sinne der ZPO seien - gehindert, nicht aber an der Vernehmung des Zeugen über dessen eigene Wahrnehmungen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die - per Fax - am 19.07.2005 beim Landesarbeitsgericht eingegangen und mit einem - per Fax - am 23.09.2005 eingegangenen Schriftsatz begründet worden ist, nachdem das Landesarbeitsgericht die Berufungsbegründungsfrist entsprechend verlängert hat.

Die Klägerin trägt unter Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Vortrag im Wesentlichen vor, die streitgegenständliche Kündigung könne bereits deswegen nicht mit einer angeblichen Wettbewerbstätigkeit begründet werden, weil bei deren Zugang das Arbeitsverhältnis wegen der vorangegangenen Kündigung aus Sicht der Beklagten bereits seit ca. 2 Wochen beendet gewesen sei.

Darüber hinaus stütze die Beklagte den Kündigungssachverhalt im Wesentlichen auf Erkenntnisse, die sie sich durch einen strafrechtlich relevanten Zugriff zu ihrem privaten Online-Email-Account verschafft habe. Die Beklagte habe sich nachweislich am 22.10.2004 im Internet beim Provider web.de mit den Zugangsdaten der Klägerin eingeloggt, ihr Passwort "geknackt", auf ihre private E-mail-Korrespondenz zugegriffen und diese ausgedruckt und lege sie nunmehr im Prozess als Beweismittel vor. Dazu gehöre auch die E-mail an den Zeugen T, über die dieser auch vernommen worden sei.

Die Schlussfolgerung des Arbeitsgerichts nach Vernehmung des Zeugen Dr. T sei nachgewiesen, dass sie - die Klägerin - versucht habe, ein Geschäft zwischen der W AG und der S abzuwerben und künftig selbst zu vermitteln, könne weder der Aussage des Zeugen noch der E-Mail entnommen werden. Das Arbeitsgericht komme daher aufgrund einer falschen Beweiswürdigung zu dem Ergebnis, dass sie den Zeugen angerufen und ihm unter dem 21.10.2004 eine E-mail geschickt habe. Tatsächlich habe sie nach Ausspruch der Kündigung mit dem Zeugen ein einziges Telefonat geführt, um sich - was durchaus üblich ist - von ihrem Kunden zu verabschieden. Im Übrigen habe der Zeuge selbst eingeräumt, dass er keine weiteren Erkenntnismöglichkeiten über den Absender der E-Mail habe. Mit ein wenig technischem Sachverstand hätte das Arbeitsgericht feststellen können, dass jeder, der Zugang zu ihrem E-Mail-Account gehabt habe, insbesondere auch die Beklagte, die E-Mail habe verschicken können. Das Arbeitsgericht unterstelle daher rechtsfehlerhaft, dass die E-Mail von ihr herrühre. Dagegen spreche, dass in der E-mail von einer "Anwältin" gesprochen werde, obwohl sie - die Klägerin - tatsächlich von einem männlichen Anwalt vertreten werde.

Zudem sei ihr die vom Arbeitsgericht angenommene Abwerbung tatsächlich gar nicht möglich gewesen, da sie selbst kein Erwerbsgeschäft betreibe. Die W-AG erbringe unstreitig Dienstleistungen für die Beklagte und sei auf deren Aufträge angewiesen. Allein die Fortführung eines Kontakts stelle indes noch keine verbotene Wettbewerbstätigkeit dar.

Darüber hinaus habe das Arbeitsgericht verkannt, dass der Kündigungsvorwurf jedenfalls wegen der Abmahnung der Beklagten vom 22.10.2004 verbraucht sei, da die Beklagte zu diesem Zeitpunkt bereits Kenntnis von der in Rede stehenden E-Mail gehabt habe. Die Beklagte habe auch keinen Wiederholungsfall behauptet.

Zudem gehe das Arbeitsgericht rechtsirrig davon aus, dass bei einem unterstellten Vertragsverstoß eine Abmahnung entbehrlich gewesen sei. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass das Arbeitsverhältnis bereits gekündigt gewesen sei und sie - die Klägerin - keinem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot unterlegen habe. Sie habe daher durchaus annehmen können, dass sie die Kunden der Beklagten kontaktieren könne.

Auch die von der Beklagten vorgelegten E-Mails, die angeblich von Frau V stammten, seien ihr - der Klägerin - nicht bekannt. Sie habe auch niemals Geschäftsunterlagen über Frau V abgefordert, sondern diese lediglich einmal gebeten, ihr ihre eigenen Muster zukommen zu lassen. Sie bestreite auch, dass diese E-Mails vom PC von Frau V abgesetzt worden seien. Es sei durchaus möglich, dass ein Mitarbeiter der Beklagten sowohl die E-Mails, die angeblich von ihr stammten, als auch diejenigen die angeblich von Frau V herrührten, vom Arbeitsplatz der Frau V oder einem anderen Arbeitsplatz an den privaten E-Mail-Account der Klägerin abgesetzt und ausgedruckt habe sowie über den privaten E-Mail-Account der Klägerin E-Mails an die E-Mail-Adresse der Zeugin V versandt habe. Auffallend sei jedenfalls, dass der verantwortliche Mitarbeiter die E-Mails "zufällig" zeitnah zum Zeitpunkt ihrer Versendung "abgefangen" und ausgedruckt habe.

Letztlich habe das Arbeitsgericht Beweise verwertet, die einem Beweisverwertungsverbot unterlägen. Dies gelte nicht nur für die von der Beklagten rechtswidrig erlangte E-Mail-Korrespondenz, sondern auch für die mittelbare Verwertung der durch das verbotene Beweismittel erlangten Erkenntnisse zu Beweiszwecken, soweit damit ein eigenständiger Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verbunden ist.

