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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 06.06.2006
Aktenzeichen: 2 Sa 236/06
Rechtsgebiete: TzBfG, ArbGG, BGB


Vorschriften:

TzBfG § 14 Abs. 1
TzBfG § 14 Abs. 2
TzBfG § 14 Abs. 2 Satz 1
TzBfG § 14 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2
TzBfG § 14 Abs. 2 Satz 2
ArbGG § 64 Abs. 2 lit. c)
BGB § 119
BGB § 121
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 2 Sa 236/06

Entscheidung vom 06.06.2006

Tenor:

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 21.02.2006, 8 Ca 1882/05, abgeändert:

Die Feststellungsklage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger zu 93 %, der Beklagten zu 7 % auferlegt.

3. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten zuletzt nur noch über die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2005.

Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 01.08.2004 aufgrund eines befristeten Arbeitsvertrages vom 01.08.2004 (Bl. 4 - 7 d.A.) zu einem monatlichen Bruttoarbeitslohn von 1.450,-- Euro beschäftigt. Die Beklagte zahlte darüber hinaus an ihre Kraftfahrer eine monatliche Antrittsprämie von 50,-- Euro in solchen Monaten, in denen der jeweilige Fahrer keine Fehlzeiten aufwies. Diese Antrittsprämie ist im Arbeitsvertrag des Klägers nicht erwähnt.

Unter dem 30.11.2004 haben die Parteien als Ergänzung zum Arbeitsvertrag vom 01.08.2004 vereinbart, dass die Befristung des Arbeitsvertrages bis zum 30.06.2005 verlängert wird.

Noch während der Laufzeit dieses Vertrages einigten sich die Parteien darauf, dass die Befristung des Arbeitsvertrages erneut um sechs Monate bis zum 31.12.2005 verlängert wird. Sie haben daraufhin unter Benutzung des gleichen Vertragsformulars noch vor dem 30.06.2005 einen weiteren befristeten Arbeitsvertrag (Bl. 9 - 12 d.A.) abgeschlossen. Bei dem Gespräch, das diesem Vertragsabschluss vorausgegangen ist, haben sich die Parteien über eine Änderung der Lohnhöhe nicht unterhalten. Es war lediglich davon die Rede, dass der Vertrag zunächst befristet verlängert werden sollte, weil die Beklagte damals beabsichtigte, sich von anderen Fahrern zu trennen und der Kläger dann unbefristet übernommen werden sollte. Der Geschäftsführer der Beklagten entnahm aus den Lohnunterlagen, dass an den Kläger bis dahin eine Lohnsumme von 1.500,-- Euro bezahlt worden ist und hat diesen Betrag als monatlichen Bruttolohn in den befristeten Arbeitsvertrag des Klägers übernommen. Die Beklagte zahlte an den Kläger ab dem 01.07.2005 wie bisher lediglich einen Festlohn von 1.450,-- Euro und die Antrittsprämie von 50,-- Euro für diejenigen Monate, in denen der Kläger keine Fehlzeiten aufwies.

Nachdem die Beklagte eine Weiterbeschäftigung des Klägers aus betrieblichen Gründen abgelehnt hatte, begehrt der Kläger die Feststellung der Unwirksamkeit der letzten Befristung.

Nach seiner Auffassung liege dem letzten Arbeitsvertrag keine wirksame Befristungsabrede zu Grunde, weil hier nicht lediglich das Befristungsende hinaus geschoben worden sei, sondern die Parteien die Arbeitsbedingungen inhaltlich verändert haben, indem der Lohn von 1.450,-- Euro auf 1.500,-- Euro erhöht worden sei. Es liege ein Neuabschluss eines Vertrages und keine bloße Verlängerung vor, was nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht unter § 14 Abs. 2 TzBfG falle. Außerdem habe die Beklagte ab dem 01.07.2005 nicht den vertraglich vereinbarten Lohn für 1.500,-- Euro brutto, sondern lediglich 1.450,-- Euro brutto vergütet und - soweit keine Fehltage vorgelegen haben - die Antrittsprämie. Auf diese habe er aber schon zuvor kraft betrieblicher Übung einen Anspruch gehabt.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung zum 31.12.2005 nicht beendet ist.

