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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 04.10.2005
Aktenzeichen: 5 Sa 140/05
Rechtsgebiete: ArbGG, BGB, StGB, ZPO, SGB VII, AVR-Caritas


Vorschriften:

ArbGG § 69 Abs. 2
BGB § 242
BGB § 253 Abs. 2
BGB § 276
BGB § 278
BGB § 626 Abs. 2
BGB § 626 Abs. 2 Satz 1
BGB § 628 Abs. 2
BGB § 823
BGB § 823 Abs. 1
BGB § 823 Abs. 2
BGB § 831 Abs. 1 Satz 1
BGB § 831 Abs. 1 Satz 2
StGB § 193
StGB § 223
ZPO § 138
SGB VII §§ 104 ff.
AVR-Caritas § 23
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 5 Sa 140/05

Entscheidung vom 04.10.2005

Tenor:

1. Auf die Berufungen des Beklagten zu 1 und der Beklagten zu 2 wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 12.10.2004 - 10 Ca 4246/03 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte zu 1 wird verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 6.900,- EUR nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.10.2003 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Im Übrigen werden die Berufungen der Parteien zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreites werden der Klägerin auferlegt.

4. Streitwerte:

1. für 1. Instanz: EUR 155.229,66

und

2. für das Berufungsverfahren: EUR 145.229,66.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin beansprucht von den Beklagten - jeweils nebst Zinsen

- die Zahlung - eines Schmerzensgeldes in Höhe von 25.000,- EUR

sowie

- von Schadensersatz in Höhe von 120.229,66 EUR.

Der letztgenannte Betrag setzt sich nach den Darlegungen der Klägerin zusammen aus:

a) dem behaupteten Verdienstausfall für die Zeit vom 01.11.2003 bis zum 30.06.2004 in Höhe von 12.507,16 EUR

und

b) aus einer den Verlust des Bestandsschutzes ausgleichenden angemessenen Entschädigung in Höhe von 107.722,50 EUR.

Zur näheren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den tatbestandlichen Teil des Urteils des ArbG Koblenz vom 12.10.2004 - 10 Ca 4246/03 - (dort Seite 2 ff = Bl. 416 ff d. A.). Unter Klageabweisung im Übrigen hat das Arbeitsgericht nach näherer Maßgabe seines Urteilstenors die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 12.000,- EUR als Schmerzensgeld zu zahlen.

Gegen das am 24.01.2005 zugestellte Urteil vom 12.10.2004 - 10 Ca 4246/03 - haben die Parteien wie folgt Berufung eingelegt:

Die Klägerin hat ihre am 23.02.2005 mit dem Schriftsatz vom 23.02.2005 eingelegte Berufung gleichzeitig begründet.

Der Beklagte zu 1. hat seine am 18.02.2005 eingelegte Berufung am 24.03.2005 mit dem Schriftsatz vom 23.03.2005 begründet.

Die Beklagte zu 2. hat ihre am 23.02.2005 eingelegte Berufung am 24.03.2005 mit dem Schriftsatz vom 23.03.2005 begründet.

Zwecks Darstellung aller Einzelheiten der Berufungsbegründung der Klägerin wird auf deren Schriftsatz vom 23.02.2005 (Bl. 463 ff. d. A.) verwiesen.

Die Klägerin beanstandet dort insbesondere, dass das Arbeitsgericht das Schmerzensgeld zu niedrig angesetzt habe. Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes habe das Arbeitsgericht nicht bzw. nicht ausreichend die massiven gesundheitlichen Beeinträchtigungen berücksichtigt, unter denen die Klägerin durch die fortgesetzten Angriffe der Beklagten gelitten habe. Die Klägerin verweist auf ihr Vorbringen nebst Beweisantritten auf Seite 18 der Klageschrift und auf den Seiten 15 ff. des Schriftsatzes vom 27.04.2004. Zu berücksichtigen sei des Weiteren der erhebliche Unrechtsgehalt der Handlungen der Beklagten sowie auch die finanzielle Leistungsfähigkeit der beiden Beklagten.

Soweit es um den Ersatz ihres materiellen Schadens geht, stützt die Klägerin die Haftung des Beklagten zu 1. auf § 823 Abs 1 BGB und auf § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 223 StGB. Die Haftung der Beklagten zu 2. leitet die Klägerin aus § 628 Abs. 2 BGB ab und führt dazu weiter aus. Die Klägerin macht geltend, dass § 626 Abs. 2 BGB auf ihre Ansprüche gegen den Beklagten zu 1. keine Anwendung finde. Bzgl. der Beklagten zu 2. sei zwar grundsätzlich § 626 Abs. 2 BGB anzuwenden, - hierbei seien jedoch Sinn und Zweck dieser Vorschrift sowie die Vorfälle vom 01.10./02.10.2003 zu berücksichtigen. Sie, die Klägerin, sei durch diese Ereignisse so erheblich beeinträchtigt worden, dass sie ab dem 04.10.2003 arbeitsunfähig gewesen sei (vgl. dazu die von der Klägerin bereits erstinstanzlich zu Bl. 58 d. A. gereichte "Ärztliche Bescheinigung" der Dr. med. M. vom 04.10.2003). Die Klägerin behauptet, dass die Zeugin Dr. M. ihr am 25.10.2003 in einem Gespräch nochmals eindringlich zur sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses geraten habe. Letztes auslösendes Ereignis für die mit Anwaltsschreiben der Klägerin vom 30.10.2003 (Bl. 478 d. A.) erklärte Kündigung ("mit Ablauf des 31.10.2003") sei der ärztliche Rat der Zeugin Dr. M. vom 25.10.2003 gewesen.

