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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 17.02.2009
Aktenzeichen: 3 Sa 660/08
Rechtsgebiete: ArbGG, BGB, KSchG


Vorschriften:

ArbGG § 69 Abs. 2
BGB § 174
KSchG § 1 Abs. 1
KSchG § 1 Abs. 2 S. 1
KSchG § 23 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 14.08.2008 - Az: 1 Ca 929/08 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen. 2. Die Revision wird nicht zugelassen. 3. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 6.987,93 EUR festgesetzt. Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis des Klägers mit den US-Stationierungsstreitkräften durch die Kündigung vom 16.01.2008 zum 30.06.2008 aufgelöst worden ist. Vor Kündigungsausspruch hatte sich die Dienststelle mit dem Schreiben vom 06.12.2007 (Bl. 49 d.A.) u.a. wie folgt an die Betriebsvertretung gewandt: "... Herrn C.?s Ausfallzeiten durch Krankheit ergeben folgendes Bild:

 Jahr Soll Arbeitstage Arb.tage krank % Lohnfortzahlung
2005 252 54 21,42 € 4744,--
2006 250 83 33,30 € 3904,--
2007 bis 30.11. 220 118 53,63 € 3088,--

...". Zur näheren Darstellung (insbesondere) des (erstinstanzlichen) Sach- und Streitstandes im übrigen wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts vom 14.08.2008 - 1 Ca 929/08 - (dort S. 2 ff. = Bl. 87 ff. d.A.). Das Arbeitsgericht hat festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers durch die Kündigung vom 16.01.2008 nicht zum 30.06.2008 aufgelöst worden ist. Gegen das am 02.10.2008 zugestellte Urteil vom 14.08.2008 - 1 Ca 929/08 - hat die Beklagte am 28.10.2008 Berufung eingelegt und diese am 02.12.2008 mit dem Schriftsatz vom 02.12.2008 begründet. Zwecks Darstellung aller Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz vom 02.12.2008 (Bl. 111 ff. d.A.) verwiesen. Dort trägt die Beklagte u.a. (auch noch) zu Fehlzeiten des Klägers in den Jahren 2002 bis 2004 vor sowie zu Fehlzeiten nach Ausspruch der Kündigung (s. dazu die Darstellung auf den S. 2 bis 4 der Berufungsbegründung). Die Beklagte beanstandet, dass das Arbeitsgericht eine Begründung, weshalb bei wiederholten Fehlzeiten von mehr als sechs Wochen pro Kalenderjahr eine negative Prognose nicht gegeben sein solle, nicht angebe. Vermutlich verlange das Arbeitsgericht für eine negative Prognose, dass ein Arbeitnehmer mehr als drei Kalenderjahre hintereinander mehr als sechs Wochen Entgeltfortzahlung erhalten habe. Dies stehe aber nicht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Dazu führt die Beklagte weiter aus. Die Beklagte geht davon aus, dass, - wäre der Unfall (vom 30.06.2007; Beinbruch) nicht erfolgt -, entsprechende Krankheiten des Klägers, wie zuvor in der Vergangenheit, aufgetreten wären (Beweis: Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens). Die Beklagte geht weiter davon aus, dass sämtliche Fehlzeiten des Klägers in der Zeit zwischen dem Jahre 2005 und dem 29.06."2006" [gemeint wohl: 2007] prognosefähig seien. Dies gelte umso mehr auch für die weiteren Fehlzeiten seit dem Jahre 2002. Nach näherer Maßgabe ihres weiteren Vorbringens sieht die Beklagte hier eine chronische Erkrankung des Klägers als indiziert an. Sodann bringt die Beklagte weiter vor: Da der Kläger zu seinen sonstigen Fehlzeiten seit dem Jahre 2002 nicht vorgetragen habe, müsse der Arbeitgeber davon ausgehen, dass auch die Fehlzeiten ab dem 30.06.2007 vollumfänglich prognosefähig seien. Das "Herausrechnen" dieser Fehlzeiten, wie es das Arbeitsgericht vorgenommen habe, erfolge in Ermangelung der Kenntnis weiterer Fehlzeiten völlig ins Blaue hinein. Die Beklagte sieht die Prognoseentscheidung des Arbeitgebers auch durch die weitere Entwicklung als gestützt an. Die Beklagte verweist auf die Angaben des Klägers vom 25.02.2008 sowie auf das (von der Beklagten so bezeichnete) B.A.D.-Gutachten vom 29.02.2008 (Bl. 118 d.A.: "Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung - Ärztliche Bescheinigung -"; dort heißt es u.a. "... Untersuchung: G 41 Arbeiten mit Absturzgefahr