Der neuerliche Vortrag zum Thema "R" werde als verspätet gerügt und sei unrichtig. Tatsächlich seien die Verhandlungen von R mit der Beklagten wegen einer völlig missglückten Präsentation von P 3, den Trainern, die mit der Beklagten zusammenarbeiten und bei R präsentiert haben, bereits im August 2004 beendet worden. Letztlich habe das Arbeitsgericht die Notwendigkeit einer vorherigen Abmahnung verkannt. Die Beklagte habe die Voraussetzungen für eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht dargetan.

Die Klägerin beantragt,

1. Auf die Berufung der Berufungsklägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 22.04.2005, Az.: 3 Ca 2868/04, abgeändert.

2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch die hilfsweise fristgerechte Kündigung der Beklagten vom 30.11.2004 geendet hat.

3. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Account Managerin weiter zu beschäftigen

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen;

für den Fall des Unterliegens des Abweisungsantrages bezüglich des in der Berufungsbegründung gestellten Klageantrages zu 2) hilfsweise,

das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien zum 31.12.2004 aufzulösen gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung.

Die Klägerin beantragt,

den Auflösungsantrag zurückzuweisen.

Die Beklagte meint, das Verhalten der Klägerin rechtfertige jedenfalls die allein noch streitgegenständliche ordentliche Kündigung.

Die Argumentation der Klägerin, eine Wettbewerbstätigkeit komme bereits deswegen nicht in Betracht, weil sie - die Beklagte - das Arbeitsverhältnis bereits zum 15.11.2004 gekündigt habe, überzeuge deswegen nicht, weil die Klägerin ihrerseits durch die Erhebung der Kündigungsschutzklage zu erkennen gegeben habe, dass sie vom Fortbestand des Arbeitsverhältnisses ausgegangen sei, was das Arbeitsgericht durch das insoweit rechtskräftige Urteil auch bestätigt habe. Der Kündigungsvorwurf sei auch nicht durch ihr Schreiben vom 22.10.2004 verbraucht. Als dieses Schreiben durch ihren Prozessbevollmächtigten am 22.10.2004 per Fax vorab an die Klägerin gerichtet worden sei, habe die Klägerin - was unstreitig ist - noch keine Kündigungsschutzklage erhoben, so dass eine Abmahnung weder notwendig noch im Schreiben vom 22.10.2004 enthalten sei. Tatsächlich seien der Klägerin lediglich Unterlassungs- und Schadenersatzansprüche "angedroht" worden.

Letztlich bestehe auch kein Beweisverwertungsverbot, was sich insbesondere aus folgenden Umständen ergebe:

Die Klägerin sei bei Aushändigung des Kündigungsschreibens von der Zeugin Q aufgefordert worden, unter deren Aufsicht alle evtl. privaten Daten vom Firmenrechner zu entfernen, was die Klägerin getan und auf ausdrückliche Nachfrage auch bestätigt habe. Beim Austritt eines Mitarbeiters müssten danach Passwörter für die Windows-Domäne und den Lotus-Notes-Account vom Mitarbeiter zurückgesetzt werden, um wieder einen Zugriff auf die firmenbezogenen Daten zu gewährleisten. In der Folgezeit werde der PC einem Routine-Check unterzogen, der u.a. die Überprüfung des Internetverlaufs beinhalte. Diese Überprüfung sei vorliegend von einem ihrer Techniker am 22.10.2004 durchgeführt worden, wobei die Seite mit dem E-mail-Account der Klägerin unter http://www.web.de zum Vorschein gekommen sei. Der Internet Explorer von Microsoft in der Version 6 habe die Möglichkeit der Speicherung des Benutzernamens und des dazugehörigen Passworts, von der die Klägerin auch Gebrauch gemacht habe. Da die Klägerin bei der ihr eingeräumten Möglichkeit, alle privaten Daten zu löschen, diese nicht entfernt habe, sei ihr der Zugriff auf die fragliche Seite mit den persönlichen Zugriffsdaten der Klägerin ohne weiteres möglich gewesen. Sie habe daher, ohne gezielt danach zu suchen oder gar ein Passwort zu "knackten", den E-Mail-Verkehr der Klägerin mit diversen Kunden sowie deren interne E-Mail-Korrespondenz mit Frau V, einschließlich der Bitte der Klägerin, diese E-Mail direkt nach Eingang zu löschen, gefunden. Es könne daher weder von einer strafrechtlich relevanten Verschaffung der Informationen gesprochen werden, noch liege eine vorsätzlichen Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin vor.

Auch deren Auffassung, das in Rede stehende Vorgehen sei mit einem Einbruch in ihre Wohnung bzw. in ihren privaten Briefkasten zu vergleichen, sei nicht zutreffend. Vielmehr sei es damit vergleichbar, dass die Klägerin beim Ausräumen ihres Schreibtisches vergessen habe, eine Schublade mit privater Korrespondenz auszuräumen, die dann dem Arbeitgeber zur Kenntnis gelangt sei.

Sie - die Beklagte - habe mithin davon ausgehen können, dass die Klägerin entsprechend ihrer Bestätigung alle privaten Dinge gelöscht habe, so dass sie habe davon ausgehen können, dass die Klägerin damit einverstanden sei, dass sie auf die noch vorhandenen Daten zugreife. Nach alledem bestehe kein Beweisverwertungsverbot, schon gar nicht bezogen auf die Vernehmung des Zeugen T.

Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang bestreite, die E-Mail vom 21.10.2004 an Herrn Dr. T stamme von ihr und die Vermutung äußere, einer ihrer Mitarbeiter habe diese nach Kenntnis des privaten E-Mail-Accounts der Klägerin verfasst, sei diese Unterstellung unzutreffend und durch den tatsächlichen Geschehensablauf widerlegt. Da die Überprüfung des von der Klägerin genutzten PC`s erst am 22.10.2004 erfolgt sei und ihr - der Beklagten - davor weder die private Handynummer noch die private E-Mail-Adresse der Klägerin bekannt gewesen sei, sei es ihr gar nicht möglich gewesen, eine E-Mail unter dieser Adresse abzuschicken und die private Handynummer der Klägerin mitzuteilen.

