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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 27.10.2006
Aktenzeichen: 3 Sa 435/06
Rechtsgebiete: ArbGG, BGB, BetrVG, HGB


Vorschriften:

ArbGG § 69 Abs. 2
BGB § 626 Abs. 2
BetrVG § 102 Abs. 1 Satz 3
HGB § 60 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 3 Sa 435/06

Entscheidung vom 27.10.2006

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 04.05.2006 - Az.: 9 Ca 3167/05 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis der am 22.1.1974 geborenen, geschiedenen, Kindern nicht zum Unterhalt verpflichteten Klägerin durch die außerordentliche Kündigungen der Beklagten mit Datum vom 28.11.2005, der Klägerin zugegangen am 29.12.2005, und der ordentlichen Kündigung vom 31.12.2005 zum 30. Juni 2006 aufgelöst worden ist. Ferner begehrt die Klägerin die Entfernung der Abmahnungen vom 13. und 14.12.2005 aus den Personalakten und die Verurteilung der Beklagten zur Beschäftigung der Klägerin mit der Kompetenz eigenständiger Kreditvergabe bei zwei Augenkrediten bis zu einer Höhe von 500.000 EUR.

Zur näheren Darstellung (insbesondere) des (erstinstanzlichen) Sach- und Streitstandes wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts vom 4. Mai 2006 - 9 Ca 3167/05- (dort S. 3 ff. = Bl. 315 ff. d. A.). Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen.

Gegen das am 31. Mai 2006 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat die Klägerin am 6. Juni 2006 Berufung eingelegt und diese am 27. Juni 2006 mit Schriftsatz gleichen Datums begründet.

Mit ihrer Berufungsbegründung macht die Klägerin im Wesentlichen und zusammengefasst geltend:

Eine Konkurrenztätigkeit habe nicht vorgelegen, da über die Bank nur Vorfinanzierungen durchgeführt worden seien, die die Beklagte nicht durchgeführt hätte. Nach eigener Darstellung der Beklagten sei die Einschaltung der Bank auch nicht grundsätzlich ausgeschlossen gewesen. Durch deren Einbeziehung seien Kreditengagements der Beklagten überhaupt erst ermöglicht worden, so dass es an der Zufügung eines Nachteils zu Lasten der Beklagten fehle, sondern im Gegenteil die Klägerin zum Vorteil der Beklagten gehandelt habe. Die Beklagte habe die Kündigung auch nicht auf einen Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot gestützt. Die Ausführungen der Beklagten dem Betriebsrat gegenüber seien insoweit irreführend, als dort unzutreffend der Eindruck erweckt werde, dass sie in den 4 Fällen, in denen die Klägerin Provisionszahlungen der Bank erhalten hat, an Stelle der Bank selbst die Vorfinanzierung vorgenommen hätte. Bei Unterzeichnung der Vereinbarung mit der Bank (Bl. 214 d.A.) habe sie kein Unrechtsbewusstsein gehabt, wohl auch deshalb, weil sie nicht daran gedacht habe, dass aus dieser Vereinbarung Provisionen fließen würden. Dies würde auch dadurch belegt, dass die Provisionen auf das ihr für die Beklagte jederzeit einsehbares Konto bei der Beklagten geflossen seien. Auch sei die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht gewahrt. Die Beklagte habe bereits seit längerer Zeit erkannt, dass Geld von der Bank auf dem Konto der Klägerin eingegangen sei und habe deshalb schon zu diesem Zeitpunkt davon ausgehen müssen, dass es sich um Provisionszahlungen handelte. Die Kündigungen seien daher unwirksam, was zugleich bedinge, dass die Beklagte der Klägerin die Gewährung von Kreditengagements in zwei Augenkompetenz bis zu einer Höhe von 500.000 EUR erlauben müsse. Die streitgegenständlichen Abmahnungen seien zu entfernen, da es an einem vertragswidrigen Verhalten fehle. Außerdem habe sie auch nach den abgemahnten Vorfällen weiter in der nunmehr gerügten Weise Kreditengagements vergeben, so dass sie davon habe ausgehen können, richtig gehandelt zu haben. Im Übrigen verweist die Klägerin auf ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Zwecks Darstellung aller weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz vom 27. Juni 2006 (Bl. 348 ff. d. A.) verwiesen.

Die Klägerin beantragt unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz,

1. die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnung vom 14.12.2005 wegen des Vorfalls vom September 2003 aus der Personalakte der Klägerin zu entfernen.

