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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 17.04.2009
Aktenzeichen: 3 Ta 88/09
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 120 Abs. 4
ZPO § 572 Abs. 1 S. 1
ZPO § 572 Abs. 1 S. 1 HS 1
ZPO § 572 Abs. 1 S. 1 HS 2
ZPO § 572 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die (faktische) Nichtabhilfe-Entscheidung und die zur Vorlage der Beschwerde an das Beschwerdegericht führende Vorlageverfügung des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - (- 7 Ca 390/06 -) werden aufgehoben. 2. Das Beschwerdeverfahren wird an das Arbeitsgericht zurückverwiesen, damit dort vom zuständigen Rechtspfleger/von der zuständigen Rechtspflegerin ordnungsgemäß das in § 572 Abs. 1 S. 1 Halbsätze 1 und 2 ZPO vorgesehene Verfahren durchgeführt werden kann. 3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen. Gründe:

I. Für das seinerzeitige erstinstanzliche Erkenntnis-Verfahren - 7 Ca 390/06 - war dem Beklagten unter Beiordnung seines damaligen Prozessbevollmächtigten nach näherer Maßgabe des Beschlusses vom 19.06.2006 - 7 Ca 390/06 - (s. Bl. 74 d.A.) die Prozesskostenhilfe bewilligt worden. Die PKH-Bewilligung erfolgte mit der Maßgabe, dass der Beklagte einstweilen keinen eigenen Beitrag zu den Kosten der Prozessführung zu leisten brauchte. Vor der Bewilligung der Prozesskostenhilfe hatte der Beklagte dem Arbeitsgericht die Erklärung (vom 15.05.2006) über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt (Bl. 1, 1 R des PKH-Beiheftes nebst Anlage - Wohnraum-Mietvertrag vom 31.01.2006 in Kopie, Bl. 2 ff. des PKH-Beiheftes). Wegen der Überprüfung der Vermögensverhältnisse des Beklagten wandte sich das Arbeitsgericht mit dem Schreiben vom 07.08.2008 (Bl. 30 des PKH-Beiheftes) an den seinerzeitigen Prozessbevollmächtigten des Beklagten. Dieser sandte das gerichtliche Schreiben mit Telefax vom 10.08.2008 an das Arbeitsgericht mit folgendem Vermerk zurück: "Ich habe das Mandat niedergelegt! Eine aktuelle Anschrift ist mir nicht bekannt!" Am 13.10.2008 gelangte die (neue) Erklärung des Beklagten vom 06.10.2008 (über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse) zur Gerichtsakte (= Bl. 38, 38 R des PKH-Beiheftes). Beigefügt war die Entgeltabrechnung für September 2008 (Bl. 39 des PKH-Beiheftes). Das Arbeitsgericht forderte nunmehr Rechtsanwalt D. mit dem gerichtlichen Schreiben vom 20.10.2008 auf, die vom Beklagten "angegebene Zahlungsverpflichtung wie z.B. Miete pp. durch Vorlage geeigneter Belege nachzuweisen". Das daraufhin von dem Beklagten selbst beim Arbeitsgericht eingereichte Schreiben vom 06.11.2008 (Bl. 41 d.A.) beantwortete das Arbeitsgericht mit den Schreiben vom 19.11.2008 und vom 08.12.2008 (Bl. 42 f. des PKH-Beiheftes). Im Anschluss an das weitere gerichtliche Schreiben vom 02.01.2009 (Bl. 44 des PKH-Beiheftes) änderte das Arbeitsgericht die im Beschluss vom 19.06.2006 getroffene Zahlungsbestimmung [... der Kläger braucht "keinen eigenen Beitrag zu den Kosten der Prozessführung zu leisten ..."] dahingehend ab, dass der Beklagte ab dem 15.02.2009 monatliche Raten in Höhe von 250,00 EUR zu zahlen hat. Zur Begründung führt das Arbeitsgericht im Beschluss vom 28.01.2009 - 7 Ca 390/06 - im wesentlichen aus, dass die in § 120 Abs. 4 ZPO vorgeschriebene Nachprüfung ergeben habe, dass sich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beklagten zwischenzeitlich wesentlich geändert hätten und dass der Beklagte nunmehr in der Lage sei, die angefallenen 2,61 EUR Gerichts- und 912,34 EUR Rechtsanwaltskosten, also insgesamt 914,95 EUR an die Landeskasse zu zahlen. Der Beschluss vom 28.01.2009 - 7 Ca 390/06 - wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 02.02.2009 zugestellt (Empfangsbekenntnis Bl. 47 des PKH-Beiheftes). Ein Zustellungsnachweis (Empfangsbekenntnis oder Zustellungsurkunde) darüber, wann dem Beklagten persönlich und/oder Rechtsanwalt D. der Beschluss vom 28.01.2009 - 7 Ca 390/06 - zugestellt worden ist, befindet sich weder in der Hauptakte, noch im PKH-Beiheft. Am 04.03.2009 ging der Schriftsatz des Beklagten vom 27.02.2009 bei dem Arbeitsgericht ein. In diesem Schreiben, in dem der Beklagte das erstinstanzliche Aktenzeichen - 7 Ca 390/06 - angibt, heißt es u.a.: "... Zum Beschluss lege ich Beschwerde ein, da ich nicht so viel verdiene, um diesen Betrag von 914,95 EUR auf einmal zu zahlen. Wenn, dann kann ich eine Ratenzahlung vornehmen von 20,00 EUR, mehr geht leider nicht. Auch in der Beschlussfassung die sie angeben vom 02.01.09 wurde ich nicht gehört, so wie sie es in dem Beschlussschreiben angeben ...". Das Arbeitsgericht wandte sich daraufhin mit dem Schreiben vom 09.03.2009 (Bl. 51 des PKH-Beiheftes) u.a. wie folgt an den Beklagten: "... Bitte stellen Sie nun klar, ob Sie den Beschluss vom 28.01.2009 anfechten wollen. Sie werden aber bereits jetzt darauf hingewiesen, dass dem Rechtsmittel nicht abgeholfen werden wird und es zur Entscheidung dem Beschwerdegericht vorgelegt werden wird, sollten keine weiteren Sachvorträge und Belege Ihrerseits vorgelegt. Die einfache Behauptung, Sie können nur 20,00 EUR monatlich zahlen, reicht nicht aus ...". Mit dem Schreiben vom 02.04.2009 übersandte dem Beschwerdegericht eine Justizbeschäftigte der Geschäftsstelle des Arbeitsgerichts "auf Anordnung" die Akte - 7 Ca 390/06 - mit der Bitte um Entscheidung über die Beschwerde Bl. 50 d.A.. Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt verwiesen. II. Die Vorlage der Beschwerde führt zur Zurückverweisung des Beschwerdeverfahrens an das Arbeitsgericht. 1. Zu recht hat das Arbeitsgericht, wie die (zumindest faktisch) getroffene Nichtabhilfeentscheidung belegt, die Eingabe des Beklagten vom 27.02.2009 als Beschwerde ausgelegt. Die Beschwerde vom 27.02.2009 richtet sich gegen den (Abänderungs-)Beschluss des Arbeitsgerichts vom 28.01.2009 - 7 Ca 390/06 -. Für diese Auslegung spricht, dass in der Eingabe vom 27.02.2009 im Zusammenhang mit der Angabe des Aktenzeichens - 7 Ca 390/06 - ausdrücklich die Formulierungen "Beschwerde" und "Beschluss" verwendet werden. Außerdem erwähnt der Beklagte in der Beschwerdebegründung weiter ausdrücklich auch den Betrag von "914,95 EUR", so wie er eben auf Seite 2 des Beschlusses vom 18.01.2009 - 7 Ca 390/06 - genannt wird. 2. Hiernach stellt sich die Eingabe vom 27.02.2009 als an sich statthafte (sofortige) Beschwerde im Sinne der Rechtsmittelbelehrung des Beschlusses vom 28.01.2009 - 7 Ca 390/06 - dar. Es lässt sich nicht feststellen, dass das Ausgangsgericht, hier das Arbeitsgericht, bei der verfahrensmäßigen Behandlung der Beschwerde den in § 572 Abs. 1 S. 1 ZPO vorgeschriebenen Gang des Beschwerdeverfahrens ordnungsgemäß beachtet hätte. Nach der zitierten Vorschrift hat das Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, der Beschwerde abzuhelfen, wenn die Beschwerde für begründet erachtet wird, - andernfalls ist die Beschwerde dem Beschwerdegericht vorzulegen. Das Abhilfeprüfungsverfahren ist auch dann durchzuführen, wenn die Prozesskostenhilfeentscheidung in die Zuständigkeit des Rechtspflegers fällt (wie hier gemäß § 20 Nr. 4 c) RPflG in Verbindung mit § 120 Abs. 4 ZPO; vgl. OLG Köln vom 13.01.1999 - 14 WF 194/98 - ). Nach OLG Koblenz Rechtspfleger 1978, 104 und 1974, 260 muss über die Abhilfe durch Beschluss entschieden werden, so dass eine bloße Übersendungsverfügung ungenügend ist (OLG Stuttgart MDR 2003, 110). Auch muss sich aus der Vorlage ergeben, ob das Erstgericht seiner Prüfungspflicht nachgekommen ist. Die bloße Vorlageverfügung genügt nicht. Der Vorlagebeschluss kann aber gegebenenfalls nachgeholt