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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 12.07.2007
Aktenzeichen: 4 TaBV 5/07
Rechtsgebiete: BetrVG, ZPO, DBGrG, BeSiTV, DV


Vorschriften:

BetrVG § 95 Abs. 3
BetrVG § 95 Abs. 3 Satz 1
BetrVG § 99
BetrVG § 99 Abs. 1
ZPO § 888 Abs. 2
DBGrG § 19 Abs. 1
BeSiTV § 1
BeSiTV § 13
BeSiTV § 14
DV § 13
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 15.11.2006 - AZ: 2 BV 15/06 - wie folgt abgeändert:

Der Antrag des Beteiligten zu 1) wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht wird für den Beteiligten zu 1) zugelassen.

Gründe:

1.

Der Antragsteller ist im Wahlbetrieb Nord der A., Region Südwest, errichteter Betriebsrat. Zum Betreuungsbereich des Wahlbetriebes Nord zählt auch der Beteiligte zu 3) als zugewiesener Beamter, welchem mit Schreiben vom 09.02.2006 mitgeteilt wurde, dass er zum 01.03.2006 in Abstimmung mit der DB Jobservice GmbH zur Beschäftigungssicherung abgeordnet werde.

Die Beteiligte zu 2) hat vor der Maßnahme die besondere Personalvertretung hinsichtlich der beamtenrechtlichen Stellung des Beteiligten zu 3) als auch dem Betriebsrat der DB Jobservice GmbH beteiligt, den antragstellenden Betriebsrat jedoch nicht.

Mit Schreiben vom 27.03.2006 hat der Beteiligte zu 1) das vorliegende Verfahren eingeleitet und vorgebracht, dass die Beteiligte zu 2) die betrieblichen Interessenvertreter nicht beteiligt habe, weswegen die Versetzung als unwirksam aufzuheben sei.

Da die Beteiligte zu 2) das Verfahren nach § 99 BetrVG nicht eingehalten habe und an der Versetzungsmaßnahme festhalte, müsse ein Ordnungsgeld angedroht werden.

Der Beteiligte zu 1) hat beantragt:

1. Der Antragsgegnerin aufzugeben, die Versetzung des Herrn Ulrich Z. zur DB Jobservice GmbH mit Wirkung zum 01.03.2006 aufzuheben,

2. für jeden Tag der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung aus Nummer 1 der Antragsgegnerin ein Ordnungsgeld von zu 500,-- € anzudrohen.

Der Beteiligte zu 2) hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Zur Begründung wird ausgeführt, dass ein Mitbestimmungsrecht zur Versetzung des Herrn Z. beim antragstellenden Betriebsrat nicht bestehe und der Betriebsrat des aufnehmenden Betriebes, der DB Jobservice GmbH, eingeschaltet worden sei.

Die Beteiligte zu 2) habe keine Zuweisung eines anderen Arbeitsbereiches im Sinne des § 95 Abs. 3 BetrVG vorgenommen, da sie keinen anderen Arbeitsplatz zugewiesen habe. Nach der Abordnung übe die DB Jobservice GmbH das Direktionsrecht aus.

