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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 30.06.2005
Aktenzeichen: 4 Sa 238/05
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO, TzBfG


Vorschriften:

ArbGG § 64 Abs. 6
ArbGG § 66 Abs. 1
ZPO § 520
TzBfG § 14 Abs. 1 Nr. 3
TzBfG § 17
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 4 Sa 238/05

Entscheidung vom 30.06.2005

Tenor:

Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 26.01.2005 - 4 Ca 1021/04 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Frage, ob das Arbeitsverhältnis des Klägers mit Ablauf einer vertraglich vereinbarten Befristung endete oder unbefristet fortbesteht.

Der Kläger ist am 22.02.1959 geboren. Er ist verheiratet und 3 Kindern gegenüber unterhaltspflichtig. Das Gymnasium verließ er in der Jahrgangsstufe 11, studierte von Oktober 1976 bis Januar 1979 an der B. K.-schule in T., erreichte jedoch keinen Abschluss. Ab 15.10.2001 ist er auf Grund von mehreren jeweils befristeten Arbeitsverträgen bei dem beklagten Land als Lehrer an verschiedenen Schulen und mit unterschiedlicher Wochenstundenzahl beschäftigt. Der letzte Vertrag datiert vom 09.02.2004 und hat zum Inhalt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis über den 31.01.2004 hinaus bis zum 16.07.2004 verlängert worden ist. In dem Vertrag heißt es wörtlich:

" Durch diese Beschäftigung wird der entstandene Unterrichtsausfall auf Grund der Inanspruchnahme der Elternzeit der Lehrkraft K. C. abgedeckt."

Herr A. erteilt weiterhin 18 Wochenstunden an folgender Schule: M--Hauptschule in T."

Die Lehrkraft K. C. ist Beamtin.

Der Kläger hat mit der am 18.06.2004 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage geltend gemacht, das Arbeitsverhältnis bestehe über den 16.07.2004 hinaus unbefristet fort.

Er hat vorgetragen, es habe von Anfang an kein vorübergehender sondern ein dauerhafter Beschäftigungsbedarf für ihn bestanden. Es seien jeweils befristete Arbeitsverträge abgeschlossen worden, ohne dass der Kläger die jeweils angegebenen zu vertretenden Lehrer tatsächlich vertreten habe. Er sei auch überwiegend an einer anderen Schule eingesetzt worden als an der Schule, an der die zu vertretenden Lehrer unterrichteten. Frau K. C. sei nicht an der M.-Hauptschule in T. beschäftigt. Der Kläger hat bestritten, dass sie in Elternteilzeit sei und dass sie den Dienst ab 01.08.2004 wieder aufgenommen habe.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers mit dem beklagten Land über den 16.07.2004 hinaus unbefristet mit 18 wöchentlichen Unterrichtsstunden fortbesteht.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hat vorgetragen, der zuletzt abgeschlossene Arbeitsvertrag für den Zeitraum vom 01.02.2004 bis 16.07.2004 sei durch einen Sachgrund rechtmäßig befristet, nämlich die Vertretung der Elternzeit der Frau K. C.. Tatsächlich habe sie sich zu diesem Zeitpunkt in Elternzeit befunden, auf ihren Antrag sei die Elternzeit ab 07.02.2003 bis 31.07.2004 gewährt worden.