Weiter hat sich die Klägerin in dem Schriftsatz vom 06.05.2005 (Bl. 610 ff d. A.) geäußert und dort die Berufungen der beiden Beklagten beantwortet. Ergänzende Ausführungen erfolgten mit dem Schriftsatz vom 22.08.2005 (Bl. 659 ff d.A.). Auch hierauf wird jeweils verwiesen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 12.10.2004 - 10 Ca 4246/03 - abzuändern

und

1. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 25.000,- EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen

und

2. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Klägerin weitere 120.229,66 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Weiter beantragt die Klägerin,

die Berufungen der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagten beantragen,

1. die Berufung der Klägerin zurückzuweisen

und

2. das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 12.10.2004 - 10 Ca 4246/03 - abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Der Beklagte zu 1. hat das Urteil des Arbeitsgerichts nach näherer Maßgabe seiner Ausführungen im Schriftsatz vom 23.03.2005 (Bl. 515 ff. d. A.), - worauf verwiesen wird -, zum einen - im Rahmen seiner Berufungsbegründung - angegriffen und zum anderen - im Rahmen seiner Berufungsbeantwortung - gegen die Berufung der Klägerin verteidigt.

Die Beklagte zu 2. hat das Urteil des Arbeitsgerichts nach näherer Maßgabe ihrer Ausführungen in der Berufungsbegründung vom 23.03.2005 (Bl. 486 ff d.A.) angegriffen und im Schriftsatz vom 01.04.2005 (Bl. 565 ff d.A; Berufungsbeantwortung) gegen die Berufung der Klägerin verteidigt. Weiter hat sich die Beklagte zu 2. geäußert mit den Schriftsätzen

- vom 27.04.2005 (Bl. 594 f d.A.)

- vom 14.06.2005 (Bl. 630 ff d.A.)

- vom 17.08.2005 (Bl. 655 ff d.A.)

- vom 06.09.2005 (Bl. 667 ff. d.A.).

Hierauf wird jeweils verwiesen.

Der Beklagte zu 1. geht in seinem Schriftsatz vom 23.03.2005 insbesondere ein auf

- die Persönlichkeitsstruktur der Klägerin und ihres Prozessbevollmächtigten (S. 2 f = Bl. 516 f. d. A.),

- Fehler im Urteil des Arbeitsgerichts (S. 3 ff = Bl. 517 ff d.A.; unklare Sachverhaltsfeststellungen; keine Beweiserhebung; unzureichende Auseinandersetzung mit der LAG-Rechtsprechung; Verjährung, Verwirkung, Ausschlussfrist; fehlende Berücksichtigung des eigenen Verhaltens der Klägerin, des Mitverschuldens der Klägerin),

- richtige Erwägungen des Arbeitsgerichts (S. 8 ff = Bl. 522 d. A.).

Mit der Berufungsbegründung der Klägerin setzt sich der Beklagte zu 1. so auseinander, wie sich dies aus den Seiten 10 ff des Schriftsatzes vom 23.03.2005 (= Bl. 524 ff d. A.) ergibt.

Im Rahmen ihrer Berufungsbegründung (Schriftsatz v. 23.03.2005, Bl. 486 ff d.A.) macht die Beklagte zu 2. insbesondere geltend, dass ihr gegenüber bereits dem Grunde nach kein Anspruch auf Schmerzensgeld bestehe, da es hierfür an der notwendigen Anspruchsgrundlage fehle. In diesem Zusammenhang weist die Beklagte zu 2. u. a. darauf hin, dass sich sämtliche - nach Ansicht des Arbeitsgerichts relevanten - Verhaltensweisen vor dem 01.08.2002 ereignet haben. Weder sei hier eine Vorwirkung der Änderungen durch das zweite Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19.07.2002 für die Zeit vor dem 01.08.2002, noch eine Hineinwirkung angeblicher Pflichtverletzungen über den 31.07.2002 hinaus gegeben (Schriftsatz vom 23.03.2005, S. 2 ff = Bl. 487 ff d.A.). Aus den Ausführungen des Arbeitsgerichts werde nicht deutlich, dass gegenüber der Beklagten zu 2. ein Schadensersatzanspruch aufgrund einer Verletzung der in § 253 Abs. 2 BGB genannten Rechtsgüter bestehe. Nach neuem Recht sei eine Verletzung der dort genannten Rechtsgüter aber eine zwingende Voraussetzung (auch) für den geltend gemachten Schmerzensgeldanspruch. Ein Schmerzensgeldanspruch könne nicht isoliert von einem Schadensersatzanspruch bestehen (Schriftsatz S. 8 = Bl. 493 d.A.).

Dann führt die Beklagte zu 2. dazu aus (= S. 9 ff des Schriftsatz vom 23.03.2005 = Bl. 494 ff d.A.), dass ihr keine Verletzung von vertraglichen Schutzpflichten vorzuwerfen sei bei folgenden Ereignissen

- Vorgang vom 14.06.2000 (keine Wahrung der Rechte der Klägerin als Anästhesistin bei chirurgischen Operationen),

- Abmahnung vom 04.07.2000 (Bl. 40 a, 41 d. A.),

- Abmahnung vom 27.03.2001 (Bl. 53 f d. A.) und

- Beendigung der Einteilung zum externen Notarztdienst.

Auf den Seiten 16 ff (= Bl. 501 ff d.A.) führt die Beklagte zu 2. aus, dass sie (auch) durch Unterlassen keine Schutzpflichtverletzungen begangen habe.

