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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 12.02.2008
Aktenzeichen: 3 Ta 2/08
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 2b
ZPO § 117 Abs. 1
ZPO § 117 Abs. 2
ZPO § 117 Abs. 4
ZPO § 118 Abs. 2
ZPO § 120 Abs. 1 S. 1
ZPO § 120 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 120 Abs. 4
ZPO § 120 Abs. 4 S. 2
ZPO § 124 Nr. 2
ZPO § 124 Nr. 2 Alt. 2
ZPO § 127
ZPO § 222 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 17.09.2007 - 1 Ca 2036/06 - aufgehoben.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I. Nach näherer Maßgabe des Beschlusses vom 17.10.2006 - 1 Ca 2036/06 - (Bl. 22 d.A.) hatte das Arbeitsgericht dem Kläger Prozesskostenhilfe ohne Anordnung von Zahlungen gemäß § 120 Abs. 1 S. 1 ZPO bewilligt. In der zuvor vorgelegten PKH-Erklärung vom 15.09.2006 (Erklärung der Partei über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse) hatte der Kläger alle Fragen nach Einnahmen verneint.

In der Folgezeit - beginnend mit dem Schreiben vom 14.05.2007 - bat das Arbeitsgericht den Kläger wiederholt, sich im Sinne des § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO zu erklären (s. gerichtliches Schreiben Bl. 5 bis 11 d. PKH-Beiheftes). Der Kläger gab die ihm abverlangte Erklärung nicht ab. Mit dem Beschluss vom 17.09.2007 - 1 Ca 2036/06 - (Bl. 13 f. d. PKH-Beiheftes) hob das Arbeitsgericht den Beschluss vom 17.10.2006 - 1 Ca 2036/06 - über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe auf. Gegen den am 21.09.2007 zugestellten Beschluss vom 17.09.2007 - 1 Ca 2036/06 - legte der Kläger am 22.10.2007 (Montag) mit dem Schriftsatz vom 19.10.2007 Beschwerde ein und begründete die Beschwerde zugleich. Wegen aller Einzelheiten der Beschwerdebegründung wird auf den Schriftsatz vom 19.10.2007 (Bl. 24 d. PKH-Beiheftes) Bezug genommen. Der Kläger führt dort u.a. aus, dass er bei der P. GmbH ca. 900,-- EUR monatlich netto verdiene. Seit kurzem sei er noch geringfügig in einem zweiten Arbeitsverhältnis beschäftigt. Er rechne mit zusätzlichen monatlichen Nettoeinkünften von ca. 200,-- EUR. Er bezahle eine monatliche Kaltmiete in Höhe von 250,-- EUR sowie 24,-- EUR Nebenkosten. Wegen seiner desolaten wirtschaftlichen Situation habe er, der Kläger, die letzte Zeit keinen Unterhalt für seine drei minderjährigen Töchter, denen er unterhaltspflichtig sei, gezahlt.

Der Beschwerdeschrift sind beigefügt:

Der Arbeitsvertrag vom 21.05.2007 nebst Zusatzvereinbarung sowie die Gehaltsabrechnung für Juli 2007 (Bl. 16 bis 23 d. PKH-Beiheftes).

Das Arbeitsgericht forderte den Kläger mit Schreiben vom 23.10.2007 auf, einen Nachweis über die gezahlte Mietzinshöhe vorzulegen. Ferner bittet das Arbeitsgericht um Mitteilung, in welchem Umfange die Unterhaltsleistungen für die Kinder des Klägers im Falle dessen Leistungsfähigkeit zu erbringen wären. Im Anschluss an die Erinnerung vom 20.11.2007 half das Arbeitsgericht nach näherer Maßgabe des Beschlusses vom 19.12.2007 - 1 Ca 2036/06 - der sofortigen Beschwerde des Klägers nicht ab und legte die Beschwerde dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vor.

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt verwiesen.

II. Die Beschwerde ist als sofortige Beschwerde an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt worden. Mit Rücksicht auf § 222 Abs. 2 ZPO endete die 1-monatige Beschwerdefrist des § 127 ZPO bezüglich des am 21.09.2007 zugestellten Beschlusses vom 17.09.2007 am Montag, dem 22.10.2007. Diese Frist hat der Kläger gewahrt.

Die Beschwerde erweist sich nach näherer Maßgabe der folgenden Ausführungen auch als begründet.

