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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 15.11.2005
Aktenzeichen: 2 Sa 688/05
Rechtsgebiete: BGB, ArbGG


Vorschriften:

BGB § 626 Abs. 1
BGB § 626 Abs. 2
BGB § 628
BGB § 628 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 2 lit. b
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 2 Sa 688/05

Entscheidung vom 15.11.2005

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz, Auswärtige Kammern Bad Kreuznach, vom 24. Mai 2005 - 7 Ca 370/05 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um einen Schadensersatzanspruch.

Der Kläger war in der Zeit vom 01.01.2002 bis zum 02.02.2005 bei der Beklagten aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 12.11.2001 als Heimleiter im Pflegebereich zu einem monatlichen Bruttogehalt in Höhe von 4.573,75 Euro beschäftigt.

Am 11.12.2004 erschien in der Rheinzeitung eine Stellenausschreibung einer Beratungsgesellschaft, wonach im Raum Koblenz/Mainz die Position eines Heimleiters im Pflegebereich gesucht wurde.

Mit Schreiben vom 17.12.2004 wandte sich der Kläger an die in Hannover ansässige Geschäftsleitung der Beklagten und machte geltend, er habe in Erfahrung gebracht, dass es sich bei der Stellenausschreibung um seine Position handele, und er schlug der Beklagten die einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung von vier Monatsgehältern als Abfindung und Überlassung des Dienstwagens vor. Nachdem die Beklagte hierauf nicht reagierte, meldeten sich die jetzigen Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 28.12.2004 und mahnten die Beklagte wegen ihrer Pflichtverletzung ab. In der Folgezeit entspann sich ein reger Schriftwechsel zwischen den Parteien, der schließlich darin endete, dass der Kläger am 02.02.2005 das Arbeitsverhältnis selbst fristlos kündigte.

Im vorliegenden Verfahren verlangt der Kläger von der Beklagten Schadensersatz, weil die Beklagte seine Position trotz Bestehens eines ungekündigten Arbeitsverhältnisses ausgeschrieben habe, weshalb ihm die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar gewesen sei.

Bezüglich des vom Kläger geltend gemachten Zahlungsanspruches nebst einem Hilfsanspruch wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.

Die Beklagte, die Klageabweisung beantragt hat, hat geltend gemacht, die Position des Klägers sei durch die Stellenausschreibung nicht tangiert gewesen. Sie habe einen Bewerberpool bilden wollen, weil der Einrichtungsleiter ihres Heimes in Dahn zuvor bekundet hatte, er wolle wieder zu seiner Familie nach Sachsen zurückkehren. Es hätten keine Gründe für eine berechtigte außerordentliche Kündigung des Klägers vorgelegen.

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 24.05.2005, auf dessen Tatbestand zur näheren Sachverhaltsdarstellung hiermit Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es angegeben, die Voraussetzungen von § 628 Abs. 2 BGB für einen Schadensersatzanspruch seien vorliegend nicht erfüllt. Der Kläger habe das Arbeitsverhältnis ohne wichtigen Grund außerordentlich gekündigt. Ziehe man eine Parallele zur außerordentlichen Kündigungsbefugnis eines Arbeitgebers wegen eines vom Arbeitnehmer gezeigten Abkehrwillens, so lägen vorliegend die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung nicht vor. Auch sei die zweiwöchige Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB vom Kläger nicht gewahrt worden. Zur näheren Darstellung der Entscheidungsgründe wird hiermit auf die Seiten 9 bis 14 dieses Urteils Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger form- und fristgerecht Berufung eingelegt und diese in gleicher Weise begründet.

Nach seiner Auffassung habe das Arbeitsgericht die Sach- und Rechtslage fehlerhaft beurteilt. Durch seine Abmahnung vom 28.12.2004 sei der Kündigungsgrund nicht verwirkt. Trotz der Abmahnung habe die Beklagte die Ausschreibesituation aufrechterhalten und hartnäckig eine Pflichtverletzung in Abrede gestellt. Seiner außerordentlichen Kündigung habe die Aufrechterhaltung der Stellenausschreibung und das fortgesetzte Leugnen der Beklagten, dass es sich bei der ausgeschriebenen Stelle um seine eigene Position gehandelt habe, zugrunde gelegen. Da dies ein Dauertatbestand gewesen sei, sei auch die zweiwöchige Ausschlussfrist nach § 626 Abs. 2 BGB nicht verletzt.