Auf den Seiten 19 ff (= Bl. 504 ff. d. A.) rügt die Beklagte zu 2., dass das Arbeitsgericht den Umfang des Schmerzensgeldanspruches fehlerhaft bestimmt habe (keine Bloßstellung in der Betriebsöffentlichkeit; keine Nachhaltigkeit; Mitverschulden der Klägerin).

Beanstandet wird weiter die fehlende Berücksichtigung des Anspruchsausschlusses (S. 22 ff = Bl. 507 ff d. A.: arbeitsvertragliche Ausschlussfrist). Schließlich rügt die Beklagte zu 2. (S. 24 ff = Bl. 509 ff d. A.) unzureichende und unvollständige Tatsachenfeststellungen des Arbeitsgerichts.

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A.

Die Berufungen der Parteien sind an sich statthaft sowie jeweils form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Hinsichtlich der Berufung der Klägerin ist klarzustellen, dass diese die Abweisung ihres erstinstanzlichen Feststellungsantrages (= erstinstanzlicher Antrag zu 2.) mit der Berufung nicht angreift.

Die demgemäß zulässige Berufung der Klägerin erweist sich als unbegründet. In vollem Umfang ist die Berufung der Beklagten zu 2. begründet. Die Berufung des Beklagten zu 1. ist teilweise begründet.

B.

I.

Die Klage gegen den Beklagten zu 1. ist teilweise begründet.

1. Der Beklagte zu 1. ist verpflichtet, der Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 6.900,- EUR zu zahlen. Diese Verpflichtung ergibt sich aus § 823 BGB in Verbindung mit Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG.

a) Der Beklagte zu 1. hat das Recht der Klägerin auf Achtung ihrer individuellen Persönlichkeit dadurch tiefgreifend verletzt, dass er der Klägerin schwerwiegende Ehrverletzungen zugefügt hat. Dabei handelt es sich um einen derart schwerwiegenden Eingriff in den Eigenwert der Persönlichkeit der Klägerin, dass die Beeinträchtigung nach Art der Verletzung nicht in anderer Weise (als durch Zubilligung eines angemessenen Schmerzengeldes) befriedigend ausgeglichen werden kann. Dies gilt allerdings hinsichtlich der einzelnen Vorfälle freilich nur nach näherer Maßgabe der folgenden Ausführungen.

aa) Die vom Arbeitsgericht festgestellten Vorgänge vom 17.05.1999, 17.06.1999, 22.02.2000, 08.06.2000, 15.06.2000 und vom 05.09.2000 wiegen nicht derart schwer, dass nach Art der damaligen Persönlichkeitsrechtsverletzungen insoweit die Zubilligung eines Schmerzensgeldes alleine deswegen (noch) geboten wäre. Allerdings sind diese Vorgänge, die das Arbeitsgericht in tatsächlicher Hinsicht zu Recht als unstreitig festgestellt hat, bei der Bewertung der Vorgänge vom 16.04.2003 und vom 07.07.2003 mit zu berücksichtigen, da sie Bestandteil des bis in das Jahr 2003 hinein reichenden Verletzungsprozesses sind.

Soweit es insbesondere um den 16.04.2003 geht, ist - auch für das Berufungsverfahren - festzustellen, dass der Beklagte zu 1. damals im Operationssaal in Anwesenheit anderer lautstark bemerkt hat, die Klägerin sei wohl nicht zufrieden, wenn sie nicht meckern könne - die Klägerin solle "gefälligst ihre Schnauze halten" - sie solle "gefälligst" ihre Arbeit machen und "ihr großes Maul halten".

Unstreitig ist weiter, dass der Beklagte zu 1. am 07.07.2003 ebenfalls im Operationssaal dem - der Klägerin zur nötigen Hilfe eilenden - OP-Pfleger mehrfach bedeutete, er solle der Klägerin nicht helfen, und der Klägerin auf ihre diesbezügliche Frage antwortete, sie solle ihren "eigenen Pfleger" nehmen.

Zwar beanstandet der Beklagte zu 1. - ähnlich wie die Beklagte zu 2. - (angeblich) unklare Sachverhaltsfeststellungen des Arbeitsgerichts. Ein konkretes Bestreiten dahingehend, dass sich die Vorgänge vom 17.05.1999, 17.06.1999, 22.02.2000, 08.06.2000, 15.06.2000, 05.09.2000, 16.04.2003 und vom 07.07.2003 nicht so ereignet hätten, wie dies das Arbeitsgericht in Tatbestand und Entscheidungsgründen festgestellt hat, lässt sich dem Vorbringen der beiden Beklagten im Berufungsverfahren jedoch nicht entnehmen. Damit sind unter Berücksichtigung von § 138 ZPO auch für das Berufungsverfahren die hinsichtlich der eben genannten Vorgänge bereits vom Arbeitsgericht getroffenen Feststellungen zu treffen. Unstreitiges kann - wie vorliegend im Urteil vom 12.10.2004 - 10 Ca 4246/03 - auf den Seiten 20 ff. = Bl. 434 bis 438 d. A., dort unter Gliederungspunkt A. II. 1. geschehen - durchaus auch in den Entscheidungsgründen einer arbeitsgerichtlichen Entscheidung festgestellt werden. Hinreichend konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen des Arbeitsgerichts begründen könnten, ergeben sich aus dem Vorbringen der Beklagten im Berufungsverfahren nicht. Konkrete Rügen sind insoweit insbesondere auch nicht den Ausführungen des Beklagten zu 1. unter Ziffer II. 1 und 2. der Berufungsbegründung vom 23.03.2005 zu entnehmen.

bb) Auf der Grundlage dieser tatsächlichen Feststellungen ist dann weiter - aufgrund einer entsprechenden Güter- und Interessenabwägung - die rechtliche Wertung dahingehend vorzunehmen, dass ein - vom Beklagten zu 1. schuldhaft begangener - schwerer rechtswidriger Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Klägerin vorliegt.