2. Die Beklagte zu verurteilen, an ihn 300,-- Euro brutto zu bezahlen.

3. Die Beklagte zu verurteilen, ihm bis zum 31.03.2006 noch 6,5 Tage restlichen Erholungsurlaub zu gewähren,

hilfsweise,

diesen Urlaub durch Geldzahlung abzugelten.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nach ihrer Auffassung sei auch der letzte Vertrag wirksam zum 31.12.2005 befristet, weil eine rechtlich zulässige Verlängerung der zuvor befristet abgeschlossenen Verträge innerhalb des Zweijahreszeitraums von § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG vorliege. Die Antrittsprämie sei auch im letzten halben Jahr vereinbarungsgemäß unter den dort genannten Bedingungen an den Kläger weiterbezahlt worden.

Das Arbeitsgericht hat in seinem Urteil vom 21.02.2006, auf dessen Tatbestand zur näheren Sachverhaltsdarstellung hiermit Bezug genommen wird, festgestellt, dass die Befristung zum 31.12.2005 unwirksam ist und der Klage auf Zahlung von 300,-- Euro stattgegeben. Hinsichtlich der Urlaubsgewährung hat es die Klage als unzulässig abgewiesen.

Gegen die vom Arbeitsgericht im Urteil getroffene Feststellung der Unwirksamkeit der letzten Befristung hat die Beklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt und diese insoweit auch in gleicher Weise begründet.

Nach Auffassung der Beklagten habe das Arbeitsgericht der Befristungsklage zu Unrecht stattgegeben, weil die Lohnerhöhung nur aus Versehen in die Vertragsurkunde aufgenommen worden sei. Tatsächlich habe der Kläger auch weiterhin die bisherige Vergütung von 1.450,-- Euro zuzüglich der Antrittsprämie erhalten. Dies stelle keine wesentliche Änderung der Vertragsbedingungen dar, weil die Gratifikation in einen Gehaltsanspruch mit eingebaut worden sei.

Soweit das Verfahren in die zweite Instanz gelangt ist, beantragt die Beklagte,

den Feststellungsantrag des Klägers abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil, das die Sach- und Rechtslage zutreffend beurteilt habe. Es stimme nicht, dass die Gratifikation in den Vertrag eingebaut worden sei. Der Lohn sei ein aliud gegenüber der Antrittsprämie.

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Parteien zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht waren sowie auf die zu den Sitzungsniederschriften getroffenen Feststellungen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 64 Abs. 2 lit. c) ArbGG statthafte Berufung der Beklagten wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und - soweit sich die Beklagte zuletzt noch im Berufungsverfahren gegen das erstinstanzliche Urteil wendet - in gleicher Weise begründet. Sie erweist sich auch sonst als zulässig.

In der Sache ist das Rechtsmittel auch begründet. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts ist das Arbeitsverhältnis der Parteien wirksam bis zum 31.12.2005 befristet worden.

Die Parteien haben keine sachgrundbezogene Befristung im Sinne von § 14 Abs. 1 TzBfG vereinbart, sondern eine kalendermäßige Befristung ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes im Sinne von § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG verabredet. Nach dieser gesetzlichen Bestimmung ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsverhältnisses ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig. Bis zu dieser Gesamtdauer ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine solche Befristung ist nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG nicht zulässig, wenn mit dem selben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Diese Ausnahmebestimmung bezieht sich allerdings nur auf eine Erstbefristung und nicht auf die Verlängerungsbefristungen im Sinne von § 14 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 TzBfG (BAG NZA 2003, 914). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt eine zulässige Verlängerung des sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisses nur vor, wenn sie noch während der Laufzeit des zu verlängerten Vertrages vereinbart - was vorliegend unstreitig der Fall ist - und lediglich die Vertragsdauer geändert wird, nicht aber die übrigen Vertragsbedingungen. Andernfalls handelt es sich um den Neuabschluss eines befristeten Arbeitsvertrages, der ohne Sachgrund nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG unzulässig ist, weil mit dem selben Arbeitgeber bereits zuvor ein Arbeitsverhältnis bestanden hat (BAG NZA 2003, 914; BAG NZA 2003, 1092, BAG NJW 2005, 3597; BAG v. 24.01.2001 - 7 AZR 567/99). Diese Rechtsprechung wird von der Literatur nicht uneingeschränkt geteilt (vgl. hierzu Erfurter Kommentar/Müller-Glöge, 6. Auflage, § 14 TzBfG, Rz 114). So weist etwa Preis (NZA 2005, 714, 716) darauf hin, dass das von der Rechtsprechung angenommene Merkmal einer "unveränderten" Verlängerung für eine zulässige Verlängerung dem Gesetzeswortlaut nicht zu entnehmen sei. Preis äußert berechtigte Zweifel, weshalb eine Verbesserung der Vergütung im Verlängerungsvertrag zur Unzulässigkeit der sachgrundlosen Verlängerung des befristeten Vertrages führen soll.

