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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 28.07.2005
Aktenzeichen: 4 Sa 381/05
Rechtsgebiete: BGB, ArbGG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 123 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 6
ZPO § 520 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 4 Sa 381/05

Entscheidung vom 28.07.2005

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier (2 Ca 1598/04) vom 25.01.2005 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Frage, ob das Arbeitsverhältnis durch Aufhebungsvereinbarung beendet wurde bzw. ob die Beklagte anlässlich dieser Aufhebung Schadensersatz zu leisten hat.

Seit 25.10.1982 war die Klägerin bei der Beklagten zu einem monatlichen Bruttoentgelt von zuletzt 1.917,80 Euro beschäftigt. Nachdem die Klägerin und ihre Arbeitskollegin, Frau K., mit einer EDV-Umstellung am 09.09.2004 befasst waren, begaben sie sich um 20.00 Uhr zum Geschäftsführer der Beklagten und teilten diesem mit, dass sie nunmehr nach Hause gingen, die Arbeiten jedoch nicht fertig gestellt seien. Der Inhalt des an dem Abend geführten Gespräches ist zwischen den Parteien streitig. Obwohl normaler Arbeitstag, erschien die Klägerin am 10.09.2004 nicht zur Arbeit. Der Geschäftsführer der Beklagten bestellte sie telefonisch in den Betrieb, dort unterzeichnete sie am Nachmittag eine Aufhebungsvereinbarung, dessen Inhalt im Tatbestand des angefochtenen Urteils wiedergegeben ist.

Die Klägerin hatte mit Schreiben vom 21.09.2004 die Erklärung über die Annahme des Angebots zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages durch Anwaltsschriftsatz angefochten.

Sie hat vorgetragen, der Geschäftsführer sei offenbar verärgert gewesen darüber, dass sie und ihre Kollegin Feierabend hätten machen wollen. Er habe ihr und ihrer Kollegin daher mitgeteilt, dass sie am nächsten Tag nicht mehr zur Arbeit erscheinen müssen. Dies habe sie als fristlose Kündigung aufgefasst, auch wenn der Geschäftsführer hinzugefügt habe, er wolle das Arbeitsverhältnis nicht kündigen, er vielmehr sie und die Zeugin K. aufgefordert habe, ihrerseits zu kündigen. Sie habe am 10.09.2004 keine Gelegenheit gehabt, sich die Unterzeichnung des Vertrages ernsthaft zu überlegen. Sie sei zunächst erleichtert gewesen, dass es sich nicht um die fristlose Kündigung wegen Arbeitsverweigerung gehandelt habe, mit der sie gerechnet habe. Ihre Frage, ob durch die Unterzeichnung der Vereinbarung möglicherweise Ansprüche gegenüber der Bundesagentur für Arbeit gefährdet seien, habe der Geschäftsführer verneint. Dies habe er auch der Zeugin K. versichert. Tatsächlich habe die Bundesagentur für Arbeit die Verhängung einer Sperrzeit angekündigt. Durch widerrechtliche Drohung sei sie zur Abgabe ihrer Willenserklärung bestimmt worden. Sie habe unterschrieben, weil sie befürchtet habe andernfalls mit dem Makel einer fristlosen Kündigung belastet zu werden. Der Beklagte habe sie auch hinsichtlich der Angaben zu Leistungen der Arbeitslosenverwaltung getäuscht. Der Aufhebungsvertrag sei schließlich sittenwidrig. Wenn der Aufhebungsvertrag rechtsunwirksam sei, stehe ihr wegen Verletzung vertraglicher Hinweise und Aufklärungspflichten ein Anspruch auf Schadensersatz zu.

Die Klägerin hat beantragt

festzustellen, dass das zwischen den Parteien am 25.10.1982 begründete Arbeitsverhältnis nicht durch den am 10.09.2004 unterzeichneten Aufhebungsvertrag mit Wirkung zum 30.09.2004 beendet wurde, sondern zu unveränderten Bedingungen fortbesteht,