Allerdings erfüllt nicht jede Auseinandersetzung oder jede Meinungsverschiedenheit zwischen Kollegen, Mitarbeitern, Untergebenen und/oder Vorgesetzten bereits den Begriff einer schmerzensgeldrelevanten unerlaubten Handlung im Sinne des § 823 BGB. Vielmehr ist es dem Zusammenarbeiten mit anderen Menschen immanent, dass sich Reibungen und Konflikte ergeben, ohne dass diese, - selbst wenn es dabei zu Kraftausdrücken, verbalen Entgleisungen und ähnlichen zu missbilligenden Verhaltensweisen kommt -, als solche Ausdruck des Ziels sind, den anderen systematisch in seiner Wertigkeit gegenüber Dritten oder sich selbst zu verletzen. Vorliegend hat der Beklagte zu 1. jedoch die Grenzen, die sozialadäquatem schmerzensgeldirrelevantem Verhalten gesetzt sind, überschritten. Sein Verhalten vom 16.04.2003 und vom 07.07.2003 stellt sich von seinem objektiven Erklärungswert her jedenfalls dann als Ausdruck eines fortgesetzten und systematischen Anfeindens der Klägerin dar, wenn man - wie geboten - die oben genannten früheren Vorgänge aus den Jahren 1999 und 2000 mit berücksichtigt. Der Gesichtspunkt eines etwaigen Mitverschuldens der Klägerin ("Mitverschulden" im weitesten Sinne, - also nicht nur im Sinne des § 254 BGB -) wirkt sich im Rahmen der Güter- und Interessenabwägung nicht zu Gunsten des Beklagten zu 1. aus.

Den Äußerungen des Beklagten zu 1. vom 16.04.2003 und vom 07.07.2003 ging an diesen Tagen kein Verhalten der Klägerin voraus, das geeignet sein könnte, das Verhalten des Beklagten zu 1. in einem milderen Lichte erscheinen zu lassen. Vielmehr ist festzustellen, dass die Schwere des Eingriffs des Beklagten zu 1. in das Persönlichkeitsrecht der Klägerin nach Grad des Verschuldens, Art und Schwere der Beeinträchtigung sowie Anlass und Beweggrund des Handelns eine Genugtuung erfordert. In anderer Weise als durch die Gewährung einer billigen Entschädigung in Geld kann die Persönlichkeitsrechtsverletzung hier nicht befriedigend ausgeglichen werden.

b) Soweit es um die Höhe des Schmerzensgeldes geht, ist der von der Berufungskammer ausgeurteilte Betrag unter den gegebenen Umständen angemessen. Es ist anerkanntes Recht, dass bei der Verletzung des Persönlichkeitsrechts die Genugtuungsfunktion im Vordergrund steht und deswegen der wesentliche Bemessungsfaktor ist. Bei Berücksichtigung der am 16.04.2003 und am 07.07.2003 zu Tage getretenen Intensität der Verletzungshandlungen des Beklagten zu 1. ist der immaterielle Schaden der Klägerin durch einen einmaligen Kapitalbetrag in Höhe von 6.900,- EUR abgegolten. Nachdem die Klägerin nach dem 31.10.2003 keinen beruflichen Kontakt mehr mit dem Beklagten zu 1. hat, stehen (weitere) Dauerfolgen nicht im Raum. Der Grad des Verschuldens des Beklagten zu 1. wurde berücksichtigt. Der Aspekt der fortgesetzten Bloßstellung der Klägerin in der Betriebsöffentlichkeit hat im Hinblick darauf, dass sich für die Jahre 2001 und 2002 persönlichkeitsrechtsverletzende Handlungen des Beklagten zu 1. nicht feststellen lassen, nicht die Bedeutung, dass der Klägerin deswegen ein Schmerzensgeld in Höhe von 12.000,- EUR oder gar von 25.000,- EUR zugebilligt werden müsste. Ein höheres Schmerzensgeld steht der Klägerin auch nicht etwa deswegen zu, weil sie erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen erlitten hätte. Die Handlung, die dem Beklagten zu 1. vorzuwerfen ist, besteht in einer schwerwiegenden Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin, - nicht dagegen (auch) in der Verletzung des Körpers und/oder in der Verletzung der Gesundheit der Klägerin. Die Klägerin kann unter den hier gegebenen Umständen ihren Anspruch nicht aus einer Körper- und/oder Gesundheitsverletzung herleiten. Zwar können durchaus auch psychische Beeinträchtigungen - wie ein psychisches Trauma mit posttraumatischer Belastungsstörung - eine Gesundheitsverletzung darstellen. Ob die Klägerin eine solche psychische Beeinträchtigung mit Krankheitswert aufgrund der Verhaltensweisen des Beklagten zu 1. erlitten hat (vgl. dazu BGB-RGRK/Steffen 12. Auflage BGB § 823 Rz 10 f.), kann dahingestellt bleiben. Die Haftung des Beklagten setzt ein schuldhaft-pflichtwidriges Verhalten im Sinne der §§ 276 und 823 BGB voraus. Das insoweit in Bezug auf eine etwaige Körper- und Gesundheitsverletzung notwendige Verschulden des Beklagten ergibt sich aus dem tatsächlichen Vorbringen der Klägerin nicht, - und zwar auch nicht im Sinne eines Fahrlässigkeitsvorwurfes. Ihr tatsächliches Vorbringen rechtfertigt ihre diesbezügliche Wertung nicht. Es ist nicht ersichtlich, dass der Beklagte zu 1. die Möglichkeit des Eintritts einer solchen psychischen Gesundheitsbeeinträchtigung der Klägerin vorhersehen konnte. Entsprechendes gilt für die von der Klägerin genannte Tinnitus-Erkrankung. Nicht ersichtlich ist des Weiteren, dass die Leistungsfähigkeit des Beklagten zu 1. die Zubilligung eines Schmerzensgeldes in Höhe eines Betrages notwendig machen würde, der 6.900,- EUR überschreitet. Auch war zu beachten, dass bei Äußerungen, wie sie insbesondere am 16.04.2003 und am 07.07.2003 (relativ) spontan von Seiten des Beklagten zu 1. erfolgt sind, mit nachträglichen Sanktionen in Form von Schmerzensgeld zurückhaltend umzugehen ist. Die Berufungskammer hat sich (weiter) an den Beträgen orientiert, die bisher in der Rechtsprechung (siehe dazu die Nachweise bei Kern NZA 2000, 126 f., dort in den Fußnoten 38 ff.) in vergleichbaren bzw. anderen Fällen (siehe dazu auch LAG Rheinland-Pfalz vom 16.08.2001 - 6 Sa 415/01) zugebilligt worden sind. Nimmt man diese Beträge als Anhaltspunkt und berücksichtigt man weiter die konkrete Tatsituation, dann stellt der Betrag von 6.900,- EUR - alles in allem - ein angemessenes Schmerzensgeld dar.

