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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 15.05.2007
Aktenzeichen: 3 Sa 73/07
Rechtsgebiete: ArbGG, SGB IX


Vorschriften:

ArbGG § 69 Abs. 2
SGB IX § 125
SGB IX § 125 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 3 Sa 73/07

Entscheidung vom 15.05.2007

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 13.12.2006 - Az: 8 Ca 2040/05 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

3. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 2.193,14 € festgesetzt.

Tatbestand:

Zwischen der Klägerin und den US-Streitkräften bestand in der Zeit vom 01.08.2001 bis zum 30.09.2004 ein Arbeitsverhältnis. Daran schloss sich in der Zeit vom 01.10.2004 bis zum 22.03.2005 ein Prozessbeschäftigungsverhältnis an. Die Klägerin ist mit einem GdB von 50 seit dem Jahre 2002 schwerbehindert. Dies wurde nach vorangegangenem sozialgerichtlichen Verfahren mit behördlichem Bescheid (vom 24.01.2005 bzw. vom 16.12.2004) rückwirkend so festgestellt. Mit der, der Beklagten am 04.01.2006 zugestellten Klage beanspruchte die Klägerin die Zahlung von Urlaubsabgeltung für folgende Jahre:

- 2002: 6 Tage Zusatzurlaub

- 2003: 6 Tage Zusatzurlaub

- 2004: 6 Tage Zusatzurlaub und 7,5 Tage Grundurlaub (anteilig für die Zeit vom 01.10.2004 bis zum 31.12.2004)

- 2005: 9 Tage (Zusatzurlaub und Grundurlaub (anteilig für die Zeit vom 01.01.2005 bis zum 22.03. bzw. 31.03.2005).

Für die Zeit vom 01.01.2005 bis zum 22.03.2005 ist der Klägerin eine Urlaubsabgeltung für 8 Tage gezahlt worden (vgl. dazu das Vorbringen der Klägerin auf S. 3 der Klageschrift und die Ausführungen der Beklagten auf den S. 2 - unten - und - 3 - der Klageerwiderung vom 20.11.2006 = Bl. 13 f. d.A. sowie die Abrechnungsunterlagen Bl. 15 f. d.A.).

Erstinstanzlich klagte die Klägerin den Betrag von 2.448,63 EUR brutto ein.

Zur näheren Darstellung (insbesondere) des (erstinstanzlichen) Sach- und Streitstandes im Übrigen wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts vom 13.12.2006 - 8 Ca 2040/05 - (dort S. 2 f. = Bl. 23 f. d.A.). Nach näherer Maßgabe des vorbezeichneten Urteils hat das Arbeitsgericht unter Klageabweisung im Übrigen der Klägerin den Betrag von 255,49 EUR brutto zugesprochen.

Gegen das am 28.12.2006 zugestellte Urteil vom 13.12.2006 - 8 Ca 2040/05 - hat die Klägerin am 29.01.2007 Berufung eingelegt und diese - innerhalb verlängerter Berufungsbegründungsfrist (s. dazu den Verlängerungsbeschluss vom 02.03.2007, Bl. 51 d.A.) am 16.03.2007 begründet. Zwecks Darstellung aller Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz vom 16.03.2007 (Bl. 59 ff. d.A.) verwiesen.

Die Klägerin macht dort insbesondere geltend, dass die Auffassung des Arbeitsgerichts, dass der Zusatzurlaub das Schicksal des Erholungsurlaubs teile, rechtsirrig sei. Die Klägerin meint, dass der Urlaubsanspruch nicht verfallen könne, bevor er entstanden sei. Entstanden sei der Zusatzurlaub mit der Feststellung der Schwerbehinderung (Zustellung des Bescheides des Landesamts für Soziales vom 16.12.2004). Die Ausführungen des Arbeitsgerichts, wonach der Zusatzurlaubsanspruch bereits mit dem objektivem Vorliegen der Schwerbehinderung entstehe, könne nicht überzeugen. Dazu führt die Klägerin weiter aus. Sie hält es für unbillig, das Risiko einer erst nachträglichen Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft allein dem Arbeitnehmer aufzutragen. Für den Arbeitnehmer sei maßgeblich, wann er seinen Zusatzurlaub durchsetzen könne. Ein Verfall von Urlaubsansprüchen im Bereich des Zusatzurlaubsanspruches nach dem Schwerbehindertenrecht sei mit der besonderen Schutzfunktion des Schwerbehindertenrechts für die betroffenen Arbeitnehmer nicht vereinbar. Die Klägerin habe es als Arbeitnehmer nicht in der Hand, die Bearbeitungsdauer zwischen Antrag und Bescheid zu beeinflussen.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 13.12.2006 - 8 Ca 2040/05 - die Beklagte weiter zu verurteilen, an die Klägerin 2.193,14 EUR brutto zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt nach näherer Maßgabe ihrer Ausführungen in der Berufungsbeantwortung vom 20.04.2007 (Bl. 67 f. d.A.), worauf verwiesen wird, das Urteil des Arbeitsgerichts. Die in der Berufungsbeantwortung erhobene Vollmachtsrüge hält die Beklagte zuletzt nicht mehr aufrecht.

