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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 27.04.2009
Aktenzeichen: 5 Sa 59/09
Rechtsgebiete: TzBfG, ArbGG, ZPO


Vorschriften:

TzBfG § 14
TzBfG § 14 Abs. 1
TzBfG § 14 Abs. 1 Nr. 3
TzBfG § 17
ArbGG § 64 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 6
ArbGG § 66 Abs. 1
ZPO § 518
ZPO § 519
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 05.09.2008 - 2 Ca 177/08 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. 2. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand:

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund einer rechtswirksamen Befristung am 31.12.2007 sein Ende gefunden hat, oder aber als unbefristetes Arbeitsverhältnis über diesen Zeitpunkt hinaus fortbesteht. Die 1957 geborene Klägerin ist seit dem 29.12.2000 bei der Beklagten aufgrund fortlaufender, immer wieder befristeter Arbeitsverträge gegen ein monatliches Bruttogehalt von zuletzt ca. 2.000,00 EUR beschäftigt. Sie wurde am Standort M. in der Abteilung Microverfilmung tätig. Die Parteien habe zuletzt am 12.12.2006 einen befristeten Arbeitsvertrag mit Wirkung ab dem 01.01.2007 mit der Vereinbarung abgeschlossen, dass das Arbeitsverhältnis befristet ist für die Dauer einer Rente auf Zeit des Beschäftigten B. D., längstens bis zum 31.12.2007. Die Weiterbeschäftigung der Klägerin über den 31.12.2007 hinaus hat die Beklagte abgelehnt. Die Klägerin hat vorgetragen,

die Befristungsvereinbarung sei rechtsunwirksam. Es bestehe kein Sachgrund für die vereinbarte Befristung bis zum 31.12.2007. Eine Rückkehr des Herrn B. D. sei auszuschließen. Insgesamt sei nicht von einem rechtswirksamen Sachgrund auszugehen, weil in der Abteilung Microverfilmung ein kontunierlicher Beschäftigungsbedarf bestehe und auch ein Sachgrund bezüglich der vorangegangenen befristeten Arbeitsverträge zwischen den Parteien nicht bestanden habe. Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen der klägerischen und der beklagten Partei nicht auf Grund der Befristung zum 31.12.2007 beendet wird, sondern als unbefristetes Arbeitsverhältnis über den 31.12.2007 hinaus fortbesteht. Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen. Die Beklagte hat vorgetragen,