Nachuntersuchung ... 28.02.2008

Ergebnis: befristete gesundheitliche Bedenken ..."). Darüber hinaus bringt die Beklagte vor, dass objektiv mit Fehlzeiten aufgrund eines Bandscheibenvorfalls zu rechnen sein werde. Nach den weiteren Darlegungen der Beklagten müsse A. davon ausgehen, dass für den Kläger auch über das Jahr 2007 hinaus mehr als 30 Arbeitstage Entgeltfortzahlung (im Krankheitsfall) zu leisten seien. Die Interessenabwägung falle - so meint die Beklagte - zu Gunsten des Arbeitgebers aus, - würde das Arbeitsverhältnis fortbestehen, müsste der Arbeitgeber noch mehrere Jahrzehnte mit Entgeltfortzahlungsleistungen von mehr als sechs Wochen kalenderjährlich rechnen. Nach Ansicht der Beklagten war hier eine Zurückweisung der Kündigung nach § 174 BGB ausgeschlossen. Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 14.08.2008 - 1 Ca 929/08 - abzuändern und die Klage abzuweisen. Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen. Der Kläger verteidigt nach näherer Maßgabe seiner Ausführungen in der Berufungsbeantwortung vom 05.01.2009 (Bl. 125 ff. d.A.) das Urteil des Arbeitsgerichts. Hierauf wird verwiesen. Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt - auch auf die Sitzungsniederschrift vom 17.02.2009 - 3 Sa 660/08 - (Bl. 137 ff. d.A.) - Bezug genommen. Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die hiernach zulässige Berufung erweist sich als unbegründet. Das Arbeitsgericht hat der Klage (jedenfalls im Ergebnis) zu recht stattgegeben. II. Die fristgerecht erhobene Kündigungsschutzklage ist begründet. 1. Gemäß den §§ 1 Abs. 1 und 23 Abs. 1 KSchG erstrecken sich der sachliche und betriebliche Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes auf das Arbeitsverhältnis des Klägers. Die Kündigung des Arbeitgebers hätte deswegen das Arbeitsverhältnis des Klägers nur bei Vorliegen eines Kündigungsgrundes im Sinne des § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG auflösen können. Auf betriebliche Erfordernisse oder auf Gründe, die in dem Verhalten des Klägers liegen würden, hat sich die Beklagte nicht berufen. Soweit die Beklagte die Kündigung auf einen personenbedingten Kündigungsgrund stützen möchte, ergibt jedenfalls die gemäß § 1 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 KSchG vorzunehmende Interessenabwägung, dass hier im Ergebnis personenbedingte Gründe die Kündigung (noch nicht) bedingen. 2. Das Arbeitsgericht hat - wie sich aus seinen Ausführungen auf den Seiten 6 f. des Urteils, dort unter Ziffer 1. (= Bl. 91 f. d.A.) ergibt, die einschlägigen Rechtsgrundsätze zitiert, die bei der Beurteilung einer Kündigung wegen häufiger (Kurz-)Erkrankungen zu beachten sind. Darauf wird Bezug genommen. a) aa) Soweit es um die erste Prüfungsstufe geht, spricht einiges für die Richtigkeit der Annahme der Beklagten, dass, bezogen auf den Kündigungszeitpunkt, objektive Tatsachen vorlagen, die die Besorgnis weiterer Erkrankungen des Klägers im bisherigen Umfang begründeten. Betrachtet man die Häufigkeit und die jeweilige Dauer der Fehlzeiten, die beim Kläger in der Zeit zwischen dem 01.01.2005 und dem 29.06.2007 aufgetreten sind (vgl. dazu die Fehlzeitenaufstellung, die als Anlage dem Schriftsatz der Beklagten vom 24.04.2008 beigefügt war, - Bl. 46 f. d.A.; s. dazu auch die Darstellung auf den S. 2 f. des Schriftsatzes vom 24.04.2008 = Bl. 42 f. d.A.), deutet dies darauf hin, dass sich daran auch in Zukunft nichts ändern wird. Derart häufig in der Vergangenheit aufgetretene Kurzerkrankungen sprechen indiziell für eine entsprechende künftige Entwicklung des Krankheitsbildes. Unter den gegebenen Umständen erscheint es nicht (völlig) ausgeschlossen, dass der Kläger, - wäre