Das beklagte Land hat erstinstanzlich sich auf den so genannten Gesamtvertretungsbedarf berufen. Dies bedeute, dass in Rheinland-Pfalz der Vertretungsbedarf für das Lehrpersonal im Bereich der Grund- und Hauptschulen bezogen auf ein Schuljahr rechnerisch ermittelt und durch befristet eingestellte Lehrkräfte abgedeckt werde. Diese würden von Ausnahmen abgesehen nicht an den Schulen der zu vertretenden Lehrkräfte eingesetzt oder deren Fachkombination unterrichten. Der Gesamtvertretungsbedarf werde an Hand der zu erwartenden Schülerzahlen, der aktuellen Unterrichtsvorgaben und des dazu erforderlichen Lehrerbedarfs nach Durchführung eines regionalen bzw. überregionalen Personalausgleichs bei Lehrkräften ermittelt. Nach Hinweis des Arbeitsgerichts mit Auflagenbeschluss vom 21.10.2004, wonach das beklagte Land im Einzelnen darlegen müsse, von welchem in zulässiger Weise ermittelten Gesamtvertretungsbedarf zum Zeitpunkt des letzten befristeten Arbeitsvertrages auszugehen gewesen sei und dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den zeitweiligen Ausfall einer planmäßigen Lehrkraft und der Einstellung des Klägers bestanden habe, hat das beklagte Land vorgetragen, ein Heranziehen der Argumente des Gesamtvertretungsbedarfes sei nicht erforderlich. Aus dem Wortlaut des Vertrages ergebe sich, dass der Kläger zur Abdeckung des auf Grund der Inanspruchnahme der Elternzeit der Lehrkraft K. C. entstandenen Unterrichtsausfalls eingesetzt worden sei. Rechtmäßiger Sachgrund sei die Vertretung der Elternzeit der Lehrerin K. C. gewesen. Der Sachgrund der Vertretung setze nicht voraus, dass die Vertretungskraft dieselben Arbeiten verrichten sollte, die der ausgefallene Mitarbeiter zu verrichten gehabt habe. Dies folge daraus, dass die Versetzungs- und Umsetzungsbefugnisse des Arbeitgebers unberührt bleiben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes I. Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 26.01.2005 verwiesen.

Wegen der Einzelheiten der Vertragsgestaltung der Parteien wird auf die zu den Akten gereichten Verträge vom 18.10.2001 Bl. 5, vom 25.10.2001 Bl. 6 f, vom 06.09.2002 Bl. 8 f, vom 21.11.2002 Bl. 10, vom 06.02.2003 Bl. 11, vom 28.08.2003 Bl. 12, vom 09.02.2004 Bl. 13, Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat der Klageforderung entsprochen. Es hat im Wesentlichen ausgeführt, die rechtzeitig (§ 17 TzBfG) erhobene Klage führe zur Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis unbefristet fortbestehe. Die Voraussetzungen zur sachgrundlosen Befristung lägen nicht vor. Es komme auf den zuletzt abgeschlossenen befristeten Arbeitsvertrag an. Der letzte Arbeitsvertrag sei der Änderungsvertrag vom 09.02.2004. Für diesen sei ein sachlicher Grund für die Befristung des Arbeitsvertrages nicht gegeben. Der Vortrag zum Gesamtvertretungsbedarf des beklagten Landes sei nicht ausreichend. Der Arbeitgeber müsse bei Vertragsschluss mit der Vertretungskraft die hinreichend sichere Prognose stellen, dass an die Arbeitskraft nur ein vorübergehender Bedarf bestehe. Eine auf einen Gesamtvertretungsbedarf gestützte Befristung sei nur wirksam, wenn sich für ein Schuljahr auf Grund der zu erwartenden Schülerzahlen und der unterrichtsorganisatorischen Vorgaben ein Unterrichtsbedarf ergebe, der mit den lehrplanmäßigen Lehrkräften nur deshalb nicht abgedeckt werden könne, weil ein Teil dieser Lehrkräfte in diesem Zeitraum auf Grund einer feststehenden Beurlaubung für die Unterrichtsversorgung vorübergehend nicht zur Verfügung stehe. Zwischen dem zeitweiligen Ausfall einer planmäßigen Lehrkraft und der befristeten Einstellung der Vertretungskraft müsse ein Kausalzusammenhang bestehen. Vorliegend habe das beklagte Land einen Gesamtvertretungsbedarf nicht ermittelt, jedenfalls nicht durch einen substantiierten Sachvortrag in den Prozess eingeführt. Es könne deshalb nicht festgestellt werden, welcher Gesamtvertretungsbedarf an Grund- und Hauptschulen im Land Rheinland-Pfalz bestehe und dass die Zahl der befristet eingesellten Vertretungskräfte den Gesamtvertretungsbedarf nicht übersteige. Der Vortrag des beklagten Landes sei auch nicht ausreichend, so weit das Land sich zuletzt auf eine mittelbare Einzelvertretung berufe. Richtig bei der Argumentation sei insoweit, dass dem sachlichen Befristungsgrund der Vertretung es nicht entgegensteht, dass der Vertreter nicht die Aufgaben des zu vertretenden Mitarbeiters übernehme. Es müsse aber sichergestellt sein, dass die Vertretungskraft gerade wegen des durch Ausfall entstandenen vorübergehenden Beschäftigungsbedarfes eingestellt werde. Dieser Zusammenhang sei vom Arbeitgeber im Einzelnen darzulegen. Ein solcher ursächlicher Zusammenhang sei für das Gericht nicht erkennbar. Das beklagte Land trage hierzu überhaupt nichts vor. Es teile nicht einmal mit, welche Fächer Frau C. unterrichtete und welche Fächer der Kläger unterrichte. Es trage nicht vor, wie viel Stunden die jeweiligen Lehrer unterrichteten, wie umorganisiert wurde bzw. welche Umorganisation das Land im Hinblick auf sein Direktions- und Weisungsrecht hätte vornehmen können. Es trage nicht einmal vor, inwieweit es rechtlich und tatsächlich die Möglichkeit habe, die ausfallende Mitarbeiterin K. C. in den Arbeitsbereich des Vertreters, also des Klägers, an der M-Hauptschule in T. umzusetzen. Soweit das beklagte Land sich darüber hinaus berufe, mangels ausreichender Qualifikation könne der Kläger keinen unbefristeten Arbeitsvertrag erhalten, hätte im Einzelnen dargelegt werden müsse, inwiefern dieser in der Person des Klägers liegende Grund die Befristung rechtfertige.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf die Vorbezeichnete Entscheidung verwiesen.