Die erstinstanzliche Beweiswürdigung sei auch insoweit nicht zu beanstanden, als das Arbeitsgericht u.a. aus dem engen zeitlichen Zusammenhang des von der Klägerin nicht bestrittenen Telefonanrufs und der danach versandten E-Mail darauf schließe, der Klägerin sei es nicht nur um eine Verabschiedung von den Kunden, sondern darum gegangen, den bestehenden Kundenkontakt nunmehr für eigene Geschäftsinteressen zu nutzen. Hierfür spreche auch, dass die Klägerin ihre private Handynummer angegeben habe. Zudem habe die Klägerin die E-Mail-Korrespondenz mit der Kollegin V nicht bestritten. Frau V, der wegen dieses Vorfalls ebenfalls gekündigt worden sei, habe die Korrespondenz ihr gegenüber eingeräumt und dies auch in der Güteverhandlung ihres Kündigungsschutzverfahrens bestätigt.

Die von der Klägerin für die Korrespondenz abgegebene Begründung sei lebensfremd und unzutreffend. Die Angebote wiesen keinen von der Klägerin entwickelten Verkaufsstil auf, so dass sie diese auch nicht als Mustervorlage für die Anbahnung anderer Geschäftsbeziehungen hätte verwendet können. Im Übrigen handele es sich überwiegend um Angebote und Schreiben, die gar nicht von der Klägerin stammten.

Letztlich werde nochmals auf die Aktivitäten der Klägerin im Zusammenhang mit der Anbahnung eines Geschäfts mit R hingewiesen, von denen sie - die Beklagte - durch das E-Mail des Herrn S vom 24.11.2004 erfahren habe. Dem stehe ihre Kündigung zum 15.11.2004 nicht entgegen. Nachdem die Klägerin die Kündigung angegriffen habe, könne sie nicht gleichzeitig ihr - der Beklagten - dadurch direkte Konkurrenz machen, dass sie Schulungspartner anspreche, damit diese mit ihrer - der Klägerin - Hilfe an der Beklagten vorbei Verträge mit potentiellen Kunden der Beklagten abschließen.

Der Auflösungsantrag werde zum einen auf die Kündigungsgründe und zum anderen im Wesentlichen darauf gestützt, dass die Klägerin ihr während des Prozesses vorgeworfen habe, sie habe die in Rede stehende E-Mail-Korrespondenz manipuliert, womit die Klägerin letztlich einen Prozessbetrug behaupte.

Zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten und zu den Akten gelangten Schriftsätze nebst Anlage sowie die Sitzungsprotokolle verwiesen.

Entscheidungsgründe:

A. Die Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Das Rechtsmittel ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 511 ff. ZPO, §§ 187 ff. BGB form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet worden.

B. Die zulässige Berufung der Klägerin erweist sich nach Überzeugung der Kammer als unbegründet.

Das Arbeitsgericht geht vielmehr zu Recht davon aus, dass jedenfalls die in der Berufungsinstanz allein streitgegenständliche, hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Ablauf des 31.12.2004 beendet hat.

Im Einzelnen:

I. Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragspartner die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Ein außerordentlicher Kündigungsgrund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB kann sowohl in der Verletzung von Hauptpflichten als auch in der Verletzung von Nebenpflichten liegen.

1. Die dem Arbeitnehmer obliegende Treuepflicht gebietet es, alles zu unterlassen, was dem Arbeitgeber oder dem Betrieb abträglich ist.

Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, mit dem Arbeitgeber zusammenzuarbeiten und nicht der Unternehmenszielsetzung zuwider zu handeln. Dem Arbeitgeber soll sein Geschäftsbereich voll und ohne die Gefahr nachteiliger, zweifelhafter oder zwielichtiger Beeinflussung durch den Arbeitnehmer offen stehen (BAG Urt. v. 21.11.1996 - 2 AZR 852/95 - NZA 1997, 713; Urt. v. 16.06.1976 - 3 AZR 73/75 - AP Nr. 8 zu § 611 BGB Treuepflicht; Sächs. LAG Urt. v. 25.06.1996 - 9 Sa 257/96 - LAGE § 626 BGB Nr. 102, m.w.N.).

Während des rechtlichen Bestehens des Arbeitsverhältnisses ist dem Arbeitnehmer daher insbesondere grundsätzlich jede Konkurrenztätigkeit zum Nachteil seines Arbeitgebers untersagt, auch wenn der Einzelvertrag keine ausdrückliche Regelung enthält. Für Handlungsgehilfen ist dies in § 60 Abs. 1 HGB ausdrücklich geregelt. Diese Vorschrift konkretisiert jedoch einen allgemeinen Rechtsgedanken, der seine Grundlage in der Treuepflicht des Arbeitnehmers hat. Der Arbeitgeber soll vor Wettbewerbshandlungen seines Arbeitnehmers geschützt sein. Deshalb schließt der Arbeitsvertrag für die Dauer seines Bestehens über den persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich des § 60 HGB hinaus ein Wettbewerbsverbot ein (st. Rspr. des BAG; vgl. Urt. v. 23.04.1998 - 2 AZR 442/97 - n.v.; Urt. v. 21.11.1996 - 2 AZR 852/95 - NZA 1997, 713, m.w.N.).

Dem Arbeitnehmer ist für die Dauer des Arbeitsverhältnisses jede Tätigkeit untersagt, die für seinen Arbeitgeber Konkurrenz bedeutet (BAG Urt. v. 26.01.1995 - 2 AZR 355/94 - RzK I 6 a Nr. 116). Dabei ist dem Arbeitnehmer nicht nur eine Konkurrenztätigkeit im eigenen Namen und Interesse untersagt, sondern ihm ist es gleichfalls nicht gestattet, einem Arbeitskollegen bei einer konkurrierenden Tätigkeit zu helfen oder einen Wettbewerber des Arbeitgebers zu unterstützen. Dabei stellt bereits das geringst mögliche Tätigwerden einen Wettbewerbsverbot dar (BAG Urt. v. 21.11.1996 - 2 AZR 852/95 -, a.a.O.).

