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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 15.05.2006
Aktenzeichen: 4 Ta 78/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 117
ZPO § 117 Abs. 2
ZPO § 117 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 278 Abs. 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 4 Ta 78/06

Entscheidung vom 15.05.2006

Tenor:

Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 13.03.2006 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Im Ausgangsverfahren erhob die Klägerin mit Schriftsatz vom 20.01.2006, eingegangen beim Arbeitsgericht Trier am 23.01.2006 Kündigungsschutzklage. Ferner beantragte sie, ihr Prozesskostenhilfe für die erste Instanz unter Beiordnung ihrer Prozessbevollmächtigten zu gewähren. In der Klageschrift ist als Schlusssatz ausgeführt, dass die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nebst Belegen umgehend nachgereicht wird. Nach Zustellung der Klage am 27.01.2006 bat die Klägerin mit Schriftsatz, eingegangen am 06.02.2006 das Zustandekommen eines Vergleiches zu beschließen. Gleichzeitig bat sie nochmals über den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu entscheiden. Das Arbeitsgericht wies mit Schreiben vom 06.02.2006 darauf hin, dass die Prozesskostenhilfe zur Zeit nicht bewilligt werden kann, da die Klägerin bisher keine Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt hat. Mit Schriftsatz vom 08.02.2006 bat die Klägerin nochmals den Vergleich festzustellen und den Termin zur Verhandlung aufzuheben. Nachdem die Beklagte ebenfalls die Vergleichsregelung bestätigt hat, hat das Arbeitsgericht durch Beschluss vom 09.02.2006 das Zustandekommen eines Vergleiches gem. § 278 Abs. 6 ZPO festgestellt. Mit Schriftsatz vom 14.02.2006 bat die Klägerin um Streitwertfestsetzung. Auf Anfrage des Arbeitsgerichts vom 15.02.2006 ob der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgenommen wird, hat die Klägerin mit Schriftsatz, eingegangen am 13.03.2006 eine Erklärung betreffend die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Belegen vorgelegt.

Im angefochtenen Beschluss habe das Arbeitsgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, nach Abschluss der Instanz komme eine nachträgliche Bewilligung von Prozesskostenhilfe nur ausnahmsweise dann in Betracht, wenn das Gericht die Bewilligung durch nachlässige oder fehlerhafte Bearbeitung verzögert habe. Dies setze voraus, dass vor Beendigung der Instanz über den Antrag positiv hätte entschieden werden können. Angesichts des festgestellten Geschehensablaufs sei dies nicht der Fall. Gegen den am 22.03.2006 zugestellten Beschluss richtet sich die am 18.04.2006 eingelegte Beschwerde. Mit der Beschwerde macht die Klägerin geltend, das Gericht habe zwar darauf hingewiesen, dass die Erklärung noch nicht überreicht worden sei, dieser Hinweis sei zur Kenntnis genommen worden und die Klägerin veranlasst worden die Erklärung zu überreichen. Eine Fristsetzung sei durch das Gericht nicht erfolgt. Dies sei aber erforderlich gewesen, da das Gericht verpflichtet sei so rechtzeitig unter Fristsetzung auf die Mängel des Prozesskostenhilfegesuchs hinzuweisen, dass der Antragsteller die Chance habe, sie noch vor Instanzbeendigung zu beheben.

Das Arbeitsgericht hat durch begründeten Nichtabhilfebeschluss der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Klägerin gegen die Ablehnung des Gesuchs auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat in der Sache keinen Erfolg. Im Ergebnis und in der Begründung vollkommen zutreffend hat das Arbeitsgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen. Die Bewilligung entspricht der Rechtsprechung der Kammer. Der Klägerin kann Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden. Sie hat ihre Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erst nach Erlass der erstinstanzlichen Entscheidung in der Hauptsache vorgelegt. Eine rückwirkende Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach Beendigung der Instanz kommt nur in Betracht, wenn das Gericht vorher über den Antrag positiv hätte entscheiden können, wenn also Erfolgsaussicht gegeben ist und ein formgerechter Antrag mit den erforderlichen Belegen eingereicht war (vgl. OLG Düsseldorf, FamRZ 1991, 207).

Hier war im Zeitpunkt des Abschlusses des Verfahrens in der Hauptsache die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse i. S. v. § 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht vorgelegt worden, so dass über den Prozesskostenhilfeantrag noch nicht entschieden werden konnte. Es kann auch nicht ausnahmsweise für das in der Instanz erledigte Verfahren nachträglich Prozesskostenhilfe mit der Begründung bewilligt werden, das Gericht habe die Bewilligung durch nachlässige oder fehlerhafte Bearbeitung verzögert. Die Bewilligung war wie dargestellt nicht möglich. Im Übrigen ist die Art und Weise, mit der das Arbeitsgericht den Prozesskostenhilfeantrag der Klägerin behandelt hat, nicht zu beanstanden.

Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat den Antrag bereits in der Klageschrift gestellt. Sie hat ausdrücklich erklärt, dass eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse umgehend nachgereicht werde. Der Antrag entsprach also evident nicht den Voraussetzungen eines Prozesskostenhilfeantrages i. S. v. § 117 ZPO. Dies war, wie sich aus der Erklärung in der Klageschrift ergab, auch der Antragstellerin bzw. deren Prozessbevollmächtigten, deren Kenntnis sich die Antragstellerin zurechnen lassen muss, bekannt.

