Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 25.01.2005
Aktenzeichen: 5 Sa 760/04
Rechtsgebiete: GBV 2001, ArbGG, BetrVG, BGB


Vorschriften:

GBV 2001 § 6
ArbGG § 69 Abs. 2
BetrVG § 77 Abs. 4 S. 1
BGB § 133
BGB § 146
BGB § 147 Abs. 2
BGB § 148
BGB § 150 Abs. 2
BGB § 157
BGB § 242
BGB § 286
BGB § 288
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 5 Sa 760/04

Entscheidung vom 25.01.2005

Tenor:

I Auf die Berufung des Klägers wird das am 26.08.2004 aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 13.07.2004 verkündete Urteil des ArbG Mainz - 2 Ca 479/04 - wie folgt abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 33.000,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2004 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreites werden gegeneinander aufgehoben.

IV. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf EUR 69.000,00 festgesetzt.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Nach näherer Maßgabe des § 6 der Gesamtbetriebsvereinbarung zur Altersteilzeit vom 20.12.2001 (- folgend: GBV 2001; Bl. 36 ff d.A.) erhalten Mitarbeiter, die aufgrund der vorzeitigen Inanspruchnahme der Rente eine Rentenkürzung hinnehmen müssen, als Ausgleich für die Rentenminderung eine Abfindung. Die Beklagte führte den Kläger für die Zeit ab dem 01.01.2004 zunächst als Altersteilzeit Arbeitnehmer (vgl. dazu die Gehaltsabrechnungen vom 22.12.2003 - für Januar 2004 - und vom 26.01.2004 - für Februar 2004 -; Hülle Bl. 208 d.A.). Die Beklagte zahlte dem Kläger insoweit insbesondere die Abfindung gem. § 6 der GBV 2001 (- "Ausgleich für die Rentenminderung" -) und ATZ-Aufstockungsleistungen (- vgl. wegen der Abfindung insbesondere auch die E-Mail der Personalreferentin W. vom 23.01.2004, Bl. 203 d.A.).

Zur näheren Darstellung (insbesondere) des (erstinstanzlichen) Sach- und Streitstandes im Übrigen wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf das Urteil - 2 Ca 479/04 -, das das Arbeitsgericht am 26.08.2004 aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 13.07.2004 verkündet hat (Urteil Seite 3 ff = Bl. 117 ff d.A.). Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Gegen das am 06.09.2004 zugestellte Urteil - 2 Ca 479/04 - hat der Kläger am 09.09.2004 Berufung eingelegt und diese am 22.11.2004 - innerhalb verlängerter Berufungsbegründungsfrist (s. dazu den Verlängerungsbeschluss vom 09.11.2004 - 5 Sa 760/04 -, Bl. 154 d.A.) - begründet.

Zwecks Darstellung aller Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 22.11.2004 (Bl. 155 ff d.A.) verwiesen.

Der Kläger macht dort insbesondere geltend, dass zwischen den Parteien ein Altersteilzeitvertrag abgeschlossen worden sei. Er, der Kläger, habe dadurch, dass er - wie unstreitig - am 25.11.2003 den Vertrag unterzeichnet und am 26.11.2003 der Beklagten übergeben habe (vgl. dazu den von der Personalreferentin W. unterschriebenen handschriftlichen Vermerk auf dem Schreiben des Klägers vom 25.11.2003 an die Beklagte, Bl. 12 d.A. -), das Angebot der Beklagten wirksam angenommen. Das Angebot der Beklagten sei im Zeitpunkt der Annahme durch den Kläger noch nicht erloschen gewesen. Er, der Kläger, habe das Angebot der Beklagten (auch) nicht insgesamt zurückgewiesen.

Selbst wenn man - so führt der Kläger weiter aus - die Auffassung vertreten wollte, dass zwischen den Parteien noch kein Altersteilzeitvertrag abgeschlossen worden sei, so wäre die Beklagte verpflichtet, mit dem Kläger einen Altersteilzeitvertrag zu den von diesem geltend gemachten Konditionen abzuschließen und die entsprechenden Leistungen an den Kläger zu gewähren. Im Zusammenhang mit der Anspruchsgrundlage "Gesamtzusage" rügt der Kläger, dass sich das Arbeitsgericht lediglich mit dem Inhalt der "Change" (= Sonderausgabe vom 26.08.2003, Bl. 6 ff d.A.) befasst habe, nicht aber mit dem Verhalten der Beklagten auf den verschiedenen Betriebsversammlungen und nicht mit dem Verhalten des (damaligen) Prokuristen V.. Der Kläger verweist auf sein erstinstanzliches Vorbringen. Er hält der Beklagten vor, sich treuwidrig zu verhalten, wenn sie zum einen V. auf den Betriebsversammlungen entweder alleine als Vertreter der Geschäftsführung oder in Anwesenheit eines oder mehrerer Geschäftsführer oder des Sprechers der Geschäftsführung verlautbaren lasse, es sei eine Einigung zwischen Geschäftsführung und Gesamtbetriebsrat erzielt worden, sich dann aber auf die Position zurückziehe, der Prokurist V. sei nicht zur Abgabe solcher Erklärungen befugt gewesen. Dazu führt der Kläger insbesondere auf den Seiten 4 f der Berufungsbegründung = Bl. 158 f d.A. - worauf verwiesen wird - weiter aus. Dies gelte insbesondere auch für die Erklärungen von V. anlässlich der Betriebsversammlung vom 03.11.2003, - wie der Kläger unter Bezugnahme auf die E-Mail der Personalreferentin W. vom 04.11.2003 (Bl. 11 d.A.) darlegt.