Das Arbeitsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung vom 15.11.2006 der Beteiligten zu 2) aufgegeben, die Versetzung des Herrn Ulrich Z. zur DB Jobservice GmbH mit Wirkung zum 01.03.2006 aufzuheben und den weitergehenden Antrag zurückgewiesen. Dies ist im Wesentlichen damit begründet worden, dass die Abordnung des zugewiesenen Beamten Z. zur DB Jobservice GmbH eine Versetzung im Sinne des § 95 Abs. 3 BetrVG darstelle und damit ein Mitbestimmungsrecht des antragstellenden Betriebsrates nach § 99 Abs. 1 BetrVG zu bejahen sei. Da dieser vor der Versetzung nicht beteiligt worden sei, müsse die Versetzung aufgehoben werden. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates des Beschäftigungsbetriebes werde nicht durch das jenige verdrängt, das dem besonderen Personalrat zustehe, weil durch die Abordnung zugleich Arbeitnehmerbelange berührt werden, die nach § 99 BetrVG geschützt werden sollten. Bei einer betriebsübergreifenden Versetzung eines zugewiesenen Beamten habe neben dem Betriebsrat des aufnehmenden Betriebes auch der Betriebsrat des abgebenden Betriebes ein Mitbestimmungsrecht. Das Arbeitsgericht gehe auch deshalb von einer Versetzung im Sinne des Gesetzes deshalb aus, weil die Abordnung zur DB Jobservice GmbH ein anderer Arbeitsbereich zugewiesen worden sei, weil der zugewiesene Beamte Z. nicht lediglich von der Arbeitsleistung freigestellt, sondern auf Initiative der Beteiligten zu 2) aufgrund der Abordnung zur DB Jobservice GmbH tätig werde, wobei es unerheblich sei, dass die Jobservice GmbH die Tätigkeit für Herrn Z. aussuche. Herr Z. übe in einem anderen Betrieb auf Veranlassung des Beteiligten zu 2) eine Tätigkeit aus und erfülle mit dieser Tätigkeit die gegenüber der Beteiligten zu 2) geschuldete Arbeitsleistung.

Die beantragte Androhung von Ordnungsgeld finde nicht statt, § 888 Abs. 2 ZPO.

Nach Zustellung des Beschlusses am 29.01.2007 hat die Beteiligte zu 2) am 30.01.2007 Beschwerde eingelegt, welche am 14.03.2007 im Wesentlichen damit begründet worden ist,

dass nach § 19 Abs. 1 DBGrG für die Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmereigenschaft der zugewiesenen Beamten fingiert werde und diese deshalb auch in vollem Umfang die Arbeitnehmer in die betriebliche Arbeitnehmervertretung nach dem Betriebsverfassungsgesetz einbezogen würden. In den Unternehmen des DB Konzerns würden deshalb bei personellen Einzelmaßnahmen von zugewiesenen Beamten der zuständige Betriebsrat des abgebenden neben der besonderen Personalvertretung und dem Betriebsrat des aufnehmenden Betriebes beteiligt. Im Falle der Abordnung von Herrn Z. werde die besondere Personalvertretung hinsichtlich der beamtenrechtlichen Abordnung wie auch der Betriebsrat des aufnehmenden Betriebes DB Jobservice GmbH nach Einschaltung der jeweiligen Maßnahme zugestimmt. Die Beteiligung des abgebenden Betriebsrates, des Beteiligten zu 2), sei nach § 99 BetrVG deshalb nicht erforderlich, weil keine Versetzung vorliege. Zwar sei die beamtenrechtliche Abordnung des zugewiesenen Beamten Z. auf Initiative der Beteiligten zu 2) und auch in ihrem Interesse erfolgt, jedoch sei kein anderer Arbeitsbereich zugewiesen worden, weil weder eine Zuweisung ausgesprochen sei, noch der zugewiesene Beamte Z. bei der DB Jobservice GmbH in einem anderen Arbeitsbereich tätig geworden sei. Die Beteiligte zu 2) habe Herrn Z. keinen anderen Arbeitsbereich im Betrieb der DB Jobservice GmbH tatsächlich zugewiesen, der als Erfüllung der bisherigen Arbeitsverpflichtung betrachtet werden kann.

Die Beteiligte zu 2) habe den zugewiesenen Beamten Z. von der Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt und die DB Jobservice GmbH übe nach Maßgabe des Beschäftigungssicherungstarifvertrages das Direktionsrecht aus. Die vertraglich geschuldete Leistung sei die Mitwirkungspflicht bei der Suche nach einer neuen Beschäftigungsmöglichkeit, die ausschließlich von der DB Jobservice GmbH gefordert und ihr gegenüber auch geschuldet werde.