2. Die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnung vom 13.12.2005 wegen des Vorfalls vom 21.04.2004, bzw. 01.11.2004 aus der Personalakte der Klägerin zu entfernen.

3. Die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin gem. den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen zu beschäftigen als Filialleiterin mit der Kompetenz, eigenständige Kreditvergaben zu erteilen bei zwei Augenkrediten bis zu einer Höhe von 500.000,-- € pro Kredit.

4. Festzustellen, dass durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 28.11.2005 das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht fristlos beendet worden ist.

5. Festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch die Kündigung vom 31.12.2005 zum 30.06.2006 beendet werden wird.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt nach näherer Maßgabe ihrer Ausführungen in der Berufungsbeantwortung vom 31. August 2006 (Bl. 388 ff. d. A.), worauf verwiesen wird, das Urteil des Arbeitsgerichts.

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die hiernach zulässige Berufung ist aber unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die Berufungskammer folgt der ausführlichen und zutreffenden Begründung des Urteils des Arbeitsgerichts und stellt dies hiermit bezugnehmend gem. § 69 Abs. 2 ArbGG fest.

Die Ausführungen der Klägerin im Rahmen des Berufungsverfahrens rechtfertigen keine andere rechtliche Beurteilung, veranlassen die Berufungskammer aber zu folgenden ergänzenden Ausführungen:

1. Zutreffend ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass die außerordentliche Kündigung der Beklagten mit Datum vom 28. November 2005 nicht bereits nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG wegen unzureichender bzw. irreführender Information des Betriebsrats rechtsunwirksam ist. Die Klägerin stützt ihre abweichende Auffassung (erneut) auf den Passus "Angaben zum Verfahren" in der schriftlichen Anhörung des Betriebsrats gemäß Schreiben der Beklagten vom 23.12.2005 (Bl. 23 ff. d. A.). Die Ansicht der Klägerin, die Beklagte habe gegenüber dem Betriebsrat mit den dort gewählten Formulierungen den Eindruck erweckt, dass sie in den 4 Finanzierungsfällen, in denen die Klägerin eine Provision der Bank erhalten hat, ansonsten die Vorfinanzierung selbst vorgenommen hätte, teilt die Berufungskammer nicht. Die Beklagte schildert in dem fraglichen Passus lediglich, unter welchen Bedingungen sie selbst üblicherweise eine Vorfinanzierung der Eigenheimzulage vornimmt. Auch die Passus-Überschrift "Angaben zum Verfahren" verdeutlicht, dass es sich nicht um die Schilderung des im konkreten Fall kündigungsrelevanten Sachverhalts handelt, sondern um eine einleitende Schilderung der üblichen Vorfinanzierungspraxis der Beklagten. Darüber hinaus hat die Beklagte in der Betriebsratsanhörung zudem auf Seite 2 des genannten Schreibens auch ausgeführt, dass die Klägerin "hierin keine Vorteilsnahme (sieht), da die C. entsprechende Finanzierungen üblicherweise nicht ohne Sicherheitenstellung durchführt." Auch dies unterstreicht erneut, dass es sich lediglich um die Darstellung des üblichen Verfahrens bei Zwischenfinanzierungen handelt. Eine Irreführung des Betriebsrats ist hiermit nicht verbunden. Auch im Übrigen ist die Anhörung des Betriebsrats rechtlich nicht zu beanstanden.

2. Soweit die Klägerin das Urteil des Arbeitsgerichts mit der Begründung angreift, die außerordentliche Kündigung der Beklagten habe schon deshalb nicht unter dem rechtlichen Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot gewürdigt werden können, weil die Beklagte selbst die Kündigung hierauf nicht gestützt habe, verkennt die Klägerin in tatsächlicher Hinsicht, dass die Beklagte bereits in der Betriebsratsanhörung (unter anderem) darauf verwiesen hat, dass die Klägerin gegen das gesetzliche Wettbewerbsverbot verstoßen habe. Zum anderen ist in rechtlicher Hinsicht darauf hinzuweisen, dass Kündigungsgrund nicht die rechtliche Einordnung eines tatsächlichen Verhaltens, sondern eben dieses Verhalten selbst ist. Die Beklagte hat bereits im Rahmen der Betriebsratsanhörung, aber auch während des gesamten gerichtlichen Verfahrens den aus ihrer Sicht maßgeblichen tatsächlichen Kündigungssachverhalt unterbreitet und die Kündigungen auf die vertraglich fixierte Kooperation der Klägerin mit der Bank und den Erhalt von Provisionen gestützt. Dies ist der kündigungsrelevante Sachverhalt. Ob es sich in rechtlicher Hinsicht hierbei um einen Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot handelt, ist eine Frage rechtlicher Würdigung.

