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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 09.02.2005
Aktenzeichen: 2 Ta 260/04
Rechtsgebiete: ArbGG, GVG, ZPO, BGB


Vorschriften:

ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3 a
ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3 d
ArbGG § 48 Abs. 1
ArbGG § 69 Abs. 2
ArbGG § 78 Satz 1
GVG § 17 a Abs. 4
ZPO § 569 Abs. 1
ZPO § 569 Abs. 2
BGB § 280 Abs. 1
BGB § 823 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 2 Ta 260/04

Verkündet am: 09.02.2005

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 12.10.2004, Az: 2 Ca 2027/04, wird auf Kosten des Beschwerdeführers zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten in der Hauptsache über Aufwendungs- und Schadensersatzansprüche der Klägerin. Der Beklagte rügte die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen.

Die Klägerin hat zur Rechtswegzuständigkeit vorgetragen, zwischen ihr und dem Beklagten habe seit 1988 ein Arbeitsverhältnis bestanden. In diesem Rahmen habe sie den Beklagten in den Jahren 2001 und 2003 nach Mexiko entsandt. Er habe dort in Zusammenarbeit mit ihrer (der Klägerin) mexikanischen Tochterfirma, der E. -C-Stadt S.A. de C.V. (im Folgenden: E.), den Aufbau einer Tricalciumphosphatanlage besorgen sollen. Im Zuge der Errichtung dieser Anlage habe sie (die Klägerin) Unregelmäßigkeiten festgestellt, die schließlich zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Beklagten am 12.12.2003 geführt haben. Zur weiteren Aufklärung von Liefer-, Leistungs- und Austauschverhältnissen, die der Beklagte im mexikanischen Geschäftskreis für die Klägerin vorgenommen hatte, habe sie (die Klägerin), vermittelt über ihre in Mexiko ansässige Tochterfirma E., eine in Straf- und Ermittlungsverfahren namhafte juristische Kanzlei in Monterrey beauftragt. Diese habe die Ermittlungen angestellt und hierfür der - insofern von der Klägerin beauftragten - Tochterfirma E. als Entgelt 470.660,50 mexikanische Peso in Rechnung gestellt. Diese Summe habe die E. im Rahmen ihrer Vorsteuerabzugsberechtigung ohne Umsatzsteuer in Höhe von 409.270,00 mexikanischen Peso an die ermittelnde Kanzlei gezahlt. Die hieraus folgende Summe in Euro (28.786,85) habe sie - die Klägerin - sodann an die E. erstattet. Mit ihrer Klage macht die Klägerin den ausgelegten Betrag von 28.786,85 Euro vom Beklagten als Schadensersatz geltend.

Der Beklagte hat dem entgegengehalten:

Die Vertragsverhältnisse mit der ermittelnden mexikanischen juristischen Kanzlei seien offensichtlich von der Firma E. eingegangen worden. Diese Vertragsverhältnisse stünden in keiner Beziehung zu dem Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien, sondern rührten bestenfalls aus einem Vertragsverhältnis zwischen dem Beklagten und der E. her. Umstände der Abtretung etwaiger Ansprüche von der E. an die Klägerin seien nicht näher zu erkennen. Es werde zudem mit Nichtwissen bestritten, dass es sich bei der angegebenen Kanzlei um eine Detektivfirma handele, dass diese einen erheblichen Sachverhalt ermittelt habe und dass diese überhaupt in erkennbarem Bezug zu dem Arbeitsverhältnis der Parteien gestanden habe. Rein vorsorglich werde des weiteren mit Nichtwissen bestritten, dass die Klägerin die Firma E. mit der Eingehung von Vertragsverhältnissen mit der ermittelnden juristischen Kanzlei beauftragt habe. Sofern die Klägerin mithin freiwillige Aufwendungen ihrer mexikanischen Tochterfirma gegen den Beklagten aus angeblich übergegangenem Recht geltend mache, sei die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts nicht ersichtlich.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 12.10.2004 den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten für eröffnet erklärt (Bl. 53 ff d.A.) und der - nach Zustellung des Beschlusses am 08.11.2004 - am 22.11.2004 bei dem Landesarbeitsgericht eingelegten Beschwerde nicht abgeholfen (Bl. 73 f d.A.).

Der Beschwerdeführer beruft sich zur Begründung seines Rechtsmittels darauf, dass nach bisherigem Sach- und Streitstand von der Klägerin eine fremde Forderung geltend gemacht werde, die nicht im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis der Parteien stehe.

II.

Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.

1.

Die nach §§ 78 Satz 1, 48 Abs. 1 ArbGG, 17 a Abs. 4 GVG statthafte sofortige Beschwerde wurde gemäß §§ 78 Satz 1 ArbGG, 569 Abs. 1 und 2 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und erweist sich auch sonst als zulässig.

2.

Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen zu Recht für eröffnet erklärt. Das Beschwerdegericht folgt den Entscheidungsgründen im angefochtenen Beschluss, stellt dies ausdrücklich fest und sieht in entsprechender Anwendung von § 69 Abs. 2 ArbGG insoweit von der erneuten Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Ergänzend hierzu sei auf folgende Gesichtspunkte hingewiesen:

a) Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG sind die Gerichte für Arbeitssachen im Urteilsverfahren zuständig für Rechtsstreitigkeiten aus dem Arbeitsverhältnis. Hiervon erfasst sind auch Schadensersatzansprüche des Arbeitgebers wegen Verletzung arbeitsvertraglicher Haupt- oder Nebenpflichten (ErfK/Koch[5. Auflage 2005], § 2 ArbGG, Rz. 17). Ferner sind die Arbeitsgerichte nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 d ArbGG zuständig für Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung.

b) Das Arbeitsgericht hat in Fällen, in denen der Kläger Ansprüche geltend macht, die ausschließlich aufgrund eines bestehenden Arbeitsverhältnisses bestehen können, dessen Rechtsansicht, es sei eine arbeitsgerichtliche Rechtsgrundlage des Anspruchs gegeben, gelten zu lassen (BAG, 24.04.1996, NZA 1996, 1005; 09.10.1996, NZA 1997 175; 18.12.1996, NZA 1997, 509; 11.06.2003, NZA 2003 1163; LAG Rheinland-Pfalz, 26.06.2002, NZA-RR 2003, 263; a.A. LAG Saarland, 18.12.1997, NZA-RR 1998, 316). Umstritten ist hingegen, ob in den Fällen, in denen ein Anspruch nur alternativ bzw. kumulativ auf arbeitsrechtlichen oder zivilrechtlichen Grundlagen beruhen kann, allein ein schlüssiger Vortrag des Klägers zur Eröffnung des Rechtswegs zu den Arbeitsgerichten ausreicht (offengelassen in: BAG, 10.12.1996, NZA 1997, 674; tendenziell bejahend: MünchHBArbR/Brehm [2. Auflage 2000], § 389 Rz. 14; ErfK/Koch, § 2 ArbGG Rz. 49).

c) Nach diesen Grundsätzen ist die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Arbeitsgerichten im Streitfalle gegeben. Der Kläger hat einen Anspruch dargetan, der ausschließlich auf arbeitsrechtlicher Grundlage eröffnet ist.

aa) Es entspricht ständiger obergerichtlicher und höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass Detektivkosten (und vergleichbare Aufwendungen) des Arbeitgebers zur Aufklärung eines erheblichen Vertragsverstoßes des Arbeitnehmers bei dessen schuldhafter Vertragsverletzung nach § 280 Abs. 1 BGB bzw., bei gleichzeitiger Verwirklichung eines Straftatbestandes, nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Normen des StGB zu ersetzen sind (BAG, 03.12.1985, BB 1987, 689; 17.09.1998, NZA 1998, 1334; LAG Düsseldorf, 04.04.1995, NZA 1995, 808; LAG Nürnberg, 12.09.1994, NZA 1995, 808; LAG Hamburg, 07.11.1985, NZA-RR 1996, 226; LAG Hessen, 23.10.1998, NZA-RR 1999, 322; LAG Rheinland-Pfalz, 15.06.1996, NZA 2000, 260; LAG Hamm, 05.04.2000, MDR 2000, 1255). Diese Ansprüche erfüllen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 3 a + 3 d ArbGG.

cc) Die Kammer kann offenlassen, ob bei der Geltendmachung von Ansprüchen nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 a und 3 d ArbGG allein die Rechtsbehauptung einer arbeitsrechtlichen Grundlage zur Begründung der Rechtswegzuständigkeit ausreicht. Die Klägerin hat nämlich schlüssig und insofern auch unbestritten vorgetragen, dass sie selbst die ermittelnde Kanzlei in Mexiko beauftragt habe und dies allein unter der Vermittlung der Tochterfirma E. sowie unter deren Einschaltung als Zahlstelle für den Rechnungsbetrag geschehen sei. Der hiergegen von dem Beklagten erhobene Einwand, er bestreite eine Beauftragung der E. durch die Klägerin mit Nichtwissen, geht hiergegen ins Leere, denn er richtet sich nicht gegen die Behauptung der Klägerin, sie selbst habe lediglich vermittelt durch ihre Tochterfirma die juristische Kanzlei in Mexiko beauftragt. Die Klägerin hat zudem auch unbestritten dargelegt, dass sie die volle Auftragssumme für die Ermittlungstätigkeit selbst getragen habe. All das reicht zur schlüssigen Darlegung eines arbeitsrechtlichen Anspruches der Klägerin aus, so dass die Rechtswegzuständigkeit gegeben ist. Im Übrigen bestimmt im Zivilprozess der Kläger den Streitgegenstand. Der Beklagte kann diesen zwar in Abrede stellen, aber nicht seinerseits zur alleinigen Abwehr des klägerischen Angriffs einen anderen Streitgegenstand als allein maßgeblichen Lebenssachverhalt in das Prozessverfahren einführen. Genau dieses Vorgehen verfolgt der Beschwerdeführer im Streitfalle. Zutreffend hat das Arbeitsgericht im angefochtenen Beschluss schon darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer letztlich die Begründetheit des Anspruchs der Klägerin in der Sache bestreitet. Diese Rechtsfrage betrifft aber nicht den eingeschlagenen Rechtsweg, sondern die Begründetheit des geltend gemachten Anspruchs. Diese muss das Arbeitsgericht ggf. im Wege einer Beweisaufnahme erst klären.

dd) Sofern der Beklagte meint, die Klägerin mache in Wirklichkeit einen originären Anspruch der E. aus übergegangener Forderung geltend, so ist dieser Einwand zudem insoweit unsubstantiiert, als nicht dargelegt ist, aus welchem exakten Rechtsverhältnis mit welchem Pflichtenkreis zwischen der E. und dem Beklagten ein etwaiger Anspruch der E. gegeben sein sollte, der ihrerseits dann auf die Klägerin im Wege der Abtretung übergegangen sein könnte.

ee) Die Beschwerde war sonach zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, da Gründe nach §§ 78 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG nicht gegeben sind.

Ende der Entscheidung

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