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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 22.03.2007
Aktenzeichen: 2 Sa 902/06
Rechtsgebiete: ArbGG, KSchG


Vorschriften:

ArbGG § 72 Abs. 2
KSchG § 1 Abs. 3
KSchG § 1 Abs. 5
KSchG § 1 Abs. 5 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 2 Sa 902/06

Entscheidung vom 22.03.2007

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 27.09.2006 - 4 Ca 126/06 - wird zurückgewiesen.

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 27.09.2006 - 4 Ca 126/06 - abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Hilfsarbeiter weiter zu beschäftigen

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die soziale Rechtfertigung einer betriebsbedingt ausgesprochenen Arbeitgeberkündigung sowie um einen Weiterbeschäftigungsantrag des Klägers während des laufenden Kündigungsschutzverfahrens.

Der Kläger ist am 03.03.1951 geboren. Er ist verwitwet. Seit dem 02.05.1970 ist er als Hilfsarbeiter bei der Beklagten bei einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt 2.899,18 € im Lager/Versandbereich der Fleischabteilung beschäftigt. Im Arbeitsvertrag über die Beschäftigung eines spanischen Arbeitnehmers vom 24.03./13.04.1970 hat sich die Beklagte zunächst verpflichtet, den Arbeitnehmer als Hilfsarbeiter in A-Stadt vom Eintreffen mit benanntem Datum bis zu einem Jahr zu beschäftigen. Der Kläger hat sich verpflichtet, während der genannten Zeit bei dem Arbeitgeber eine Tätigkeit dieser Art auszuüben. Ein Zusatz über den Einsatzort enthielt der Vertrag nicht. Der Kläger wurde infolge des Vertragsabschlusses zunächst bei Baumaßnahmen der Beklagten, dann im Milchwerk und schließlich im Fleischwerk beschäftigt. Ein schriftlicher Anschlussvertrag wurde nicht geschlossen. Lediglich unter dem 17.04.1979 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass er seit 26.11.1976 als Mitarbeiter der V-GmbH geführt werde.

Die Beklagte hatte neben der wirtschaftlichen Milchverwertung bis zum Jahresende 2005 im Werk in A-Stadt Fleisch verarbeitet. Der Aufsichtsrat hat im Jahre 2005 beschlossen, das Fleischwerk zum 31.12.2005 stillzulegen. Der Betriebsrat wurde über die Schließungsabsicht am 25.10.2005 unterrichtet, die Belegschaft in einer Betriebsversammlung am 11.11.2005. In einer Verhandlung über Interessenausgleich und Sozialplan unterzeichneten die Betriebsparteien am 30.12.2005 eine Betriebsvereinbarung Interessenausgleich. Auf den Wortlaut wird auf Blatt 45 ff. der Gerichtsakten verwiesen. Im Wesentlichen haben die Betriebspartner vereinbart, dass 74 Arbeitsplätze entfallen, durch Versetzung gewerblicher Mitarbeiter bei Abbau von Fremdleistungen eine betriebsbedingte Kündigung im gewerblichen Bereich verhindert wird, Überstunden im Milchwerk abgebaut werden. Hinsichtlich der Versetzungen nach B-Stadt findet sich folgende wörtliche Vereinbarung:

"Am Standort B-Stadt sind 4 freie Arbeitsplätze. Durch Versetzung wird 4 Mitarbeitern dort ein Arbeitsplatz angeboten. Dies mindert die Anzahl der betriebsbedingten Kündigungen im gewerblichen Bereich um zusätzlich 4. Die Versetzung bewahrt den Besitzstand, ist freiwillig und wird mit max. 3 Monate als Probearbeit angeboten. Bei Ablehnung hat dies keine negative Auswirkung auf Sozialplanansprüche oder Ansprüche aus der Vereinbarung vom 30.12.2005 über einen zusätzlich zum Sozialplan vereinbarten Abfindungsbetrag von einem Monatsnettoentgelt. Weiter findet sich wörtlich, durch Umsetzung der Maßnahmen a) bis h) können insgesamt 14 (16) betriebsbedingte Kündigungen vermieden werden."

Auf eine anliegende Personalliste, die Bestandteil des Interessenausgleichs ist, haben die Betriebspartner verwiesen.

