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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 22.11.2005
Aktenzeichen: 11 Ta 205/05
Rechtsgebiete: ZPO, RechtspflG


Vorschriften:

ZPO § 120 Abs. 4
ZPO § 120 Abs. 4 S. 2
ZPO § 124
ZPO § 124 Nr. 2
ZPO § 124 Nr. 2 2. Alt.
RechtspflG § 8
RechtspflG § 20 Nr. 4 c
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 11 Ta 205/05

Entscheidung vom 22.11.2005

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 12.05.2005 (Az.: 4 Ca 289/97) wird zurückgewiesen.

Gründe:

Mit seiner (sofortigen) Beschwerde wendet sich der Kläger gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 12.05.2005, mit dem das Gericht den Antrag des Klägers auf (Wieder-)Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen hat.

Mit seiner im Jahre 1997 eingegangenen Klage hat der Kläger Zahlungsansprüche gegen die Beklagte geltend gemacht. 1997 ist ihm Prozesskostenhilfe zur Durchführung des erstinstanzlichen Verfahrens bewilligt worden. Mit Urteil vom 18.11.1997 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.

Mit Beschluss vom 09.07.1998 hat das Arbeitsgericht den Prozesskostenhilfe bewilligenden Beschluss gemäß § 124 Nr. 2, 2. Alt. ZPO mit der Begründung aufgehoben, der Kläger habe - unstreitig - trotz Aufforderung des Gerichts keine neue Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist abgegeben.

Unter dem 27./21.01.2005 hat der Kläger sodann eine neue Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingereicht und beantragt, die ursprünglich bewilligte Prozesskostenhilfe erneut ohne Zahlungsbestimmung zu bewilligen.

Mit Beschluss vom 12.05.2005, dem Kläger zugestellt am 16.06.2005, hat der Vorsitzende der 4. Kammer des Arbeitsgerichts diesen Antrag mit der Begründung zurückgewiesen, eine (Wieder-)Bewilligung komme nicht in Betracht, da das (Hauptsache-)Verfahren bereits seit 1997 abgeschlossen sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die am 06.07.2005 beim Landesarbeitsgericht eingegangene Beschwerde.

Mit Beschluss vom 17.08.2005 hat das Arbeitsgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und diese dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Der Kläger ist der Meinung, die Entscheidung des Arbeitsgerichts sei bereits deswegen aufzuheben, da gem. § 20 Nr. 4 c RechtspflG für die Wiederbewilligung von Prozesskostenhilfe die Zuständigkeit des Rechtspflegers gegeben sei.

Zudem sei unerheblich, dass das Hauptsacheverfahren bereits seit 1997 abgeschlossen sei, da die im Aufhebungsverfahren nach § 124 ZPO gesetzte Frist zur Vorlage der Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen weder eine Ausschluss- noch eine Notfrist darstelle. Daher könne die versäumte Mitwirkung jederzeit nachgeholt werden.

Ein Beschluss im Prozesskostenhilfeverfahren, so auch ein Aufhebungsbeschluss gem. § 124 ZPO, erwachse zudem lediglich in äußere nicht aber in innere Rechtskraft, so dass auch unter diesem Aspekt der Aufhebungsbeschluss jederzeit wieder aufgehoben und eine neuerliche Entscheidung über die Wiederbewilligung getroffen werden könne. Das Prozesskostenhilfeverfahren sei gerade nicht abgeschlossen.

Die Vertreterin der Landeskasse hat unter Hinweis auf den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalzvom 23.01.1998 (Az.: - 4 Ta 237/97 -) ausgeführt, da der Kläger seine Einwendung gegen den Aufhebungsbeschluss bzw. seinen Antrag auf (Wieder-)Bewilligung von Prozesskostenhilfe erst ca. 6 1/2

Jahre nach dem Erlass des Aufhebungsbeschlusses geltend gemacht habe, könne nach Ablauf eines derart langen Zeitraums davon ausgegangen werden, dass der Beteiligte die Aufhebungsentscheidung hingenommen habe.

