Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 10.05.2005
Aktenzeichen: 5 Sa 177/05
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO, BBiG, BGB


Vorschriften:

ArbGG § 62 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 7
ArbGG § 69 Abs. 2
ZPO § 286
ZPO § 294
ZPO § 294 Abs. 1
ZPO § 920 Abs. 2
ZPO § 935
ZPO § 940
BBiG §§ 6 ff.
BBiG § 18
BBiG § 29 Abs. 3
BGB § 134
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 5 Sa 177/05

Verkündet am: 10.05.2005

Tenor:

I. Auf die Berufung des Verfügungsklägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 20.01.2005 - 11 Ga 15/04 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Verfügungsbeklagte wird verurteilt, den Verfügungskläger bis zum praktischen Teil der Abschlussprüfung (Sommerprüfung des Jahres 2005) als Auszubildenden im dritten Lehrjahr auszubilden (= Ausbildung zum Gärtner - Fachrichtung Baumschule -).

II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

IV. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 950,00 € festgesetzt.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der am 09.09.1984 geborene Verfügungskläger ist in der Zeit vom 01.09.2004 bis zum 16.09./17.09.2004 in dem Baumschulbetrieb des Verfügungsbeklagten erschienen und hat dort verschiedene Tätigkeiten verrichtet, - wie z.B. Pflanzen gewässert und Setzlinge geschnitten. In der zweiten Septemberwoche 2004 (37. Kalenderwoche 2004) hat der Verfügungskläger die Berufsbildende Schule besucht.

Gemäß Antragsschrift vom 10.12.2004, die dem Verfügungsbeklagten am 15.12.2004 zugestellt worden ist, begehrt der Verfügungskläger den Erlass einer - auf Weiterbeschäftigung als Auszubildender - gerichteten einstweiligen Verfügung.

Zur näheren Darstellung (insbesondere) des (erstinstanzlichen) Sach- und Streitstandes im Übrigen wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf das Urteil des Arbeitsgerichts vom 20.01.2005 - 11 Ga 15/05 - (dort S. 2 f. = Bl. 29 f. d. A.). Das Arbeitsgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung abgewiesen.

Gegen das ihm am 28.01.2005 zugestellte Urteil vom 20.01.2005 - 11 Ga 15/04 - hat der Verfügungskläger am 28.02.2005 Berufung eingelegt und diese am 25.03.2005 begründet. Zwecks Darstellung aller Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz des Verfügungsklägers vom 24.03.2005 (Bl. 44 ff. d. A.) verwiesen (s. dazu auch die eidesstattliche Versicherung des Verfügungsklägers vom 24.03.2005, Bl. 63 f. d. A.).

Ergänzend äußert sich der Verfügungskläger in den Schriftsätzen vom 06.05.2005 (Bl. 78 f. d. A.) und vom 10.05.2005 (Bl. 84 f. d. A.), worauf ebenfalls verwiesen wird.

Nach näherer Maßgabe der zitierten Schriftsätze trägt der Verfügungskläger vor, dass er am 08.07.2004 mit dem Verfügungsbeklagten die Vereinbarung getroffen habe, dass er, der Verfügungskläger, bei dem Verfügungsbeklagten das dritte Lehrjahr wiederholen könne.

Der Verfügungskläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammer Bad Kreuznach - vom 20.01.2005 - 11 Ga 15/05 - aufzuheben und den Verfügungsbeklagten zu verurteilen, den Verfügungskläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsrechtsstreites als Auszubildenden im dritten Lehrjahr zu unveränderten Arbeitsbedingungen in seinem Betrieb C-Straße, C-Stadt weiterzubeschäftigen.

Der Verfügungsbeklagte beantragt,

die Berufung des Verfügungsklägers zurückzuweisen.

Der Verfügungsbeklagte verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts nach näherer Maßgabe seiner Ausführungen in der Berufungsbeantwortung vom 28.04.2005 (Bl. 70 f. d. A.) und im Schriftsatz vom 09.05.2005 (Bl. 82 d. A.), worauf jeweils verwiesen wird.

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die hiernach zulässige Berufung erweist sich zum Teil als begründet.

II.

Die einstweilige Verfügung ist mit dem - aus dem Urteilstenor ersichtlichen Inhalt - zu erlassen. Dies ergibt sich aus den §§ 935 und 940 ZPO i. V. m. §§ 62 Abs. 2 und 64 Abs. 7 ArbGG. Der Verfügungskläger hat die Tatsachen, aus denen sich sein Verfügungsanspruch und der Verfügungsgrund ergeben, im Sinne des § 294 Abs. 1 ZPO und des § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft gemacht.