In dem Antrag ist das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen. Dem Antrag sind nach § 117 Abs. 2 ZPO eine Erklärung der Partei über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie entsprechende Belege beizufügen. Soweit Vordrucke für die Erklärung eingeführt sind, muss sich die Partei dieser bedienen. Die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse soll das Gericht instand setzen zu entscheiden, ob Kostenarmut vorliegt. Eine Erklärung, auch unabhängig von der Benutzung eines Vordrucks, ist in der Klageschrift nicht enthalten. Dort hat die Klägerin nicht darauf hingewiesen, dass sie infolge ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht im Stande ist, die Prozesskosten vorläufig selbst zu tragen. Somit war allein mit der Einreichung der Klageschrift und dem bloßen nicht näher begründeten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der Prozessbevollmächtigten nicht ersichtlich, dass die Bewilligungsvoraussetzungen vorliegen konnten.

Der Klageschrift konnte auch entnommen werden, dass es sich bei der fehlenden Vorlage nicht lediglich um ein Versehen gehandelt hat, dies allein lässt sich aus dem Hinweis am Ende der Klageschrift schließen.

Der Umstand, dass das Arbeitsgericht die Klägerin bis zum Abschluss der Instanz darauf hingewiesen hat, dass der Antrag bislang nicht vollständig ist, hierbei allerdings keine Frist zur Erledigung gesetzt hat, vermag eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Prozesskostenhilfe kann ausnahmsweise auch dann noch nach Instanzende mit Rückwirkung gewährt werden, wenn der Antragsteller die erforderlichen Unterlagen mit Zustimmung des Gerichts erst nach Beendigung des Hauptsacheverfahrens nachgebracht hat oder wenn das Gericht verpflichtet gewesen wäre, rechtzeitig auf eine Aufklärung hinzuwirken.

An sich besteht grundsätzlich die Verpflichtung, über ein Gesuch auf Prozesskostenhilfe alsbald zu entscheiden. Diese Entscheidung hätte im vorliegenden Fall zwingend nur eine Zurückweisung des Antrags sein können. Dass das Arbeitsgericht dies unterlassen hat, begründet aber nicht einen etwa anzunehmenden Vertrauenstatbestand. Die Klägerin war anwaltlich vertreten. Sie konnte aus dem Verhalten des Gerichts auch kein stillschweigendes Einverständnis mit der Nachreichung der Unterlagen erwarten. Ein Vertrauenstatbestand konnte schon deswegen nicht begründet werden, weil der anwaltlich vertretenen Klägerin bekannt sein musste, welche Voraussetzungen an einen Prozesskostenhilfeantrag nach § 117 ZPO gestellt werden und dies, wie sich aus dem Inhalt der Klageschrift ergibt, auch bekannt war.

Mit Erfolg kann sich die Klägerin auch nicht die Entscheidungen des Landesarbeitsgerichts Hamm berufen, welche sie in der Beschwerde und im Laufe des Beschwerdeverfahrens zitiert hat. Ersichtlich handelte es sich bei den dort entschiedenen Sachverhalten um die Vorlage von unvollständig oder mangelhaft ausgeführten Erklärungen. Wenn in einem solchen Fall das Gericht eine Erklärung erhalten hat und erst nach näherer Prüfung der Auffassung ist, dass dieses hinsichtlich einiger Punkte noch aufklärungsbedürftig ist, besteht eine Verpflichtung des Gerichts unter Fristsetzung hierauf hinzuweisen. Vor der Ablehnung ist ein Hinweis auf den Mangel mit Fristsetzung durch das Gericht erforderlich. Dies insbesondere deswegen, weil nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden kann, dass der Antragsteller bzw. sein Prozessbevollmächtigter in diesen Fällen von der Unvollständigkeit des Antrages ausgehen musste. Vorliegend geht es jedoch nicht um die unvollständig oder mangelhaft ausgefüllte Erklärung, bei der noch Unsicherheiten auf Seiten der antragstellenden Partei vorhanden sein können, ob diese vielleicht nicht doch ausreichen, ein wirksames Gesuch zu stellen, sondern um einen Antrag, bei dem von vornherein ersichtlich war, dass eine den gesetzlichen Formvorschriften entsprechende Antragstellung überhaupt nicht vorlag und dies auch der antragstellenden Partei bekannt war. Es ist nicht ersichtlich, welchen Hinweis das Gericht noch hätte geben müssen, also insbesondere was erforderlich gewesen wäre, die Klägerin auf bislang ihr nicht bekannte Antragshindernisse hinzuweisen.

Es bestand somit keine Verpflichtung des Gerichts überhaupt noch einen Hinweis zu geben, ebenfalls bestand keine Verpflichtung des Gerichts, der Klägerin zu gestatten, die noch fehlenden Unterlagen bis nach Ablauf des Verfahrens nachzureichen.

Existierte somit keine Hinweispflicht des Gerichts auf einen tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkt, den die Partei erkennbar nicht beachtet hat, weil das Fehlen der Antragsvoraussetzungen der Partei bekannt waren, kann auch eine unterbliebene Fristsetzung nicht dazu führen, dass das Arbeitsgericht den nachträglich nach Abschluss des Verfahrens eingegangenen vollständigen Antrag positiv hätte bescheiden müssen.

Die Beschwerde der Klägerin war daher mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Gründe für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde bestehen nicht. Die Entscheidung ist damit nicht anfechtbar.

Ende der Entscheidung

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