Nicht unter das Wettbewerbsverbot fallen nur vorbereitende Maßnahmen für die Aufnahme eines konkurrierenden Handelsgeschäfts nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, die nur auf die Schaffung der formalen und organisatorischen Voraussetzungen (z.B. Anmietung von Geschäftsräumen, Ankauf von Waren etc.) für das geplante eigene Unternehmen gerichtet sind. Unzulässig sind dagegen solche Vorbereitungshandlungen, die schon selbst als Teil der werbenden Tätigkeit aufzufassen sind, weil sie unmittelbar in die Interessen des Arbeitgebers eingreifen (BAG AP Nr. 6 zu § 60 HGB (zu A I 2 b der Gründe); AP Nr. 7 zu § 60 HGB (zu I 2 der Gründe).

Eine unmittelbare Gefährdung der Geschäftsinteressen des Arbeitgebers wird insbesondere durch die Abwerbung von Arbeitnehmern (BAGE 14, 72) oder durch die Kontaktaufnahme mit seinen Kunden oder anderen Vertragspartnern herbeigeführt (BAG Urt. v. 23.05.1985 - 2 AZR 268/84 - n.v., m.w.N.; BAG Urt. v. 11.11.1980 - 6 AZR 292/78 - n.v., m.w.N.).

Die Verletzung eines für die Dauer des Arbeitsverhältnisses bestehenden Wettbewerbsverbotes kann einen an sich geeigneten wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung darstellen (BAG Urt. v. 21.11.1996 - 2 AZR 852/95 - a.a.O., m.w.N.).

2. Das Arbeitsgericht hat vorliegend diese Rechtsprechungsgrundsätze, denen auch die Kammer folgt, zu Recht zugrunde gelegt und zutreffend angenommen, die Klägerin habe durch ihre Vorgehensweise in erheblicher Weise gegen ihre arbeitsvertragliche Treuepflicht und das weiter bestehende Wettbewerbsverbot verstoßen.

a) Der Geschäftsbereich der Beklagten umfasst u.a. die Durchführung von IT-Seminaren und EDV-Trainings. Unstreitig war die Klägerin als Account Managerin in diesem Zusammenhang für die Kalkulation und Abgabe von Angeboten sowie die Kundenbetreuung und -pflege zuständig und diente auch den übrigen Vertragspartnern der Beklagten als Anlaufstelle. Mithin war es die arbeitsvertragliche Pflicht der Klägerin, Angebote zu erstellen und entsprechende Aufträge für die Beklagte zu gewinnen.

Diese arbeitsvertragliche Verpflichtung hat die Klägerin - wovon das Arbeitsgericht zu Recht ausgeht - in erheblicher Weise dadurch verletzt, dass sie noch während des rechtlichen Bestehens des Arbeitsverhältnisses versucht hat, ein für die Beklagte angebahntes Vermittlungsgeschäft zwischen der W AG und der S abzuwerben bzw. an der Beklagten "vorbei" abzuwickeln.

Das Arbeitsgericht ist nach Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen Dr. T aufgrund des unstreitigen Telefongesprächs zwischen der Klägerin und dem Zeugen sowie der E-Mail vom 21.10.2004, die der von der Beklagten vorgelegten E-Mail mit der privaten E-Mail Adresse der Klägerin entspricht, und deren Erhalt der Zeuge bestätigt hat, sowie der Bekundungen des Zeugen bezüglich seiner Antwort-E-Mail vom 22.10.2004 zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin versucht habe, das für die Beklagte bereits angebahnte Geschäft an dieser "vorbei" durchzuführen. Dies ist nicht zu beanstanden.

b) Auch die hiergegen gerichteten Berufungsvorbringen führen zu keinem anderen Ergebnis.

Im Einzelnen:

aa) Neben gesetzlichen Beweisverwertungsverboten z.B. gem. § 51 BZRG sind weitere Verbote aus der Verfassung, insbesondere aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht abzuleiten. Sie greifen ein, wenn die Verwertung nicht ausnahmsweise aufgrund einer Güterabwägung gerechtfertigt ist (BVerfG Beschluss vom 31.07.2001 - 1 BvR 304/01 - NZA 2002, 284, m.w.N.). Das Vorliegen der Voraussetzungen eines Beweisverwertungsverbots muss die sich darauf berufende Partei zur vollen Überzeugung des Gerichts beweisen (Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl., § 286 Rn. 15 a).

Soweit die Klägerin sich gegen die direkte Verwertung der E-Mail vom 21.10.2004 und der Antwort-E-Mail vom 22.10.2004 wendet, wäre zu berücksichtigen, dass die Beklagte, obwohl selbst ein Untenehmen der IT-Branche, auf die entsprechende Auflage der Kammer einräumen musste, dass in ihrem Betrieb jedenfalls keine eindeutige Regelung über die private Nutzung des Internets bestand. Indes bedarf es keiner Entscheidung, ob unter Berücksichtigung der weiteren Umstände des Einzelfalles, insbesondere der unstreitigen Aufforderung an die Klägerin, alle privaten Daten zu löschen, vorliegend überhaupt ein Beweisverwertungsverbot besteht bzw. ein solches nur dann bestehen würde, wenn die Beklagte, was diese bestreitet, das Passwort der Klägerin "geknackt" hätte (vgl. hierzu für den Fall des Zugriffs auf eine auf dem Server des Arbeitgebers gespeicherte private E-Mail: u.a. Beckschulze, DB 2003, 2777; Haussmann, Krets, NZA 2005, 259; Barton, CR 2003, 839; Sieber in: Hoeren/Sieber, Hdb. Multimedia Recht, 3. Ergänzungslieferung 2001, Rnr. 535), da das Arbeitsgericht ebenso wie das erkennende Gericht die in Rede stehenden E-Mails selbst nicht als Beweismittel gegen die Klägerin verwertet.

bb) Soweit die Klägerin meint, die Schlussfolgerungen des Arbeitsgerichts, könnten weder der Aussage des Zeugen noch den E-Mails vom 21.10.2004 und vom 22.10.2004 entnommen werden, gelangt sie lediglich zu einer abweichenden Beweiswürdigung. Das Arbeitsgericht hat sich insoweit mit dem Vortrag der Parteien und dem Beweisergebnis ausreichend eingehend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt. Die Gründe, die es bei der Beweiswürdigung geleitet haben, hat es im Urteil nachvollziehbar dargelegt. Was ihm unerheblich erscheint, braucht das Arbeitsgericht nicht ausdrücklich zu erörtern (BLAH, ZPO, 53. Aufl., § 286 Rz 21, m.w.N.).