Gegen das dem beklagten Land am 03.03.2005 zugestellte Urteil richtet sich die am 16.03.2005 eingelegt Berufung. Das beklagte Land hat seine Berufung mit am 29.04.2005 eingegangenem Schriftsatz begründet.

Unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 13.04.1983 - 7 AZR 51/81 - führt das beklagte Land aus, es habe auf Ebene der Aufsicht- und Dienstleistungsdirektion entschieden, dass in dem Schulbezirk ein so genannter Vertretungsgeber mit einem grundsätzlichen Vertretungsbedarf bestehe. Dies sei im vorliegenden Fall die Lehrerin K. C. gewesen. An der M-Hauptschule in T. habe ein Vertretungsbedarf von 18 Stunden bestanden. Das beklagte Land hätte die Lehrerin C. zum Ausfüllen des zusätzlichen Bedarfes an der Hauptschule T. versetzen können und den Kläger auf Grund seines befristeten Arbeitsvertrages an der Hauptschule C. beschäftigen können. Dass dieses nicht so vollzogen wurde könne jedoch nicht zur Unwirksamkeit der Befristung führen. Durch die namentliche Bezeichnung einer bestimmten beurlaubten Lehrkraft im Arbeitsertrag werde dem Schutzzweck der Befristungsrechtsprechung sachgerecht Rechnung getragen. Durch die namentliche Verbindung einer Aushilfslehrkraft (des Klägers) mit einer beurlaubten Lehrkraft sei ein sachgerechter Befristungsgrund voll umfänglich erreicht.

Das beklagte Land beantragt,

die Entscheidung des Arbeitsgerichts Trier vom 26.01.2005 - 4 Ca 1021/04 - wird abgeändert und die Klage abgewiesen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Er verteidigt die angefochtene Entscheidung. Er bestreitet die Behauptung des beklagten Landes, dass es im Jahre 2004 im Bereich der A. 2000 Vertretungsfälle wegen Krankheit, Elternzeit etc. gegeben habe. Der konkrete Bedarf an der M-Hauptschule an der er mit diversen Teilzeit- und Änderungsverträgen gearbeitet habe, habe zumindest ab dem 19.08.2002 bestanden. Der Kläger bestreitet, dass das beklagte Land die Lehrerin C. auch zum Ausfüllen des zusätzlichen Bedarfes an die Hauptschule T. hätte versetzen können. Die Versetzung wäre nicht möglich gewesen, da der entsprechende Fächervertretungsbedarf nicht identisch sei mit den Fächern der Lehrerin C. in C. mit denen an der Hauptschule T.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen. Weiter wird verwiesen auf die Feststellungen zum Sitzungsprotokoll zum 30.06.2005.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung des Beklagten Landes ist zulässig, sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i.V.m. § 520 ZPO.

II.

Die Berufung des beklagten Landes hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Im Ergebnis und in der Begründung vollkommen zutreffend hat das Arbeitsgericht Trier der Feststellungsklage des Klägers entsprochen. Die Frist des § 17 TzBfG für die Klageerhebung ist gewahrt. Die Klage kann auch bereits vor dem vereinbarten Ende des Arbeitsverhältnisses abhängig gemacht werden.