hilfsweise

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist ihr materiellen Schadenersatz zu leisten insoweit, als ihr durch die Verletzung von Aufklärungspflichten über die sozialrechtlichen Folgen der Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages ein Schaden in Form des Ausschlusses von Ansprüchen gegenüber Bundesagentur für Arbeit (Sperr- und Ruhezeiten) entstanden ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, die Klägerin habe selbst erklärt, sie wolle das Arbeitsverhältnis kündigen, ihr Geschäftsführer habe auf die Schriftform der Kündigung hingewiesen. Er habe ausdrücklich bestätigt, dass er selbst nicht kündigen wolle und hierfür auch keinen Grund sehe. Er habe im Gespräch Kündigungen der Arbeitnehmerinnen oder einen Aufhebungsvertrag als Möglichkeit genannt und versprochen, sich bis zum nächsten Tag kundig zu machen, wie man einen Aufhebungsvertrag formuliere. Am 10.09.2004 sei über eine Sperrzeit nicht gesprochen worden. Über Nachteile bei der Bundesagentur für Arbeit hätte die Beklagte die Klägerin auch nicht informieren können, da es sich um eine schwierige Rechtslage handele.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes 1. Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 25.01.2005 verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Eine arglistige Täuschung läge nicht vor, weil eine Täuschungshandlung der Beklagten nicht ersichtlich sei. Es sei Sache des Arbeitnehmers sich vor Unterzeichung eines Vertrages über die rechtlichen Folgen dieses weit reichenden Schrittes Klarheit zu verschaffen, wenn er von diesen die Beendigung abhängig machen will. Nur ausnahmsweise könne sich eine Auskunftsverpflichtung des Arbeitgebers über die arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Folgen eines Aufhebungsvertrages ergeben. Die Beklagte habe ihre Pflichten nicht verletzt. Sie sei nicht gehalten, von sich aus die Klägerin darauf hinzuweisen, dass der Abschluss eines Aufhebungsvertrages zu Nachteilen beim Bezug von Arbeitslosengeld führen kann. Eine wahrheitswidrige Zusicherung über den Umstand, dass keine Sperrzeit zu befürchten sei, habe die Klägerin zwar behauptet, aber nicht unter Beweis gestellt. Die wahrheitswidrige Zusicherung soll am 10.09.2004 erfolgt sein. Bei diesem Gespräch sei aber die Zeugin K. nicht anwesend gewesen. Auch die Voraussetzungen einer Parteivernehmung der Klägerin lägen nicht vor.

Die Abgabe der Willenserklärung sei auch nicht durch widerrechtliche Drohung bestimmt worden. Dem Vortrag der Klägerin lasse sich nicht entnehmen, dass die Beklagte ihr für den Fall der Nichtunterzeichung des Aufhebungsvertrages mit dem Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung gedroht habe. Soweit die Klägerin behauptet habe, der Geschäftsführer habe geäußert, sie brauche am nächsten Tag nicht mehr zur Arbeit zu erscheinen, könne dies zwar grundsätzliche eine fristlose Kündigung bedeuten. Nach ihrer eigenen Darstellung habe jedoch der Geschäftsführer betont, er wolle das Arbeitsverhältnis nicht kündigen. Damit habe die Klägerin die Äußerung nicht als Drohung oder als Kündigung auffassen können. Eine Zwangslage der Klägerin, die die Beklagte ausgenutzt habe, läge objektiv somit nicht vor.

Der Aufhebungsvertrag sei auch nicht sittenwidrig. Die Klägerin habe sich insgesamt in freiwilliger Weise zum Abschluss des Aufhebungsvertrages entschieden.

Den Hilfsantrag hat das Arbeitsgericht mit der Begründung zurückgewiesen, ein schuldhaftes Verhalten der Beklagten, das zum Abschluss des Aufhebungsvertrages geführt habe, sei nicht ersichtlich. Soweit die Klägerin den Eintritt von Sperr- und Ruhezeiten als Schaden ansehe, hätte der Ausfall an Arbeitslosengeld im Übrigen beziffert werden können.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf die vorbezeichnete Entscheidung verwiesen.

Gegen das der Klägerin am 12. April 2005 zugestellte Urteil richtet sich die am 10. Mai 2005 eingelegte Berufung.

Die Klägerin hat ihre Berufung mit am 10. Juni 2005 eingegangenem Schriftsatz begründet.