Der Zeuge hat insbesondere auch den Hintergrund der Angelegenheit dargelegt und geschildert, dass die Klägerin als Mitarbeiterin der Beklagten sein Unternehmen im Oktober 2004 wegen eines speziellen Projekts kontaktiert habe, auf das sein Betrieb spezialisiert ist. Zudem hat er bekundet, dass die Beklagte besonderen Wert darauf gelegt habe, dass das Geschäft über sie und nicht direkt zwischen dem Endkunden und seinem Unternehmen abgewickelt werde. Um dies sicherzustellen habe sie eine Loyalitätsvereinbarung vorgelegt, wonach die W AG lediglich als Lieferant auftreten dürfe und keinen direkten Kontakt mit dem Endkunden unterhalte. Von Letzterem sei allerdings aufgrund telefonischer Vereinbarung abgewichen worden. Er habe dann einen Anruf von der Klägerin erhalten, bei dem diese ihm mitgeteilt habe, sie sei gekündigt worden. Er - der Zeuge - habe das Gespräch nicht richtig einordnen können, er habe aber den Eindruck gehabt, die Klägerin wolle trotz ihrer Kündigung mit ihm im guten Kontakt bleiben. Als nächstes habe er eine von der privaten E-Mail Adresse der Klägerin unter dem 21.10.2004 versandte E-Mail erhalten. In dieser habe ihm der Absender - aus seiner Sicht die Klägerin - mitgeteilt, dass diese mit dem Endkunden gesprochen und diesen darüber informiert habe, dass die in Rede stehende Schulung nicht über die Beklagte abgewickelt werde. Sie - die Klägerin - werde mit ihm - dem Zeugen - alles klären, wenn es soweit sei.

An dieser Stelle habe er - der Zeuge - den Eindruck gewonnen, er solle gegen seine Loyalitätsverpflichtung verstoßen, so dass er (mit E-Mail vom 22.10.2004) klargestellt habe, dass er das nicht tun werde, also nichts an der Beklagten vorbei "über die Klägerin machen" würde. In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass der Zeuge seine Bekundungen über den Inhalt der in Rede stehenden E-Mails nicht als mittelbarer Zeuge, sondern aus eigener direkter Anschauung als Adressat und Versender der E-Mail-Korrespondenz gemacht hat

Wenn das Arbeitsgericht aufgrund dieser Aussage, insbesondere auch unter Berücksichtigung des vom Zeugen geschilderten Hintergrunds des Geschäfts zu der Überzeugung gelangt ist, der Klägerin sei es nicht nur um die Verabschiedung von dem Kunden, sondern vielmehr darum gegangen, den bestehenden Kundenkontakt nunmehr für eigene Geschäftsinteressen nutzbar zu machen und den Zeugen dazu zu bewegen, das Geschäft mit ihrer Hilfe ohne die Beklagte abzuwickeln, ist dies, gerade auch unter Berücksichtigung des Empfängerhorizontes des Zeugen, nicht zu beanstanden. Wäre es der Klägerin tatsächlich nur um die Verabschiedung von diesem Geschäftspartner gegangen, hätte zudem das unstreitig vorangegangene Telefonat völlig ausgereicht.

Die vom Arbeitsgericht aus eigener Anschauung gewonnene Überzeugung von der Glaubwürdigkeit des Zeugen, wird auch nach Überzeugung der Kammer nicht allein durch die bereits dem Arbeitsgericht bekannte Tatsache in Frage gestellt, dass die W-AG Dienstleistungen für die Beklagte erbringt und ggf. auf deren Aufträge angewiesen ist.

Selbst wenn man zudem unterstellt, die Klägerin habe keine Infrastruktur für eine Wettbewerbstätigkeit unterhalten, ergibt sich kein anderes Ergebnis. Nach den oben dargestellten Rechtsprechungsrundsätzen, denen die Kammer folgt, liegt eine arbeitsvertragswidrige und kündigungsrelevante Handlung nämlich nicht nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer das Geschäft selbst abwickeln will, sondern sie ist auch dann gegeben, wenn dieser den Geschäftsinteressen des Arbeitgebers in anderer Weise zuwider handelt bzw. dieses versucht.

cc) Zwar hat der Zeuge - worauf die Klägerin zu Recht hinweist - selbst eingeräumt, dass er keine weiteren Erkenntnismöglichkeiten über den Absender der E-Mail vom 21.10.2004 gehabt habe. Auch ist es in technischer Hinsicht denkbar, dass jemand - ggf. auch die Beklagte -, der Zugang zu dem privaten E-Mail-Account der Klägerin hatte, die E-Mail hätte verschicken können.