werden. Nichtabhilfebeschlüsse sind jedenfalls dann zu begründen, wenn der angefochtene (Ausgangs-) Beschluss nicht genügend begründet worden ist. Das Erfordernis der Begründung der Nichtabhilfeentscheidung hat seinen Grund darin, dass dem Beschwerdeführer damit Gelegenheit gegeben wird, die Erfolgsaussicht seiner Beschwerde zu überprüfen. (Auch) besteht der Sinn des Abhilfe-Prüfungsverfahrens gerade darin, über eine Selbstkontrolle des Ausgangsgerichts (Arbeitsgerichts) für eine Entlastung des Beschwerdegerichts (Landesarbeitsgericht) zu sorgen und gleichzeitig dem Beschwerdeführer (möglichst) die Instanz zu erhalten. 3. a) Vorliegend zeigt die Begründung des Beschlusses vom 28.01.2009 - 7 Ca 390/06 - nicht im einzelnen auf, warum der Beklagte in der Lage sein soll, ab dem 15.02.2009 monatliche Raten gerade in Höhe von 250,00 EUR zu zahlen. Die auf Seite 2 des angefochtenen Beschlusses enthaltene Begründung ist zu allgemein gehalten, weil sie sich darauf beschränkt die Rechtsbehauptung aufzustellen, die in § 120 Abs. 4 ZPO vorgeschriebene Nachprüfung habe "ergeben", dass sich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beklagten zwischenzeitlich wesentlich geändert hätten. Woraus dieses Ergebnis resultiert, zeigt das Arbeitsgericht dem Beklagten nicht auf. Lediglich rechtsbehauptenden Charakter hat auch der weitere Satz der Entscheidungsgründe des Beschlusses vom 28.01.2009, in dem es (sinngemäß) heißt, dass der Beklagte nunmehr in der Lage sei, insgesamt 914,95 EUR an die Landeskasse zu zahlen. Die Bezugnahme auf das Anhörungsschreiben vom 02.01.2009 ersetzt die notwendige Begründung des Beschlusses vom 28.01.2009 - 7 Ca 390/06 - jedenfalls deswegen nicht, weil sich auch aus dem gerichtlichen Schreiben vom 02.01.2009 nicht ergibt, wie im einzelnen das Arbeitsgericht das einzusetzende Einkommen in Höhe von 629,00 EUR (-, das freilich nach der Tabelle zu § 115 ZPO zu monatlichen Raten von 250,00 EUR führt, -) ermittelt hat. b) Mit Rücksicht darauf kann jedenfalls in einem Fall der vorliegenden Art auf eine ordnungsgemäße Begründung der Nichtabhilfeentscheidung nicht verzichtet werden. Das Arbeitsgericht behandelt den Beklagten im Ergebnis so, als habe dieser überhaupt keine Wohnkosten. Diese Annahme erscheint so ungewöhnlich, dass sie einer näheren Begründung bedurft hätte.

Wie sich aus dem Schreiben des Beklagten vom 06.11.2008 zum einen und aus dem gerichtlichen Antwortschreiben vom 19.11.2008 zum anderen ergibt, hatte der Beklagte dem Arbeitsgericht immerhin Originalbelege (hinsichtlich seiner Belastungen) übersandt. Außerdem befindet sich auf Blatt 41 R des PKH-Beiheftes der Vermerk: "Miete: 400,00 EUR, Betriebskosten-Vorauszahlung: 130,00 EUR, 530,00 EUR (+ 45,00 EUR, - Garage"). Im Hinblick darauf begegnet die mögliche Annahme des Arbeitsgerichts von dem Nettoeinkommen des Beklagten in Höhe von 1.191,12 EUR sei nur der erhöhte Freibetrag von 562,00 EUR (= 386,00 EUR + 176,00 EUR) abzuziehen, so dass sich ein einzusetzendes Einkommen in Höhe von 629,00 EUR (abgerundet) ergeben würde, Bedenken. 4. In analoger Anwendung des § 572 Abs. 3 ZPO ist deswegen hiermit die gerichtliche Vorlageverfügung ("Nichtabhilfeentscheidung") des Arbeitsgerichts aufzuheben. Gleichzeitig ist das Beschwerdeverfahren an das Arbeitsgericht (Rechtspfleger/Rechtspflegerin) zurückzuverweisen, damit dort das gesetzlich vorgeschriebene Abhilfeprüfungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt und - im Falle der erneuten Nichtabhilfe - durch einen ausreichend begründeten Beschluss abgeschlossen werden kann. Da die Beschwerde des Beklagten demgemäß bislang nicht erfolglos gewesen ist, besteht für eine Kostenentscheidung keine Veranlassung. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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