Da das Arbeitsverhältnis nicht mehr sachgrundlos befristet werden kann, weil es mit dem beklagten Land über die Dauer von 2 Jahren schon bestanden hat und darüber hinaus mehr als 4 befristete Arbeitsverträge abgeschlossen wurden, ist die vereinbarte Befristung im Vertrag vom 09.02.2004, auf dessen sachliche Rechtfertigung es alleine ankommt (vgl. BAG AP Nr. 97 zu § 620 BGB "Befristeter Arbeitsvertrag"), nicht rechtwirksam vereinbart mit der Folge, dass ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit den Parteien besteht.

Das beklagte Land beruft sich offensichtlich ausschließlich auf den Befristungsgrund des § 14 Abs. 1 Nr. 3 TzBfG, wonach ein sachlicher Grund insbesondere dann vorliegt, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird.

Das Arbeitsgericht hat im angefochtenen Urteil zutreffend erkannt, dass sich das beklagte Land weder erfolgreich auf den so genannten Gesamtvertretungsbedarf berufen kann noch sich auf eine mittelbare Einzelvertretung berufen kann.

Entgegen der vom beklagten Land in der Berufungsbegründung dargelegten Auffassung hat sich das Arbeitsgericht keineswegs darauf beschränkt, im angefochtenen Urteil die Ausführungen des Arbeitsgerichts auf die Überprüfung eines geltend gemachten Gesamtvertretungsbedarfes zu beschränken.

Das beklagte Land kann mit Erfolg weder sich auf einen Gesamtvertretungsbedarf noch auf einen Bedarf wegen unmittelbarer/mittelbarer Einzelvertretung der Mitarbeiterin C. berufen.

Dem beklagten Land ist zuzugeben, dass nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ein Schultypen übergreifender Gesamtvertretungsbedarfes an Lehrkräften die Befristung von Arbeitsverträgen sachlich rechtfertigen kann. Voraussetzung dafür ist, dass das beklagte Land die planmäßigen Lehrkräfte ungeachtet ihrer Lehrbefähigung und ihres jeweiligen Status zur Abdeckung vorübergehen der Bedarfslagen an allen Schulen einsetzen kann. Schließt das beklagte Land mit Vertretungskräften zur Abdeckung eines schuljahresbezogenen Gesamtvertretungsbedarfes Zeitverträge für die Dauer eines Schuljahres, muss der Vertretungsbedarf auf einer zeitlich entsprechenden Abwesenheit planmäßiger Lehrkräfte beruhen (vgl. BAG, Urteil vom 20.01.1999 - 7 AZR 640/97 -, NZA 1999 928). Eine Befristung ist nicht funktionswidrig und damit auch nicht geeignet den gesetzlichen Kündigungsschutz objektiv zu umgehen, wenn der Arbeitgeber bei Abschluss des Zeitvertrages auf Grund konkreter tatsächlicher Anhaltspunkte die Prognose stellen kann, die Beschäftigungsmöglichkeit für den Arbeitnehmer werde zu einem bestimmten Zeitpunkt mit dem Eintreten eines bestimmten Ereignisses entfallen. Deshalb ist die Vertretung für einen zeitweilig ausfallen Mitarbeiter als sachlicher Grund für eine Befristung anerkannt und auch Inhalt des Gesetzes. Infolge der absehbaren Rückkehr des Vertretenen kann der Arbeitgeber bei Vertragsschluss mit der Vertretungskraft die hinreichend sichere Prognose stellen, dass an deren Arbeitskraft nur vorübergehender Bedarf besteht. Der von der Rechtsprechung mit dem Begriff der Vertretung bezeichnete Sachgrund meint weder eine unmittelbare noch eine mittelbare Vertretung im Rechtssinne. Der Sachgrund liegt in diesen Fällen darin, dass der Arbeitgeber den von ihm vorgegebenen Arbeitskräftebedarf für die Erledigung bestimmter Arbeitsaufgaben bereits durch einen Arbeitsvertrag bzw. ein Beamtenverhältnis mit dem zu Vertretenden abgedeckt hat. Die befristete Beschäftigung zur Vertretung lässt die Versetzungs- und Umsetzungsbefugnisse des Arbeitgebers unberührt. Die der Befristungskontrolle zu Grunde liegenden Wertungsmaßstäbe verlangen daher nicht, dass die befristet eingestellte Vertretungskraft mit den Arbeitsaufgaben betraut wird, deren Erbringung von dem Vertretenen geschuldet wird. Bei einem vorübergehenden Ausfall eines Stammarbeiters kann der Arbeitgeber darüber hinaus bestimmen, ob er den Arbeitsausfall überhaupt überbrücken will oder ob er im Wege der Umverteilung die von dem zeitweilig verhinderten Arbeitnehmer zu erledigenden Aufgaben anderen Mitarbeitern zuweist oder dessen Aufgaben ganz oder teilweise von einer Vertretungskraft erledigen lässt.

