Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 25.08.2008
Aktenzeichen: 5 Sa 424/07
Rechtsgebiete: TVöD, TzBfG, ArbGG, ZPO, BGB


Vorschriften:

TVöD § 30 Abs. 1
TVöD § 30 Abs. 3
TzBfG § 14 Abs. 2
TzBfG § 14 Abs. 2 S. 2
TzBfG § 17
ArbGG § 64 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 6
ArbGG § 66 Abs. 1
ZPO § 518
ZPO § 519
BGB § 126 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 22.03.2007 - 6 Ca 778/06 - aufgehoben. 2. Die Klage wird abgewiesen. 3. Der Kläger hat die Kosten beider Rechtszüge zu tragen. 4. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand:

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund einer zweifachen Befristung des Arbeitsvertrages und damit durch Zeitablauf sein Ende gefunden hat. Der Kläger ist seit dem 01.01.2005 als Fernmeldetechniker gegen ein durchschnittliches Bruttomonatsentgelt in Höhe von ca. 2.000,00 EUR bei der Beklagten tätig. Die Parteien haben zunächst einen vom 01.01.2005 bis zum 31.12.2005 befristeten schriftlichen Arbeitsvertrag abgeschlossen. Der Arbeitsvertragsentwurf wurde, vom Arbeitgeber unterzeichnet, unter dem Datum des 17.12.2004 ausgefertigt und dem Kläger übersandt. Er trat am (Montag, den) 03.01.2005 dementsprechend auch seine Tätigkeit an; wann genau er den Arbeitsvertrag unterzeichnet hat (siehe Bl. 14 d. A.) ist unklar. Nach der Darstellung des Klägers in der Klageschrift hat er ihn erst am 04.01.2005 unterzeichnet. Nach Maßgabe dieses schriftlichen Arbeitsvertrages, hinsichtlich dessen Inhalt auf Blatt 13, 14 d. A. Bezug genommen wird, richtete sich das Arbeitsverhältnis einschließlich der Einreihung und Entlohnung nach dem Manteltarifvertrag für Arbeiterinnen und Arbeiter des Bundes und der Länder (MTArb vom 06.12.1995) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Arbeitgeber jeweils geltenden Fassung. Nach § 4 des Arbeitsvertrages wird der Kläger in die Lohngruppe 6 des Tarifvertrages über das Lohngruppenverzeichnis des Bundes zum MTArb (TVLohngrV) vom 11.07.1966 in der derzeit gültigen Fassung eingereiht. Am 09.12.2005 haben die Parteien sodann einen weiteren schriftlichen Arbeitsvertrag für die Zeit vom 01.01.2006 bis zum 31.12.2006 gemäß § 30 Abs. 1, 3 TVöD i. V. m. § 14 Abs. 2 TzBfG schriftlich vereinbart; nach dessen § 3 ist der Kläger in die Entgeltgruppe 7 TVöD eingruppiert. Hinsichtlich des weiteren Inhalt dieses schriftlichen Arbeitsvertrages wird auf Bl. 11, 12 d. A. Bezug genommen. Mit der am 28.12.2006 beim Arbeitsgericht Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - eingegangenen Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis über den 31.12.2006 hinaus unbefristet fortbesteht sowie die Verurteilung der Beklagten, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Fernmeldemechaniker weiterzubeschäftigen. Der Kläger hat vorgetragen,

die Befristung des Arbeitsvertrages sei unwirksam, da die gesetzlichen Voraussetzungen für eine wirksame Befristung nicht gegeben seien und ein sachlicher Grund nicht bestehe. Der Arbeitsvertrag vom 17.12.2004 sei erst am 04.01.2005 unterzeichnet worden. Folglich habe mangels Einhaltung der Schriftform ein unbefristeter Arbeitsvertrag vorgelegen. Nach Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrages sei jedoch höchstens eine Sachgrundbefristung möglich. Eine solche habe die Beklagte jedoch nicht vorgenommen. Demnach bestehe das Arbeitsverhältnis des Klägers fort. Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien aufgrund der Befristung vom 09.12.2005 nicht beendet ist und über dem 31.12.2006 unbefristet fortbesteht, 2. die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Fernmeldemechaniker weiterzubeschäftigen. Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen. Die Beklagte hat vorgetragen,

