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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 03.11.2005
Aktenzeichen: 4 Sa 727/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 611
BGB § 623
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 4 Sa 727/05

Entscheidung vom 03.11.2005

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 26.07.2005 - 3 Ca 693/05 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Am 28.09.2001 schlossen die Parteien einen schriftlichen Arbeitsvertrag. Der Kläger wurde ab 01.10.2001 von der Beklagten als Steuerfachangestellter eingestellt. Ausweislich des Arbeitsvertrages sollte der Kläger eine Weihnachtsgratifikation erhalten. Er sollte verpflichtet werden, die Gratifikation zurückzuzahlen, wenn er aufgrund eigener Kündigung oder aufgrund außerordentlicher oder verhaltensbedingter Kündigung der Firma aus einem von ihm zu vertretenden Grund bis zum 31.03. des auf die Auszahlung folgenden Kalenderjahres oder sofern die Gratifikation eine Monatsvergütung übersteigt, bis zum 30.06. des auf die Auszahlung folgenden Kalenderjahres ausscheidet. Im Nachtrag vom 04.10.2001 vereinbarten die Parteien wörtlich:

"Die Parteien sind sich darüber einig, dass das Arbeitsverhältnis sowohl für die Gesellschaft in Deutschland oder aber für die Gesellschaft der Z. & S. L. .M. gilt.

Der Arbeitnehmer kann entsprechend des Arbeitsanfalls in L. oder aber in Deutschland eingesetzt werden."

Zuletzt bezog der Kläger ein Monatsgehalt von 2.050,00 Euro brutto. Er erhielt im Jahre 2004 ein Weihnachtsgeld von 1.000,00 Euro. Der Kläger kündigte das Arbeitsverhältnis ordentlich und fristgerecht zum 31.03.2005. Der Kläger erhielt darauf für den Monat März 2005 noch einen Betrag von 903,77 Euro netto ausgezahlt. Das im Dezember 2004 gewährte Weihnachtsgeld in Höhe von 1.000,00 Euro brutto wurde vom März-Lohn abgesetzt.

Mit seiner Klage macht der Kläger eine ungekürzte Lohnzahlung für März 2005 geltend.

Er hat beantragt,

die Beklagte wird verurteilt, an ihn 2.050,00 Euro brutto abzgl. gezahlter 903,77 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 2.050,00 Euro für die Zeit vom 01.-05.04. und aus 1.146,23 Euro ab dem 06.04.2005 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, nicht Arbeitgeberin zu sein, weil der Kläger zuletzt nur noch in der Luxemburger Kanzlei beschäftigt war und sein Lohn ausschließlich von dort ausgezahlt worden sei. Somit sei der Kläger allein bei dieser Gesellschaft angestellt gewesen. Außerdem beruft sie sich auf den Arbeitsvertrag, wonach der Kläger die Weihnachtsgratifikation zurückzuzahlen habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes 1. Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 26.07.2005 verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage entsprochen und im Wesentlichen ausgeführt, die Beklagte sei weiterhin Arbeitgeberin des Klägers geblieben. Es sei in der Vereinbarung eindeutig geregelt, dass das Arbeitsverhältnis sowohl für die Gesellschaft in Deutschland oder aber für die Gesellschaft in Luxemburg gelte. Die Beklagte sei also nach diesem Nachtrag weiterhin Vertragspartnerin des Klägers geblieben und hafte somit auch für die sich aus dem Vertrag ergebenden Verbindlichkeiten.

Er habe einen Anspruch auf ungekürzte Vergütung. Dieser Anspruch sei nicht durch Aufrechnung mit einer Forderung auf Rückzahlung der im Dezember 2004 ausgezahlten Weihnachtsgratifikation erloschen. Ein Anspruch auf Rückzahlung habe der Beklagten nicht zugestanden. Die einzelvertraglich vereinbarte Rückzahlungsklausel sei angesichts der zu diesen Klauseln ergangenen bisherigen Rechtsprechungen des Bundesarbeitsgerichts rechtsunwirksam. Bei einer Gratifikation unterhalb eines Monatsgehaltes könne der Arbeitnehmer nur bis zum 31.03. des Folgejahres gebunden werden. Diese Bindung habe der Kläger eingehalten.

Gegen das der Beklagten am 05.08.2005 zugestellte Urteil richtet sich die am 26.08.2005 eingelegte Berufung, die am 26. September 2005 begründet wurde. Die Beklagte vertritt die Auffassung, der Nachtrag vom 04.10.2001 könne nur so verstanden werden, dass der Kläger entweder für die deutsche oder aber für die Luxemburger Firma arbeite. Da er stets und ausschließlich in Luxemburg beschäftigt gewesen sei, habe er zu keinem Zeitpunkt Arbeiten für die Beklagte selbst ausgeführt. Der streitige Lohn sei auch von der Z. & S. in M. ausgezahlt worden. Der vermeintliche Zahlungsanspruch sei ausschließlich dort hin zu richten. Im Übrigen sei die Klageforderung unbegründet, weil ein Abzug der Weihnachtsgratifikation aufgrund der Eigenkündigung des Klägers zum 31.03.2005 rechtswirksam vereinbart war.

Die Beklagte beantragt,

1. das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 26.07.2005 - 3 Ca 693/05 wird aufgehoben.

2. Die Klage des Berufungsbeklagten wird abgewiesen.

3. Der Berufungsbeklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Der Kläger beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen. Weiter wird verwiesen auf die Feststellungen zum Sitzungsprotokoll vom 03.11.2005.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i.V.m. § 520 ZPO).

