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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 14.06.2005
Aktenzeichen: 2 Ta 137/05
Rechtsgebiete: BAT, ZPO


Vorschriften:

BAT § 70
ZPO § 114
ZPO § 127 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 2 Ta 137/05

Entscheidung vom 14.06.2005

Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 31.03.2005 - 3 Ca 3230/04 - wird auf Kosten des Beschwerdeführers zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt vorliegend Prozesskostenhilfe für eine Klage auf Nachzahlung von rückständigen Vergütungsbestandteilen.

Der Kläger ist bei der beklagten Stadt aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 03.06.1992 als Sozialpädagoge beschäftigt. Nach § 2 des Arbeitsvertrages bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem BAT und den diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträgen.

Diese sehen im Falle des Klägers unterschiedliche Bewährungszeiten vor mit der Folge, dass die Beklagte an den Kläger gegen Ende der 90-iger Jahre eine Vergütungsgruppenzulage hätte zahlen müssen. Zur Auszahlung kam es jedoch nicht, weil die Beklagte den Zeitpunkt für die mögliche Gewährung dieser Zulage nicht vorgemerkt hatte und auch der Kläger nie ein entsprechendes Zahlungsverlangen an die Beklagte herangetragen hatte.

Nachdem die Beklagte Mitte des Jahres 2004 das Versäumnis festgestellt hatte, erhielt der Kläger unter Beachtung der Ausschlussfrist von § 70 BAT rückwirkend ab dem 01.03.2004 die entsprechende Vergütungsgruppenzulage nachgezahlt.

Im vorliegenden Verfahren, in dem der Kläger mehrfach seine Anträge gewechselt hat und zuletzt im Schriftsatz vom 02.05.2005 einen Zahlungsantrag in Höhe von 7.242,-- Euro brutto gestellt hat, verlangt er nunmehr Zahlung der Vergütungsgruppenzulage für die Zeit vom 01.12.1997 bis zum 01.03.2004.

Er ist der Auffassung, die Beklagte könne sich nicht auf die 6-monatige Ausschussfrist von § 70 BAT berufen, weil diese es pflichtwidrig unterlassen habe, ihn auf die tariflichen Regelungen hinzuweisen, die die Zahlung einer Vergütungsgruppenzulage zum Inhalt haben. Durch diese Pflichtwidrigkeit sei ihm ein entsprechender Schaden entstanden. Er selbst könne auf die tariflichen Regelungen nicht verwiesen werden, weil diese unübersichtlich und schwer nachvollziehbar seien und diverse Verweisungen enthielten. Es sei ihm nicht zuzumuten, Geld auszugeben und einen Tarifexperten um Mithilfe zu bitten, um sich in dem Tarifgestrüpp zurecht zu finden.

Das Arbeitsgericht hat durch Beschluss vom 31.03.2003 den Prozesskostenhilfeantrag des Klägers als unbegründet zurückgewiesen, weil seine Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete.

Gegen diesen Beschluss hat der Kläger form- und fristgerecht sofortige Beschwerde eingelegt mit der Begründung, das Arbeitsgericht habe unberücksichtigt gelassen, dass die Beklagte im Streitfalle als Teil des öffentlichen Dienstes seine Personalakte nachlässig geführt und ihm dadurch ein Schaden in Höhe der vorenthaltenen Zulage zugefügt habe. Er habe - wie bei anderen Gelegenheiten auch - darauf vertraut, dass sein Arbeitgeber ihm keine Vergütungsbestandteile vorenthalte.

Das Arbeitsgericht hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und hat es dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Parteien zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers ist nach § 127 Abs. 2 ZPO statthaft. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und darüber hinaus auch noch begründet.

In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Zutreffend hat das Arbeitsgericht den Antrag des Beschwerdeführers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen, weil jedenfalls die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen.

Prozesskostenhilfe kann gemäß § 114 ZPO nur bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Eine hinreichende Erfolgsaussicht liegt vor, wenn das Gericht im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung den Rechtsstandpunkt des Antragstellers anhand des vorgetragenen Sachverhalts für zutreffend oder vertretbar hält. Hinreichende Erfolgsaussicht bedeutet nicht Erfolgsgewissheit, so dass die Erfolgsaussichten nicht überspannt werden dürfen, weil das Hauptsacheverfahren nicht in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe verlagert werden darf. Das Prozesskostenhilfeverfahren will den grundrechtlich garantierten Rechtsschutz nicht selbst bieten, sondern ihn erst zugänglich machen (BVerfG NJW 1997 2745; NZA 2001, 1091). Prozesskostenhilfe kann verweigert werden, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (vgl. Arbeitsrechtslexikon/Schwab: Prozesskostenhilfe A I 2).

Diese eingeschränkten Voraussetzungen bietet das Rechtsbegehren des Beschwerdeführers nicht.

Das Beschwerdegericht hat keine Veranlassung mehr, auf die früheren unterschiedlichen Klageanträge des Beschwerdeführers einzugehen. Allerdings konnte der Beschwerdeführer sein Verlangen auch mittels einer allgemeinen Feststellungsklage (§ 256 ZPO) geltend machen, was das Arbeitsgericht bei seinem angefochtenen Beschluss zu Unrecht verneint hat; jedoch waren die früheren Anträge des Klägers zu unbestimmt. Hierauf kommt es im Zeitpunkt der Entscheidung durch das Beschwerdegericht jedoch nicht mehr an, nachdem der Beschwerdeführer nunmehr in seinem Beschwerdeschriftsatz einen bezifferten Klageantrag gestellt hat.