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils

die Beklagte zu verurteilen, an ihn Schadensersatz wegen außerordentlicher Kündigung des Arbeitsverhältnisses in Höhe von 13.722,00 Euro nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem aktuellen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Sachvortrages verteidigt sie das erstinstanzliche Urteil. Soweit sich der Kläger für die Kündigung auf ihr Leugnen stützt, fehle es hierfür an einer Abmahnung. Sie habe dem Kläger mehrfach ein sachliches Gespräch angeboten, das dieser jedoch nicht gesucht habe. Selbst wenn man - was nicht der Fall gewesen sei - davon ausgehe, es habe sich bei der Stellenausschreibung um die Position des Klägers gehandelt, sei dies kein Grund für eine außerordentliche Kündigung.

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Parteien zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegen-stand der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht waren, sowie auf die zu den Sitzungsniederschriften getroffenen Feststellungen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 64 Abs. 2 lit. b ArbGG statthafte Berufung des Klägers wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und in gleicher Weise begründet und erweist sich auch sonst als zulässig.

In der Sache ist das Rechtsmittel jedoch nicht begründet.

Zutreffend hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen, weil dem Kläger der geltend gemachte Schadensersatzanspruch gegenüber der Beklagten nicht zusteht.

Im Streitfalle kommt - wovon auch die Parteien vorliegend ausgehen - als Anspruchsgrundlage nur § 628 Abs. 2 BGB für einen materiellen Schadensersatzanspruch wegen eines Auflösungsverschuldens in Betracht. Diese Bestimmung ist eine gesetzliche Spezialregelung, hinter die andere Anspruchsgrundlagen zum Ersatz von Beendigungsschäden aus positiver Vertragsverletzung oder unerlaubter Handlung zurücktreten (BAG vom 22.04.2004, BAGReport 2004, 285 m.w.N.).

Zutreffend hat das Arbeitsgericht im angefochtenen Urteil einen Schadensersatzanspruch des Klägers wegen eines Auflösungsverschuldens der Beklagten gemäß § 628 BGB verneint. Das Arbeitsgericht hat sich ausführlich und sehr sorgfältig unter Anwendung der vom Bundesarbeitsgericht aufgestellten Rechtsgrundsätze mit dem Klagebegehren des Klägers auseinandergesetzt und die gesetzlichen Voraussetzungen einer Pflichtverletzung mit dem Gewicht eines wichtigen Grundes (vgl. BAG BB 2003, 206) verneint und zudem zutreffend entschieden, dass der Kläger vorliegend mit seiner außerordentlichen Kündigung nicht die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB eingehalten hat. Das Berufungsgericht folgt diesen Ausführungen des Arbeitsgerichts im angefochtenen Urteil, stellt dies hiermit ausdrücklich fest und sieht zur Vermeidung eines doppelten Schreibwerkes von der erneuten Darstellung dieser Entscheidungsgründe ab.

Der Kläger hat im Berufungsverfahren keine neuen Aspekte vorgetragen, die zu einer wesentlichen Änderung der Beurteilung der Sach- und Rechtslage durch das Berufungsgericht hätten führen können. Die Berufungsbegründung gibt Anlass zu folgenden zusätzlichen Bemerkungen:

Es mag vorliegend dahingestellt bleiben, ob die vom Kläger unter dem 28.12.2004 erklärte Abmahnung der Beklagten eine mögliche Pflichtverletzung verbraucht hat mit der Folge, dass der Kläger seine spätere außerordentliche Kündigung hierauf ohnehin nicht mehr stützen konnte. Jedenfalls scheitert ein Schadensersatzanspruch des Klägers am Vorliegen eines wichtigen Grundes für seine außerordentliche Kündigung und an der Verletzung der Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB. Selbst wenn man zugunsten des Klägers davon ausgeht, die Beklagte habe ins Auge gefasst gehabt, mit der in der Rheinzeitung am 11.12.2004 ausgeschriebenen Stelle eines Heimleiters im Pflegebereich im Raum Koblenz/Mainz die Position gerade des Klägers neu besetzen zu wollen, so stellt allein eine bloße Stellenausschreibung noch keine Vertragspflichtverletzung des Arbeitgebers mit dem Gewicht eines wichtigen Grundes im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB dar. Es kann vorliegend offen bleiben, ob eine derartige Stellenausschreibung überhaupt eine Pflichtverletzung des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer bildet. Voraussetzung hierfür wäre, dass der Arbeitgeber im bestehenden Arbeitsverhältnis keine Anstrengungen unternehmen darf, um sich auf dem Arbeitsmarkt nach einem neuen Arbeitnehmer überhaupt auch nur umschauen zu dürfen. Zwar hat der Arbeitgeber als Vertragspartner - in gleicher Weise wie der Arbeitnehmer - alles zu unterlassen, das einen vertragswidrigen Eingriff in das bestehende Vertragsverhältnis mit seinen Schutz-Obheits- und Vertragspflichten darstellt. Ob allein schon die bloße Stellenausschreibung, bei der in keiner Weise nach außen hin ersichtlich ist, welche konkrete Position davon betroffen sein kann, überhaupt eine Pflichtverletzung darstellt, mag vorliegend offen bleiben. Unzweifelhaft hat die Beklagte in keiner Weise auch nur die geringsten Anstrengungen unternommen, um den Kläger zu einem Verlassen seines Arbeitsplatzes zu bewegen. Vielmehr war es der Kläger, der von sich aus sofort eine Beendigung gegen Zahlung einer Abfindung und Überlassung des Dienstwagens in den Raum gestellt hat, ohne irgend eine ernsthafte Anstrengung zu unternehmen, zu einer von der Beklagten angebotenen Sachverhaltsaufklärung beizutragen. Im vorgerichtlichen Schriftverkehr brachte die Beklagte in keiner Weise zum Ausdruck, sich vom Kläger bis dahin trennen zu wollen.

Zutreffend hat das Arbeitsgericht im Urteil auch festgestellt, dass der Kläger vorliegend die zweiwöchige Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB versäumt hat. Schon in seinem Schreiben vom 17.12.2004 an die Beklagte hat der Kläger eindeutig erklärt, er habe sichere Informationen, dass die Stellenausschreibung der Rheinzeitung seine Position betroffen habe. Also hatte er schon damals Kenntnis von einer möglichen Vertragspflichtverletzung der Beklagten gehabt. Im späteren Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 28.12.2004 ließ der Kläger vortragen, nach seiner zuverlässigen Recherche handele es sich eindeutig um seine Position im Lorettahof in C-Stadt. Diese Feststellung stützte der Kläger auf die Aussagen zweier Zeugen, die mit dem Sachverhalt direkt zu tun hatten. Im Antwortschreiben der Beklagten vom 03.01.2005 hat die Beklagte eindeutig bestritten, dass es sich bei der ausgeschriebenen Stelle um die Position des Klägers gehandelt habe. Spätestens mit Zugang dieses Schreibens hatte der Kläger sichere Kenntnis davon, dass die Beklagte einen Bezug zwischen der Stellenausschreibung und der Position des Klägers leugnet. Wie das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, handelt es sich hierbei um einen abgeschlossenen Vorgang und nicht um einen vertragswidrigen Dauerzustand. Die erst am 02.02.2005 erklärte außerordentliche Kündigung der Beklagten lag damit weit außerhalb der Zweiwochenfrist von § 626 Abs. 2 BGB.

Nach alledem war die unbegründete Berufung des Klägers gegen das zutreffende erstinstanzliche Urteil mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Revision konnte angesichts der gesetzlichen Kriterien von § 72 Abs. 2 ArbGG nicht zugelassen werden.

Ende der Entscheidung

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