Zudem sei zu berücksichtigen, dass die für das Prozesskostenhilfeverfahren maßgebende Frist im Allgemeinen 4 Jahre (vgl. §§ 120 Abs. 4, 124 Nr. 3 ZPO) betrage. Diese Frist sollte nicht nur auf die Gerichte angewandt werden, sondern auch auf durch die Partei gemachten Einwendungen gelten.

Die als sofortige Beschwerde auszulegende, fristgerechte (§ 127 Abs. 2 S. 3 und Abs. 3 ZPO i.V.m. § 569 Abs. 1 S. 1 ZPO) Eingabe des Antragstellers war zurückzuweisen.

1. Gemäß § 120 Abs. 4 ZPO kann das Gericht die Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen ändern, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben. Auf Verlangen des Gerichts hat sich die Partei darüber zu erklären, ob eine Änderung der Verhältnisse eingetreten ist. Eine Änderung zum Nachteil der Partei ist ausgeschlossen, wenn seit der rechtskräftigen Entscheidung oder sonstigen Beendigung des Verfahrens vier Jahre vergangen sind.

Gibt die Partei trotz entsprechender Aufforderung keine Erklärung i.S.d. § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO ab oder legt sie verlangte Belege nicht vor, kann die zunächst erfolgte Prozesskostenbewilligung aufgehoben werden (§ 124 Nr. 2 Hs. 2 ZPO).

2. Im vorliegenden Fall trägt der Kläger selbst keine Tatsachen vor, nach denen der Aufhebungsbeschluss vom 09.07.1998 nicht berechtigt gewesen wäre.

Er ist vielmehr nach näherer Maßgabe seines Vorbringens, auf dessen Darstellung verwiesen wird, der Auffassung, aufgrund der von ihm im Januar 2005 vorgelegten Unterlagen hätte das Arbeitsgericht ihm die im Jahre 1997 gewährte und mit Beschluss vom 09.07.1998 aufgehobene Prozesskostenhilfebewilligung (wieder-) bewilligen müssen.

Dem folgt das Gericht nicht.

a) Da der Kläger vorliegend die (Wieder-)Bewilligung von Prozesskostenhilfe begehrt, war - wie geschehen - der Richter zur Entscheidung berufen (§ 118 Abs. 3 ZPO).

Dem steht § 20 Nr. 4 c RechtspflG nicht entgegen, da diese Vorschrift (nur) die Änderung und Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe betrifft. Lediglich ergänzend wird daher darauf hingewiesen, dass selbst bei Zuständigkeit des Rechtspflegers gemäß § 8 RechtspflG eine gleichwohl ergangene Entscheidung des Richters wirksam bleibt.

b) Das Arbeitsgericht hat den (erneuten) Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht abgewiesen. Im Ergebnis folgt dies aus dem Aufhebungsbeschluss vom 09.07.1998.

aa) Zwar steht nicht bereits die Rechtskraft des Aufhebungsbeschlusses einem erneuten Antrag entgegen, da war im Zeitpunkt der Entscheidung eine hiergegen gerichtete Beschwerde nicht fristgebunden war. Dem Kläger ist auch zuzugeben, dass in Literatur und Rechtsprechung die Auffassung vertreten wird, dass auch nach Einführung der befristeten Beschwerde Prozesskostenhilfe versagende Beschlüsse lediglich formell rechtkräftig werden (OLG Zweibrücken, Beschl. vom 03.06.2003 - 2 WF 94/03 - MDR 2004, 236).

bb) Zwar geht auch dann, wenn die Prozesskostenhilfebewilligung gem. § 124 Nr. 2 2. Alt. ZPO aufgehoben wird, weil eine Partei ihrer Mitwirkungspflicht aus § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO nicht nachgekommen ist, der Sanktionscharakter von § 124 Nr. 2 ZPO nicht stets soweit, dass die Partei im Beschwerdeverfahren mit neuem Vorbringen grundsätzlich ausgeschlossen ist (LAG Rheinland-Pfalz Beschl. vom 23.01.1998 - 4 Ta 237/97 - NZA-RR 1998, 560, vgl. auch OLG Köln Beschl. vom 11.05.1998 - 14 WF 67/98 -, NJW-RR 1998, 1775, m.w.N.).