Bei der Frage, ob das Tatsachengericht davon überzeugt ist, es liege eine - von der Klägerin behauptete - Manipulation vor, gilt es § 286 ZPO zu beachten. Danach hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Wenn auch die Kammer nicht verkennt, dass eine Manipulation der in Rede stehenden E-Mails rein technisch nicht ausgeschlossen ist und die Formulierung in der E-Mail vom 21.10.2004 "ich habe mit meiner Anwältin festgestellt, dass ich kein Wettbewerbsverbot in meinem Vertrag stehen habe", dafür sprechen könnte, dass die E-Mail nicht von der Klägerin herrührt, ist die Kammer unter Berücksichtigung der Gesamtumstände im Ergebnis nicht von einer Manipulation der E-Mail vom 21.10.2004 überzeugt. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

Auch wenn das Geschlecht des Prozessbevollmächtigten der Klägerin fehlerhaft angegeben sein sollte, zeigt der weitere Inhalt der E-Mail, dass deren Absender nähere Kenntnisse von den Gegebenheiten haben musste. Ihm war nicht nur die private E-Mail-Adresse der Klägerin, sondern auch bekannt, dass diese Geschäftskontakte zu dem Zeugen unterhielt und ein Herr P Ansprechpartner beim Endkunden war. Überdies musste er nähere Kenntnisse über den Inhalt des Arbeitsvertrages der Klägerin haben und überdies deren Handy-Nummer kennen. All dies engt den Kreis derjenigen, die für eine Manipulation in Betracht kommen erheblich ein. Hinzu kommt, dass die Klägerin die unter Beweis gestellte Behauptung der Beklagten, ihr sei am 21.10.2004 die private Handy-Nummer der Klägerin ebenso wenig bekannt gewesen wie deren private E-Mail-Adresse, da die Überprüfung des von der Klägerin genutzten PC`s erst am 22.10.2004 erfolgt sei, nicht, schon gar nicht konkret bestritten und keinen Beweis angetreten hat.

Darüber hinaus ist der Beklagten die gegen die Kündigung vom 15.10.2004 gerichtete Kündigungsschutzklage erst am 09.11.2004 zugestellt worden. Sie hatte mithin am 21.10.2004 noch gar keine Kenntnis davon, dass die Klägerin diese Kündigung angreifen würde.

All diese Umstände sprechen nach Überzeugung der Kammer dagegen, dass die in Rede stehende E-Mail vom 21.10.2004 tatsächlich manipuliert wurde. Es ist nicht ersichtlich, dass ein Mitarbeiter der Beklagten am frühen Morgen des 21.10.2004 sowohl die technische Möglichkeit als auch die inhaltlichen Kenntnisse für die Versendung der E-Mail hatte und zudem die - ggf. strafrechtlich relevante - Energie aufgebracht haben könnte, um die in Rede stehende E-Mail zu manipulieren. Dies gilt um so mehr als jedenfalls zu diesem - vor der Zustellung der Kündigungsschutzklage liegenden - Zeitpunkt für die Kammer keine nachvollziehbare Motivlage ersichtlich ist, weshalb die Beklagte zu solch drastischen Mitteln greifen sollte, um einen weiteren Kündigungsgrund zu konstruieren.

Nach alledem ist die Kammer aufgrund der Gesamtumstände des Einzelfalles davon überzeugt, dass die E-Mail vom 21.10.2004 tatsächlich von der Klägerin versandt wurde.

dd) Die Verwertung der Aussage des Zeugen T unterliegt - wovon das Arbeitsgericht zu Recht ausgeht - auch keinem Beweisverwertungsverbot.

Ein solches könnte allenfalls bestehen, wenn die gerichtliche Vernehmung des Zeugen und die Verwertung seiner Aussage wegen des Vorhandenseins der E-Mail-Korrespondenz das Persönlichkeitsrecht der Klägerin eigenständig beeinträchtigen würde. Selbst in diesem Fall dürfte eine Verwertung nur dann nicht erfolgen, wenn eine verfassungsrechtlich tragfähige Rechtfertigung nicht vorläge.

Insoweit hat das BVerfG (Beschluss vom 31.07.2001 - 1 BvR 304/01 - a.a.O.) im Zusammenhang mit einer ohne Einwilligung erfolgten Tonbandaufzeichnungerkannt, dass ein Eingriff in das Recht am eigenen Wort vorliegt, wenn eine solche Aufzeichnung unmittelbar als Beweismittel in den Prozess eingeführt sowie vor Gericht abgespielt und anschließend zu Lasten der Partei verwertet wird. Entsprechendes gelte für die mittelbare Verwertung eines Tonbandes durch Verlesung von Niederschriften oder für die Vernehmung von Zeugen, die am Gespräch nicht teilgenommen haben und Kenntnis von seinem Inhalt durch Abspielen des heimlich aufgenommenen Tonbandes erlangt haben (BVerfG, a.a.O., mit Hinweis auf BayObLG, NJW 1990, 197).

Ob diese Grundsätze auch auf den hier vorliegenden Fall anzuwenden sind (vgl. auch u.a. Beckschulze, DB 2003, 2777; Haussmann, Krets, NZA 2005, 259; Barton, CR 2003, 839; Sieber in: Hoeren/Sieber, Hdb. Multimedia Recht, 3. Ergänzungslieferung 2001, Rnr. 535; jeweils mit weiteren Nachweisen) kann vorliegend dahinstehen.

Zwar mag es zutreffen, dass die Beklagte den Zeugen T (auch) aufgrund der E-Mail vom 21.10.2004 benannt hat. Abgesehen davon, dass die Beklagte etwa durch die für sie sehr unangenehme Befragung aller Kunden der Klägerin, den Zeugen auch auf anderem Wege hätte ermitteln können, führt allein dieser Umstand nicht zu einem Beweisverwertungsverbot. Entscheidend ist vielmehr, dass weder das Arbeitsgericht noch die erkennende Kammer die - zugunsten der Klägerin unterstellt - unter Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts gewonnene E-Mail-Korrespondenz weder unmittelbar noch mittelbar als Beweismittel im Prozess herangezogen haben bzw. heranziehen. Vielmehr ist Herr Dr. T über den Inhalt einer E-Mail-Korrespondenz vernommen worden, deren Adressat (E-Mail vom 21.10.2004) und Absender (E-Mail vom 22.10.2004) er selbst war.

