Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 25.11.2008
Aktenzeichen: 3 Sa 422/08
Rechtsgebiete: ArbGG, TV ATZ, BGB


Vorschriften:

ArbGG § 69 Abs. 2
TV ATZ § 2 Abs. 1
TV ATZ § 2 Abs. 1a
TV ATZ § 3 Abs. 2a
BGB § 315
BGB § 613a Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - vom 16.04.2008 - Az.: 6 Ca 1991/07 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen. 2. Die Revision wird nicht zugelassen. 3. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 9.000,00 EUR festgesetzt. Tatbestand:

Die am 30.06.1952 geborene Klägerin ist bis zum 31.12.2001 bei der Stadt A. beschäftigt gewesen. Mit Wirkung ab dem 01.01.2002 ging das Arbeitsverhältnis der Klägerin auf die Stadtwerke A. GmbH über (vgl. dazu den Tarifvertrag zur Überleitung des Personals des Regiebetriebes der Stadt A. auf die Stadtwerke A. GmbH vom 19.10.2001, Bl. 43 ff. d.A.). Seit dem 01.01.2003 besteht das Arbeitsverhältnis der Klägerin zu der Beklagten (vgl. dazu den Tarifvertrag zur Überleitung von Personal der Stadtwerke A. GmbH auf die Servicebetriebe A. (SB) - Anstalt des öffentlichen Rechts - vom 10.07.2003, Bl. 9 ff. d.A.). Bei der Beklagten handelt es sich um eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts, die nach näherer Maßgabe ihrer Satzung durch den technischen Vorstand und den kaufmännischen Vorstand vertreten wird. In der Vergangenheit wandte sich die Klägerin wiederholt an die Beklagte mit dem Ziel, Altersteilzeit zu vereinbaren, - so u.a. auch mit dem Schreiben vom 30.03.2007 (Bl. 25 d.A.). Dort führt die Klägerin u.a. aus: "... Ich beantrage diesmal ergänzend, mich wie einen Bediensteten der Stadtverwaltung A. zu behandeln und mich von daher diesem gleichzustellen ... . Die beantragte Gleichbehandlung ist geboten, da anlässlich der Überleitung von Stadt auf die Stadtwerke im Jahre 2001/2002 und daran anschließend auf die A. im Jahre 2003, seitens der Politik mehrfach dargestellt und zugesichert wurde, dass für das überzuleitende Personal keine Nachteile entstehen sollen und werden. Diese Vorgaben sind auch in den entsprechenden Überleitungsverträgen dargestellt und insofern vertraglich vereinbart. Tatsächlich ist für mich jedoch ein Nachteil eingetreten, da im Gegensatz zur Stadt, die die Genehmigungen nach wie vor erteilt, die SB (A.) davon umfassend Abstand nimmt. Das eigentlich freie Entscheidungsrecht des Vorstandes der A. halte ich aufgrund der getroffenen Zusagen und den Darlegungen in den Überleitungsverträgen für eingeschränkt; es ist vielmehr meines Erachtens ein Rechtsanspruch für mich auf Genehmigung herzuleiten...". Mit der, der Beklagten am 08.11.2007 zugestellten Klageschrift vom 29.10.2007 verfolgt die Klägerin ihr Begehren auf Abschluss einer Altersteilzeitvereinbarung gerichtlich weiter. Zur näheren Darstellung (insbesondere) des (erstinstanzlichen) Sach- und Streitstandes im übrigen wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts vom 16.04.2008 - 6 Ca 1991/07 - (dort S. 3 ff. = Bl. 60 ff. d.A.). Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Gegen das ihr am 02.07.2008 zugestellte Urteil vom 16.04.2008 - 6 Ca 1991/07 - hat die Klägerin am 31.07.2008 Berufung eingelegt und diese am 23.09.2008 - innerhalb verlängerter Berufungsbegründungsfrist - begründet. Zwecks Darstellung aller Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz vom 23.09.2008 (Bl. 88 ff. d.A.) Bezug genommen. Die Klägerin macht dort insbesondere geltend, dass der Beschluss des Arbeitgebers, keine Altersteilzeit-Verträge mehr abzuschließen, und die allgemeine betriebswirtschaftliche Situation für die Ausübung des Ermessens nur (dann) ausreichend