2. Der Beklagte zu 1. ist nicht verpflichtet, der Klägerin Verdienstausfall in Höhe von 12.507,16 EUR und eine Entschädigung für den Verlust des Bestandsschutzes (Abfindung entsprechend den §§ 9 und 10 KSchG) in Höhe von 120.229,66 EUR zu zahlen.

Diese beiden Schadenspositionen werden von dem Schutzzweck der Norm, die der Beklagte zu 1. verletzt hat (§ 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit den Art. 1 und 2 Abs. 1 GG) nicht erfasst. Es fehlt (auch) am notwendigen Rechtswidrigkeitszusammenhang und an der Kausalität.

Da dem Beklagten zu 1. eine schuldhaft begangene Körper- bzw. Gesundheitsverletzung der Klägerin nicht vorgeworfen werden kann, scheidet auch die Anspruchsgrundlage des § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 223 StGB aus.

Neben der haftungsbegründenden Kausalität setzt eine Haftung des Beklagten zu 1. aus § 823 Abs. 1 BGB in Bezug auf den Verdienstausfall der Klägerin und in Bezug auf den Verlust des Bestandsschutzes (Abfindung für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses) eine haftungsausfüllende Kausalität in dem Sinne voraus, dass (auch) ein Zurechnungszusammenhang zwischen der Rechtsgutsverletzung und dem Schaden besteht. Dabei geht es nicht um das bloße Bestehen eines Kausalzusammenhanges im naturwissenschaftlichen Sinne, - sondern um eine wertende Zurechnung. Diese Wertung ergibt vorliegend, dass dem Beklagten zu 1. die Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin nicht zuzurechnen ist. Damit steht zugleich fest, dass dem Beklagten auch etwaige negative Folgen, die sich für die Klägerin aus der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu 2. für die Zeit nach dem 31.10.2003 ergeben, nicht zuzurechnen sind. Die (jedenfalls) faktische Beendigung der arbeitsvertraglichen Beziehungen der Klägerin zur Beklagten zu 2. beruht darauf, dass die Klägerin in der Konsequenz ihrer eigenen Kündigung vom 30.10.2003 ihre Arbeit für die Beklagte zu 2. eingestellt und ab Anfang November 2003 anderweitig beruflich tätig geworden ist. Bei der gebotenen wertenden Betrachtung ist festzustellen, dass infolge der vorsätzlichen Eigenkündigung der Klägerin kein adäquater Kausalverlauf zwischen etwaigen Verletzungshandlungen des Beklagten zu 1. und den von der Klägerin geltend gemachten materiellen Schäden besteht. Die dem Beklagten zu 1. vorzuwerfenden Verletzungshandlungen sind nicht so gestaltet, dass die Klägerin deswegen sozusagen "gezwungen" gewesen wäre, eine Eigenkündigung zu erklären. Ihr tatsächliches Vorbringen rechtfertigt ihre diesbezügliche Wertung nicht.

Soweit es um den Schutzzweck geht, ist darauf zu verweisen, dass die - durch einen Eingriff in ihr Persönlichkeitsrecht - verletzte Person einen Ausgleich für erlittene Kränkungen und Leiden erhalten soll. Das Schmerzensgeld soll sie in die Lage versetzen, die erlittenen Beeinträchtigungen jedenfalls teilweise auszugleichen; ihr soll Genugtuung für das verschafft werden, was ihr der Schädiger angetan hat. Dieser Schutzzweck bezieht sich aber nicht auf Schäden derart, wie sie von der Klägerin hinsichtlich Verdienstausfall und Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes geltend gemacht werden. Es spricht auch einiges dafür - ohne dass darauf entscheidend abgestellt werden muss -, dass sich die Klägerin ohnehin durch den Ausspruch ihrer Eigenkündigung selbst die Möglichkeit, eine Abfindung nach dem Kündigungsschutzgesetz, die eine Kündigung des Arbeitgebers voraussetzt, zu erhalten, "versperrt" hat (vgl. BAG v. 22.04.1971 AP Nr. 24 zu § 7 KSchG aF).