Insoweit hat das BVerfG (a.a.O.) entschieden, dass das Vorhandensein einer rechtswidrigen Tonbandaufnahme zwar dazu führen könne, dass der Zeuge, der diese mitgeschnitten habe, infolge des Mitschnitts ähnlich wie jemand, der sich während eines Telefonats Notizen gemacht hat, den Verlauf und Inhalt des Gesprächs mit größerer Präzision, Erinnerungssicherheit und Glaubwürdigkeit schildern könne als dies ein Telefongesprächspartner ohne eine solche Erinnerungsstütze könnte. Es sei aber verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Fachgerichte einen solchen Fall anders bewerteten als eine Situation, in der die Zeugenaussage durch das Tonband gleichsam ersetzt werde. Verfassungsrechtlich sei es nicht geboten, das die Tonbandaufnahme selbst betreffende Verwertungsverbot auf die Aussage eines Zeugen zu erstrecken, der nicht über den Inhalt des Tonbands Auskunft gibt, sondern über das von ihm geführte Gespräch aussagt. Dies gelte selbst dann, wenn der Zeuge das Gespräch in rechtswidriger Weise per Tonband aufgenommen habe und es als Erinnerungsstütze nutze. Beweismittel sei die Zeugenaussage, nicht der Tonbandmitschnitt (BVerfG, a.a.O.).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze, denen die Kammer folgt, besteht vorliegend kein Beweisverwertungsverbot. Dies gilt hier um so mehr, weil der Zeuge T, anders als in dem vom Bundesverfassungsgericht entschiedenen Fall, nicht auf eine E-Mail-Korrespondenz zurückgegriffen hat, die er in rechtswidriger Weise erlangt hat. Er hat vielmehr nur das bekundet, was ihm aus eigener Anschauung als Adressat und Absender der E-Mail-Korrespondenz bekannt geworden ist.

c) Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Klägerin selbst eingeräumt hat, dass sie sich am 22.10.2004 von der Mitarbeiterin V von ihr - der Klägerin - selbst abgefasste Angebotsschreiben an mehrere Kunden hat mailen lassen. Darüber hinaus hat das Arbeitsgericht im unstreitigen Tatbestand festgestellt, dass die Klägerin die Mitarbeiterin zugleich aufgefordert hat, den betreffenden E-Mail-Verkehr sofort löschen.

Selbst wenn man daher davon ausgehen würde, dass die Beklagte die Kenntnis von diesen Vorgängen, auf rechtswidrige Weise erlangt hätte und diese Beweismittel einem prozessualen Verwertungsverbot unterlägen, so war doch die Beklagte jedenfalls nicht gehindert, diese Tatsachen vorzutragen und die Klägerin ihrerseits verpflichtet, sich gemäß § 138 ZPO wahrheitsgemäß darauf einzulassen.

Soweit die womöglich unrechtmäßig erlangten Tatsachenkenntnisse unstreitig geworden sind, bedurfte es der Beweisaufnahme nicht mehr, weshalb auch ein Beweisverwertungsverbot nicht entgegenstehen kann (LAG Mecklenburg-Vorpommern Urt. v. - 1 Sa 387/03 -; ähnlich LAG Sachsen: Urt. v. 12.06.2003 - 2 Sa 790/02 -; vgl. auch BAG Urt. v. 05.11.2003 - 5 AZR 562/02 - AP Nr. 106 zu § 615 BGB I 2 c der Gründe).

Dieses Vorgehen spricht ebenfalls dafür, dass es der Klägerin um die Sicherung von Kontaktadressen gegangen ist. Ihr Vorbringen, sie habe sich Musterangebote besorgen wollen, erscheint der Kammer bereits angesichts der Heimlichkeit des Vorgehens wenig glaubhaft. Insbesondere hat die Klägerin auch den Vortrag der Beklagten, die in Rede stehenden Angebote wiesen keinen von der Klägerin entwickelten Verkaufsstil auf, nicht, schon gar nicht substantiiert bestritten.

Jedenfalls spricht dieser unstreitige Sachverhalt gegen die von der Klägerin behauptete Manipulation des gesamten E-Mail-Verkehrs.

Das Arbeitsgericht ist nach alledem zu Recht davon ausgegangen, dass bereits aus den vorstehenden Gründen ein "an sich" geeigneter Kündigungsgrund nach § 626 Abs. 1 BGB vorliegt, ohne dass es auf die weiteren von der Beklagten behaupteten Kündigungsgründe ankommt. Damit liegt auch ein, die im Berufungsverfahren allein streitgegenständliche ordentliche Kündigung rechtfertigender Kündigungsgrund vor.

3. Zutreffend hat das Arbeitsgericht auch die Erteilung einer vorherigen Abmahnung im vorliegenden Fall als nicht notwendig angesehen.

Nach der früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bedurfte es bei Vertragsverletzungen, die - wie hier - zu einer Störung im Vertrauensbereich führen, grundsätzlich keiner vorherigen Abmahnung (BAG Urt. v. 04.04.1974, EzA § 15 KSchG a.F. Nr. 1). Begründet wurde dies damit, dass durch eine Vertragsverletzung im Vertrauensbereich die zwischen den Parteien erforderliche Vertrauensgrundlage wegen der Verletzungen der Treuepflicht durch den Arbeitnehmer schwer beeinträchtigen wird.

Inzwischen vertritt das Bundesarbeitsgericht (Urt. v. 04.06.1997, EzA § 626 BGB Nr. 168) die Auffassung, dass auch bei Störungen im Vertrauensbereich vor Ausspruch der Kündigung eine Abmahnung dann erforderlich ist, wenn es um ein steuerbares Verhalten des Arbeitnehmers geht und eine Wiederherstellung des Vertrauens erwartet werden kann. Davon ist insbesondere dann auszugehen, wenn der Arbeitnehmer mit vertretbaren Gründen annehmen konnte, sein Verhalten sei nicht vertragswidrig oder werde vom Arbeitgeber zumindest als ein nicht erhebliches, den Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdendes Fehlverhalten angesehen.