In der angehefteten Anlage sind sodann alle Mitarbeiter namentlich bezeichnet, die im Fleischwerk zuletzt beschäftigt waren, auch solche Mitarbeiter, die unstreitig aufgrund bestehender Altersteilzeitverträge, interner Umsetzung oder anstehender Verrentung nicht gekündigt wurden.

Die Beklagte sprach nach vom Kläger bestrittener Anhörung des Betriebsrats mit Schreiben vom 30.12.2005 eine ordentliche betriebsbedingte Kündigung zum 31.07.2005 aus. Gegen diese hat der Kläger mit am 19.01.2006 eingegangenem Schriftsatz Kündigungsschutzklage erhoben.

Aufgrund des Interessenausgleichs wechselte keiner der 6 angesprochenen Mitarbeiter in Altersteilzeit. Ebenso war keiner der fünf angesprochenen schwerbehinderten gewerblichen Mitarbeiter bereit, vom Fleischwerk A-Stadt ins Milchwerk B-Stadt zu wechseln. Die Umsetzungen von Vertriebsmitarbeitern betrafen nur Mitarbeiter im kaufmännischen Bereich. Für zwei Altersteilzeitmitarbeiter, die versetzt werden sollten, erwies sich die Versetzung als unmöglich, so dass die Betroffenen bezahlt freigestellt wurden. Des Weiteren fand bis zum 30.12.2005 Leiharbeit im Umfang von 3,69 x 165 Stunden (bezogen auf den Monat Dezember) im Milchwerk statt, wofür die durchgängige Erkrankung von 5 Mitarbeitern sowie auch der Urlaub von fünf Mitarbeitern in der 50. Kalenderwoche ausschlaggebend waren. Im Januar 2006 belief sich die Leiharbeitsmenge auf 5,24 x 165 Stunden, was die Beklagte durch Erkrankung von 3 - 5 Mitarbeitern sowie aufkommensabhängige seinerzeit überdurchschnittlich hohe Milchpulverproduktion rückführte. Im Sommer 2006 suchte die Beklagte noch einen Verpacker in Vollzeit für das Milchwerk in A-Stadt über die Firma U-GmbH. Überstunden fielen im Milchwerk unregelmäßig an.

Der Kläger hat vorgetragen, im Unternehmen gäbe es noch freie Arbeitsplätze. Der Arbeitsvertrag sei nicht auf das Fleischwerk konkretisiert. Dass der Betriebsrat gehört sei, werde mit Nichtwissen bestritten. Schon die Fehler in der Sozialauswahl mache die Kündigung unwirksam, weil zwischen Milch- und Fleischwerk ein Betrieb bestehe. Im Übrigen sei keine Massenentlassungsanzeige erfolgt. Zudem sei beachtlich, dass die Beklagte eine freie Teilzeitstelle im Musterversand des Milchwerks verfügbar gehabt habe, welche durch Frau T. besetzt worden sei, die vormals als Teilzeitmitarbeiterin und Verpackerin im Fleischwerk gewesen sei. Im Übrigen sei dauerhaft im Betrieb der Leiharbeiter S. zu benennen, der schon seit einigen Jahren und nicht nur krankheits- oder urlaubsvertretungsweise dort arbeite. Es habe außerdem freie Arbeitsplätze im Milchwerk aufgrund des Interessenausgleichs gegeben. Des Weiteren habe die Beklagte beim Betriebsrat Mehr- und Samstagsarbeit für das Milchwerk beantragt.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 30.12.2005 beendet wurde;

2. die Beklagte im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu 1) zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, die Kündigung sei wirksam, weil die Beschäftigung des Klägers im Fleischwerk entfallen sei. Der Betriebsrat sei ordnungsgemäß angehört und auch im Massenentlassungsverfahren beteiligt gewesen. Die entsprechende Anzeige bei der Agentur für Arbeit sei am 27.12.2005 erteilt worden, woraufhin dortigerseits mit Bescheid vom 30.01.2006 eine Entlassungssperre von einem Monat bis zum 27.01.2006 ausgesprochen worden sei.