3. Zutreffend ist das Arbeitsgericht in Vollzug dieser rechtlichen Würdigung davon ausgegangen, dass ein Verstoß gegen das während des bestehenden Arbeitsverhältnisses gegebene Wettbewerbsverbot und ein Verstoß gegen die den Arbeitnehmer treffende Treuepflicht vorliegen. Ein solcher scheidet weder deshalb aus, weil die Beklagte in den hier fraglichen 4 Fällen eine Vorfinanzierung selbst nicht vorgenommen hätte, noch deshalb, weil der Beklagten durch die Vorfinanzierung überhaupt erst ein Kreditengagement ermöglicht wurde. Auch der Gesichtspunkt, dass eine Zusammenarbeit mit der Bank nach den Vorgaben der Beklagten nicht generell ausgeschlossen war, steht der vom Arbeitsgericht zutreffend vorgenommenen rechtlichen Würdigung nicht entgegen.

Das Arbeitsgericht ist zutreffend von den Rechtsprechungsgrundsätzen ausgegangen, die insbesondere auch nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz für die Beurteilung der Frage, ob sich ein bestimmtes Verhalten als Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot und die bestehende Treuepflicht darstellt, heranzuziehen sind. Diesen Grundsätzen folgt auch die Berufungskammer:

Die dem Arbeitnehmer obliegende Treuepflicht gebietet es, alles zu unterlassen, was dem Arbeitgeber oder dem Betrieb abträglich ist. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, mit dem Arbeitgeber zusammenzuarbeiten und nicht der Unternehmenszielsetzung zuwider zu handeln. Dem Arbeitgeber soll sein Geschäftsbereich voll und ohne die Gefahr nachteiliger, zweifelhafter oder zwielichtiger Beeinflussung durch den Arbeitnehmer offen stehen (BAG Urt. v. 21.11.1996 - 2 AZR 852/95 - NZA 1997, 713; Urt. v. 16.06.1976 - 3 AZR 73/75 - AP Nr. 8 zu § 611 BGB Treuepflicht; Sächs. LAG Urt. v. 25.06.1996 - 9 Sa 257/96 - LAGE § 626 BGB Nr. 102, m.w.N., LAG Rheinland-Pfalz Urt. v. 12.1.2006, -11 Sa 476/05-). Während des rechtlichen Bestehens des Arbeitsverhältnisses ist dem Arbeitnehmer daher grundsätzlich jede Konkurrenztätigkeit zum Nachteil seines Arbeitgebers untersagt, auch wenn der Einzelvertrag keine ausdrückliche Regelung enthält. Dem Arbeitnehmer ist für die Dauer des Arbeitsverhältnisses jede Tätigkeit untersagt, die für seinen Arbeitgeber Konkurrenz bedeutet (BAG Urt. v. 26.01.1995 - 2 AZR 355/94 - RzK I 6 a Nr. 116). Der Arbeitnehmer darf Dienste und Leistungen nicht Dritten im Marktbereich seines Arbeitgebers anbieten (BAG Urt. v. 21.11.1996, a.a.O.; LAG Rheinland-Pfalz Urt. v. 12.1.2006, a.a.O.). Dabei ist dem Arbeitnehmer nicht nur eine Konkurrenztätigkeit im eigenen Namen und Interesse untersagt, sondern ihm ist es gleichfalls nicht gestattet, einem Arbeitskollegen bei einer konkurrierenden Tätigkeit zu helfen oder einen Wettbewerber des Arbeitgebers zu unterstützen. Dabei stellt bereits das geringstmögliche Tätigwerden einen Wettbewerbsverbot dar (BAG Urt. v. 21.11.1996, a.a.O.).