II.

Die Beklagte zu 2. schuldet der Klägerin weder Schmerzensgeld noch materiellen Schadensersatz.

1. Der Beklagten zu 2. kann keine unerlaubte Handlung im Sinne der §§ 823 ff. BGB oder ein deliktischer Verstoß gegen Art. 1 und 2. Abs. 1 GG vorgeworfen werden.

Die Beklagte zu 2. hat selbst bzw. durch ihre gesetzlichen Vertreter keine unerlaubte Handlung gemäß den §§ 823 ff. BGB in Verbindung mit den Art. 1 und 2 Abs. 1 GG im Sinne einer Persönlichkeitsrechtsverletzung und/oder einer Körper- bzw. Gesundheitsverletzung der Klägerin begangen. Für diesbezügliche Feststellungen, die auch das Arbeitsgericht konkret nicht getroffen hat, reicht das tatsächliche Vorbringen der insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Klägerin nicht aus.

2. Die von dem Beklagten zu 1. nach näherer Maßgabe der obigen Ausführungen begangene unerlaubte Handlung (Persönlichkeitsrechtsverletzung) ist der Beklagten zu 2. nicht nach § 831 Abs. 1 Satz 1 BGB zuzurechnen. Unterstellt man, dass es sich bei dem Beklagten zu 1. um einen "Verrichtungsgehilfen" der Beklagten zu 2. handelt bzw. gehandelt hat, so hat dieser doch die unerlaubten Handlungen vom 16.04.2003 und vom 07.07.2003 sowie die aus den Jahren 1999 und 2000 nicht "in Ausführung der Verrichtung", sondern nur gelegentlich der Verrichtung begangen. Es fehlt hier jeweils an dem notwendigen unmittelbaren inneren Zusammenhang zwischen der dem Beklagten zu 1. aufgetragenen Verrichtung nach ihrer Art und ihrem Zweck und der Verletzungshandlung. Das seinerzeitige Verhalten des Beklagten zu 1. fällt jeweils völlig aus dem Kreis bzw. dem Rahmen der ihm anvertrauten Aufgaben eines leitenden Arztes ("Chefarzt der Chirurgie") heraus. Die ärztliche Pflicht (auch eines Chefarztes) besteht darin, Mitmenschen zu heilen und zu helfen. Durch sein Verhalten - insbesondere auch durch das vom 16.04.2003 und vom 07.07.2003 - hat sich der Beklagte zu 1. derart weit aus dem Kreis der ihm aufgetragenen Aufgaben bewegt, dass er die damals begangenen unerlaubten Handlungen nicht mehr in Ausführung seiner ärztlichen Verrichtung begangen hat. Unabhängig davon spricht einiges dafür, dass die Ersatzpflicht der Beklagten zu 2 insoweit gemäß § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB auch deswegen nicht eintritt, weil die Beklagte zu 2. bei der Auswahl des Beklagten zu 1. die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hat. Auch in Bezug auf die Überwachung des Beklagten zu 1. ist der Beklagten zu 2. wohl nicht vorzuwerfen, die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nicht beachtet zu haben. Immerhin ereigneten sich die Vorfälle vom 16.04.2003 und vom 07.07.2003 im Operationssaal. Das Geschehen, das sich dort jeweils ereignet, lässt sich von der Beklagten zu 2. nicht durchgehend überwachen.

3. a) Dahingestellt bleiben kann, inwieweit der Beklagten zu 2. die Verletzung vertraglicher Schutzpflichten durch aktives Tun und/oder das Unterlassen von gebotenen Handlungen vorzuwerfen ist. Die Schutzpflichtverletzungen der Beklagten zu 2. haben sich - wenn überhaupt als solche gegeben - alle in der Zeit vor dem 01.08.2002 ereignet. Schon aus diesem Grunde kann der Schmerzensgeldanspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 2. nicht aus § 253 Abs. 2 BGB nF abgeleitet werden. Nach dieser Bestimmung kann auch wegen des Schadens, der Nichtvermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden, wenn wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten ist. Es fällt auf, dass der Tatbestand einer Persönlichkeitsrechtsverletzung bei den tatbestandlichen Voraussetzungen der Norm nicht genannt wird. Obgleich also das Persönlichkeitsrecht bei den im Katalog des § 253 Abs. 2 BGB enumerativ-abschließend aufgeführten Rechtsgütern fehlt, wird verschiedentlich die Auffassung vertreten, dass ein Schmerzensgeldanspruch wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung auch bei Vertragshaftung bzw. bei Verletzung vertraglicher Schutzpflichten gegeben sein könne bzw. müsse. Eine diesbezügliche Gesetzesauslegung würde jedoch dem Wortlaut des § 253 Abs. 2 BGB widersprechen. Versucht man sich am Gesetzesentwurf (= "Gesetzentwurf der Bundesregierung"; BT-Drucksache 14/7752, dort Seite 25 - oben links -) zu orientieren, ergibt sich, dass im Rahmen des seinerzeitigen Gesetzgebungsvorhabens das allgemeine Persönlichkeitsrecht nach dem Willen des Gesetzgebers wohl gerade nicht in § 253 Abs. 2 BGB einbezogen werden sollte (S. 25 des Gesetzesentwurfs: "... dies kann im Zusammenhang mit diesem Gesetz nicht geleistet werden ..."). Demgemäß öffnet § 253 Abs. 2 BGB n. F. die vertragliche Haftung für eine Entschädigung bei Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht (Rieble/Klumpp ZPI 2002, 376 f., - denen insoweit im Ergebnis zuzustimmen, - bei einzelnen Formulierungen aber zu widersprechen ist). Eine Haftung kommt insoweit nach wie vor nur auf deliktischer Grundlage in Betracht (vgl. zur Rechtslage für die Zeit vor dem 01.08.2002: BAG vom 25.04.1972 - 1 AZR 322/71 - ; OLG Stuttgart vom 20.06.2000 - 12 U 37/00 -). Da der Beklagten zu 2. keine schuldhafte Persönlichkeitsrechtsverletzung der Klägerin im Sinne des Deliktsrechts gemäß § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit den Artikeln 1 und 2 GG vorgeworfen werden kann, und der Gesetzgeber, wie er durch Artikel 229 EGBGB, dort § 8, deutlich gemacht hat, jedwede Rückwirkung des zweiten Schadensersatzrechtsänderungsgesetzes ausgeschlossen hat, scheidet eine Haftung der Beklagten zu 2. (auf Zahlung von Schmerzensgeld) jedenfalls deswegen aus.