er nicht aufgrund des Beinbruches in der Zeit vom 30.06.2007 bis zum 30.11.2007 arbeitsunfähig krank gewesen -, während dieses Zeitraumes dann (eben) in einem solchen Umfang krankheitsbedingt gefehlt hätte, wie dies vorher durchschnittlich im Zeitraum vom 01.01.2005 bis zum 29.06.2007 unstreitig der Fall gewesen ist. Die Indizwirkung früherer Krankheiten würde noch verstärkt, wenn man auch die Fehlzeiten ab dem Jahre 2002 einzubeziehen hätte. bb) Ausreichend für eine Indizwirkung sind hinreichende prognosefähige (krankheitsbedingte) Ausfall-Zeiträume. Dies können die letzten drei Jahre (vor der Kündigung) sein, - müssen es nach höchstrichterlicher Rechtsprechung aber nicht sein. Ausreichend kann sowohl ein kürzerer Zeitraum als auch bei einzelnen Fehlzeiten erst ein längerer Zeitraum sein, um eine negative Prognose zu rechtfertigen. Es steht der Bildung einer negativen Prognose (auch) nicht (unbedingt) entgegen, dass die Fehlzeiten auf unterschiedlichen prognosefähigen Erkrankungen beruhen. Solche verschiedenen Erkrankungen können durchaus - je nach Lage des Einzelfalles - den Schluss auf eine gewisse Krankheitsanfälligkeit des Arbeitnehmers zulassen und damit eine negative Prognose begründen. Das Bundesarbeitsgericht hat bisher zur Ausfüllung des Begriffs "häufige Kurzerkrankungen" nicht durchweg auf Erkrankungen während eines Zeitraums von mehreren Jahren abgestellt, - obwohl dies zweifelsfrei für diesen Kündigungstyp zu repräsentativeren Aussagen führt und bei einem längeren Zeitraum von etwa zwei bis drei Jahren eine sicherere Gesundheitsprognose zulässt. Freilich dürfte ein Zeitraum von 15 Monaten (nur) dann ausreichen, wenn die Störungen - wie vorliegend nicht - seit Beginn des Arbeitsverhältnisses vorlagen (vgl. dazu die Rechtsprechungsnachweise bei Oetker/Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 9. Auflage, KSchG § 1, Rz 138 ff.). cc) Allerdings kann (auch insoweit) es sich mittelbar nachteilig zu Lasten des Arbeitgebers auswirken, wenn er es unterlassen hat, Umstände, die er im Kündigungsschutzprozess zur Kündigungsbegründung nachschieben bzw. ergänzend vortragen will, der Betriebsvertretung (bzw. dem Personalrat oder Betriebsrat) rechtzeitig ordnungsgemäß mitzuteilen. In einem derartigen Fall kann sich eine personalvertretungs- bzw. betriebsverfassungsrechtliche Schranke für das Vorbringen von Kündigungsgründen im Prozess ergeben. Der Kläger hat die ordnungsgemäße Unterrichtung und Beteiligung der Betriebsvertretung bereits in der Klageschrift (S. 4) gerügt und daran bis zuletzt festgehalten. Ausgehend von den diesbezüglichen Darlegungen der Beklagten im Schriftsatz vom 24.04.2008 ist die Betriebsvertretung von der Dienststelle mit dem Schreiben vom 06.12.2007 (Bl. 49 d.A.) über die Kündigungsabsicht und über den Kündigungsgrund unterrichtet worden. Die dort enthaltenen Angaben beschränken sich in zeitlicher Hinsicht aber auf die ab dem Jahre 2005 (einschließlich) aufgetretenen Umstände (Fehltage; Fehlquote; Lohnfortzahlungskosten). Angaben für die Zeit vor dem Jahre 2005 lassen sich dem Schreiben vom 06.12.2007 nicht entnehmen. Zwar thematisiert die Berufungsbegründung dann auch die Fehlzeiten in den Jahren von 2002 bis 2004. Es spricht einiges dafür, dass dieser zusätzliche kündigungsbegründende Vortrag der Beklagten deutlich über eine bloße Erläuterung (Substantiierung oder Konkretisierung) der im Schreiben vom 06.12.2007 mitgeteilten Kündigungsgründe hinausgeht. Dieser zusätzliche Vortrag der Beklagten erhöht das kündigungsrechtliche Gewicht des Sachverhaltes, den die Dienststelle der Betriebsvertretung mitgeteilt hat, erheblich. Letzteres spricht dafür, dass der sich auf die Zeit vor dem Jahre 2005 beziehende zusätzliche Vortrag der Beklagten der oben erwähnten personalvertretungs- bzw. betriebsverfassungsrechtlichen Einschränkung