Auch hierfür bestehen allerdings keine hinreichenden Erfolgsaussichten. Das Arbeitsverhältnis des Beschwerdeführers unterliegt kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung den Bestimmungen des BAT. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagte verpflichtet gewesen wäre, nach Ablauf einer Bewährungszeit eine entsprechende Vergütungszulage zu bezahlen, nachdem der Beschwerdeführer die tariflich vorgesehene Bewährungszeit absolviert hatte. Nach der Behauptung der Beklagten sei in der Personalabteilung vergessen worden, die Akte des Beschwerdeführers auf eine entsprechende Wiedervorlage zu legen. Nachdem dieses Versehen in der zweiten Jahreshälfte des Jahres 2004 bemerkt worden war, hat die Beklagte rückwirkend ab dem 01.03.2004 die entsprechende Zulage nachbezahlt. Zwischen den Parteien ist des weiteren unstreitig, dass die Beklagte hierbei die 6-monatige Ausschlussfrist von § 70 BAT beachtet hat.

Nach § 70 BAT verfallen alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von 6 Monaten nach Fälligkeit vom Angestellten oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden. Tarifliche Ausschlussfristen mit diesem Regelungsgehalt haben zum Inhalt, dass nach Ablauf das jeweilige Recht erlöscht. Dabei ist das Erlöschen von Amts wegen zu beachten (BAG AP Nr. 10 zu § 611 BGB Lohnanspruch; BAG AP Nr. 9 zu § 15 AZO; BAG AP Nr. 9 zu § 59 BetrVG). Durch die Verfallfrist wird somit ein bestimmtes Recht ipso iure begrenzt, das Recht geht unmittelbar unter. Unzweifelhaft sind somit für die zurückliegenden monatlichen Auszahlungsperioden jeweils nach Ablauf von 6 Monaten die entsprechenden Ansprüche des Beschwerdeführers auf Zahlung einer Zulage erloschen.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers steht ihm deswegen allerdings auch kein Schadensersatzanspruch in Höhe der erloschenen Vergütungsbestandteile zu. Es kann vorliegend dahin gestellt bleiben, ob und unter welchen Voraussetzungen es eine rechtliche Verpflichtung einer Vertragspartei gibt, die andere Vertragspartei auf mögliche tarifliche Rechte hinzuweisen, damit diese nicht verfallen. Soweit dies nach dem Sachvortrag des Beschwerdeführers in der Vergangenheit unterlassen wurde, hat die Beklagte als öffentliche Arbeitgeberin hierbei keinen entsprechenden Tatbestand geschaffen, der sie verpflichtet hätte, auch zukünftig stets neben ihren eigenen auch die Interessen gerade des Beschwerdeführers im Auge zu behalten. Wie schon das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, ist jede Vertragspartei gehalten, in ihrem eigenen Interesse die für sie günstigen tariflichen und vertraglichen Ansprüche zu achten und diese gegebenenfalls vor einem möglichen Verlust zu verhindern. Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, damit sei er rechtlich überfordert gewesen, mag dies für sich betrachtet möglicherweise in seinem Falle zutreffen. Dies führt aber nicht dazu, dass damit die gesetzliche Rechtsfolge (Erlöschen des Anspruchs) nicht eingetreten wäre. Im Übrigen hat sich der Beschwerdeführer hier in keiner anderen Situation befunden wie jede andere Arbeitsvertragspartei des öffentlichen Dienstes auch. Dem Beschwerdeführer mag zuzugestehen sein, dass das öffentliche Tarifrecht für einen Außenstehenden, der mit dieser Materie nicht betraut ist, mitunter nur schwer durchschaubar ist. Allerdings ist der Beschwerdeführer bereits seit dem Jahre 1990 im öffentlichen Dienst beschäftigt, er ist ein ausgebildeter Sozialpädagoge mit entsprechender Fachhochschulausbildung und scheint sich wohl in der Vergangenheit um seine eigenen Vergütungsbelange nicht auch nur ansatzweise gekümmert zu haben. Dabei ist gerade für den Personenkreis der Sozialpädagogen das vorhandene Tarifwerk im Bereich der Bewährungszeiten noch einigermaßen überblickbar, da hier die Tarifvertragsparteien mit präzisen und nachvollziehbaren Zeiträumen arbeiten.

Im Übrigen wäre der mit der Statuierung von tariflichen Ausschlussfristen verfolgte Zweck im Bereich des öffentlichen Dienstes vereitelt, wenn sich der tarifunterworfene Angestellte jeweils mit Erfolg auf eigene Unkenntnis berufen könnte, ohne dass er durch irgendwelche Handlungen des öffentlichen Arbeitgebers an der Verfolgung seiner Rechte gehindert, fehlinformiert oder irritiert worden wäre. Würde dieser rechtliche Aspekt des Beschwerdeführers greifen, dann bestünde die Ausschlussfristenregelung von § 70 BAT weitgehend nur noch einseitig zu Lasten des öffentlichen Arbeitgebers.

Nach alledem war das unbegründete Rechtsmittel mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht kann in Fällen, in denen es um die Beurteilung der hinreichenden Erfolgsaussichten geht, nicht zugelassen werden.

Ende der Entscheidung

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