b) Unabhängig davon, und darauf wird das vorliegende Berufungsurteil ebenfalls gestützt, würden etwaige Persönlichkeitsrechtsverletzungen der Klägerin durch vertragliche Schutzpflichtverletzungen der Beklagten zu 2. nicht so schwer wiegen, dass der Klägerin hier unter Berücksichtigung von Genugtuungs- oder sonstigen Gesichtspunkten ein Schmerzensgeld gegen die Beklagte zu 2 zugebilligt werden müsste. In diesem Zusammenhang sind die vom Arbeitsgericht und der Klägerin beanstandeten Verhaltensweisen der Beklagten zu 2. im Lichte des Rechtsgrundsatzes zu bewerten, der positiv-rechtlich in § 193 StGB normiert ist. Der Gesichtspunkt der Wahrnehmung berechtigter Interessen verbietet es, das Verhalten der Beklagten zu 2. als schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin zu bewerten, die nur durch Zahlung eines Schmerzensgeldes befriedigend ausgeglichen werden könne. Außerdem müsste sich die Klägerin insoweit auch auf die vorrangige Ausübung anderer Rechte und Befugnisse (wie z. B. auf vertragsgemäße Beschäftigung; Beschwerderecht, Zurückbehaltungsrecht, Abmahnung des Arbeitgebers -) verweisen lassen.

c) Das Verschulden des Beklagten zu 1 muss sich die Beklagte zu 2 nicht zurechnen lassen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Zurechnungsnorm des § 278 BGB sind nicht erfüllt. Insbesondere handelt es sich bei dem Beklagten zu 1 - in Bezug auf das Arbeitsverhältnis der Beklagten zu 2 mit der Klägerin - nicht um einen Erfüllungsgehilfen der Beklagten zu 2.

3. Die Beklagte zu 2. schuldet der Klägerin auch keinen materiellen Schadensersatz. Dies ergibt sich jedenfalls im Verhältnis der Klägerin zu der Beklagten zu 2. aus den §§ 626 Abs. 2 und 628 Abs. 2 BGB. Insoweit macht sich die Berufungskammer die Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts auf den Seiten 29 bis 31 (= dort unter C. I. und II. = Bl. 443 ff d. A.) zu eigen und stellt dies hiermit ausdrücklich Bezug nehmend gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Das Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren rechtfertigt insoweit keine von der Beurteilung des Arbeitsgerichts abweichende Bewertung. Die Kündigung vom 30.10.2003 ist der Beklagten zu 2. frühestens an diesem Tag zugegangen. Damals waren der Klägerin die für die Kündigung maßgebenden Tatsachen aber bereits länger als zwei Wochen bekannt. Die Klägerin hat die zweiwöchige Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB versäumt. Zu den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen zählen nach den Darlegungen der Klägerin insbesondere die Verhaltensweisen des Beklagten zu 1. und der Beklagten zu 2. . Das entsprechende Verhalten war der Klägerin aber bereits vor dem 16.10.2003 positiv bekannt. Maßgebend waren nach näherer Maßgabe der Ausführungen der Klägerin im Kündigungsschreiben und im vorliegenden Rechtsstreit "Mobbing-Handlungen im Betrieb" und der der Klägerin erteilte "ärztliche Rat". Soweit man den "ärztlichen Rat" überhaupt zu den für die Kündigung "maßgebenden Tatsachen" zu zählen hat, - was schon zu verneinen ist -, war der Klägerin dieser Rat aber bereits lange zuvor gemäß ärztlicher Bescheinigung vom 04.10.2003 (Bl. 58 d.A.) erteilt worden. Die zweiwöchige Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB war bereits abgelaufen, als die Zeugin Dr. M. - nach der Behauptung der Klägerin - dieser am 25.10.2003 in einem Gespräch erneut bzw. nochmals eindringlich zur sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses geraten hat. Dieser nochmalige Rat setzte die bereits abgelaufene Kündigungserklärungsfrist nicht erneut in Lauf.

III.