Von den Fällen einer unmittelbaren/mittelbaren Einzelvertretung unterscheidet sich eine Gesamtvertretung bei Lehrkräften im Schulbereich dadurch, dass innerhalb einer durch Organisationsscheidung festgelegten Verwaltungseinheit der Vertretungsbedarf für das Lehrpersonal eines Schulbereichs bezogen auf ein Schuljahr rechnerisch ermittelt und durch befristet eingestellte Vertretungskräfte abgedeckt wird, die, von Ausnahmen abgesehen, nicht an den Schulen der zu vertretenden Lehrkräfte eingesetzt werden oder deren Fächerkombination unterrichten.

Eine darauf gestützte Befristung kann nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wirksam sein, wenn sich für ein Schuljahr auf Grund der zu erwartenden Schülerzahlen und der unterrichtsorganisatorischen Vorgaben ein Unterrichtsbedarf ergibt, der mit den planmäßigen Lehrkräften nur deshalb nicht abgedeckt werden kann, weil ein Teil dieser Lehrkräfte in diesem Zeitraum auf Grund einer feststehenden Beurlaubung für die Unterrichtsversorgung vorübergehend nicht zur Verfügung steht (vgl. BAG Urteil vom 13.04.1983 7 AZR 51/81). In diesem Fall besteht für die befristet eingestellten Vertretungskräfte bereits bei Vertragsschluss nur ein vorübergehender durch die zu erwartende Rückkehr der planmäßigen Lehrkräfte begrenzter Beschäftigungsbedarf. Dem Sachgrund der Gesamtvertretung liegt ein konkreter Aushilfsbedarf für die Erledigung bestimmter Arbeitsaufgaben zu Grunde. Diesen Aushilfsbedarf könnte der Arbeitgeber auch im Wege einer Einzelvertretung abdecken. Dazu würde es genügen, im einzelnen Fall eine vorübergehend nicht zur Verfügung stehende planmäßige Lehrkraft für die Dauer ihrer Abwesenheit förmlich an diejenige Schule zu versetzen, an der die Vertretungskraft eingesetzt und mit Aufgaben beschäftigt wird, die auch die planmäßige Lehrkraft erbringen könnte. Diese umständliche und letztlich sinnentleerte Maßnahme muss der Arbeitgeber nicht durchführen. Der Sachgrund der Gesamtvertretung im Schulbereich setzt demnach umfassende Versetzungs- und Umsetzungsbefugnisse des Arbeitgebers hinsichtlich der Beamten und Angestellten planmäßigen Lehrkräfte sowie der befristet angestellte Vertretungskräfte voraus. Verzichtet wird lediglich auf die förmliche Durchführung von Versetzungs- und Umsetzungsmaßnahmen allein zum Nachweis des Aushilfsbedarfes.

Allerdings bedeutet dies nicht, dass ein Gesamtvertretungsbedarf immer dann angenommen werden kann, wenn das beklagte Land dies allein behauptet. Hierzu reicht es auch nicht aus den Grundsatz darzustellen, dass eine nicht nachprüfbare Organisationsentscheidung die Organisation des Lehrereinsatzes für das gesamte Land Rheinland-Pfalz der C. T. übertragen wurde. Dies lässt grundsätzlich eine Schultypen unabhängige Ermittlung und ein Ausgleich des Vertretungsbedarfes zu. Allerdings ist, dies hat auch der Auflagenbeschluss des Arbeitsgerichts Trier gezeigt, eine konkrete an den Vorgaben des Einzelfalls notwendige detaillierte Stellungnahme des beklagten Landes erforderlich. Es ist zu überprüfen, ob das beklagte Land alle von ihm angegebenen Ausfälle der planmäßigen Lehrer in die Berechnung einstellen durfte.