Das im Arbeitsverhältnis bestehende Wettbewerbsverbot beinhaltet nicht nur das Verbot, Geschäfte zu tätigen, die ansonsten der Arbeitgeber tätigen würde. Vielmehr verbietet es, Dienste und Leistungen im Marktbereich des Arbeitgebers vorzunehmen (BAG Urt. v. 21.11.1996, a.a.O.). Marktbereich ist dabei nicht nur im Sinne der vom Arbeitgeber tatsächlich vorgenommenen Geschäfte, sondern weiter zu verstehen. § 60 Abs. 1 HGB verdeutlicht dies dahingehend, dass es verboten ist, im Handelszweig des Unternehmers Geschäfte zu machen. Verboten sind damit auch Geschäfte, die ihrer Art nach nicht aktuell getätigt werden, aber nach der der Zweckrichtung des Gewerbes getätigt werden könnten (vgl. etwa Etzel, in: Gemeinschaftskommentar zum Handelsgesetzbuch, 5. Aufl. § 60 HGB, Rz. 5 m.w.N.). Die Beklagte ist im Marktbereich der Bankengeschäfte mit Privatkunden tätig und nimmt selbst Vorfinanzierungen - wenn auch üblicherweise gegen dingliche Sicherung - vor. Darüber hinaus hat das Arbeitsgericht zutreffend darauf abgestellt, dass die Klägerin durch die von ihr unterzeichnete Vereinbarung mit der Bank mit dieser verabredete, Kreditkunden zu vermitteln und Kundendaten zu übermitteln. Hierdurch hat sie sich bereit erklärt, der Bank Kunden zuzuführen und dies auch vollzogen. Eine verbotswidrige Unterstützung eines Wettbewerbers kann bereits in der bloßen Weitergabe von Kundeninformationen an einen Wettbewerber liegen (BAG Urt. v. 21.11.1996, a.a.O.).

Ein Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot und die arbeitsvertragliche Treuepflicht scheidet auch nicht deshalb aus, weil nach Darstellung der Klägerin der Beklagten durch die Vorfinanzierung der Bank überhaupt erst der Abschluss von eigenen Kreditverträgen mit den jeweiligen Kunden ermöglicht wurde. Grundsätzlich oblag es der Beklagten zu entscheiden, mit welchen Kunden und unter Berücksichtigung welcher Sicherheiten sie Kreditverträge abschließen will oder nicht und ob eine mit weiteren Kreditverbindlichkeiten des Kreditnehmers verbundene Vorfinanzierung akzeptiert wird. Das Arbeitsgericht hat zutreffend hervorgehoben, dass Sinn und Zweck des Wettbewerbsverbots und der allgemeinen Treuepflicht auch ist, den Arbeitgeber vor nachteiliger oder auch nur zweifelhafter Beeinflussung durch den Arbeitnehmer zu schützen (BAG 21.11.1996, a.a.O.). Die Vereinbarung von Provisionszahlungen kann aufgrund des damit begründeten wirtschaftlichen Eigeninteresses zu einer zweifelhaften Beeinflussung bei der Kreditvergabe führen. Dies belegt die Tatsache, dass die Klägerin die nur im Wege des Kredits, also verbunden mit einer Rückzahlungsverpflichtung der Kunden gewährten Kreditbeträge der Bank als Eigenmittel ausgewiesen hat. Aus den genannten Gründen entfällt ein Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot und die arbeitsvertragliche Treuepflicht auch nicht deshalb, weil eine Einschaltung der Bank nicht generell ausgeschlossen war und von der Beklagten in Einzelfällen auch praktiziert wurde. Wie ausgeführt, ist es Sache der Beklagten zu entscheiden, ob sie einen derartigen Finanzierungsweg akzeptiert. Dies setzt aber voraus, dass sie die Entscheidung der Kreditvergabe im Einzellfall auf der Grundlage zutreffender Informationen treffen und dabei berücksichtigen kann, dass weitere Kreditverbindlichkeiten bestehen.

Zutreffend hat das Arbeitsgericht erkannt, dass es unter Berücksichtigung der Art der Pflichtverletzungen keiner vorherigen Abmahnung mehr bedurfte. Die diesbezüglichen Ausführungen des Arbeitsgerichts macht sich die Berufungskammer zu Eigen.

4. Auch die vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu Lasten der Klägerin aus: Die Kammer berücksichtigt zu Gunsten der Klägerin, dass sie in ihrer Tätigkeit für die Beklagte bisher in besonderer Weise erfolgreich war und die hier fraglichen Kreditfinanzierungen im (vermeintlichen) Interesse der Beklagten vorgenommen hat. Allerdings wiegen die der Klägerin zur Last zu legenden Pflichtverletzungen schwer. Die Beklagte ist im Hinblick auf den Tätigkeitsbereich der Klägerin und deren Funktion in besonderer Weise auf die Loyalität und unbedingte Vertrauenswürdigkeit der Klägerin angewiesen. Das der Klägerin zur Last zu legende Verhalten beschränkt sich nicht darauf, die 4 fraglichen Finanzierungen vorgenommen zu haben, sondern vertragliche Verpflichtungen gegenüber der Bank begründet zu haben und hierfür finanzielle Vorteile erhalten zu haben. Auch die Ausweisung der kreditfinanzierten Fremdmittel als Eigenmittel wiegen schwer. Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte war der Beklagten auch unter Berücksichtigung der Beschäftigungsdauer der Klägerin eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zumutbar.