Der Gesetzgeber hat der Partei, der Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, die Verpflichtung auferlegt, sich auf Verlangen des Gerichts darüber zu erklären, ob eine Änderung der Verhältnisse eingetreten sei (§ 120 Abs. 4 S. 2 ZPO). Vergleicht man die in § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO normierte Verpflichtung der Partei mit den Verpflichtungen, die sich für die Partei aus § 117 Abs. 1, 2 und 4 ZPO ergeben, so fällt auf, dass es der Gesetzgeber unterlassen hat, die Erklärungsfrist in § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO näher auszugestalten. (Auch) wird in § 120 Abs. 4 ZPO nicht auf § 117 Abs. 2 ZPO verwiesen. Mit Rücksicht darauf dürfen an die Erfüllung der Erklärungspflicht im Rahmen des § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO keine zu strengen Anforderungen gestellt werden. Aus diesem Grunde sieht die Beschwerdekammer die Erklärungen, die der Kläger insoweit mit dem Schriftsatz vom 19.10.2007 abgegeben hat, als gerade noch ausreichend an. Bei der Normierung des § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO hat es der Gesetzgeber (weiterhin) unterlassen, eine Frist für die Abgabe der gebotenen Parteierklärung zu normieren. (Auch) wird in § 120 Abs. 4 ZPO nicht auf § 118 Abs. 2 ZPO verwiesen. Aus diesem Grunde ist es anerkanntes Recht, dass die (bedürftige) Partei die erforderliche Erklärung auch noch im Beschwerdeverfahren abgeben bzw. eine bereits abgegebene Erklärung ergänzen und belegen kann. Dies erscheint unbefriedigend, - ist aber bei der Rechtsanwendung aufgrund des Wortlautes des Gesetzes hinzunehmen.

Vorliegend hat der anwaltlich vertretene Kläger mit dem Schriftsatz vom 19.10.2007, dem Arbeitsvertrag und Gehaltsabrechnung beigefügt waren, erklärt, wovon er derzeit seinen Lebensunterhalt bestreitet. Weiter hat er Angaben zu seinen Wohnkosten gemacht und dazu, dass er derzeit Unterhaltspflichten nicht erfülle. Damit hat der Kläger der Erklärungspflicht gemäß § 120 Abs. 4 S. 2 ZPO Genüge getan. Aufgrund der abgegebenen Erklärung - in Verbindung mit den vom Kläger vorgelegten Unterlagen - konnte das Arbeitsgericht eine Entscheidung darüber treffen, ob sich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers wesentlich geändert hatten oder nicht, - ob und inwieweit also nunmehr die im Beschluss vom 17.10.2006 - 1 Ca 2036/06 - enthaltene Entscheidung über (nicht) zu leistende Zahlungen zu ändern war oder nicht. Der mit der Beschwerde angegriffene Beschluss vom 17.09.2007 stützt die Aufhebung der Prozesskostenhilfe-Bewilligung auf § 124 Nr. 2 (Alternative 2) ZPO. Die letztgenannte Bestimmung stellt nach dem zuvor Ausgeführten jedoch deswegen keine ausreichende Rechtsgrundlage für die PKH-Aufhebung dar, weil sich der Kläger ausreichend erklärt hat. Demgemäß musste der Aufhebungsbeschluss des Arbeitsgerichts vom 17.09.2007 aufgehoben werden.

Der vorliegende Beschluss hindert das Arbeitsgericht nicht an der Prüfung und Entscheidung darüber, ob sich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers nunmehr im Vergleich zu der Situation, wie sie sich im Zeitpunkt der PKH-Bewilligung vom 17.10.2006 darstellte, wesentlich geändert haben. Sollte sich eine derartige Änderung feststellen lassen, ist das Arbeitsgericht durch den vorliegenden Beschluss nicht daran gehindert, erstmals entsprechende Monatsraten bzw. sonstige zu zahlende Beträge gemäß § 120 Abs. 1 Nr. 1 ZPO festzusetzen (vgl. § 20 Nr. 4 c) - 1. Alternative - RPflG). Soweit es in diesem Zusammenhang um die Berücksichtigung von Unterhaltsverpflichtungen des Klägers geht, kann ergebnisoffen darauf hingewiesen werden, dass die entsprechende Absetzung von Beträgen gemäß § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 2b ZPO voraussetzt, dass entsprechender Naturalunterhalt auch tatsächlich gewährt wird oder entsprechende Unterhaltszahlungen tatsächlich erfolgen. Wird der Unterhalt nicht gezahlt, vermindert er das Einkommen nicht (vgl. Musielak/Fischer 5. Aufl. ZPO § 115 Rz 20). Insoweit ist es anerkanntes Recht, dass im Rahmen der Prozesskostenhilfe nur die nachgewiesenen tatsächlichen Unterhaltsleistungen durch Betreuung oder Unterhaltszahlung vom Einkommen abzusetzen bzw. als Freibeträge zu berücksichtigen sind (OLG Karlsruhe, 11.11.2003 - 2 (20) WF 120/03 -).

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht veranlasst.

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