sein könnten, wenn es die von der Klägerin vorgetragenen besonderen Kriterien nicht gäbe. Die Klägerin macht geltend, dass in die Ausübung des Ermessens die Zusage der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin einzubeziehen sei, dass den Beschäftigten mit dem Betriebsübergang kein Nachteil entstehen solle. Unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen (S. 2 und 6 der Klageschrift vom 29.10.2007 und Schriftsatz vom 21.12.2007) wirft die Klägerin dem Arbeitsgericht vor, den Sachvortrag der Klägerin nicht hinreichend ausgewertet zu haben. Ergänzend trägt sie vor, dass im Zusammenhang mit der Überleitung zum 01.01.2003 die Geschäftsleitung mit jedem einzelnen Beschäftigten ein Gespräch geführt habe, um ihn zu veranlassen, dem Übergang auf die Beklagte nicht zu widersprechen. Dabei sei den Beschäftigten erklärt worden, durch den Betriebsübergang solle ihnen keinerlei Nachteil entstehen. Dies sei beispielhaft an den Einzelheiten konkretisiert worden, wie sie die Klägerin auf der Seite 5 (im oberen Teil) der Berufungsbegründung nennt. Die Klägerin benennt die Zeugen A., J., B., St. und H.. St. könne sich noch sehr genau daran erinnern - so trägt die Klägerin vor -, dass ihm in einem Einzelgespräch, das im übrigen mit jedem geführt worden sei, mehrfach erklärt worden sei, dass der Belegschaft kein Nachteil entstehen solle. Hinsichtlich des H. (derzeit Vorstand der Beklagten) weist die Klägerin darauf hin, dass H. zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs Direktionsassistent gewesen und daher auch an den entscheidenden Sitzungen über die Personalüberleitung beteiligt gewesen sei. Schließlich kann nach Ansicht der Klägerin bei der Beurteilung des von der Beklagten auszuübenden Ermessens nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Stadtwerke A. und die Beklagte von einer einheitlichen Leitung gesteuert würden. Die Klägerin geht davon aus, dass die Stadtwerke und die Beklagte einen Gemeinschaftsbetrieb bildeten . Bei den Stadtwerken würden bis in die jüngste Zeit Altersteilzeit-Verträge abgeschlossen. Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz, Auswärtige Kammern Neuwied, vom 16.04.2008 - Az.: 6 Ca 1991/07 - die Beklagte zu verurteilen, mit der Klägerin eine Altersteilzeit-Vereinbarung abzuschließen, in der Altersteilzeit in Form des Blockmodells nach § 3 Abs. 2a TV zur Regelung der Altersteilzeit im öffentlichen Dienst (TV ATZ) vom 05.05.1998 für die Zeit vom 01.11.2007 bis zum 31.10.2017 vereinbart wird. Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen. Die Beklagte verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts nach näherer Maßgabe ihrer Ausführungen in der Berufungsbeantwortung vom 27.10.2008 (Bl. 107 ff. d.A.), worauf zwecks Darstellung aller Einzelheiten verwiesen wird. Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt verwiesen, - insbesondere auch auf das von der Klägerin vorgelegte Organigramm der SBN und KWW (Bl. 94 d.A.). Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die hiernach zulässige Berufung erweist sich als unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu recht abgewiesen. Die Klage ist (derzeit) unbegründet. 1. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, mit der Klägerin eine Vereinbarung über Altersteilzeit - wie im Berufungsantrag begehrt - abzuschließen. a) Ein entsprechender Anspruch lässt sich nicht aus § 2 Abs. 1 TV ATZ ableiten. Der Arbeitgeber kann dem Wunsch des Arbeitnehmers, Altersteilzeit zu vereinbaren, mit sachlichen Gründen begegnen, - generelle Vorentscheidungen und finanzielle Erwägungen sind dabei nicht ausgeschlossen. Die diesbezüglichen Erwägungen, die die Beklagte bereits erstinstanzlich - insbesondere auf den S. 1 f. des Schriftsatzes vom 01.02.2008 (Bl. 47 f. d.A.) - vorgebracht hat, stellen sachliche Gründe in diesem Sinne dar. Sie rechtfertigen die Zurückweisung des Altersteilzeit-Antrages der Klägerin. b) Dies ergibt die gerichtliche Kontrolle der Entscheidung der Beklagten (§ 315 Abs. 3 S. 2 BGB), die nicht erkennen lässt, dass die Beklagte für die gebotene Einzelfallprüfung überhaupt nicht mehr offen gewesen wäre. Zu recht hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass die Ermessensausübung der Beklagten im Rahmen des § 315 BGB rechtlich nicht zu beanstanden ist. Die Berufungskammer macht sich die arbeitsgerichtlichen Entscheidungsgründe zu eigen und stellt dies bezugnehmend gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Das Berufungsvorbringen der Klägerin rechtfertigt es nicht, die Sach- und Rechtslage abweichend von der Beurteilung des Arbeitsgerichts zu bewerten. 2. Dazu im einzelnen:

a) Soweit vorliegend die Voraussetzungen einer Einzelrechtsnachfolge gemäß § 613a Abs. 1 BGB oder einer Gesamtrechtsnachfolge vorliegen sollten, hätte dies zwar die Rechtsfolge, dass die Beklagte als Rechtsnachfolgerin in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt der Rechtsnachfolge bestehenden Arbeitsverhältnissen eingetreten ist. Die am 30.06.1952 geborene Klägerin hatte jedoch weder zum Zeitpunkt der ersten Personalüberleitung (per 31.12.2001/01.01.2002) noch zum Zeitpunkt der zweiten Personalüberleitung (per 31.12.2002/01.01.2003) einen Anspruch auf Abschluss einer Altersteilzeit-Vereinbarung. Weil sie damals die altersmäßige Voraussetzung (vgl. § 2 Abs. 1a) TV ATZ: "... mit Arbeitnehmern die das 55. Lebensjahr vollendet haben ...") nicht erfüllte, war die Klägerin zu den eben genannten Zeitpunkten jeweils nicht anspruchsberechtigt. Ihr stand damals auch noch keine rechtserhebliche Anwartschaft zu. Es ist nicht ersichtlich, dass die Stadt A. und/oder die Stadtwerke A. GmbH eine Bewilligungspraxis gehandhabt hätten, dass daraus - etwa wegen rechtserheblicher betrieblicher Übung - ein Rechtsanspruch oder eine rechtlich erhebliche Anwartschaft der Klägerin entstanden wäre. b) Soweit die Klägerin das grundsätzliche Ermessen der Beklagten als dadurch eingeschränkt ansieht, dass der betroffenen Belegschaft im Zusammenhang mit den jeweiligen Personalüberleitungen Zusicherungen bzw. Zusagen gegeben worden seien, führt dieses Argument nicht zum Erfolg der Berufung. Der Klägerin ist es auch im Berufungsverfahren nicht gelungen, ihr diesbezügliches Vorbringen hinreichend zu substantiieren. In einem Fall der vorliegenden Art ist dem jeweiligen Kläger eine ins einzelne gehende Darlegung dazu abzuverlangen, welche konkrete Erklärung welche vertretungsberechtigte Person wann bei welcher Gelegenheit und in welchem konkreten Zusammenhang abgegeben hat. Soweit es insbesondere um die Frage der Vertretungsberechtigung/Vollmacht geht, ist nicht ersichtlich, dass der seinerzeitige Direktionsassistent H. berechtigt war, mit Wirkung für und gegen die Stadtwerke A. GmbH und die Beklagte (weitergehendere) Erklärungen abzugeben, die über die ohnehin durch Tarifvertrag und Gesetz gegebene rechtliche Absicherung der Klägerin hinausreichten. Unabhängig davon stellt die Klägerin aber auch in inhaltlicher Hinsicht keine konkrete Aussage des seinerzeitigen Direktionsassistenten H., - geschweige denn einer vertretungsberechtigten Person der Beklagten bzw. einer der "Rechtsvorgängerinnen" der Beklagten dar, die im Rahmen des § 2 Abs. 1 TV ATZ ermessenseinschränkend berücksichtigt