Mit der Berufungsbegründung macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, die tatbestandlichen Voraussetzungen einer widerrechtlichen Drohung lägen vor, wenn der Arbeitnehmer durch die Ankündigung einer außerordentlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses einen daraufhin vorgelegten Aufhebungsvertrag unterzeichnet. Die Widerrechtlichkeit läge darin, dass ein verständiger Arbeitgeber in einer vergleichbaren Situation eine solche Kündigung nicht ernsthaft in Erwägung ziehen dürfte. Nach der gegen 20.00 Uhr und damit nach über zwölf Stunden Arbeit am 09.09.2004 geäußerten Erklärung nach Hause zu gehen, sei der Geschäftsführer, aus welchen Gründen auch immer, verärgert gewesen. Er habe einen willkommenen Anlass gesehen, der Klägerin mitzuteilen, dass sie am nächsten Tag nicht mehr zur Arbeit erscheinen müsse. Dies könne zwar nicht, wie vom Arbeitsgericht zutreffend angenommen, als fristlose Kündigung verstanden werden. Die Erklärung des Geschäftsführers, der zufolge er seinerseits das Arbeitsverhältnis nicht kündigen wolle, habe keinen Zweifel über die wahren Absichten der Beklagten gelassen. Die Drohung mit einem empfindlichen Übel könne auch durch schlüssiges Verhalten erfolgen. Diese Gesamtbetrachtung aller Umstände des Falles seien vom Arbeitsgericht nicht vorgenommen worden. Es wäre zu berücksichtigen gewesen, dass die Klägerin über 22 Jahre bei der Beklagten tätig war. Und zwar ohne irgendwelche Beanstandungen. Wenn sie im Hinblick auf jahrelange Betriebszugehörigkeit einen Tag nach Erklärung des Arbeitgebers, sie müsse nicht mehr zur Arbeit erscheinen, einen Aufhebungsvertrag unter Missachtung der gesetzlich geregelten Kündigungsfrist unterzeichne und ohne finanzielle Kompensation, sei dies ein Beweis dafür, in welcher Zwangslage sich die Klägerin tatsächlich befunden habe. Hinzu komme, dass sie angerufen worden sei, mit dem Hinweis, ein vorgefertigtes Schreiben läge zur Unterzeichnung bereit. Vor diesem Hintergrund sei sie davon ausgegangen, dass es sich um eine fristlose Kündigung handeln würde, deren Entgegennahme sie schriftlich bestätigen sollte. Sodann sei ihr unvermittelt der Aufhebungsvertrag vorgelegt worden. Diesen habe sie sodann unterzeichnet in der Annahme, dass hierdurch der Ausspruch einer fristlosen Kündigung vermieden werde. Erst später sei sie sich darüber im Klaren geworden, dass der Beklagten im Ergebnis noch nicht einmal im Ansatz ein Kündigungsgrund zur Verfügung gestanden habe. Der Geschäftsführer habe die Angst der Klägerin, durch Erhalt einer fristlosen Kündigung in Zukunft keinen Arbeitsplatz mehr zu bekommen, und die damit begründete Zwangslage ausgenutzt. Das Arbeitsgericht hätte durch Vernehmung der Zeugin K. die Gesamtumstände aufklären müssen. Der Geschäftsführer habe es ganz offensichtlich verstanden, die Klägerin und die Zeugin K. mit der Androhung einer fristlosen Kündigung einzuschüchtern.

Die Klägerin beantragt,

1. unter Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung des Arbeitsgerichts Trier vom 25.01.2005, zugestellt am 12.04.2005, 2 Ca 1598/04, nach den Schlussanträgen der Klägerin in erster Instanz zu erkennen

2. Der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 25.01.2005, 2 Ca 1598/04, kostenfällig zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Eine Drohung sei nicht erklärt worden, erst Recht keine widerrechtliche Drohung. Die von der Klägerin behauptete Erklärung des Geschäftsführers, sie brauche am nächsten Tage nicht mehr zur Arbeit zu erscheinen, lasse nicht darauf schließen, sie sei nunmehr fristlos gekündigt. Abgesehen davon, dass er eine derartige Erklärung nicht abgegeben habe, vielmehr die Klägerin und die Mitarbeiterin K. ihrerseits den Wunsch geäußert hätten, das Arbeitsverhältnis zu beenden, habe der Geschäftsführer ausdrücklich erklärt, er wolle das Arbeitsverhältnis nicht kündigen.

Der Hilfsantrag sei unzulässig. Das Gericht habe zu Recht darauf hingewiesen, dass eine Feststellungsklage nicht in Betracht komme, da vorliegend eine Leistungsklage möglich und geboten gewesen wäre.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen. Weiter wird verwiesen auf die Feststellungen zum Sitzungsprotokoll vom 28.07.2005.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Beklagten ist soweit sie den Hauptantrag betrifft zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit § 520 ZPO). Das Rechtsmittel der Klägerin hat jedoch keinen Erfolg.

Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist, wie vom Arbeitsgericht zutreffend festgestellt, durch die Aufhebungsvereinbarung zwischen den Parteien beendet worden. Die Klägerin kann mit Erfolg nicht geltend machen, diese Aufhebungsvereinbarung sei nach erfolgreicher Anfechtung oder Sittenwidrigkeit nichtig.

Im Berufungsverfahren sind keine neuen rechtserheblichen Gesichtspunkte aufgetreten, die eine Abweichung von dem vom Arbeitsgericht gefundenen Ergebnis rechtfertigen würden. Die Berufungskammer folgt daher den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils.

Die Klägerin hat im Berufungsverfahren auch lediglich sich mit der Prüfung des Arbeitsgerichts zur Berechtigung der Anfechtung wegen widerrechtlicher Drohung auseinandergesetzt. Die übrigen Ausführungen des Arbeitsgerichts zur fehlenden Sittenwidrigkeit bzw. zur fehlenden Anfechtbarkeit wegen arglistiger Täuschung sind von der Klägerin im Berufungsverfahren nicht mehr aufgegriffen worden. Die entsprechenden Ausführungen des Arbeitsgerichts sind im Übrigen allesamt zutreffend.

Eine Anfechtbarkeit wegen widerrechtlicher Drohung im Sinne des §123 Abs. 1 BGB liegt nicht vor. Die Drohung ist die in Aussichtstellung eines künftigen Übels. Sie muss den Erklärenden (also hier die Klägerin) in eine Zwangslage versetzen. Als Übel genügt jeder Nachteil. Er kann sich auf den Bedrohten beziehen, aber auch auf eine andere Person, gleichgültig ist, ob das Übel materieller oder ideeller Natur ist. Auch die Ankündigung einer Kündigung kann eine Drohung darstellen. Beim Bedrohten muss der Eindruck entstehen, dass der Eintritt des Übels vom Willen des Drohenden abhängig ist (vgl. BGH Z 2, 287). Eine Drohung muss nicht ausdrücklich erfolgen, auch eine konkludent oder versteckt erklärte Drohung ist tatbestandsmäßig. Sie kann in einem Hinweis oder einer Warnung enthalten sein. Das Ausnutzen einer Zwangslage, die Angst vor Strafanzeige oder Kündigung genügt aber nicht (vgl. BAG BB 1996 434).

Angesichts dieser Kriterien erweist sich die Rechtsbehauptung der Klägerin, die Beklagte habe gedroht und sie damit zur Abgabe der Willenserklärung (Annahme des Angebots zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages) genötigt, als nicht zutreffend. Nach eigenem Sachvortrag der Klägerin hat die Beklagte eine Drohung nicht ausgesprochen.

Ihre Auffassung, die Beklagte habe bereits am Vortag außerordentlich gekündigt, ist nicht zutreffend. Das Arbeitsgericht hat bereits zutreffend darauf abgestellt, das die Erklärung, selbst wenn sie abgegeben sein sollte, am nächsten Tag nicht zur erscheinen, eine außerordentliche Kündigung schon deswegen nicht darstellen kann, weil der Geschäftsführer der Beklagten ausdrücklich erklärt hatte, er selbst wolle das Arbeitsverhältnis nicht kündigen. Wenn in diesem Zusammenhang Modalitäten einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sei es durch Aufhebungsvertrag oder durch Eigenkündigung der Klägerin besprochen werden, kann hieraus nicht geschlossen werden, dass der Geschäftsführer der Beklagten mit der Ankündigung einer außerordentlichen Kündigung die Klägerin bedroht hat. Eine durch den Beklagten geschaffene Zwangslage der Klägerin, in der sie sich befand, lag daher nach ihrem eigenen Sachvortrag ersichtlich nicht vor.

Aus welchen Gründen die Klägerin die Auffassung vertrat, bei dem Anruf am nächsten Tag habe sie erwartet, eine außerordentliche Kündigung zu erhalten, erschließt sich der Berufungskammer nicht. Dies gilt insbesondere deshalb, weil nach eigenem Vortrag der Klägerin der Geschäftsführer erklärt hat, er selbst wolle nicht kündigen. Wenn unter diesen Umständen ein Anruf des Geschäftsführers kam, die Klägerin möge ein Papier unterzeichnen, kann dies ersichtlich nur so verstanden worden sein, dass zur Unterschriftsleistung unter einer Aufhebungsvereinbarung oder eine Erklärung der Klägerin, mit dem sie von sich aus das Arbeitsverhältnis beenden wollte, verbunden war.