Der Kläger könne sich auf keine freie Stelle im Milchwerk berufen, weil das Arbeitsverhältnis auf das Fleischwerk konkretisiert gewesen sei. Im Übrigen seien Milch- und Fleischwerk schon seit jeher getrennte Betriebe im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes gewesen. Eine freie Stelle im Musterversand habe am 30.12.2005 nicht zur Verfügung gestanden. Die pauschale Behauptung freier Arbeitsplätze im Milchwerk sei unsubstantiiert. Auch der entsprechende Betriebsratswiderspruch benenne keinen konkreten Arbeitsplatz. Dauerarbeitsplätze seien weder aus Leiharbeitern - noch aus Überstundenabbau möglich. Auch die im Interessenausgleich benannten Arbeitsplätze habe es so nicht gegeben, weil Fremdleistungen nur unregelmäßig anfielen. Im Übrigen seien Schwangere, Elternzeitnehmende und Schwerbehinderte noch nicht gekündigt gewesen, die vorrangig für evtl. anstehende Stellenbesetzungen in Betracht gekommen wären.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 27.09.2006 verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage zum Teil entsprochen, den Weiterbeschäftigungsanspruch als unzulässig zurückgewiesen. Es hat im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte könne sich nicht auf das Privileg des § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG berufen, denn eine abschließende Liste der Namen aller zu kündigenden Arbeitnehmer beinhalte den Interessenausgleich nicht. Die Hereinnahme von Mitarbeitern, die nicht gekündigt werden sondern in 14 oder 16 Fällen nach den Vorgaben des Interessenausgleichs noch fortbestehen sollten, böten nicht die durch § 1 Abs. 5 KSchG vermutete Gewähr der abschließend überprüften und schließlich ausgewählten Personen. Die Kündigung sei allerdings nicht sozial gerechtfertigt, weil zwar sämtliche Arbeitsplätze im ehemaligen Fleischwerk weggefallen seien, gleichwohl aber noch nicht sämtliche Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten im Betrieb der Beklagten erschöpft waren. Sowohl ausweislich des Interessenausgleichs wie auch aufgrund des Vortrags der Beklagten seien Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten im Unternehmen zum Kündigungszeitpunkt noch vorhanden. Aufgrund des Interessenausgleichs seien im gewerblichen Sektor 5 freie Stellen vorhanden, nämlich eine freie Stelle, die zum Zeitpunkt des Abschlusses noch von Leiharbeitnehmern besetzt wurde und 4 Stellen im Milchwerk B-Stadt. Der Interessenausgleich sei als Betriebsvereinbarung abgeschlossen und damit unmittelbar und zwingend auf das klägerische Arbeitsverhältnis anwendbar. Die Ziffern 3e) und 3h) des Interessenausgleichs seien unbedingt und bindend gefasst gewesen. Die Beklagte sei aufgrund dieser zwingenden Selbstbindung gehindert, sich darauf zu berufen, dass von den in Betracht kommenden Mitarbeitern letztlich keiner nach B-Stadt wechseln wollte bzw. dass die vorhandenen Leiharbeiter tatsächlich gar keinen freien Arbeitsplatz hätten ergeben können. Hinsichtlich der Versetzungen ins Werk B-Stadt wäre die Beklagte nämlich selbst bei Ablehnung durch die Mitarbeiter noch verpflichtet gewesen, vor Ausspruch einer Änderungskündigung ein konkretes Änderungsangebot zu unterbreiten und im Zweifel als milderes Mittel zur Änderungskündigung zu greifen. Hinsichtlich der freien Stelle aufgrund Leiharbeitsabbau im Milchwerk A-Stadt habe die Beklagte nicht mit Erfolg vorbringen können, dass diese Stelle faktisch nicht existiere, weil sie sich damit gegen die unmittelbare und zwingende Bindung aus dem Interessenausgleich hinweg setzte. Der hiergegen vorgebrachte Einwand der Unmöglichkeit sei darüber hinaus auch aufgrund der beklagtenseits eingeräumten faktischen Beschäftigung von Leiharbeitskräften im Dezember und Januar infolge Krankheit, Urlaub oder Milchpulverproduktion nicht zureichend substantiiert vorgebracht. Deshalb seien im Betrieb freie Stellen faktisch aufgrund der geleisteten Fremdarbeit und unabhängig von der Festsetzung des Interessenausgleichs als vorhanden anzusehen. Bei der Beklagten sei Leiharbeit ausgeführt worden, die über temporäre Kurzeinsätze hinausging. Die zugestandenen Zahlen ließen sich nämlich nicht allein auf Arbeitsspitzen oder Sonderbeschäftigungsbedarf beziehen, weil Krankheits- und Urlaubsvertretung bei der Beklagten nicht allein im Dezember und Januar sondern im gesamten Jahr anfallen. Dass der für Dezember benannte Bedarf mit 3,69 Stellen oberhalb des Jahresdurchschnitts lag, sei nicht konkret annehmbar. Auch blieb ein Arbeitnehmerausfall von rund 1 % der Belegschaftsstärke im Mindestbereich der statistisch üblichen Kranken- und Urlaubsstände. Insofern sei aus der Dezemberzahl kein besonders auffälliger Wert zu folgern. Die Kammer habe keinen anderen Schluss als den ziehen dürfen, dass jedenfalls in einer Größenordnung von 3,69 bzw. 5,24 Stellen bei der Beklagten Leiharbeit durchweg anfiel. Der von der Klägerseite ergänzend an geführte Leiharbeiter S. passe in dieses Bild. Die gewerblichen Stellen seien für den Kläger ausübbar. Substantiierte Einwendungen habe die Beklagte nicht erhoben. Die Besetzung auf eine dieser Stellen sei auch nicht durch das vertragliche Direktionsrecht ausgeschlossen, denn hiernach war der Kläger allgemein bei der Beklagten als Hilfsarbeiter eingestellt und mit allen Tätigkeiten dieser Art befasst.