werden könnte. Dass seinerzeit keine - über die ohnehin durch Gesetz und Tarifvertrag geregelte Rechtslage hinausgehenden - Erklärungen von Arbeitgeberseite abgegeben worden sind, ergibt sich (zumindest mittelbar) aus den eigenen Angaben der Klägerin im Schreiben vom 30.03.2007 (Bl. 25 d.A.). Die Klägerin hebt dort ausdrücklich hervor, dass die von ihr behauptete Zusage ("keine Nachteile für das überzuleitende Personal") auch in den entsprechenden "Überleitungsverträgen" (- damit erkennbar gemeint: die Tarifverträge zur Überleitung von Personal) "vertraglich vereinbart" sei. Aus den Tarifverträgen vom 19.10.2001 und vom 10.07.2003 (jeweils zur Überleitung von Personal) ergibt sich aber keineswegs die Verpflichtung, dass die Beklagte bei Anträgen auf Altersteilzeit ihre Ermessensausübung und Bewilligungspraxis immer - und ohne eigenes Ermessen ausüben zu dürfen - an der Ermessensausübung und Bewilligungspraxis der Stadtwerke A. GmbH bzw. der Stadt A. auszurichten hätte. Die von der Klägerin allgemein behauptete Zusage läuft darauf hinaus, dass die Beklagte von vornherein auf die Ausübung eines eigenen Ermessens (- das ihr der Tarifvertrag aber einräumt: "kann" [§ 2 Abs. 1 TV ATZ] -) verzichten müsste. Für die Annahme eines derartigen Verzichts bedarf es besonderer Anknüpfungspunkte, die hier fehlen. c) Eine Ermessenseinschränkung dahingehend, dass die Beklagte mit der Klägerin die von dieser gewünschte Altersteilzeit vereinbaren müsste, ergibt sich vorliegend auch nicht unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Gleichbehandlung. Zwar hat die Klägerin durchaus gewichtige Umstände für die Annahme aufgezeigt, dass die Stadtwerke A. GmbH und die Beklagte einen sogenannten "Gemeinschaftsbetrieb" führen könnten. Allerdings kann letztlich dahingestellt bleiben, ob hier tatsächlich ein arbeitgeberübergreifender Einsatz der Arbeitnehmer der Beklagten zum einen und der Stadtwerke A. GmbH zum anderen zur Erfüllung eines oder mehrerer gemeinsamer arbeitstechnischer Betriebszwecke vorliegt und ob die sonstigen Voraussetzungen eines "Gemeinschaftsbetriebes" erfüllt sind. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, stützt der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz das Klagebegehren weder als eigenständige Anspruchsgrundlage, noch ermessenseinschränkend im Rahmen des § 2 Abs. 1 TV ATZ. Insoweit ist es anerkanntes Recht, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz - obgleich an sich betriebsbezogen - nur im Verhältnis zum selben Arbeitgeber gilt. Der Gleichbehandlungsgrundsatz verpflichtet einen Arbeitnehmer im Gemeinschaftsbetrieb keineswegs, die Arbeitsbedingungen mit seinen eigenen Arbeitnehmern an denen eines anderen am Gemeinschaftsbetrieb beteiligten Arbeitgebers zu dessen Beschäftigten auszurichten. d) Da das anspruchsbegründende Vorbringen der Klägerin weder schlüssig, noch genügend substantiiert ist, war die von ihr beantragte Beweisaufnahme nicht durchzuführen. II. Die Kosten ihrer erfolglosen Berufung muss gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Klägerin tragen. Der Streitwert wurde gemäß § 63 Abs. 2 GKG festgesetzt. Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst. Die Nichtzulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht kann nach näherer Maßgabe des § 72a ArbGG und unter den dort genannten Voraussetzungen selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundesarbeitsgericht, Hugo-Preuß-Platz 1, 99084 Erfurt oder Bundesarbeitsgericht, Postfach, 99113 Erfurt, Telefaxnummer: 0361/26 36 - 2000 einzulegen. Darauf wird die Klägerin hingewiesen.

Ende der Entscheidung

Zurück