Aus den vorstehenden Ausführungen (= B. I. und II.) ergibt sich zugleich, das die Berufung der Beklagten zu 2. in vollem Umfang und die Berufung des Beklagten zu 1. teilweise - nämlich hinsichtlich der Höhe des Schmerzensgeldes - begründet ist. Im übrigen ist die Berufung des Beklagten zu 1. unbegründet. Seine Berufungsangriffe rechtfertigen es nicht, der Klägerin überhaupt kein Schmerzensgeld oder ein niedrigeres - den Betrag von 6.900,- EUR unterschreitendes - Schmerzensgeld zuzusprechen. Die Haftungsbeschränkung der §§ 104 ff. SGB VII setzt nach näherer Maßgabe der gesetzlichen Regelung einen sozialversicherungsrechtlichen Versicherungsfall ("Arbeitsunfall" und/oder "Berufskrankheit") voraus. Auf der Grundlage des tatsächlichen Parteivorbringens ist ein derartiger Versicherungsfall erkennbar nicht gegeben. Soweit es um die Ausschlussfrist des § 23 AVR-Caritas geht, greift diese jedenfalls im Verhältnis der Klägerin zu dem Beklagten zu 1. nicht, da zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 1. kein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Hinsichtlich des Verwirkungseinwandes fehlt es zumindest an dem gemäß § 242 BGB notwendigen Umstandsmoment. Verjährt ist der Schmerzensgeldanspruch der Klägerin ebenfalls nicht. Nach den zutreffenden Feststellungen des Arbeitsgerichts endete das schikanöse und auf Dauer angelegte Verhalten des Beklagten zu 1. nicht bereits im Jahre 2000. Damit war der - für die Frage der Verjährung maßgebende - "Verletzungsprozess" (vgl. Rieble/Klumpp ZIP 2002, 380) erst mit dem Vorgang vom 07.07.2003 beendet, so dass die Klägerin ihren Anspruch rechtzeitig im Sinne des Verjährungsrechts geltend gemacht hat. Die Klägerin hat alle hier in Betracht kommenden Verjährungsfristen mit ihrer im Oktober 2003 erhobenen Klage gewahrt. Die übrigen Berufungsangriffe des Beklagten zu 1. wurden bereits im Zusammenhang mit der Beurteilung der Berufung der Klägerin (mit) behandelt. Auf die diesbezüglichen Ausführungen wird deswegen verwiesen.

C.

Die Kosten des Rechtsstreits muss die Klägerin unter Berücksichtigung des § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO alleine tragen (§§ 91 Abs. 1 und 97 Abs. 1 ZPO). Ihr Obsiegen stellt sich - gemessen am jeweiligen Streitwert - nur als verhältnismäßig geringfügig dar. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wurde gemäß § 63 Abs. 2 GKG neu festgesetzt.

Zinsen waren der Klägerin gemäß § 291 BGB zuzusprechen. Nach der Rechtsprechung des BAG (vgl. bspw. Urteil vom 15.11.2000 - 5 AZR 365/99 -) setzt die Verzinsungspflicht entsprechend § 187 Abs. 1 BGB mit dem Beginn des Tages ein, der dem Tag folgt, an dem das maßgebliche Ereignis (= Klagezustellung) eintrat (vgl. auch BGH vom 24.01.1990 - VIII ZR 296/88 -). Dem Beklagten zu 1. wurde die Klageschrift hier am 21.10.2003 zugestellt. Unter Zugrundelegung der zitierten Rechtsprechung waren der Klägerin deswegen Zinsen ab dem 22.10.2003 zuzusprechen. Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst.

Insbesondere ist das Urteil der 6. Kammer des Berufungsgerichts vom 16.08.2001 - 6 Sa 415/01 - nicht so zu verstehen, dass - abweichend von der im vorliegenden Urteil vertretenen Auffassung - auch eine vertragliche (Schmerzensgeld-)Haftung des Arbeitgebers bei Persönlichkeitsrechtsverletzung gegeben sei. Die 6. Kammer des LAG hat am 16.08.2001 - sieht man einmal von der Höhe des Schmerzensgeldes ab - das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 06.11.2000 - 1 Ca 2136/00 - dem Grunde nach bestätigt. Das Arbeitsgericht Ludwigshafen hatte die Haftung des dortigen Beklagten zu 2. aber ausdrücklich auf die "§§ 823 Abs. 1, 847 BGB in Verbindung mit Art. 1, 2 Abs 1 GG" - also auf eine deliktische Anspruchsgrundlage - gestützt. Davon ist die 6. Kammer in ihrem Urteil vom 16.08.2001 - 6 Sa 415/01 - nicht abgewichen. Streitgegenstand des damaligen Berufungsverfahrens war (auch) nur ein gegen den Vorgesetzten des damaligen Klägers geltend gemachter Schmerzensgeldanspruch. Ein Schmerzensgeldanspruch auch gegen den Arbeitgeber war in jenem Verfahren ( - 1 Ca 2136/00 - = - 6 Sa 415/01 - ) nicht erhoben worden. Unter den Voraussetzungen des § 72 a ArbGG können die Klägerin und der Beklagte zu 1. nach näherer Maßgabe der eben zitierten Vorschrift die Nichtzulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht durch Beschwerde, die beim Bundesarbeitsgericht, Hugo-Preuß-Platz 1, 99084 Erfurt, einzulegen ist, anfechten. Auf diese Möglichkeit wird hiermit aufmerksam gemacht. Derzeit findet gegen das vorliegende Berufungsurteil die Revision nicht statt.

Ende der Entscheidung

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