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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 19.11.2007
Aktenzeichen: 5 Sa 415/07
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO


Vorschriften:

ArbGG § 64 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 6
ArbGG § 66 Abs. 1
ZPO § 518
ZPO § 519
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - vom 26.04.2007 - 7 Ca 2299/06 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob die Klägerin von der Beklagten aus einem vormals bestehenden Arbeitsverhältnis noch die Zahlung von Überstundenvergütung nebst Zuschlägen verlangen kann.

Nachdem die Parteien arbeitsvertraglich - wie betriebsüblich - eine 37-Stunden-Woche vereinbart hatten, mit der Maßgabe, dass von der Klägerin geleistete Mehrarbeit mit einem Stundenlohn von 10,79 € nebst einem Zuschlag in Höhe von 25 % vergütet wurde, fanden im Betrieb der Beklagten im Frühjahr und im September 2005 Betriebsversammlungen statt. Im Rahmen der Betriebsversammlung im September 2005 teilte die Beklagte allen Arbeitnehmern mit, dass sie zur Konsolidierung der Lage ab Oktober 2005 eine Anhebung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 40 Stunden ohne Entgeltausgleich vornehmen werde. Weder die Klägerin noch andere Arbeitnehmer erhoben Widerspruch; die Regelung wurde ab Oktober 2005 von der Beklagten auch tatsächlich umgesetzt mit der Folge, dass sie den Arbeitnehmern ab diesem Zeitpunkt erst ab der 41. Wochenstunde Mehrarbeitsvergütung nebst Zuschlägen gewährte. Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis endete am 06.10.2006.

Streitgegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist die von der Klägerin geltend gemachte Überstundenvergütung nebst Zuschlägen für die Zeit vom 01.10.2005 bis zum 06.06.2006. Hinsichtlich des weiteren unstreitigen erstinstanzlichen Tatbestandes wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf Seite 3, 4 der angefochtenen Entscheidung (= Bl. 31, 32 d. A.) Bezug genommen.

Die Klägerin hat vorgetragen,

sie habe sich mit der Vorgehensweise der Beklagten zu keinem Zeitpunkt ausdrücklich einverstanden erklärt; ihr Schweigen könne nicht als Zustimmung gewertet werden. Zur weiteren Darstellung der Auffassung der Klägerin wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf Seite 4 der angefochtenen Entscheidung (= Bl. 32 d. A.) sowie hinsichtlich der Berechnung der Klageforderung auf die Aufstellung der Klägerin in der Klageschrift (Bl. 2 f. d. A.) Bezug genommen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.051,40 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. November 2006 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen,

sie habe als Ergebnis der Betriebsversammlung im September 2005 mit allen Arbeitnehmern und somit auch der Klägerin vereinbart, dass diese wöchentlich drei Stunden Mehrarbeit ohne Entgeltausgleich leisteten. Die Klägerin habe dies nach 12 Monaten auch akzeptiert und zu keinem Zeitpunkt widersprochen. Zur weiteren Darstellung der Auffassung der Beklagten wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf Seite 5 der angefochtenen Entscheidung (= Bl. 33 d. A.) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - hat die Klage daraufhin durch Urteil vom 26.04.2007 - 7 Ca 2299/06 - abgewiesen. Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Blatt 31 bis 38 der Akte Bezug genommen.

Gegen das der Klägerin am 30.05.2007 zugestellte Urteil hat sie durch am 25.06.2007 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Sie hat die Berufung durch am 29.08.2007 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet, nachdem zuvor auf ihren begründeten Antrag hin durch Beschluss vom 24.07.2007 die Frist zur Einreichung der Berufungsbegründung bis zum 30.08.2007 einschließlich verlängert worden war.