entscheidend sei vorliegend auf den letzten befristeten Arbeitsvertrag zwischen den Parteien abzustellen, weil die Klägerin hinsichtlich der früheren befristeten Arbeitsverträge nicht fristgerecht Feststellungsklage erhoben habe. Der letzte befristete Arbeitsvertrag sei aufgrund sachlichen Grundes wirksam. Sachlicher Grund sei die Vertretung eines zeitweilig ausgefallenen Mitarbeiters, nämlich des Arbeitnehmers D., dem eine Rente auf Zeit ab dem 01.01.2007 für die Zeit bis zum 31.12.2010 bewilligt worden sei. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses mit der Klägerin im Dezember 2006 sei zu erwarten gewesen, dass Herr D. seinen Dienst wieder antreten werde. Der Beklagten lägen keinerlei Informationen vor, dass Herr D. nicht wieder an seinen Arbeitsplatz zurückkehren werde. Auch das Alter des 1956 geborenen Herrn D. spreche nicht gegen eine Rückkehr. Die Beklagte habe im Übrigen einen kürzeren Zeitraum der Vertragslaufzeit mit der Klägerin als der voraussichtlichen Dauer der Verhinderung des Herrn D. vereinbart, weil die Prognose bestanden habe, dass durch die Neustrukturierung der Bundeswehr zukünftig in Überhang geratene Mitarbeiter vorrangig unterzubringen seien. Durch die Neustrukturierung der Bundeswehr würden nicht nur Dienststellen aufgelöst oder verlagert, sondern auch vorhandene oder verbleibende Dienststellen im Personalumfang reduziert. Dieser fortlaufende Prozess sei noch nicht abgeschlossen. Der Dienstposten der Klägerin sei mit Wirkung vom 01.04.2008 mit Überhang Personal aus der Fernmeldeanlage der B. in A. nachbesetzt worden. Es bestehe kein weiterer Bedarf an der Arbeitsleistung der Klägerin. Das Arbeitsgericht Koblenz hat die Klage durch Urteil vom 05.09.2008 - 2 Ca 177/08 - abgewiesen. Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Bl.103 bis 107 d. A. Bezug genommen. Gegen das ihr am 19.01.2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin durch am 27.01.2009 beim Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Sie hat die Berufung zugleich begründet. Die Klägerin wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, die Beklagte habe bei der Benennung des Sachgrundes des Vertreters des Mitarbeiters D. eine Prognose hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit der Rückkehr des vertretenen Mitarbeiters zu treffen. Soweit die Beklagte davon ausgegangen sei, dass der Mitarbeiter D. am 02.01.2011 nach Ablauf seiner Rente auf Zeit wieder zur Arbeit zurückkehren werde, sei dies fehlerhaft gewesen. Der Beklagten hätten sich insoweit erhebliche Zweifel aufdrängen müssen, denn der Mitarbeiter sei bereits vor seiner Erwerbsminderungsrente lange Zeit arbeitsunfähig erkrankt gewesen; andererseits sei ihm durch Bescheid der Deutschen Rentenversicherung für vier Jahre wegen voller Erwerbsminderung bewilligt worden. Zu berücksichtigen sei zudem, dass nach den sozialversicherungsrechtlichen Reformen die Erwerbsminderungsrente auf Zeit der Regelfall der Bewilligung sei; die Bewilligung auf unbestimmte Dauer erfolge nur in absoluten Ausnahmefällen. Im Hinblick auf den Mitarbeiter D. seien bereits Ende 2006 erhebliche Zweifel angebracht gewesen, ob dieser jemals wieder an seinen bisherigen Arbeitsplatz zurückkehren werde. Folglich scheide dieser Sachgrund für die Befristung des Arbeitsvertrages der Klägerin aus. Er sei vielmehr lediglich vorgeschoben gewesen. Auch sei zu berücksichtigen, dass vorliegend ein so genanntes Kettenarbeitsverhältnis gegeben sei, weil das bereits ursprünglich befristete Arbeitsverhältnis mehrmals jeweils verlängert worden sei; die Klägerin sei im Rahmen des Arbeitsverhältnisses mit einer Daueraufgabe beschäftigt worden. Auch eine europarechtskonforme Auslegung des § 14 TzBfG müsse zum Ergebnis der Rechtsunwirksamkeit der Befristung führen. Zur weiteren Darstellung der Klägerin wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 27.01.2009 (Bl. 124 bis 129 d. A.) nebst Anlagen (Bl. 130 bis 150 d. A.), sowie auf den Schriftsatz vom 04.03.2009 (Bl. 164, 165 d. A.) Bezug genommen. Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz, Az: 2 Ca 177/08, vom 05.09.2008 abzuändern und nach den Schlussanträgen erster Instanz erkennen. Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen. Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung der Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor, es könne keine Rede davon sein, dass der Sachgrund der Vertretung vorliegend nur vorgeschoben gewesen sei. Veranlassung, erhebliche Zweifel daran haben zu müssen, dass die zu vertretende Stammkraft wieder zurückkehren werde, habe nicht bestanden. Allgemeine Zweifel an der Prognose reichten nicht aus, um eine Sachgrundbefristung als unberechtigt zu verwerfen. Der Beklagten hätten zu keinem Zeitpunkt Informationen vorgelegen, dass Herr D. nicht wieder an seinen Arbeitsplatz zurückkehren werde. Erst Recht habe er keinerlei dahingehende Erklärungen abgegeben. Zu einer europarechtskonformen Auslegung des § 14 TzBfG bestehe keine Veranlassung, weil vorliegend aufgrund der Nichteinhaltung der Frist des § 17 TzBfG nur noch die Überprüfung des letzten Vertrages in Betracht komme. Zur weiteren Darstellung der Auffassung der Beklagten wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 24.02.2009 (Bl. 160 bis 162 d. A.) Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen. Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 27.04.2009. Entscheidungsgründe:

I. Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. II. Das Rechtsmittel der Berufung hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht ist sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung zu Recht davon ausgegangen, dass die Klage unbegründet ist. Denn die gesetzlichen Voraussetzungen für die sachliche Rechtfertigung der zuletzt vereinbarten Arbeitsvertragsbefristung sind entgegen der Auffassung der Klägerin gegeben. Deshalb ist das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien aufgrund Fristablaufs gemäß dem befristeten Arbeitsvertrag vom 12.12.2006 mit Ablauf des 31.12.2007 beendet worden. Die Befristung in diesem Arbeitsvertrag bis zum 31.12.2007 ist gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 3 TzBfG aufgrund des Vorliegens eines sachlichen Grundes rechtswirksam. Der sachliche Grund besteht in der Vertretung des Arbeitnehmers D.. In § 1 dieses Arbeitsvertrages ist ausdrücklich vereinbart, dass das Arbeitsverhältnis befristet ist für die Dauer einer Rente auf Zeit des Beschäftigten B. D., längstens bis zum 31.12.2007. Nach § 14 Abs. 1 TzBfG ist als sachlicher Grund gesetzlich ausdrücklich vorgesehen, dass der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird. Entgegen der Auffassung der Klägerin bestehen keine konkreten Anhaltspunkte für die Vermutung der Klägerin, dass der Arbeitnehmer D. nicht wieder zur Arbeitsstelle zurückkehren wird. Allein aufgrund des Alters des 1956 geborenen Mitarbeiters D. kann davon nicht sicher ausgegangen werden. Die Tatsache, dass der befristete Arbeitsvertrag der Parteien nicht bis zum Ablauf der Rentenbewilligung des Arbeitnehmers D. vereinbart wurde, steht der Wirksamkeit der Befristung nicht entgegen. Die Vertragslaufzeit eines befristeten Arbeitsvertrages muss nicht mit der voraussichtlichen Dauer der Verhinderung des zu vertretenden Arbeitnehmers übereinstimmen, sondern kann kürzer sein. Da der Arbeitgeber die unternehmerische Entscheidungsfreiheit darüber hat, ob er den zeitweiligen Ausfall eines Arbeitnehmers überhaupt durch Einstellung einer Ersatzkraft überbrückt, muss er die Vertretung auch nicht für die gesamte voraussichtliche Dauer der Verhinderung durch Einstellung einer Vertretungskraft regeln, sondern kann auch einen kürzeren Zeitraum wählen und danach über das Ob und Wie einer weiteren Vertretung entscheiden. Soweit die Klägerin darauf hingewiesen hat, dass es in der Abteilung Microverfilmung um die Wahrnehmung von Daueraufgaben gehe, ist allein damit das Vorliegen eines sachlichen Grundes durch Vertretung eines anderen Arbeitnehmers nicht widerlegt. Denn es liegt in der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit der Beklagten, die fraglichen Daueraufgaben und den Dienstposten der Klägerin mit Überhangpersonal aus der Fernmeldeanlage der B. in A. zu besetzen. Die Beklagte hat, auch soweit folgt die Kammer dem Arbeitsgericht, nachvollziehbar dargelegt, dass sie die Prognose gestellt hat, dass durch die Neustrukturierung der B. zukünftig in Überhang geratene Mitarbeiter vorrangig unterzubringen sind. Durch die Neustrukturierung der Bundeswehr werden nicht nur Dienststellen aufgelöst oder verlagert, sondern auch vorhandene und verbleibende Dienststellen im Personalumfang reduziert; dieser fortlaufende Prozess ist danach noch nicht abgeschlossen. Es unterliegt aber der unternehmerischen Entscheidung der Beklagten, die fraglichen Daueraufgaben und den Dienstposten der Klägerin nach Ablauf der Befristung des Arbeitsvertrages der Parteien mit Überhangpersonal aus anderen Dienststellen, die verkleinert oder aufgelöst werden, zu besetzen. Die Klägerin kann sich schließlich auch nicht mit Erfolg auf eine etwaige Rechtsunwirksamkeit der vorangegangenen befristeten Arbeitsverträge zwischen den Parteien berufen, denn sie hat nicht innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende der früheren befristeten Arbeitsverträge Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung nicht beendet worden ist. Wegen dieses Fristablaufs kann im hier zu beurteilenden Rechtsstreit nicht mehr die Rechtsunwirksamkeit früherer befristeter Arbeitsverträge geltend gemacht werden (§ 17 TzBfG). Für eine europarechtskonforme Auslegung der maßgeblichen gesetzlichen Normen, die zu einem abweichenden Ergebnis führen könnte, besteht keine Veranlassung. Denn die Kammer geht davon aus, dass die gesetzlichen Regelung des TzBfG hinsichtlich der Befristung gerade der umfassenden und europarechtskonformen Umsetzung der einschlägigen europäischrechtlichen Vorschriften dienen. Auch das Berufungsvorbringen der Klägerin rechtfertigt keine abweichende Beurteilung des hier maßgeblichen Lebenssachverhalts. Denn es enthält keine neuen, nach Inhalt Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiierte Tatsachenbehauptungen, die zu einem anderen Ergebnis führen könnten. Soweit zunächst lediglich wiederholt auf die unzutreffende Prognose der Beklagten hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit der Rückkehr des Mitarbeiters D. hingewiesen wird, weist die Klägerin selbst darauf hin, dass die Bewilligung einer befristeten Erwerbsunfähigkeitsrente nach dem derzeitig aktuellen Sozialrecht der Normalfall ist. Ohne das Hinzutreten weiterer konkreter Umstände hatte die Beklagte keinerlei Veranlassung, davon auszugehen, dass der Mitarbeiter nicht wieder an seinen Arbeitsplatz zurückkehren würde. Dem steht weder der Umstand entgegen, dass dieser Mitarbeiter vor Rentenbewilligung längere Zeit arbeitsunfähig erkrankt war, noch sonstige Gesichtspunkte. Es handelt sich letztlich um eine Vermutung der Klägerin, die durch konkrete Tatsachen nicht gestützt wird, so dass keine Veranlassung dazu besteht, anzunehmen, der Sachgrund der Befristung sei lediglich vorgeschoben gewesen. Hinsichtlich des Umstandes, dass es sich um Daueraufgaben handele, die von der Klägerin wahrgenommen wurden, enthält das Berufungsvorbringen keinerlei neue Tatsachen, so dass weitere Ausführungen aufgrund der zutreffenden Darstellung in der angefochtenen Entscheidung entbehrlich sind. Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Für eine Zulassung der Revision angesichts der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.

Ende der Entscheidung

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