Auch die potenziell geschuldete Erbringung von so genannten Integrationsbeschäftigung bei Dritten sei keine Arbeitsleistung, die dem neuen Arbeitgeber, der DB Jobservice GmbH, gegenüber zu erbringen sei.

Die Beteiligte zu 2) beantragt:

1. Der Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 15.11.2006, Az: 2 BV 15/06 - wird abgeändert,

2. die Anträge des Beteiligten zu 1) werden zurückgewiesen.

Der Beteiligte zu 1) beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er verteidigt den angegriffenen Beschluss im Wesentlichen damit,

dass das Arbeitsgericht zu Recht davon ausgehe, dass der Wechsel des zugewiesenen Beamten Z. zur DB Jobservice GmbH eine Versetzung im Sinne der §§ 99 Abs. 1, 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG darstelle. Die Änderung des Arbeitsbereiches sei so erheblich, dass ein vom bisherigen zu unterscheidender Arbeitsbereich vorliege und sich das Gesamtbild der Tätigkeit ändere, weil die bisherige Funktion entzogen werde. Die Aufgaben des zugewiesenen Beamten Z. sei für die gesamte Region Südwest am Arbeitsort Saarbrücken gebündelt und dort einem Mitarbeiter übertragen worden, weswegen der Arbeitsplatz von Herrn Z. im Wahlbetrieb Nord ab 01.12.2005 nicht mehr existiere.

Auch die Pflichtenstellung des zugewiesenen Herrn Z. bei der DB Jobservice GmbH als Beschäftigungsgesellschaft begründe eine erhebliche Änderung der Umstände der Arbeitsleistung, wobei der Begriff der Arbeitsleistung weit auszulegen sei und jede Tätigkeit umfasse, die im Auftrag des Arbeitgebers erbracht werde. Die Abordnung eines Arbeitnehmers zu einer Beschäftigungsgesellschaft der Arbeitgeberin sei eine Versetzung, weil der Arbeitnehmer in einem anderen Arbeitsbereich in einem anderen Betrieb tätig werde.

Auch wenn man die Abordnung des Beamten Z. an die DB Jobservice GmbH als Freistellung einzustufen habe, verbleibe es dabei, dass der Beamte in der Folge seiner Arbeit nicht nur an einem anderen Ort, sondern auch in einer anderen organisatorischen Einheit erbringen würde, was eine Versetzung darstelle.

Zur Ergänzung des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird wegen der weiteren Einzelheiten auf die Gründe I des arbeitsgerichtlichen Beschlusses vom 15.11.2006 (Bl. 144 bis 145 d. A.) sowie auf die im Beschwerdeverfahren zur Akte gereichten Schreiben nebst der Anlagen verwiesen.

2.

Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und in der Sache auch deshalb begründet, weil ein Mitbestimmungsrecht des Beteiligten zu 1) bei der Abordnung des zugewiesenen Beamten Ulrich Z. zur DB Jobservice GmbH zum 01. März 2006 nicht besteht und deshalb der Beschluss des Arbeitsgerichtes Koblenz abzuändern und der Antrag zurückzuweisen ist.

Die Beschwerdekammer, geht davon aus, dass keine Versetzung im Sinne des § 95 Abs. 3 BetrVG gegeben ist, die ein Mitbestimmungsrecht des Beteiligten zu 1) nach § 99 Abs. 1 BetrVG auslöst.

Mit dem zugewiesenen Beamten Z. ist kein sogenannter Integrationsvertrag geschlossen worden, sondern nur die Abordnung zum 01. März 2006 mit Schreiben vom 09.02.2006 erklärt worden.