Ob daneben noch ein weiterer freier Arbeitsplatz im Musterversand bestand, könne offen bleiben. Die von der Beklagten im Wege der Leiharbeit über die Firma U- ausgeschriebene Stelle für Hilfsarbeiten in der Verpackung sei ebenfalls zugunsten des Klägers zum Beleg freier Stellen zu berücksichtigen. Nach zutreffender Ansicht seien nicht nur die im Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs freien Stellen sondern auch die bis zum Ablauf der Kündigungsfrist mit hinreichender Vorhersehbarkeit freiwerdenden Plätze als frei anzusehen. Die Beklagte habe sich auf etwaige Unvorhersehbarkeiten nicht berufen.

Die Beklagte habe sich letztlich auch nicht auf einen Ausschluss der Stellenbesetzung durch die Klägerseite zurückziehen können, indem sie eingewendet habe, freie Plätze seien vorrangig mit besonders kündigungsgeschützten Personen zu besetzen. Zwar gelte im Rahmen der Konkurrenz mehrerer kündigungsgefährdeter Arbeitsplätze um verbleibende freie Arbeitsplätze die prinzipielle Auswahlnotwendigkeiten nach sozialen Grundsätzen. Allerdings sei dieser Einwand allenfalls für die benannten schwerbehinderten Personen von Belang, da sie allein zum Personenkreis des § 1 Abs. 3 KSchG gelten, während Schwangere und während der Schutzfristen und Elternzeit nehmende Arbeitnehmer regelmäßig nicht mehr im aktiven Beschäftigungsverhältnis stehen und deshalb in der Auswahl zu beschäftigenden Personals außen vor bleiben konnten. Die Kündigung sei deshalb mangels abschließender weggefallener Beschäftigungsmöglichkeiten nicht von dringenden betrieblichen Erfordernissen getragen.

Ob die Kündigung zudem aufgrund mangelhafter Sozialauswahl unwirksam sei, weil von einem einheitlichen Betrieb ausgegangen werden muss, konnte dahingestellt bleiben.

Der Weiterbeschäftigungsanspruch sei nicht erfolgreich, weil es an hinreichender Bestimmtheit fehlte. Der Klägerantrag sei nicht durchsetzbar, weil er sich lediglich auf unveränderte Arbeitsvertragsbedingungen bezogen habe, ohne klarzustellen, mit welchem konkreten Inhalt die Beschäftigung stattfinden sollte. Da die Schließung zum Wegfall des ursprünglichen Arbeitsbereichs führte, waren die unveränderten Arbeitsvertragsbedingungen schon aus sich heraus nicht mehr ersichtlich. Es sei auch kein hinreichend bestimmbares Tätigkeitsfeld erkennbar, auf das sich eine etwaige Vollstreckung beziehen könnte.

Wegen der weiteren Einzelheiten der umfangreichen Urteilsbegründung wird auf die vorbezeichnete Entscheidung verwiesen.