II.

Die Berufung hat jedoch keinen Erfolg.

Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis und in der Begründung vollkommen zutreffend der Klageforderung entsprochen. Im Berufungsverfahren sind keine neuen rechtserheblichen Gesichtspunkte aufgetreten, die eine Abweichung von dem vom Arbeitsgericht gefundenen Ergebnis rechtfertigen könnten. Die Berufungskammer nimmt daher voll umfänglich Bezug auf den begründeten Teil des angefochtenen Urteils (§ 69 ArbGG).

Die Auffassung der Beklagten, der Kläger habe ausschließlich in einem Arbeitsverhältnis mit demjenigen Arbeitgeber gestanden, bei dem er seine Arbeitsleistung erbracht hat, lässt sich aus den vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Parteien nicht herleiten. Unstreitig zwischen den Parteien ist eine formwirksame Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten nicht erfolgt. Hierzu hätte es angesichts des gesetzlichen Schriftformgebotes des § 623 BGB nach dem 01.05.2000 einer schriftlichen Vertragsaufhebung bedurft.

Die Nachtragsvereinbarung vom 04. Oktober 2001 beinhaltet gerade nicht entgegen der Auffassung der Beklagten die Erklärung, dass das Arbeitsverhältnis ausschließlich nur mit einer der Vertragsparteien begründet sein soll. Vielmehr ist die Vereinbarung eindeutig dahin auszulegen, dass das Arbeitsverhältnis für beide Arbeitgeber Bindung haben sollte. Dies ergibt sich unschwer aus der Vereinbarung, dass der Arbeitnehmer entsprechend des Arbeitsanfalles sowohl in Luxemburg oder aber in Deutschland eingesetzt werden kann. Dies lässt sich rechtlich verpflichtend nur der Gestalt vereinbaren, dass ein Arbeitsverhältnis mit beiden Arbeitgebern vereinbart ist, der Kläger mit der Arbeitsleistung für eine der beiden Vertragspartner auf Arbeitgeberseite gleichzeitig aber auch seine Verpflichtungen gegen über dem anderen Vertragspartner erfüllt.

Wenn der Kläger somit für die Luxemburger Gesellschaft arbeitet, erfüllt er gleichzeitig seine Verpflichtung gegenüber der Beklagten, mit der er ein schriftliches Anstellungsverhältnis begründet hat, welches nach wie vor fortbestand. Weiter steht damit fest, dass die Luxemburger Arbeitergeberin mit Gehaltszahlungen an den Kläger gleichzeitig die Verpflichtung der Arbeitgeber, gesamtschuldnerisch für die klägerische Vergütung einzustehen, erfüllt.

Der Kläger hat damit, weil er durch Arbeitsleistungen, die er auch für die Luxemburger Firma erbracht hat, seine Verpflichtungen gegenüber der Beklagten erfüllt, einen Zahlungsanspruch aus § 611 BGB, der gegenüber ihr geltend gemacht werden kann, sofern eine Erfüllung durch einen der beiden Arbeitgeber nicht eingetreten ist. Die Forderung des Klägers steht ihm daher auch für Zeiten zu, in denen er Arbeitsleistungen ausschließlich in der Luxemburger Firma erbracht hat.

Das Rechtsverhältnis des Klägers mit der in Deutschland ansässigen Beklagten ist nach deutschem Arbeitsrecht abzuwickeln.

Ausweislich der für das deutsche Arbeitsrecht geltenden Grundsätze ist die Entscheidung des Arbeitsgerichts unter Bezugnahme auf die einschlägige Bundesarbeitsgerichtsrechtsprechung zutreffend. Einzelvertragliche Rückzahlungsklauseln zur Erstattung von Weihnachtsgratifikation bei Eigenkündigung sind an Bindungsfristen gekoppelt. Diese dürfen das berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers nicht unnötig erschweren. Die Rechtsprechung hat Grundsätze aufgestellt, an denen festzuhalten ist. Danach ist eine Bindungswirkung für eine Gratifikation von bis zu einem Monatsgehalt bis höchstens 31.03. des darauf folgenden Jahres zulässig zu vereinbaren. Mit anderen Worten, hält der Arbeitnehmer diese Bindungsfrist ein, muss er die Weihnachtsgratifikation nicht zurückzahlen. Dies hat der Kläger getan. Er hat die Bindungsfrist bis zum 31.03.2005 eingehalten. Die Auffassung der Beklagten, er müsse die Weihnachtsgratifikation zurückzahlen, würde bedeuten, dass der Kläger sich länger als bis zum 31.03. des darauf folgenden Jahres an die Arbeitgeberin binden müsste. Dies entspricht nicht der von Arbeitsgericht zitierten einschlägigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Die unangemessene Benachteiligung und die überlange Bindungsfrist führen dazu, dass die Rückzahlungsvereinbarung im Arbeitsvertrag nicht anwendbar ist. Die Rechtsfolge ist allerdings nicht, dass dann die gesamte Vereinbarung der Zahlung von Weihnachtsgeld hinfällig wäre, lediglich die Rückzahlungsklausel ist unwirksam.

Erweist sich nach allem das angefochtene Urteil als im Ergebnis und in der Begründung zutreffend, war die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Gründe für eine Zulassung der Revision bestehen angesichts der Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht.

Ende der Entscheidung

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