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

1. Die Berufung ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt worden. Unter den gegebenen Umständen ist davon auszugehen, dass die Klägerin die seinerzeit von RA K. vorgenommene Berufungseinlegung genehmigt hat. Diese Genehmigung ist zumindest konkludent in den Schriftsätzen des RA B. vom 28.02.2007 (Bl. 49 d.A.) und vom 16.03.2007 enthalten. Die ordnungsgemäße Bevollmächtigung des RA B. ist durch die im Berufungsverhandlungstermin im Original vorgelegte Prozessvollmacht vom 12.02.2007 nachgewiesen (-, von der sich in Bl. 50 d.A. eine Kopie befindet). Genehmigt - wie hier - der Berechtigte, wird dadurch der Verfahrensmangel der (zunächst) nicht ordnungsgemäßen Vertretung von Anfang an geheilt. Wegen ihrer Rückwirkung braucht die Genehmigung nicht innerhalb der Frist erklärt zu werden, die für die genehmigte Verfahrenshandlung gilt (GmSOGB BGHZ 91, 111 [114]; Zöller/Vollkommer 25. Aufl. ZPO § 89 Rz 9).

2. Die Berufung ist - unter dem Aspekt des Erfordernisses einer ordnungsgemäßen Berufungsbegründung - zulässig, soweit sich die Klägerin mit ihr gegen die Abweisung ihres Anspruches auf Abgeltung von Zusatzurlaub im Übrigen wendet. Soweit die Klägerin noch Differenzbeträge hinsichtlich der Abgeltung von Grundurlaub ("Erholungsurlaub") fordert bzw. fordern sollte, erweist sich die Berufung als unzulässig, weil es insoweit an einer diesbezüglichen konkreten Berufungsbegründung fehlt. Die Berufungsbegründung der Klägerin setzt sich lediglich mit der Problematik des Zusatzurlaubes auseinander.

II.

Soweit die Berufung hiernach zulässig ist, erweist sie sich als unbegründet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht der Klägerin nur eine anteilige Urlaubsabgeltung für die Zeit vom 01.01.2005 bis zum 22.03.2005 (- vom Arbeitsgericht auf S. 4 seines Urteils, dort unter Ziffer I. 2., als "für das letzte Jahr" bezeichnet -) zugesprochen.

Die Ansprüche der Klägerin auf Zusatzurlaub für die Vorjahre (ab 2002) sind aufgrund des urlaubsrechtlichen Verfalls-Tatbestandes erloschen. Die entsprechende (- im Urteil vom 13.12.2006 - 8 Ca 2040/05 - dort S. 4 unter Ziffer I. 1. getroffene -) Feststellung des Arbeitsgerichts greift die Klägerin lediglich mit dem Argument an, der Anspruch auf Zusatzurlaub könne nicht verfallen, bevor er entstanden sei; - entstanden sei er hier aber erst mit der Zustellung des Bescheides vom 16.12.2004.

Dieser Berufungsangriff führt nicht zum Erfolg der Berufung.

Zwar stand der Klägerin aufgrund ihrer objektiv damals bereits gegebenen Schwerbehinderung auch für das Jahr 2002 sowie für die Jahre 2003 und 2004 jeweils ein Anspruch auf einen bezahlten zusätzlichen Urlaub zu (§ 125 SGB IX in der Fassung des Gesetzes vom 19.06.2001). Es ist anerkanntes Recht, dass dieser Anspruch auf Zusatzurlaub nach § 125 SGB IX zu dem Erholungsurlaubsanspruch (Grundurlaub) hinzutritt, den der Arbeitnehmer ohne Berücksichtigung seiner Schwerbehinderung beanspruchen kann. Daraus folgt dann konsequenterweise, dass (auch) für die Übertragbarkeit des - im jeweiligen Urlaubsjahr entstandenen - Zusatzurlaubs in das nächste Kalenderjahr die dem Arbeitsverhältnis zugrundeliegenden urlaubsrechtlichen Regelungen Anwendung finden. So lautet nunmehr - seit dem 01.05.2004 - auch ausdrücklich der Wortlaut des Gesetzes (§ 125 Abs. 3 SGB IX i.d.F. des Gesetzes vom 23.04.2004 BGBl. I 606). Demgemäß gilt nach wie vor die einschlägige BAG-Rechtsprechung. Diese besagt, dass der Anspruch auf Zusatzurlaub erlischt, wenn ihn der Schwerbehinderte nicht bis zum Ablauf des Kalenderjahres oder - beim Vorliegen der tarifvertraglichen oder gesetzlichen Übertragungsvoraussetzungen - nicht bis zum Ende des Übertragungszeitraums geltend macht. Die Ungewissheit über die Schwerbehinderung ist kein in der Person des Arbeitnehmers liegender Grund für eine Übertragung des Zusatzurlaubs auf den tarifvertraglichen oder gesetzlichen Übertragungszeitraum (BAG v. 21.02.1995 - 9 AZR 675/93 -). Die sich daraus - bei wie hier unterbliebener rechtzeitiger Geltendmachung - ergebende Rechtsfolge (Verfall des Anspruchs) ist nicht unbillig. Dem Arbeitnehmer, der aufgrund entsprechender Beschwerden seine Anerkennung als Schwerbehinderter beantragt hat, bleibt es ungenommen, den aus der Schwerbehinderung resultierenden Zusatzurlaubsanspruch jeweils ordnungsgemäß und rechtzeitig im jeweiligen Urlaubsjahr (bzw. bis zum Ende des jeweiligen Übertragungszeitraumes) gegenüber dem Arbeitgeber geltend zu machen. Eine derartige Geltendmachung ist dem Arbeitnehmer keineswegs unzumutbar. Da hiernach der Berufungsangriff der Klägerin eine Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts nicht rechtfertigt, ist die Berufung mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.

III.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wurde gemäß § 63 Abs. 2 GKG festgesetzt.

Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst.

Die Nichtzulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht kann von der Klägerin nach näherer Maßgabe des § 72a ArbGG und nur unter den dort genannten Voraussetzungen selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundesarbeitsgericht, Hugo-Preuß-Platz 1, 99084 Erfurt, Postanschrift 99113 Erfurt, einzulegen. Darauf wird die Klägerin hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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