Die Klägerin wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, vorliegend sei bereits kein Vertragsangebot der Beklagten für einen Änderungsvertrag gegeben. Im Übrigen fehle es auch an einer Annahme eines derartigen Angebots. Vorliegend sei ein ausdrücklicher Widerspruch nicht zu erwarten gewesen, denn die Klägerin habe in einem derartigen Falle mit der Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses rechnen müssen. Insgesamt habe die Beklagte aus dem Schweigen der Arbeitnehmer nicht schließen können und dürfen, sie seien mit der Erhöhung der Arbeitszeit und der damit verbundenen Gehaltskürzung einverstanden. Auch komme eine Verwirkung des geltend gemachten Anspruchs nicht in Betracht. Zur weiteren Darstellung der Auffassung der Klägerin wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 29.08.2007 (= Bl. 72 - 76 d. A.) sowie der Schriftsätze vom 31.08.2007 (Bl. 77 d. A.) und vom 07.11.2007 (Bl. 95 - 98 d. A.) Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz zu verurteilen, an die Klägerin 2.051,40 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.11.2006 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor, es könne keine Rede davon sein, dass die Arbeitnehmer für den Fall eines Widerspruchs mit einer Kündigung hätten rechnen müssen. Es gehe nicht um eine grundsätzliche allgemeine Gehaltskürzung, sondern um eine Beschränkung der Erhöhung der Arbeitszeit auf 3 Wochenstunden, da in jedem Fall Kündigungen hätten vermieden werden sollen. Kurz danach seien sogar - was nicht streitig ist - die Bezüge der Klägerin von 1.581,05 € auf 1.730,00 € brutto erhöht worden. All dies sei mit den Mitarbeitern auf einer Betriebsversammlung zunächst "vorgestellt" und nach ausreichender Zeit auf einer weiteren Betriebsversammlung im September 2005 nochmals erörtert worden. Das Angebot der Beklagten sei praktisch von allen Mitarbeitern akzeptiert worden. Zur weiteren Darstellung der Auffassung der Beklagten wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 01.10.2007 (= Bl. 83 - 86) nebst Anlagen (= Bl. 88 - 90 d. A.) Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen.

Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 19.11.2007.

Entscheidungsgründe:

I. Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II. Das Rechtsmittel der Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Denn das Arbeitsgericht ist sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung zu Recht davon ausgegangen, dass die Klage unbegründet ist.

Deshalb wird zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf Seite 6 bis 10 der angefochtenen Entscheidung (= Bl. 34 - 38 d. A.) Bezug genommen. Entscheidend ist insoweit, dass dann, wenn der Arbeitgeber einseitig verschlechterte Vertragsbedingungen an den Arbeitnehmer heranträgt, zwar die bloße stillschweigende Fortsetzung der bisherigen Tätigkeit grundsätzlich nicht als Annahme des Änderungsangebots gesehen werden kann. Denn Schweigen ist im Rechtsverkehr grundsätzlich weder eine Willenserklärung noch eine Willensbetätigung. Allerdings hat der Arbeitnehmer bei einer unmittelbar eintretenden Änderung im Arbeitsverhältnis insbesondere im Bereich der Hauptleistungspflichten Veranlassung, dieser sofort zu widersprechen; eine stillschweigende Annahmeerklärung kann daher in der Regel nicht angenommen werden, solange die Folgen der Änderung nicht hervortreten. Dabei sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Vorliegend trat die Änderung der Arbeitsbedingungen mit jeder Gehaltsabrechnung unmittelbar zutage und wirkte sich auch konkret auf das Arbeitsverhältnis aus. Von daher hätte es hier nach Maßgabe aller Umstände des Einzelfalles eines Widerspruchs bedurft; folglich gilt die stillschweigende Fortsetzung der Tätigkeit ab dem 01.10.2005 zu den geänderten Vertragsbedingungen als Annahme des Angebots der Beklagten.

Auch das Berufungsvorbringen der Klägerin rechtfertigt keine abweichende Beurteilung des hier maßgeblichen Lebenssachverhaltes. Denn es enthält keinerlei neue, nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiierte Tatsachenbehauptungen, sondern beschränkt sich darauf, deutlich zu machen, dass die Klägerin die Auffassung des Arbeitsgerichts, die die Kammer vollinhaltlich teilt, nicht für zutreffend hält. Deshalb sind weitere Ausführungen nicht veranlasst.

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Für eine Zulassung der Revision war angesichts der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.

Ende der Entscheidung

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