unterliegt und deswegen zur Kündigungsbegründung im vorliegenden Prozess nicht herangezogen werden darf. dd) Die Berufungskammer unterstellt gleichwohl zu Gunsten der Beklagten, dass die Indizwirkung der in der Vergangenheit aufgetretenen krankheitsbedingten Fehlzeiten vorliegend nicht erschüttert ist, - dass also bei Kündigungsausspruch zu erwarten war, dass sich die Fehlzeiten des Klägers auch künftig im Wesentlichen so darstellen würden, wie dies in der Vergangenheit der Fall war. Dafür spricht, dass der Kläger, - der ja die Ursachen seiner früheren Erkrankungen kennt (vgl. dazu die Erklärung des Klägers gemäß S. 2 der Sitzungsniederschrift vom 17.02.2009 - 3 Sa 660/08 - = Bl. 138 d.A.: "... überwiegend im psychischen Bereich angesiedelt ..."), möglicherweise nicht genügend konkret zu der Frage vorgetragen hat, warum im einzelnen "die entsprechenden Probleme" "ausgeräumt" seien (vgl. § 138 Abs. 1 und 2 ZPO). b) Zugunsten der Beklagten geht die Berufungskammer weiter davon aus, dass mit Rücksicht auf die aufgewendeten und aufzuwendenden Entgeltfortzahlungskosten - auf der zweiten Prüfungsstufe - eine erhebliche wirtschaftliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen festzustellen ist. Als erheblich - und damit geeignet als Kündigungsgrund - wird erachtet, wenn über einen Zeitraum von mindestens 2 Jahren in jedem Jahr Entgeltfortzahlung für mehr als 6 Wochen zu gewähren war und aufgrund der (- hier oben bei Ziffer II. 2. a) erwähnten -) negativen Prognose anzunehmen ist, dass dieser Zustand sich nicht ändern wird. Zu (sonstigen) betrieblichen Beeinträchtigungen (Betriebsablaufstörungen u.ä.) hat die Beklagte jedoch nicht ausreichend vorgetragen. Das diesbezügliche Vorbringen der Beklagten (s. dazu insbesondere S. 3 des Schriftsatzes vom 24.04.2008 = Bl. 43 d.A.) ist nicht genügend substantiiert. c) aa) Jedenfalls ergibt die - im dritten Prüfungsschritt vorzunehmende - Interessenabwägung, dass die von der Beklagten vorgetragenen Beeinträchtigungen der betrieblichen Interessen vom Arbeitgeber billigerweise (doch) noch hingenommen werden müssen. Für das Beendigungsinteresse des Arbeitgebers streiten im Rahmen der Interessenabwägung freilich die Entgeltfortzahlungskosten, die - unter Zugrundelegung der Zahlenabgaben auf Seite 3 des Schriftsatzes vom 24.04.2008 (Bl. 43 d.A.) mit Beträgen zwischen 4744,00 EUR und 3088,00 EUR zu Buche schlagen (- also jährlich ungefähr 4000,00 EUR betragen). Zu Gunsten des Klägers ist demgegenüber zu berücksichtigen, dass er auf eine seit dem 01.08.1997 bestehende Betriebszugehörigkeit bei den US-Stationierungsstreitkräften verweisen kann. Allerdings war diese doch schon relativ lange Betriebszugehörigkeit ab den Jahren 2002/2003 durch die wiederholt aufgetretenen krankheitsbedingten Fehlzeiten gestört. Weiter zu Gunsten des Klägers fallen hier aber die schweren finanziellen Folgen ins Gewicht, die der Verlust des Arbeitsplatzes für den Kläger mit sich bringen würde, - nämlich Wegfall der Einkünfte, die für den eigenen Unterhalt und für den Unterhalt des (am 13.03.1999 geborenen) Kindes (B.) notwendig sind. Insbesondere mit Rücksicht auf die (unstreitige) Unterhaltsverpflichtung des Klägers gegenüber seinem minderjährigen Kind ist hier dem Fortsetzungsinteresse (Bestandserhaltungsinteresse) des Klägers der Vorrang einzuräumen vor dem Beendigungsinteresse seines Arbeitgebers. Es ist anerkanntes Recht, dass (auch) in einem Fall der vorliegenden Art die Unterhaltspflicht des gekündigten Arbeitnehmers im Rahmen der Interessenabwägung nicht völlig unberücksichtigt bleiben darf. Zwar geht es zu Lasten des Arbeitnehmers, wenn er bereits in verhältnismäßig jungem Alter eingestellt worden ist und er trotzdem von Beginn des Arbeitsverhältnisses an ohne jede Unterbrechung weit über dem Durchschnitt liegende Krankheitszeiten