Eine Abmahnung hat jedoch nicht stets schon dann Vorrang vor einer Kündigung, wenn eine Wiederholung des pflichtwidrigen Verhaltens aufgrund einer Abmahnung nicht zu erwarten ist.

Bei einer Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen ist indes auch nach der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine Abmahnung jedenfalls dann entbehrlich, wenn es - wie vorliegend oben im Einzelnen dargelegt - um eine schwere Pflichtverletzungen geht, deren Rechtswidrigkeit für den Arbeitnehmer ohne weiteres erkennbar und deren Hinnahme durch den Arbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen ist (BAG Urt. v. 10.02.1999 - 2 ABR 31/98 - AP Nr. 42 zu § 15 KSchG 1969). Eine Abmahnung ist dann grundsätzlich entbehrlich, weil in diesen Fällen regelmäßig davon auszugehen ist, dass das pflichtwidrige Verhalten das für ein Arbeitsverhältnis notwendige Vertrauen auf Dauer zerstört hat (BAG Urt. v. 11.12.2003 - 2 AZR 36/03). Bei Pflichtverletzungen, deren Hinnahme durch den Arbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen ist, muss dem Arbeitnehmer bewusst sein, dass er seinen Arbeitsplatz aufs Spiel setzt.

Letzteres ist hier nach Überzeugung der Kammer der Fall. Die Klägerin musste bei gehöriger Anspannung ihrer Treue- und Sorgfaltspflichten erkennen, dass ihr Verhalten insbesondere unter Berücksichtigung ihrer arbeitsvertraglichen Aufgaben pflicht- und treuwidrig und dessen Hinnahme durch die Beklagte offensichtlich ausgeschlossen war (BAG Urt. v. 10.02.1999 - 2 ABR 31/98 - AP Nr. 42 zu § 15 KSchG 1969).

4. Die in der Berufung allein noch streitgegenständliche ordentliche Kündigung ist auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil die Beklagte die Klägerin wegen der hier in Rede stehenden Kündigungsgründe bereits abgemahnt hätte. Entgegen der Meinung der Klägerin enthält das Schreiben der Beklagten vom 22.10.2004 keine Abmahnung im arbeitsrechtlichen Sinne.

In diesem Zusammenhang weist die Klägerin zwar zu Recht darauf hin, dass mit einer Abmahnung der Arbeitgeber regelmäßig konkludent zu erkennen gibt, dass er auf eine Kündigung wegen des mit der Abmahnung gerügten Verstoßes verzichtet (BAG Urt. v. 06.03.2003, AP BGB § 611 Abmahnung Nr. 30). Deshalb behält ein abgemahnter Leistungs- oder Verhaltensmangel nur dann seine kündigungsrechtliche Bedeutung, wenn später weitere erhebliche Umstände hinzutreten oder bekannt werden.

Eine Abmahnung liegt aber (nur) dann vor, wenn der Arbeitgeber in einer für den Arbeitnehmer hinreichend deutlich erkennbaren Art und Weise seine Beanstandungen vorbringt und damit unmissverständlich - wenn auch nicht expressis verbis - den Hinweis verbindet, dass im Wiederholungsfall der Inhalt oder der Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet ist (statt vieler bereits: BAG Urt. v. 18.01.1980 EzA § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 7).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze liegt keine Abmahnung im arbeitsrechtlichen Sinne vor.

Dabei kann dahinstehen, ob die Beklagte in ihrem Schreiben vom 22.10.2004 überhaupt die beanstandeten Vorkommnisse ausreichend konkret bezeichnet hat. Jedenfalls fehlt es an einer - konkludenten - Kündigungsandrohung, da die Beklagte im vorgenannten Schreiben gegenüber der Klägerin "lediglich" Unterlassungs- und Schadenersatzansprüche angekündigt hat.

Zu Recht weist die Beklagte zudem darauf hin, dass ein Kündigungsverzicht auch deswegen nicht anzunehmen ist, weil am 22.10.2004 die Kündigungsschutzklage noch nicht erhoben war, so dass die Beklagte gar keine Veranlassung zum Ausspruch einer Abmahnung etwa zur Vorbereitung einer neuerlichen Kündigung hatte.

5. Nach alledem führt nach Überzeugung der Kammer auch die stets vorzunehmende Interessenabwägung nicht dazu, dass die ausgesprochene ordentliche Kündigung sozial ungerechtfertigt ist.

Zugunsten der Beklagten war zu beachten, dass sie im Hinblick auf den Tätigkeitsbereich der Klägerin in besonderer Weise auf deren Loyalität und Vertrauenswürdigkeit angewiesen ist. Diese Loyalitätspflichten hat die Klägerin in erheblicher Weise dadurch verletzt, dass sie versucht hat, das für die Beklagte bereits angebahnte Geschäft an dieser "vorbei" durchzuführen.

Demgegenüber sind zugunsten der Klägerin insbesondere deren Sozialdaten und die Beschäftigungsdauer zu berücksichtigen. Sie führen vorliegend im Ergebnis aber nicht zu einem Überwiegen des Interesses der Klägerin an einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses. Die bei Klageerhebung 28-jährige Klägerin, von der keine Unterhaltsverpflichtungen bekannt sind, war bei Zugang der Kündigung bei der Beklagten vielmehr erst weniger als zwei Jahre beschäftigt, so dass auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass es nicht zu einer Abwerbung gekommen ist, die abschließende Interessenabwägung zugunsten der Beklagten ausgefallen ist.

Da die prozessuale Bedingung für den Auflösungsantrag der Beklagten nicht eingetreten ist, ist dieser nicht rechtshängig geworden und war daher auch nicht zu bescheiden. Auf die Frage, ob dieser im Wege der Anschlussberufung hätte geltend gemacht werden müssen, kommt es mithin nicht an.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

III. Mangels Vorliegen der Voraussetzung gemäß § 72 ArbGG war die Zulassung der Revision nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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