Der Beklagten wurde das Urteil am 26.10.2006 zugestellt. Sie hat am 23.11.2006 Berufung eingelegt und, nachdem die Frist zur Begründung bis zum 26.01.2007 verlängert worden war, mit am 25.01.2007 eingegangenem Schriftsatz begründet.

Gegen das dem Kläger am 27.10.2006 zugestellte Urteil hat er am 24.11.2006 Berufung eingelegt und diese Berufung am 27.12.2006 begründet.

Die Beklagte beanstandet am arbeitsgerichtlichen Urteil, dass es sich nicht mit der Betriebsproblematik, also mit dem Vorhandensein von zwei verschiedenen Betrieben hinreichend auseinandergesetzt habe. Das Arbeitsgericht könnte die aufgeführten 4 freien Arbeitsplätze im Milchwerk B-Stadt nicht zugunsten des Klägers anführen, weil dieser noch in der letzten Kammerverhandlung am 27.09.2006 dem Gericht erklärt habe, für ihn komme ein Arbeitseinsatz in B-Stadt definitiv in Betracht. Die Beklagte wäre bereit, die Kündigung zurückzunehmen, wenn der Kläger auf Dauer in B-Stadt arbeiten wolle. Der Kläger habe weiter einen konkreten freien Arbeitsplatz zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung nicht bezeichnet. Der Verweis auf den Abbau von Leiharbeitnehmerstunden sei nicht durchschlagend. Das Arbeitsgericht lasse unberücksichtigt, dass die Leiharbeitnehmer nur zur Kranken- und Urlaubsvertretung eingesetzt wurden und es deshalb selbst bei Abbau dieser Leiharbeitnehmer hierdurch keinen neuen freien Dauerarbeitsplatz für den Kläger hätte geben können.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des ArbG Trier vom 27.09.2006 - 4 Ca 126/06 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Weiter beantragt er,

das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 27.09.2006 - 4 Ca 126/06 - teilweise, soweit die Klage abgewiesen wurde, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Hilfsarbeiter weiterzubeschäftigen.

Der Kläger vertritt die Auffassung, dass der Weiterbeschäftigungsanspruch hinreichend bestimmt ist. Der Kläger begehre die Weiterbeschäftigung als Hilfsarbeiter. Auch wenn durch die Schließung des Fleischwerkes eine Weiterbeschäftigung dort nicht mehr möglich sei, sei jedenfalls die Weiterbeschäftigung im Milchwerk als Hilfsarbeiter ohne weiteres möglich. Dies ergebe sich schon aus den Ausführungen im angefochtenen Urteil. Der Kläger verweist auf eine tatsächliche Beschäftigung am bisherigen Beschäftigungsort A-Stadt, was ebenfalls durch Auslegung seines Klageantrags ersichtlich sei.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Insofern verteidigt sie das angefochtene Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des umfangreichen Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen. Weiter wird verwiesen auf die Feststellungen zum Sitzungsprotokoll vom 22.03.2007.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufungen der Beklagten und des Klägers sind beide zulässig. Sie sind insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i.V.m. § 520 ZPO). Während das Rechtsmittel der Beklagten erfolglos blieb, war die Berufung des Klägers begründet.

II.

Im Ergebnis und in der Begründung vollkommen zutreffend hat das Arbeitsgericht Trier im angefochtenen Urteil entschieden, dass die ausgesprochene Kündigung das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht beendet hat.

Im Berufungsverfahren sind keine neuen rechtserheblichen Gesichtspunkte aufgetreten, die eine Abweichung von dem vom Arbeitsgericht gefundenen Ergebnis rechtfertigen würden. Die Berufungskammer nimmt daher vollumfänglich Bezug auf den begründenden Teil des angefochtenen Urteils (§ 69 Abs. 2 ArbGG).