aufzuweisen hat. Allerdings ist hier der am 18.12.1973 geborene Kläger am 01.08.1997, - als er 23 Jahre alt war -, eingestellt worden. Dass jedoch von Beginn an ohne jede Unterbrechung erhebliche Krankheitszeiten in diesem Sinne aufgetreten wären, lässt sich aufgrund des vorgetragenen Sachverhalts nicht konkret feststellen. Zu Gunsten des Klägers ist deswegen eine (jedenfalls) bis zum Jahre 2002 ungestörte Dauer der Betriebszugehörigkeit zu berücksichtigen. Bedenken begegnet es möglicherweise (vgl. Richtlinie 2000/78/EG; §§ 1 und 7 AGG), den Umstand, dass der Kläger zur Zeit des Kündigungsausspruches erst 34 Jahre alt (und damit immer noch relativ jung) gewesen ist, zum Nachteil des Klägers zu berücksichtigen. Auf diesen Gesichtspunkt kommt es hier letztlich entscheidungserheblich nicht an. Zwar ist es angesichts der bisherigen Krankheitsentwicklung nicht ausgeschlossen, dass mit zunehmendem Alter des Klägers noch höhere Ausfallzeiten und damit entsprechend höhere Kosten entstehen können. Sollten sich zukünftig die krankheitsbedingten Fehlzeiten des Klägers tatsächlich so weiter entwickeln, wie von der Beklagte befürchtet, ist der Arbeitgeber nicht schutzlos gestellt. Er könnte eine derartige Entwicklung zum Anlass nehmen, das Arbeitsverhältnis erneut (und dann wohl) rechtswirksam im Sinne des § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG zu kündigen. Keineswegs ist der Arbeitgeber gehalten, krankheitsbedingte Fehlzeiten im bisherigen Umfang so lange hinzunehmen, bis der Kläger das Rentenalter erreicht hat. bb) Soweit die Beklagte sich kündigungsbegründend noch auf die Entwicklung beruft, wie sie sich nach ihrer Behauptung nach Kündigungsausspruch darstellt, führt dies nicht zum Erfolg der Berufung. Diese nachträgliche Entwicklung wirkt sich (auch) im Rahmen der Interessenabwägung nicht entscheidend nachteilig zu Lasten des Klägers aus. Es ist nach näherer Maßgabe der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkanntes Recht, dass maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung einer rechtsgestaltenden Willenserklärung (hier: Kündigung) der des Zugangs, - hier also der Zeitpunkt des Kündigungsausspruches im Sinne des Zeitpunktes des Zugangs der Willenserklärung (Kündigung) und nicht der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht ist. (Auch) verändern die Umstände, auf die die Beklagte insoweit abstellen will, den Kündigungssachverhalt, der der Betriebsvertretung im Rahmen des betriebsvertretungsrechtlichen Beteiligungsverfahrens gemäß (dem modifiziert geltenden) BPersVG mitgeteilt worden ist, erheblich. Diese, von der Beklagten zusätzlich angeführten Umstände aus dem ersten Halbjahr des Jahres 2008 führen deswegen nicht - auch nicht in Verbindung mit dem verwertbaren Sachvortrag der Beklagten - zu der Feststellung, dass die mit dem Schreiben vom 16.01.2008 im Anschluss an die Anhörungsschreiben vom 06.12.2007 ausgesprochene Kündigung sozial gerechtfertigt wäre. III. Die Kosten ihrer erfolglosen Berufung muss die Beklagte gemäß § 97 Abs. 1 ZPO tragen. Der Streitwert wurde gemäß § 63 Abs. 2 und § 42 Abs. 4 S. 1 Halbsatz 1 GKG festgesetzt. Er hat sich gegenüber dem erstinstanzlichen Verfahren nicht verändert. Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst.

Die Nichtzulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht kann von der Beklagten gemäß § 72a ArbGG und unter den dort genannten Voraussetzungen selbständig durch Nichtzulassungsbeschwerde angefochten werden. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist bei dem Bundesarbeitsgericht, Hugo-Preuß-Platz 1, 99084 Erfurt oder Bundesarbeitsgericht, Postfach, 99113 Erfurt, Telefaxnummer: 0361/26 36 - 2000 einzulegen.

Darauf wird die Beklagte hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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