Indes kann auch ein prozessuales Recht, z.B. das Erinnerungs-/Beschwerderecht einer Partei, durch zu langes Zuwarten verwirken werden (LAG Rheinland-Pfalz Beschl. vom 23.01.1998, a.a.O., dort ca. 2 1/2 Jahre), sofern das lange Schweigen der Partei anhand des konkreten Sachverhalts den Schluss zulässt, die Partei wolle von einem Rechtsbehelf gegen die Aufhebungsentscheidung (§ 124 Nr. 2 ZPO) absehen.

Hiervon ist auch vorliegend auszugehen. Der Kläger hat sich über ca. 6 1/2 Jahre, in denen der Aufhebungsbeschluss unangefochten Wirkung hatte, gegen diesen nicht zur Wehr gesetzt. In dieser Zeit hätte er schon längst die von der Staatskasse verauslagten Kosten zurückzahlen müssen.

Zudem hat der Kläger selbst klargestellt, dass sein erst ca. 6 1/2 Jahre nach dem Aufhebungsbeschluss eingereichter Antrag nicht als Beschwerde zu behandeln sei. Tatsächlich macht der Kläger auch nicht die Unrichtigkeit der Aufhebungsentscheidung oder die Ermessensfehlerhaftigkeit der Entziehung geltend.

cc) Unter Berücksichtigung vorstehender Grundsätze, denen die Kammer folgt, hat das Arbeitsgericht zu Recht den (erneuten) Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen.

Die nicht angegriffene und nach den obigen Ausführungen auch nicht mehr angreifbare Aufhebung der PKH-Bewilligung gemäß § 124 Nr. 2 2. Alt. ZPO wegen Nichtabgabe der nach § 120 Abs. 4 ZPO geforderten Erklärung führt indes zum Verlust der Prozesskostenhilfe für den geltend gemachten Streitgegenstand (OLG Köln Beschl. vom 11.05.1998 - 14 WF 67/98 -, a.a.O., m.w.N).

Die gesetzliche Regelung des § 124 Nr. 2 2. Alt. ZPO (Aufhebung der PKH-Bewilligung bei Nichtabgabe der nach § 120 Abs. 4 ZPO geforderten Erklärung) bliebe ohne praktische Bedeutung, wenn die Partei zu einem späteren Zeitpunkt einen erneuten Prozesskostenhilfeantrag für dasselbe Rechtsschutzziel stellen könnte (vgl. OLG Köln Beschl. vom 11.05.1998 - 14 WF 67/98 -, NJW-RR 1998, 1775, m.w.N.).

Die für das Beschwerdeverfahren geltenden Grundsätze finden mithin keine Anwendung (mehr), wenn - wie hier - die Entziehungsentscheidung hingenommen worden ist und lediglich später ein neuer Prozesskostenhilfeantrag mit einer neuen Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen eingereicht wird.

Für einen neuen Antrag kann Prozesskostenhilfe aber für die Zeit ab Antragseingang gewährt werden. Die Wirkungen einer Neubewilligung können frühestens ab dem Zeitpunkt des vollständigen Neuantrages eintreten. Bereits früher entstandene Gebühren können nicht erneut geltend gemacht werden (LAG Hamm Beschl. v. 12.05.2003 - 18 Ta 240/03 -).

Vorliegend ist indes das Hauptsacheverfahren - worauf das Arbeitsgericht zu Recht hinweist - unstreitig bereits seit mehreren Jahren abgeschlossen.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 127 Abs. 4 ZPO; vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 127 Rnr. 39).

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§§ 48, 78 ArbGG) liegen nicht vor. Gegen diese Entscheidung ist mithin kein Rechtsmittel gegeben.

Ende der Entscheidung

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