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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 09.04.2009
Aktenzeichen: 2 Sa 755/08
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 286
BGB § 288
BGB § 611 Abs. 1
ZPO § 286
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 30.10.2008 - 2 Ca 431/08 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen. 2. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand:

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren noch um restliche Arbeitsvergütung aus mittlerweile beendetem Arbeitsverhältnis. Seit 01.11.2007 war der Kläger bei der Beklagten zu einer monatlichen Vergütung von 800,00 EUR beschäftigt. Der Kläger hat mit der Behauptung, restliche Arbeitsvergütung für Januar 2008 in Höhe von 200,00 EUR netto und für Februar 2008 in Höhe von 800,00 EUR netto sei noch nicht bezahlt, Klage auf Zahlung von 1.000,00 EUR netto erhoben. Im Schriftsatz vom 23.04.2008 an das Arbeitsgericht T. hat die Beklagte vorgetragen, die vereinbarten Nettolohnbeträge seien wegen bestehender Kontopfändungen jeweils in bar ausgezahlt worden und die Lohnzahlungen für Januar und Februar in Höhe von netto 800,00 EUR seien jeweils vollständig erfolgt. Hierzu hat sie fünf Zeugen angeboten, darunter den Zeugen A.. In der Kammerverhandlung am 30.10.2008 hat die Beklagte vorgetragen, der Kläger habe seinen letzten Lohn in Höhe von 800,00 EUR netto vollständig bar erhalten, hierbei sei anwesend gewesen Herr D. W. aus D-Stadt. Soweit für das Berufungsverfahren von Bedeutung hat der Kläger beantragt,

an ihn 1.000,00 EUR netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz zu zahlen und zwar von 200,00 EUR netto seit 01.02.2008 und von 800,00 EUR seit 01.03.2008. Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen. Im angefochtenen Urteil hat das Arbeitsgericht Trier die Beklagte gemäß dem bezeichneten Klageantrag verurteilt. Es hat hierzu im Wesentlichen ausgeführt, der Vortrag zur angeblichen Zahlung sei unsubstantiiert geblieben. Die Beklagte hätte im Einzelnen darlegen müssen, wann, wo und wie sie unter welchen Umständen dem Kläger welche Barbeträge übertragen haben will. Die pauschale Behauptung, die Lohnzahlung sei vollständig erbracht, sei nicht ausreichend. Zudem habe die Beklagte trotz gerichtlicher Aufforderung erstmals im Kammertermin die ladungsfähige Anschrift eines Zeugen mitgeteilt, dessen Ladung hätte einen weiteren Termin erforderlich gemacht und damit den Rechtsstreit verzögert. Wegen der weiteren Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf die vorbezeichnete Entscheidung verwiesen. Das Urteil wurde der Beklagten am 21.11.2008 zugestellt. Die Beklagte hat hiergegen am Montag, den 22.12.2008 Berufung eingelegt und, nachdem die Frist zur Begründung bis 20. Februar 2009 verlängert worden war, mit am diesem Tag eingelegtem Schriftsatz begründet. Die Beklagte trägt nunmehr vor, die Parteien hätten am 11.03.2008 miteinander telefoniert. Der Kläger habe seinen noch ausstehenden Lohn moniert. Da er selbst nicht über ein Fahrzeug verfügte, habe die Beklagte den Zeugen A. von C-Stadt nach D-Stadt geschickt um den Kläger abzuholen. Weisungsgemäß habe dieser den Kläger dann abgeholt und ihn zur Werkhalle der Beklagten gebracht. Im Beisein des Zeugen habe die Beklagte dem Kläger dann 1.000,00 EUR in bar ausgezahlt, worauf der Zeuge A. den Kläger dann wieder nach Hause gefahren habe. Die Beklagte beantragt,

auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 30.10.2008 - AZ 2 Ca 431/08 - abgeändert und die Klage abgewiesen. Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten kostenpflichtig abzuweisen. Er bestreitet den Sachvortrag in der Berufungsbegründungsschrift. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen. Weiter wird verwiesen auf die Feststellungen zum Sitzungsprotokoll vom 09.04.2009. Die Kammer hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen A.. Auf das Sitzungsprotokoll vom 09.04.2009 wird Bezug genommen. Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i. V. m. § 520 ZPO). Das Rechtsmittel der Berufung hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. II. Dem Kläger steht restliche Arbeitsvergütung in Höhe von 800,00 EUR netto für den Monat Februar 2008 und von 200,00 EUR netto für den Monat Januar 2008 gem. § 611 Abs. 1 BGB zu. Die Zinsforderung folgt §§ 286, 288 BGB. Die Beklagte hat Erfüllung behauptet. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass sie den Anspruch des Klägers erfüllt hat, trägt sie (§ 362 BGB). Die nach dem erstmaligen Sachvortrag der Beklagten im Berufungsverfahren substantiiert gehaltene Behauptung, der Kläger habe den Betrag von 1.000,00 EUR am 11.03.2008 durch Barzahlung in der Werkhalle der Beklagten erhalten, konnte die Kammer aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme nicht feststellen. Die nach § 286 ZPO vorzunehmenden Würdigung, ob die tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten ist, hat die Kammer unter Berücksichtigung des gesamten Inhaltes der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung entschieden. Dabei ist insbesondere festzustellen, dass die Kammer nicht von der Richtigkeit der Aussage des Zeugen A. überzeugt ist, er könne aus eigener Kenntnis bestätigen, dass der Inhaber der Beklagten dem Kläger in der Werkhalle Geld gegeben hat. Für diese Beweiswürdigung sprechen insbesondere die nachfolgend kurz zusammengefassten Umstände. Zunächst fällt auf, dass der Sachvortrag der Beklagten ständig wechselt. Hat er, wie im Tatbestand dargestellt, zunächst behauptet, 800,00 EUR seien jeweils bezahlt worden und hierfür eine Vielzahl von Zeugen angeboten, hat er in der Kammerverhandlung vor dem Arbeitsgericht behauptet, im Beisein des Zeugen D. W. sei der letzte Lohn in Höhe von 800,00 EUR vollständig bar ausgezahlt worden. Im Berufungsverfahren gegenüber taucht dieser Zeuge nicht mehr auf, vielmehr wird nunmehr für nähere Umstände der Geldübergabe der Zeuge A. genannt. Die Beklagte hat trotz des Hinweises des Vorsitzenden in der Kammer keine Erklärung dafür abgegeben, weswegen der Sachvortrag permanent wechselte. Auch die Aussage des Zeugen A. hat die Kammer nicht überzeugt. So blieb zunächst auch aufgrund der Aussage unklar, welchen Geldbetrag der Kläger erhalten haben soll. Der Zeuge hat erklärt, er meint gesehen zu haben, es seien mehr als fünf oder sechs Scheine gewesen, die der Inhaber der Beklagten dem Kläger gegeben hat. Es seien hunderter und/oder fünfziger Geldscheine gewesen. Um auf eine Summe von 1.000,00 EUR netto zu kommen müssten es aber schon zehn Hunderter gewesen sein, so dass hier eine deutlich unscharfe Aussage vorliegt. Der genaue Betrag konnte aus der Aussage des Zeugen somit nicht ermittelt werden. Darüber hinaus weist die Aussage viele Merkmale auf, die für eine abgesprochene Aussage Indiz seien können. Hinsichtlich des eigentlichen Beweisthemas, also der Übergabe des Geldes und den Umständen, unter der diese erfolgte, war die Aussage einigermaßen präzise. Zwar hat der Zeuge anfangs gesagt, er kenne den Beklagten nur flüchtig, was angesichts der fast identischen Hausanschrift in dem kleinen Ort O. doch sehr verwundert, der Zeuge hat dann aber detailliert beschrieben, wie der Ablauf des Abholens und des Zurückbringens des Klägers in den Nachbarort gewesen ist. Wenig detailliert und auf Nachfragen auch deutlich unscharf waren allerdings die nicht unmittelbar zu dem Kern des Geschehens gehörenden Bekundungen des Zeugen. So hat der Zeuge auf Nachfrage sich nicht in der Lage erklärt zu beschreiben, wie er den Kläger gefunden hat, insbesondere wo er ihn abgeholt hat. Auch die Aussage war deutlich unscharf in Bezug auf seinen eigenen Standort und seine Motivation, der Geldübergabe beizuwohnen. Der Zeuge hat eingangs bekundet, als er die Geldübergabe gesehen habe, habe er sich umgedreht und sei gegangen. Dies seien Sachen, die gingen ihn nichts an. Später hat er dann auf mehrmalige Nachfragen widersprüchliche Angaben gemacht, wie lange er das Gespräch des Klägers mit dem Inhaber der Beklagten, von dem er im Übrigen auch nichts mitbekommen hat, verfolgt hat. Für die Kammer unverständlich ist es insbesondere, dass ein Zeuge, der mit der Sache nichts zu tun haben will, nach eigenem Bekunden ca. zehn Minuten in der Tür zwischen dem ersten und dem zweiten Raum steht, um ein Gespräch mitzuverfolgen, welches "ihn nichts angeht" und von dem er nicht hört, was die beiden besprochen haben. Es widerspricht jeglicher Lebenserfahrung, dass sich das Geschehen so abgespielt hat. Detailliert wird die Aussage des Zeugen dann wiederum, als er die Äußerung des Klägers kurz vor Ausstieg aus seinem Fahrzeug bekundet, er habe nun sein Geld bekommen und sei mit der Firma klar. Präzise Aussagen zum Kerngeschehen (Geldscheinübergabe und Erklärung des Klägers) stehen im diametralen Gegensatz zu den unscharfen und zum teil widersprüchlichen Bekundungen des Zeugen, die sich am Rande des Geschehens ereignet haben müssen. Aus diesem Grunde kann die Kammer aufgrund der Zeugenaussage allein nicht die Feststellung treffen, dass die Beklagte dem Kläger die restliche Arbeitsvergütung ausgezahlt hat. Der Umstand, dass die Beklagte es verabsäumt hat, sich Quittungen über die Auszahlung geben zu lassen (der Kammer bleibt es auch verborgen, wie die Beklagte unter diesen Umständen eine ordnungsgemäße Buchhaltung abliefern kann) geht somit letztlich zu ihren Lasten. Da die Kammer nicht überzeugt ist, dass die streitige Geldforderung erfüllt ist, war die mit dieser Begründung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts geführte Berufung mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Die Zulassung der Revision war angesichts der Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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