Das beklagte Land hat für das Schuljahr 2004 2000 Vertretungsfälle bezeichnet. Der Sachgrund der Vertretung verlangt eine Prognose zum Wegfall des Vertretungsbedarfes. Die Prognose hat sich darauf zu beziehen, ob im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit den Vertretungskräften zu erwarten ist, dass die zu vertretenden Mitarbeiter ihre Arbeit wieder aufnehmen bzw. ihren Dienst wieder antreten. Die Prognose gibt auch die Vorstellung des Arbeitgebers zur zeitlichen Dauer des Vertretungsbedarfes wieder. Diese Vorstellung bestimmt zugleich die äußere Grenze der Laufzeit der Zeitverträge mit den Vertretungskräften. Schließt das beklagte Land mit Vertretungskräften im Rahmen des Gesamtvertretungsbedarfes schuljahresbezogene Zeitverträge, muss dieser Bedarf auf zeitlich entsprechenden Abwesenheitszeiten planmäßiger Lehrkräfte berufen. Der Arbeitgeber muss für jeden Einzelfall die Gründe kennen, auf denen die Abwesenheit seiner planmäßigen Mitarbeiter beruht. Nur an Hand dieses Wissens kann zu verlässig beurteilt werden, ob mit der Rückkehr der zu vertretenden Mitarbeiter zu rechnen ist und deshalb der Bedarf an der Arbeitsleistung der Vertretungskräfte zeitlich begrenzt und auch weitgehend für die Dauer des Schuljahres besteht. In Fällen einer tariflich oder beamtenrechtlich begründeten Beurlaubung lässt sich ein vorübergehender oder auch schuljahresbezogener Bedarf an der Arbeitsleitung zuverlässig prognostizieren. Für eine vorübergehende Abwesenheit, die auf der Gewährung von Erziehungsurlaub, Mutterschutz oder Erkrankung oder sonstigen Gründen beruht, gilt dies nicht in gleicher Weise. Bei Erziehungsurlaub kann der Arbeitgeber eine konkrete Prognose zur Rückkehr des Arbeitnehmers nach Ablauf des jeweiligen Schuljahres nur bei einem beantragten oder bewilligten Erziehungsurlaub stellen. Die Prognose auf Grund mutterschutzrechtlicher Vorschriften bezieht sich zwangsläufig auf Zeiträume, die mit dem Schuljahr regelmäßig nicht deckungsgleich sind. Diese Arbeitsausfälle dürfen in die Berechnung eines an der Dauer des Schuljahres orientierten Gesamtvertretungsbedarfes eben so wenig einfließen wie krankheitsbedingte Abwesenheitszeiten planmäßiger Lehrkräfte oder sonstige Abwesenheitsgründe. Sie können in die rechnerische Ermittlung des Gesamtvertretungsbedarfes einfließen, wenn sie im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorliegen und mit einer Rückkehr der zu vertretenden Mitarbeiter nicht vor Ablauf des Schuljahres zu rechnen ist.

Der künftige Vertretungsbedarf wird jedoch nicht nur durch die Ungewissheit bestimmt, in welchem Umfang und für welche Zeitdauer bestehende Beschäftigungsverhältnisse suspendiert sein werden sondern auch von der Entwicklung des tatsächlichen Arbeitsanfalls. Das erfordert eine zusätzliche Prognose zum tatsächlichen Arbeitskräftebedarf auf Grund der für das jeweilige Schuljahr zu erwartenden Schülerzahlen, der Klassenstärken und der Auswirkungen organisationsspezifischer Unterrichtsvorgaben. Ein Gesamtvertretungsbedarf setzt die Deckung eines tatsächlichen Lehrkräftebedarfs voraus, der ohne die Beurlaubung oder sonstige Abwesenheit von planmäßigen Lehrkräften ansonsten nicht entstanden wäre und für den an sich planmäßig angestellte Lehrkräfte auf Dauerarbeitsplätzen vorhanden sind.

Somit kann als Zwischenergebnis festgehalten werden, dass das beklagte Land, entgegen den vom Arbeitsgericht gegebenen ausführlichen Hinweisbeschluss weder erstinstanzlich noch im Berufungsverfahren Tatsachen vorgetragen hat, die das Gericht Instand setzen können zu überprüfen, ob das beklagte Land alle von ihm angegebenen Ausfälle (ca. 2000) in die Berechnung einstellen durfte und ob es überhaupt eine den Anforderungen an die Ermittlung des Vertretungsbedarfs gerecht werdende Prognose zum tatsächlichen Arbeitskräftebedarf aufgestellt hat.