Lediglich wegen der Angriffe im Berufungsverfahren sei die Beklagte kurz auf Folgendes hinzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen darauf gestützt, dass im Unternehmen der Beklagten noch freie Arbeitsplätze vorhanden waren. Es hat sich hierbei auf den Inhalt des Interessenausgleichs gestützt und die uneingeschränkt vorbehaltlose Verpflichtung der Beklagten festgestellt, Arbeitsplätze durch Abbau von Überstunden bzw. von Leiharbeitskräften freizumachen, um betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden. Das Arbeitsgericht hat weiter festgestellt, dass sich die Beklagte angesichts des unmittelbaren und zwingenden Charakters der Betriebsvereinbarung nicht darauf zurücksehen kann, ihr sei die Umsetzung dieses Konzeptes nicht möglich gewesen. Insbesondere zu dem vom Arbeitsgericht herausgehobenen Argument der Zahl der Leiharbeitnehmer hat sich die Berufungsbegründung nicht in hinreichender Form auseinander gesetzt, weshalb ein Abbau von Leiharbeitsverhältnissen nicht möglich sei. Der Hinweis, die Leiharbeitnehmer würden für Urlaubs- bzw. Krankheitsvertretungen herangezogen, ist angesichts der vom Arbeitsgericht zutreffend herausgearbeiteten Berechnungszahl, dass der Einsatz von Leiharbeitnehmern durchgängig erfolgt sei, hier ist nur auf den vom Kläger namentlich bezeichneten Leiharbeitnehmer zu verweisen, unbeachtlich.

Im Übrigen ist die Beklagte darauf hinzuweisen, dass sie Urlaubs- und Krankenausfälle, die regelmäßig prognostizierbar sind, auch durch Einsatz von Personalreserven in Stammarbeiterbereich, damit auch durch Einsatz des Klägers auffangen kann.

Ergibt sich aus dem Interessenausgleich die Verpflichtung, diese vorrangigen Beschäftigungsmöglichkeiten zu nutzen, war es der Beklagten verwehrt, sich darauf zu berufen, die Umsetzung des Interessenausgleichs sei hier nicht möglich gewesen.

Die Entscheidung des Arbeitsgerichts erweist sich auch deswegen als zutreffend, als es auf eine Beschäftigungsmöglichkeit in B-Stadt hingewiesen hat. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts ist insofern richtig, als dem Kläger so zunächst als milderes Mittel eine Änderungskündigung hätte ausgesprochen werden müssen. Nach der Entscheidung des BAG vom 21.04.2005 - 2 AZR 244/04 - ist der Arbeitgeber regelmäßig auch nach vom Arbeitnehmer abgelehnten Änderungsangebot verpflichtet, gleichwohl eine Änderungskündigung auszusprechen. Eine Beendigungskündigung ist nur dann zulässig, wenn der Arbeitnehmer unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hat, er werde die geänderten Arbeitsbedingungen im Fall des Ausspruch einer Änderungskündigung nicht, auch nicht unter dem Vorbehalt ihrer sozialen Rechtfertigung annehmen. Eine derartige unmissverständliche Erklärung des Klägers vor Ausspruch der streitbefangenen Kündigung hat die Beklagte selbst nicht vorgetragen.

Da diese beiden Erwägungen alleine die Entscheidung des Arbeitsgerichts tragen, die Einwände im Berufungsverfahren hiergegen nicht erfolgreich sind, war die gegen die Verurteilung der Beklagten gerichtete Berufung unbegründet.

III.

Der Weiterbeschäftigungsanspruch des Klägers ist entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts hinreichend bestimmt. Der Kläger hat spätestens im Berufungsverfahren klargestellt, dass er eine Weiterbeschäftigung zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Hilfsarbeiter in A-Stadt erstrebt. Die Beklagte kann den Kläger zurzeit nicht in B-Stadt einsetzen, hierzu müsste sie eine Änderungskündigung ansprechen, weil das Direktionsrecht einen Einsatz in B-Stadt nicht gestattet, ein Einsatz hingegen in A-Stadt aufgrund der im Übrigen zutreffenden Ausführungen des arbeitsgerichtlichen Urteils durch das Direktionsrecht gedeckt ist.

Der Antrag des Klägers, ihn als Hilfsarbeiter zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen, d. h. in A-Stadt, ist angesichts des im Übrigen der Beklagten weiterhin vorbehaltenen Direktionsrechts, ihn mit sämtlichen in A-Stadt anfallenden Hilfsarbeiten zu beschäftigen, hinreichend bestimmt. Über den Umfang der schließlich titulierten Weiterbeschäftigung besteht kein Zweifel.

Auf die Berufung des Klägers war daher das arbeitsgerichtliche Urteil insofern abzuändern und dem Kläger die begehrte Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zuzuerkennen.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 91 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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