Die Beschwerdekammer ist mit der Beteiligten zu 2) der Meinung, dass der Versetzungsbegriff nach § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG deshalb nicht erfüllt ist, weil kein anderer Arbeitsbereich zugewiesen worden ist. Die Abordnung zur DB Jobservice GmbH stellt sich lediglich als eine Freistellung von den bisherigen Arbeitspflichten beim Beschäftigungsarbeitgeber dar, weil der zugewiesene Beamte ab dem Zeitpunkt der Abordnung von seinen bisherigen Vertragspflichten befreit ist. Zudem besagt der § 13 Beschäftigungssicherungstarifvertrag, welcher nach der Protokollnotiz zu § 1 BeSiTV anwendbar ist, dass der Beschäftigungsarbeitgeber verpflichtet ist, bei der Prüfung der Weiterbeschäftigung die Dienste der DBAG Jobservice zu nutzen hat und nach Durchlaufen verschiedener Schritte, § 13 des DV, das Unternehmen, hier die Beteiligte zu 2), verpflichtet ist, die DBAG Jobservice zu beauftragen, um eine Beschäftigungsmöglichkeit in anderen Unternehmen für den Betroffenen zu finden. Damit erweist sich die Abordnung lediglich als Freistellung beim bisherigen Beschäftigungsarbeitgeber und eine Zuweisung zu der Jobservice GmbH, die jedoch keine konkreten arbeitsvertraglichen Pflichten beinhaltet, zumal mit dem Beteiligten zu 3) gerade kein Integrationsvertrag abgeschlossen ist, wie dies § 14 BeSiTV vorsieht, der einen Arbeitgeberwechsel beinhaltet.

Die "Arbeitsleistung" des zugewiesenen Beamten Z., so hat die Nachfrage in der Verhandlung vor der Beschwerdekammer ergeben, besteht darin, sich für Vermittlungsversuche der Jobservice GmbH bereit zu halten, wobei keine Auskunft darüber zu erzielen war, ob und was der Beteiligte zu 3) tatsächlich während der eigentlichen Arbeitszeit tut.

Die Beschwerdekammer geht deshalb davon aus, dass es an einer Arbeitsleistung gegen Vergütung hier der Jobservice GmbH fehlt, da sich der Beteiligte zu 3) lediglich für Vermittlungsmaßnahmen und evtl. Weiterqualifizierungsmaßnahmen zur Verfügung halten muss. Dies ist jedoch kein neuer Arbeitsbereich, der ihm von seinem bisherigen Beschäftigungsarbeitgeber zugewiesen worden ist, der die Voraussetzungen des § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG ausfüllt.

Allein die Zuordnung zum DB Jobservice GmbH als zu vermittelnder Mitarbeiter stellt keine Versetzung im Sinne des Gesetzes dar, so dass Mitbestimmungsrechte des Beteiligten zu 1) nicht bestehen und nicht verletzt sein können.

Ein derartiges Mitbestimmungsrecht wird dann gegeben sein, zumal auch das Vertragsverhältnis zur Beteiligten zu 2) nicht aufgelöst ist, sobald der Beteiligte zu 3) in eine Regelbeschäftigung vermittelt wird, da dann von einer dauerhaften Herauslösung aus dem bisherigen Arbeitsgebiet zu bejahen ist, was auch dann der Fall ist, wenn der abgeordnete Mitarbeiter auf Verlangen der DB AG Jobservice GmbH einen Arbeitsvertrag mit einem so genannten Integrationsarbeitgeber abschließt, der über die Dauer von einem Monat hinausgeht.

Diese Fallgestaltungen sind jedoch beim Beteiligten zu 3) nicht gegeben, so dass ein Mitbestimmungsrecht des antragstellenden Beteiligten zu 1) nicht gegeben ist, weswegen der Antrag, mit dem die Aufhebung der Versetzung herbeigeführt werden soll, zurückzuweisen ist, und die Entscheidung des Arbeitsgerichtes abzuändern ist.

Die Beschwerdekammer hat die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht für den Beteiligten zu 1) deshalb zugelassen, weil es sich um eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung handelt, §§ 92 Abs. 1 Satz 2, 72 Abs. 2 Ziffer 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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