5. Die Berechtigung der Kündigung scheitert auch nicht an der Versäumung der Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB. Dies hat das Arbeitsgericht ausführlich und zutreffend begründet. Soweit die Klägerin im Rahmen ihrer Berufung darauf abstellt, die Beklagte habe bereits seit längerer Zeit erkannt, dass Geld von der Bank auf das Konto der Klägerin eingegangen war und habe deshalb davon ausgehen können, dass hier eine Provision geflossen war, ist darauf hinzuweisen, dass der Kündigungsberechtigte zur Wahrung der Frist nicht gehalten ist, bereits die ersten Indizien eines kündigungsrelevanten Sachverhalts zum Anlass für den Ausspruch der außerordentlichen Kündigung zu nehmen.

Die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB beginnt vielmehr erst, wenn der Kündigungsberechtigte eine zuverlässige und möglichst vollständige positive Kenntnis der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen hat, die ihm die Entscheidung ermöglichen, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zumutbar ist oder nicht. Zu den maßgeblichen Tatsachen gehören sowohl die für als auch die gegen die Kündigung sprechenden Umstände. Der Kündigungsberechtigte, der Anhaltspunkte für einen Sachverhalt hat, der zur außerordentlichen Kündigung berechtigen könnte, kann Ermittlungen anstellen und den Betroffenen anhören, ohne dass die Frist zu laufen beginnt. Denn es genügt nicht allein die Kenntnis des konkreten, die Kündigung auslösenden Anlasses, d. h. des "Vorfalls", der einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung darstellen soll. Bei einer vom Arbeitgeber erklärten außerordentlichen Kündigung gehören auch solche Aspekte zum Kündigungssachverhalt, die für den Arbeitnehmer und gegen die Kündigung sprechen. Deshalb kann der Kündigungssachverhalt regelmäßig nicht ohne eine Anhörung des Arbeitnehmers hinreichend vollständig erfasst werden. Außerdem gehört es zu den maßgeblichen Umständen, die vom Kündigungsberechtigten zu ergründen und festzustellen sind, mögliche Beweismittel für die ermittelte Pflichtverletzung zu beschaffen und zu sichern (BAG Urt. v. 17.3.2005 -2 AZR 245/04- EzA § 626 BGB 2002 Nr. 9).

Die Beklagte hat mit der gebotenen Eile am 19.12.2005 die Klägerin angehört, nachdem am 12.12.2005 die Zahlungseingänge auf dem Konto der Klägerin von der internen Revision festgestellt wurden. Die von der Klägerin unterzeichnete schriftliche Vereinbarung mit der Bank erreichte die Beklagte -von der Klägerin nicht bestritten- erst am 22.12.2005. Erst zu diesem Zeitpunkt konnte die Beklagte mit der erforderlichen Sicherheit davon ausgehen, dass die Zusammenarbeit der Klägerin mit der Bank nicht nur gelegentlich, sondern auf vertraglicher Grundlage erfolgte, was den bis dahin bekannten Tatsachen zusätzliches, kündigungsrelevantes Gewicht verlieh und zudem eine Beschaffung von Beweismitteln darstellt. Die Kündigungserklärungsfrist begann daher nicht vor dem 22.12.2006 und war daher mit Zugang der außerordentlichen Kündigung bei der Klägerin am 29.12.2006 noch nicht abgelaufen.

6. Das Arbeitsgericht ist daher mit Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien infolge der außerordentlichen Kündigung der Beklagten mit Datum vom 28.11.2005 mit deren Zugang bei der Klägerin bereits mit Ablauf des 29.12.2005 seine Beendigung gefunden hat. Da somit bereits zum Zeitpunkt des Zugangs der unter dem 31.12.2005 erklärten ordentlichen Kündigung der Beklagten kein Arbeitsverhältnis mehr zwischen den Parteien bestand, hat das Arbeitsgericht zu Recht die gegen diese Kündigung gerichtete Kündigungsschutzklage abgewiesen. Deshalb besteht aus den vom Arbeitsgericht genannten Gründen auch kein Anspruch auf Weiterbeschäftigung oder auf Entfernung der Abmahnungen.

7. Die Kosten ihrer erfolglosen Berufung hat die Klägerin zu tragen. Die Voraussetzungen einer Revisionszulassung (§ 72 Abs. 2 ArbGG) liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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