1. Die entsprechende Wahrscheinlichkeitsfeststellung stützt die Berufungskammer zunächst darauf, dass der Verfügungskläger tatsächlich in dem Ausbildungsbetrieb des Verfügungsbeklagten in den ersten Tagen des Septembers 2004, - d. h. ab dem 01.09.2004 und dann erneut ab dem 13.09.2004 bis zum 16.09./17.09.2004 tätig geworden ist. Dieser Umstand - der Verfügungskläger hat u.a. Pflanzen gewässert und Setzlinge geschnitten - ist unstreitig. Die gemäß § 294 ZPO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO notwendige Wahrscheinlichkeitsfeststellung der Berufungskammer stützt sich weiter auf die eidesstattlichen Versicherungen des Verfügungsklägers vom 24.03.2005, des Prozessbevollmächtigten des Verfügungsklägers vom 24.03.2005 und auf die eidesstattliche Versicherung der VV vom 10.05.2005. Die demgegenüber vom Verfügungsbeklagten vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen, - insbesondere die eigene vom 20.12.2004 (Bl. 24 d. A.) und die des UU vom 06.05.2005 -, stehen der Wahrscheinlichkeitsfeststellung der Berufungskammer nicht entgegen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass bei der Glaubhaftmachung eben im Vergleich zu § 286 ZPO ein geringerer Grad der Beweisführung verlangt wird und ausreichend ist. Hier muss dem Gericht nur ein geringerer Gradvon Wahrscheinlichkeit vermittelt werden. Den notwendigen Gradder Wahrscheinlichkeit hat der Verfügungskläger der Berufungskammer vermittelt. (Auch) die vom Verfügungsbeklagten mit der Berufungsbeantwortung in Kopie vorgelegten Unterlagen, wie insbesondere die schriftliche Aussage des Klassenleiters TT, stehen der Wahrscheinlichkeitsfeststellung der Berufungskammer nicht entgegen.

Auf der Grundlage des hiernach glaubhaft gemachten Sachverhalts sind - aufgrund der notwendigerweise summarischen Prüfung im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes - folgende Feststellungen zu treffen.

2. Dem Verfügungsbeklagten steht ein Verfügungsanspruch dahingehend zu, von dem Verfügungsbeklagten (weiter) ausgebildet zu werden. Zwischen den Parteien ist aufgrund entsprechender vertraglicher Vereinbarung ein Berufsausbildungsverhältnis sui generis zu Stande gekommen. Deswegen treffen den Verfügungsbeklagten die in den §§ 6 ff. BBiG geregelten Pflichten des Ausbildenden (= jetzt §§ 14 ff. BBiG n. F.). Insbesondere die Ausbildungspflicht des Verfügungsbeklagten besteht bis zum praktischen Teil der Abschlussprüfung (Sommerprüfung 2004). Unbegründet ist freilich das Begehren des Verfügungsklägers bis zum rechtskräftigen Abschluss des noch in erster Instanz anhängigen Kündigungsrechtstreites "zu unveränderten Arbeitsbedingungen... weiter beschäftigt zu werden". Die Abschlussprüfung 2005 (Sommerprüfung) ist voraussichtlich bereits Mitte/Ende Juli 2005 abgeschlossen. Nur bis zu diesem Zeitpunkt steht dem Verfügungskläger ein Verfügungsanspruch zu. Bestandsstreitigkeiten dauern aber üblicherweise bis zu ihrem rechtskräftigen Abschluss länger. Insoweit unterlag das weitergehende Begehren des Verfügungsklägers der Abweisung. Im Übrigen ist das Begehren des Verfügungsklägers nicht auf eine rechtlich unmögliche Leistung gerichtet. Die Vereinbarung der Parteien, die formlos möglich war, verstößt weder gegen ein gesetzliches Verbot iSd. des § 134 BGB, noch weicht sie iSd. § 18 BBiG (jetzt § 25 BBiG n. F.) zuungunsten des Verfügungsklägers (=des Auszubildenden) von den Vorschriften des BBiG ab. Dass der Verfügungskläger etwas rechtlich Unmögliches begehre, ergibt sich insbesondere (auch) nicht aus § 29 Abs. 3 BBiG (=jetzt § 8 Abs. 2 BBiG n. F.). In einem Ausnahmefall der vorliegenden Art kann eine Berufsausbildung individualrechtlich auch ohne eine diesbezügliche Entscheidung der zuständigen Stelle länger dauern als dies nach dem ursprünglichen Berufsausbildungsvertrag vorgesehen war.

3. Dem Verfügungskläger steht auch der notwendige Verfügungsgrund zur Seite. Zwar sind in einem Fall der vorliegenden Art an das Vorliegen eines Verfügungsgrundes strenge Anforderungen zu stellen. Diese sind hier jedoch erfüllt. Die Abschlussprüfung besteht (auch) aus einem technischen bzw. praktischen Prüfungsteil. Im Hinblick darauf ist es notwendig, dass der Verfügungskläger bis zu diesem Teil der Prüfung weiter praktisch ausgebildet wird - d. h., dass ihm entsprechende praktische Fertigkeiten und Kenntnisse vermittelt werden. Die praktische Berufsausbildung, die der Verfügungskläger zunächst bis Juli 2004 erfahren hat, ist mittlerweile seit mehr als neun Monaten unterbrochen. Mit Rücksicht darauf, kann dem Verfügungskläger, der sich im Juli 2005 der praktischen Prüfung stellen muss, ein berechtigtes Interesse daran, nunmehr noch tatsächlich praktisch ausgebildet zu werden, nicht abgesprochen werden. Die Zusage der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz vom 25.10.2004, den Verfügungskläger auch ohne weitere praktische Ausbildung zur Abschlussprüfung zuzulassen, lassen das Beschäftigungsinteresse des Verfügungsklägers und den sich daraus ergebenden Verfügungsgrund nicht entfallen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 1 und 97 Abs. 1 ZPO. Der Streitwert wurde gemäß § 63 Abs. 2 GKG festgesetzt. In Fällen der vorliegenden Art darf die Revision nicht zugelassen werden (§ 72 Abs. 4 ArbGG).

Ende der Entscheidung

Zurück