die sachgrundlose Befristung auf die Dauer von zwei Jahren sei gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG zulässig. Das Arbeitsgericht Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - hat daraufhin durch Urteil vom 22.03.2007 - 6 Ca 778/06 - festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien aufgrund der Befristung vom 09.12.2005 nicht beendet ist und über den 31.12.2006 hinaus unbefristet fortbesteht und des weiteren die Beklagte verurteilt, den Kläger antragsgemäß weiterzubeschäftigen. Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Bl. 43 - 47 d. A. Bezug genommen. Gegen das ihr am 30.05.2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte durch am 29.06.2007 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Sie hat die Berufung durch am 12.07.2007 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet. Die Beklagte wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, zum Einen komme es für die Beurteilung der Wirksamkeit einer Befristungsabrede auf den jeweils letzten Vertrag an. Selbst wenn der erste Vertrag maßgeblich sein sollte, so sei die Anrufung des Arbeitsgerichts gemäß § 17 TzBfG verfristet. Im Übrigen treffe es nicht zu, dass dann, wenn der schriftliche Arbeitsvertrag erst am 04.01.2005 schriftlich abgeschlossen worden sei, jedoch bereits ab 01.01.2005 habe laufen sollen, für ein oder zwei Tage ein unbefristeter Arbeitsvertrag zustande gekommen sei mit der Folge, dass eine Befristung ohne Sachgrund unwirksam sei. Dies gelte allenfalls dann, wenn der Arbeitnehmer vor dem 03.01.2005 tatsächlich die Arbeit aufgenommen habe. Dies sei jedoch nicht der Fall. Folglich sei durch eine tatsächliche Arbeitsaufnahme kein Arbeitsverhältnis begründet worden. Zur weiteren Darstellung der Auffassung der Beklagten wird auf die Berufungsbegründung vom 10.07.2007 (Bl. 58 - 61 d. A.) Bezug genommen. Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage kostenpflichtig abzuweisen. Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen. Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere ergänzend hervor, dass die zweite Befristung schon deshalb unwirksam sei, weil zuvor mit der Beklagten bereits ein Arbeitsverhältnis bestanden habe. Denn bei dem zuletzt geschlossenen Vertrag handele es sich nicht lediglich um eine "Verlängerung" der Befristung, sondern um einen eigenständigen Vertrag, denn im Vergleich zum Vertrag vom 17.12.2004 enthalte er abweichende Vereinbarungen, insbesondere zur Entgelthöhe. Wenn im ersten Vertrag noch Vergütung nach Lohngruppe 6 vereinbart gewesen sei, sei nach dem späteren Vertrag Vergütung nach Entgeltgruppe 7 geschuldet. Damit sei die Befristung des Vertrages vom 09.12.2005 auf jeden Fall nach § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG unwirksam. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen. Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 25.08.2008. Entscheidungsgründe:

I. Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. II. Das Rechtsmittel der Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg. Denn entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts und des Klägers sind vorliegend zwei rechtswirksame Befristungsvereinbarungen zwischen den Parteien abgeschlossen worden; das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien hat deshalb aufgrund der zweiten Befristung vom 09.12.2005 mit dem Ablauf des 31.12.2006 sein Ende gefunden. Hinsichtlich der ersten Befristungsabrede ist es entgegen der Auffassung des Klägers unerheblich, ob er den Vertragentwurf, vom Arbeitgeber unterzeichnet, vom 17.12.2004 am ersten oder zweiten Arbeitstag (03. oder 04.01.2005) unterzeichnet hat. Denn vorliegend hat der Arbeitgeber den Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages erkennbar von der Unterzeichnung der Vertragsurkunde durch den Arbeitnehmer abhängig gemacht. Ein ihm gegenüber bis zur Arbeitsaufnahme abgegebenes schriftliches Vertragsangebot kann dann der Arbeitnehmer nur durch eine den Anforderungen des § 126 Abs. 2 BGB genügende Annahmeerklärung annehmen. Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben; die Vorgehensweise der Beklagten entspricht insoweit der zwischenzeitlich ergangenen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 16.04.2008 - 7 AZR 1048/06. Weitere Ausführungen sind deshalb nicht veranlasst. Ein anderes Ergebnis ergibt sich vorliegend auch nicht aus dem zweiten schriftlich zwischen den Parteien abgeschlossenen Arbeitsvertrag. Der Kläger hat angenommen, es handele sich insoweit nicht um eine bloße Verlängerung des Arbeitsvertrages, die wiederum bis zur Grenze von zwei Jahren sachgrundlos möglich gewesen sei. Gegen eine bloße Verlängerung spreche insbesondere die im zweiten Arbeitsvertrag vorgesehene Lohngruppe 7, während der erste Arbeitsvertrag die Zahlung nach der Lohngruppe 6 vorgesehen hatte. Folglich handele es sich um einen eigenständigen Vertrag mit dem selben Arbeitgeber, der folglich eines Sachgrundes bedurft hätte. Da die Beklagte keinen Sachgrund habe vortragen können, sei diese Befristung nach § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG unwirksam. Dem folgt die Kammer nicht. Zwar ist Voraussetzung für eine Verlängerung im Sinne des § 14 Abs. 2 TzBfG, dass der Verlängerungsvertrag sich nahtlos, ohne dass auch nur ein Feiertag oder ein Wochenende dazwischen liegen, an den zu verlängernden Vertrag anschließt, und vor dessen Ende in der erforderlichen Form vereinbart sein muss (BAG 18.01.2006, EzA § 14 TzBfG Nr. 26; Dörner/Luczak/Wildschütz, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 7. Auflage 2008 D Randziffer 2210 = S. 1619). Auch muss der Vertragsinhalt ansonsten unverändert bleiben. Allerdings können die Parteien anlässlich der Verlängerung Anpassungen des Vertragstextes an die bis zum Zeitpunkt der Verlängerung geltende Rechtslage vornehmen. Das ist dann der Fall, wenn bereits zuvor vereinbarte Änderungen der Vertragsbedingungen in der Urkunde festgehalten werden oder die geänderten Vertragsbedingungen von den Parteien vereinbart worden wären, wenn der Arbeitnehmer in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stünde (BAG 23.08.2006, EzA § 14 TzBfG Nr. 33). Insoweit ist grundsätzlich eine Verlängerung in diesem Sinne dann nicht gegeben, wenn der zweite befristete Vertrag mehrere neue Vertragsklauseln enthält, die für den Arbeitnehmer - jedenfalls aus seiner Sicht - günstiger sind als die Regelungen im ersten Vertrag (BAG 23.08.2006, aaO.). Etwas anders gilbt aber - wie vorliegend - dann, wenn es sich um eine arbeitsvertragliche Umsetzung von Ansprüchen handelt, die sich aus Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen ergeben (LAG Bremen, 25.08.2005 LAG Report 2005, 292). Vorliegend ist zu berücksichtigen, dass zwischenzeitlich die Arbeitsverhältnisse der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes sich weitgehend nicht mehr nach dem BAT bzw. wie vorliegend, nach dem MTArb richten, sondern nach dem TVöD. Im öffentlichen Dienst gilt Normvollzug; der Arbeitgeber will, auch für nicht tarifgebundene Arbeitnehmer, grundsätzlich das, aber auch nur das leisten, was er tarifvertraglich schuldet. Nach dem zwischenzeitlichen Inkrafttreten des TVöD hat die Beklagte folgerichtig den zweiten schriftlichen Arbeitsvertrag den Bedingungen dieses Tarifvertrages unterworfen. Dabei hatte sie eine Überprüfung der Eingruppierung vorzunehmen und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass nunmehr eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 7 TVöD notwendig ist. Das mag letztlich zu einem höheren Einkommen des Klägers geführt haben, bedeutet aber im zuvor dargestellten Sinn eben keine konstitutive abweichende Neuregelung der Arbeitsvertragsbedingungen, sondern eine Anpassung an den zwischenzeitlich geltenden TVöD. Folglich handelt es sich entgegen der Auffassung des Klägers vorliegend um eine Verlängerung des befristeten Arbeitsvertrages im Sinne des § 14 Abs. 2 TzBfG, die bis zum Ablauf von zwei Jahren, die vorliegend nicht überschritten worden ist, sachgrundlos erfolgen konnte. Nach alledem war die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Für eine Zulassung der Revision war angesichts der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.

Ende der Entscheidung

Zurück