Die Beurteilung der vorgenannten Rechtsfrage kann vorliegend dahingestellt bleiben. Das Bundesarbeitsgericht sieht etwa eine Änderung des bisherigen Vertragsinhaltes dann nicht für gegeben an, wenn eine Erhöhung der Vergütung lediglich eine Angleichung an eine tarifliche Lohnerhöhung darstellt (BAG v. 24.01.2001 - 7 AZR 567/99; Juris).

Auch im Streitfalle haben die Parteien nicht deshalb einen neuen Arbeitsvertrag, sondern einen Verlängerungsvertrag im Sinne von § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG abgeschlossen, weil sie anlässlich der im letzten schriftlichen Arbeitsvertrag vorgenommenen Vergütungserhöhung von 1.450,-- Euro auf 1.500,-- Euro gerade keine Vereinbarung über die Abänderung der Arbeitsbedingungen getroffen haben, sondern - wie sich im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht durch informatorische Befragung der Parteien ergeben hat - die im schriftlichen Verlängerungsvertrag enthaltene Lohnerhöhung ein Irrtum der Beklagten zugrunde gelegen hat. Der Geschäftsführer der Beklagten hat aus den ihm vorliegenden Lohnunterlagen eine Lohnsumme von 1.500,-- Euro entnommen und ging daher - ohne diese Frage näher zu untersuchen - davon aus, dass dies auch der letzte Festlohn des Klägers gewesen sei. Daher wurde in den im Laufe des Monats Juni 2005 abgeschlossenen und zurückdatierten Arbeitsvertrag auch ein Bruttolohn von 1.500,-- Euro in den vorhandenen Vertragstext eingefügt. Im Verhandlungstermin hat sich als unstreitig herausgestellt, dass die Parteien eine diesbezügliche Vereinbarung gerade nicht willentlich getroffen haben. Bei dieser Sachlage kann vorliegend dahingestellt bleiben, ob eine anlässlich des Abschlusses eines Verlängerungsvertrages vorgenommene moderate Vergütungsanhebung, die etwa einen Ausgleich für die gestiegenen Lebenshaltungskosten darstellt, auch ein Neuabschluss eines Vertrages im Sinne der vom BAG praktizierten Rechtsprechung darstellt. Noch nicht einmal einen solchen Ausgleich wollten die Parteien im Streitfalle. Liegt einer geringfügig vorgenommenen Lohnerhöhung lediglich ein Versehen zu Grunde, so führt dies nicht zur Unzulässigkeit der Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages im Sinne von § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG. Dass die Beklagte in der Folgezeit diesen Irrtum nicht entsprechend den Vorschriften von §§ 119, 121 BGB angefochten hat, schadet nicht, weil schon keine Vereinbarung vorgelegen hat.

Nach alledem war - soweit das Berufungsverfahren zuletzt von der Beklagten noch betrieben worden ist - unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Feststellungsklage des Klägers abzuweisen.

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, da für die Kammer nicht erkennbar ist, ob auch der vorliegende Sachverhalt nach der Rechtsauffassung des Bundesarbeitsgerichts als Neuabschluss anzusehen ist.

Ende der Entscheidung

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