Ob die Klägerin Angst davor hatte, durch eine außerordentliche Arbeitgeberkündigung Nachteile hinsichtlich der Wiederaufnahme weiterer Berufstätigkeit zu erleiden, ist für die Beurteilung des Rechtsstreits nicht maßgebend. Selbst wenn die Klägerin diese Angst gehabt haben sollte, war sie jedenfalls nicht durch ein Verhalten der Beklagten verursacht, die ausdrücklich erklärt hat, sie selbst wolle das Arbeitsverhältnis nicht durch außerordentliche Kündigung beenden. Eine Drohung mit der in Aussichtstellung eines künftigen Übels, welches vom Willen der Beklagten abhängig war, also die Ankündigung, sollte die Aufhebungsvereinbarung nicht unterzeichnet werden, wird eine außerordentliche oder ordentliche Kündigung ausgesprochen, liegt daher nach eigenem Sachvortrag der Klägerin nicht vor. Eine Anfechtbarkeit der Willenserklärung wegen widerrechtlicher Drohung ist daher nicht gegeben.

II.

Die Berufung der Klägerin, soweit sie den vom Arbeitsgericht abgewiesenen Hilfsantrag betrifft, ist nicht zulässig.

§ 64 Abs. 6 ArbGG verweist auf die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Berufung. Nach § 520 Abs. 3 ZPO muss die Berufungsbegründung u. a. enthalten, die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt. Notwendig ist eine argumentative Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen. Bei mehreren teilbaren Streitgegenständen muss sich die Auseinandersetzung mit jedem der einzelnen Streitgegenstände befassen, es sei denn, die Auseinandersetzung mit einem Streitgegenstand umfasst denknotwendig auch die Auseinandersetzung mit dem anderen Streitgegenstand. Die Klägerin hat hilfsweise Schadenersatz verlangt wegen Verletzung der Aufklärungspflicht. Das Arbeitsgericht hat diesen hilfsweise geltend gemachten Schadenersatzanspruch mit zwei selbständig tragenden Gründen abgewiesen. Zum einen hat es ausgeführt, die Beklagte habe eine Verletzung der Hinweis- und Auskunftspflicht schuldhaft nicht begangen. Zum anderen hat es hinsichtlich des Hilfsantrages ausgeführt, die Klägerin hätte den Anspruch beziffern müssen. Damit sind zwei voneinander unabhängige das Urteil jeweils selbständig tragende Erwägungen für die Klageabweisung des Hilfsantrages in erster Instanz maßgebend. Mit dem Hilfsantrag setzt sich die Berufungsbegründung der Klägerin überhaupt nicht auseinander. Die Klägerin hat im Berufungsverfahren sich mit dem Argument des Arbeitsgerichts, der Geschäftsführer habe eine schuldhaft fehlerhafte Auskunft nicht erteilt, nicht auseinandergesetzt, insbesondere im Berufungsverfahren lediglich tatsächliche und rechtliche Ausführungen zu der behaupteten Zwangslage, herbeigeführt durch die Beklagte, gemacht.

Mit dem weiteren vom Arbeitsgericht selbständig als Begründung angeführten Umstand, dass die Klägerin ihren Schaden hätte beziffern müssen, setzt sich die Berufungsbegründung überhaupt nicht auseinander. Stützt das Arbeitsgericht sein Urteil bei einem Streitgegenstand auf mehrere voneinander unabhängige die Entscheidung selbständig tragende rechtliche Erwägungen, muss die Berufungsbegründung alle diese Erwägungen angreifen. Setzt sich die Berufungsbegründung nur mit einer der beiden oder mehreren Erwägungen des Arbeitsgerichts auseinander, ist die Berufung insgesamt unzulässig. Die Berufung muss nämlich darlegen, warum jede Erwägung des Vordergerichts die Entscheidung nicht tragen konnte (vgl. BAG, Urteil vom 11.03.1998 NZA 1998 959). Die Berufungsbegründung muss eine Auseinandersetzung mit allen die Entscheidung jeweils selbständig stützenden Erwägungen des Arbeitnehmers enthalten. Hieran fehlte es hinsichtlich des hilfsweise geltend gemachten Schadenersatzanspruches.

III.

Insgesamt musste das Rechtsmittel der Klägerin daher erfolglos bleiben. Es war mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Gründe für eine Zulassung der Revision bestehen angesichts der Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht.

Ende der Entscheidung

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