III.

Die Begründung der Berufung des beklagten Landes zielt auch eher dahin, dass es allein ausreichend ist, die Grundsätze einer unmittelbaren/mittelbaren Vertretung der Mitarbeiterin C. als Begründung für die sachliche Rechtfertigung einer Befristungsabrede heranzuziehen.

Zu Gunsten des beklagten Landes wird unterstellt, dass die Lehrerin C. Beamtin ist und sich bis zum Ende des Schuljahres 2004 in Erziehungsurlaub befand.

Eine unmittelbare Vertretung des Klägers für den Ausfall der Mitarbeiterin C. kann nicht festgestellt werden. Das beklagte Land hat sich letztendlich darauf berufen, dass eine mittelbare Vertretung Sachgrund der Befristungsabrede war. Die Befristungsabrede kann sich auch auf die so genannte mittelbare Vertretung eines ausgefallenen Arbeitnehmers beziehen. In diesem Falle ist es jedoch Sache des Arbeitgebers im Wege der lückenlosen und schlüssigen Aufstellung einer Vertreterkette den Kausalzusammenhang von vorübergehendem Arbeitsausfall bis zum überbrückungs- halber einzustellenden Befristungspersonal darzulegen.

Dieser Kausalzusammenhang muss im Zeitpunkt der Vornahme der befristeten Einstellung bestanden haben und vom Arbeitgeber der Befristung zu Grunde gelegt worden sein. Im Falle der mittelbaren Vertretung muss die Vertretungskraft nicht dieselben Aufgaben verrichten, die der ausgefallene Mitarbeiter zu vertreten gehabt hätte. Der Arbeitgeber ist nicht gehindert, eine Umorganisation vorzunehmen und die Aufgaben des zeitweilig ausfallenden Mitarbeiters einem oder auch mehreren anderen Mitarbeitern zu übertragen sowie dessen bzw. deren Aufgaben ganz oder teilweise wiederum von der Vertretungskraft erledigen zu lassen. Notwendig aber auch ausreichend ist, dass zwischen dem zeitweiligen Ausfall eines Mitarbeiters und dem dadurch hervorgerufenen vorübergehenden Vertretungsbedarf einerseits und der befristeten Einstellung der Vertretungskraft andererseits ein Kausalzusammenhang besteht (vgl. BAG vom 21.03.1990 7 AZR 1286/89 = AP Nr. 135 zu § 620 BGB "Befristeter Arbeitsvertrag"). Bestreitet wie hier, der Kläger den Kausalzusammenhang muss das beklagte Land deutlich machen, in welcher Weise die befristete Einstellung bzw. Vertragsänderung der Befriedigung des Vertretungsbedarfs dienen sollte. Hierzu hat das beklagte Land sich in seinem Sachvortrag wiederum lediglich auf den Gesamtvertretungsbedarf berufen. Eine lückenlose und schlüssige Aufstellung einer Vertreterkette im Kausalzusammenhang von vorübergehendem Arbeitsausfall bis zur überbrückungshalber eingestelltem Befristungspersonal ist nicht dargelegt. Allein der Umstand, dass die Mitarbeiterin C. im Vertrag namentlich bezeichnet wird, sagt nicht aus, dass der Kläger in unmittelbarer oder mittelbarer Stellvertretung für diese Mitarbeiterin eingesetzt wird.

Das gesamte Vorbringen des beklagten Landes führt auch im Berufungsverfahren im Übrigen dahin, dass ein Gesamtvertretungsbedarf, der vom beklagten Land für die Grund- und Hauptschulen mit 2000 Stellen bezeichnet wurde, errechnet und streitig vorgetragen wird und hieraus sich die Berechtigung zur befristeten Einstellung des Klägers ergeben sollte.

Wegen des fehlenden Sachvortrags des beklagten Landes, trotz ausführlichen und detaillierten Auflagen- und Hinweisbeschlüsse des Arbeitsgerichts sowohl erst- als auch zweitinstanzlich sieht sich die Kammer aber nicht in der Lage zu überprüfen, ob die vom beklagen Land behauptete Prognose eines nur vorübergehenden Beschäftigungsbedarfes des Klägers zutreffend und rechtlich einwandfrei ermittelt wurde.

Nach allem musste die Berufung des beklagen Landes erfolglos bleiben. Sie war mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Kammer hat wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zugelassen.

Ende der Entscheidung

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