Ergänzend äußert sich der Kläger mit dem Schriftsatz vom 14.01.2005 (Bl. 196 ff d.A.), auf den verwiesen wird.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des ArbG Mainz vom 13.07./26.08.2004 - 2 Ca 479/04 - dahingehend abzuändern, dass die Beklagte verurteilt wird, an den Kläger EUR 69.000,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2004 zu zahlen und

hilfsweise,

die Beklagte zu verurteilen mit dem Kläger - mit Wirkung ab dem 01.01.2004 - einen Altersteilzeitvertrag zu den in der Sonderausgabe zum Kapazitätsmanagement vom 26.08.2003 dargestellten Bedingungen zu schließen; diese Bedingungen beinhalten bezogen auf den Kläger die sogenannte "Sprinterprämie" in Höhe von EUR 15.000,00 und eine "Verkürzungsprämie" in Höhe von EUR 54.000,00 (für jeden Monat des früheren Ausscheidens vor Erreichen des 65. Lebensjahres EUR 1.500,00).

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts nach näherer Maßgabe ihrer Ausführungen in der Berufungsbeantwortung vom 22.12.2004 (Bl. 174 ff d.A.), auf deren Inhalt verwiesen wird. Nach Ansicht der Beklagten ist ein Altersteilzeitvertrag zwischen den Parteien nicht zustandegekommen. Einen Anspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages habe der Kläger nicht. Der Anspruch des Klägers lasse sich auch nicht aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz herleiten. An einer wirksamen Zusage von V. fehle es. Der Kläger lege die Voraussetzungen einer Duldungs- und/oder Anscheinsvollmacht nicht substantiiert dar.

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt Bezug genommen, - insbesondere auch auf die Urteile des ArbG Köln vom 30.04.2004 - 5 Ca 13966/03 -, Bl. 83 ff d.A., und des ArbG Karlsruhe vom 04.06.2004 - 1 Ca 673/03 -, Bl. 94 ff d.A.).

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die hiernach zulässige Berufung erweist sich teilweise als begründet.

II.

Die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger EUR 18.000,00 brutto Verkürzungsprämie und EUR 15.000,00 brutto Sprinterprämie zu zahlen. Diese Verpflichtungen ergeben sich aus der Ziffer 3.2 der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 01.12.2003 (- folgend: GBV 2003, Bl. 44 ff d.A.) in Verbindung mit § 77 Abs. 4 S. 1 BetrVG.

1.

Zwischen den Parteien besteht seit dem 01.01.2004 ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis. Der entsprechende "Vertrag für Altersteilzeitarbeit" - datiert auf den 08.09.2003 - (Bl. 8 ff d.A.) ist wirksam zustandegekommen. Das in der vorgenannten Vertragsurkunde verkörperte Vertragsangebot der Beklagten hat der Kläger rechtzeitig und auch im Übrigen wirksam dadurch angenommen, dass er die Vertragsurkunde - wie unstreitig - am 25.11.2003 unterschrieben und der Beklagten - wie ebenfalls unstreitig und durch den Vermerk der Personalreferentin (Bl. 12 d.A.) belegt - am 26.11.2003 übergeben hat. Im Zeitpunkt der Annahme des Vertragsangebotes war das Angebot der Beklagten nicht gem. § 146 BGB erloschen, - der Kläger hat das Angebot der Beklagten nicht verspätet angenommen, - er hat das Angebot (auch) nicht vor der Annahme oder im Zusammenhang damit abgelehnt. Dazu im einzelnen:

a) Bei dem - ohne Bestimmung einer Annahmefrist gem. § 148 BGB unterbreiteten - Vertragsangebot gem. Vertragsurkunde vom 08.09.2003 handelt es sich um einen "einem Abwesenden gemachten Antrag" im Sinne des § 147 Abs. 2 BGB, so dass sich die Frage der Rechtzeitigkeit der Annahme nach dieser Vorschrift (§ 147 Abs. 2 BGB) bestimmt. Die dort geregelte Annahmefrist setzt sich zusammen aus der Zeit für die Übermittlung des Vertragsangebotes an den Empfänger, dessen Bearbeitungs- und Überlegungszeit und aus der Zeit für die Übermittlung der Antwort an den Antragenden. Vorliegend ist insbesondere die dem Kläger zustehende Überlegungsfrist von Bedeutung. Die Überlegungsfrist - dies ist anerkanntes Recht - bestimmt sich vor allem nach der Art des Angebots. Nach dem Inhalt des Angebots ist zu beurteilen, ob der Antragende die Behandlung des Angebots als eilbedürftig erwarten darf oder ob er damit rechnen muss, dass der Angebotsempfänger sich Zeit lässt. Bei einem Antrag auf Änderung eines Vertrages, aus dem - wie hier bei dem Arbeitsvertrag der Parteien - fortlaufend Rechte und Pflichten folgen, kann möglicherweise eine längere Überlegungsfrist angemessen sein als etwa bei einem Kaufangebot. Hier ist weiter zu berücksichtigen, dass die dem Kläger vorgeschlagene Vertragsänderung erst ab dem 01.01.2004 wirksam werden sollte. Hinzukommt, dass das Angebot vom 08.09.2003 in § 5 der Vertragsurkunde - Ende des Arbeitsverhältnisses - die (vorzeitige) Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2010 - "ohne dass es einer Kündigung bedarf" - vorsah. Damit - aber auch im Hinblick auf die übrigen Regelungen des angebotenen Änderungsvertrages - wurde dem Kläger eine Entscheidung von existenzieller Bedeutung abverlangt. Aus diesem Grunde ist es im Rahmen des § 147 Abs. 2 BGB rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Kläger der Beklagten den von ihm am 25.11.2003 unterschriebenen Vertrag erst am 26.11.2003 übergeben hat. Die Beklagte musste damals, - als sie die Vertragsurkunde unterschrieben vom Kläger zurückerhielt -, unter regelmäßigen Umständen noch mit dem Eingang der Antwort des Klägers auf ihr Angebot rechnen. Vor Abschluss eines Vertrages für Altersteilzeitarbeit, der einen vorgezogenen Rentenbeginn bzw. die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorsieht, gibt es für einen Arbeitnehmer erfahrungsgemäß eine ganze Anzahl von tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten zu bedenken. Dies gilt auch für den Kläger. Musste die Beklagte hiernach bereits unter regelmäßigen Umständen erwarten, dass sich der Kläger bis Ende November/Anfang Dezember 2003 mit seiner Antwort auf das Angebot vom 08.09.2003 Zeit ließ, kann dahingestellt bleiben, ob dem Kläger unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des vorliegenden Falles - hier insbesondere der Mitarbeiterinformation gem. Sonderausgabe vom 26.08.2003 - in Anwendung des § 242 BGB möglicherweise sogar noch eine längere Überlegungsfrist zugestanden hat.

b) Der Kläger hat das Angebot der Beklagten vom 08.09.2003 weder vor dem 25.11.2003, noch durch sein Schreiben vom 25.11.2003 (Bl. 12 d.A.) abgelehnt.

aa) Zwar hat der Kläger selbst - auf Seite 2 unten der Klageschrift - im Zusammenhang mit dem Vertragsangebot vom 08.09.2003 ausgeführt, dass er dieses "moniert" habe, - und zwar im Hinblick darauf, dass dort entsprechende "Passagen" aus der Mitarbeiterinformation/Sonderausgabe vom 26.08.2003 nicht enthalten gewesen seien. Die Beklagte ihrerseits hat im Rahmen ihrer Rechtsverteidigung diesen Begriff des "Monierens" aufgegriffen. Daraus ergibt sich jedoch noch nicht die Rechtsfolge des § 146 BGB ("Erlöschen des Antrags wegen Ablehnung"). Es lassen sich nämlich aufgrund des beiderseitigen Parteivorbringens keine Tatsachen dahingehend feststellen, dass dieses "Monieren" des Klägers inhaltlich so ausgestaltet gewesen ist, dass es rechtlich als Ablehnung des Angebotes der Beklagten zu verstehen war. Bemüht sich die eine Vertragspartei, die andere Vertragspartei zu einer Modifizierung eines Vertragsangebotes zu bewegen, so stellt nicht bereits dieses Bemühen ohne weiteres auch zugleich eine Ablehnung des Angebotes dar. Dies ist anerkanntes Recht. Insofern fasst die Berufungskammer das "Monieren" des Klägers lediglich als Ausdruck des Bemühens des Klägers auf, die Beklagte zu einer Modifizierung ihres Angebotes zu bewegen, - ohne aber das Vertragsangebot selbst in Frage stellen zu wollen bzw. abzulehnen. Dies ergibt die gem. § 133 BGB vorgenommene Auslegung des rechtsgeschäftlich relevanten Verhaltens des Klägers. Diese Vorschrift ist anerkanntermaßen auch dann anzuwenden, wenn es darum geht, festzustellen, ob ein bestimmtes Verhalten einer Partei überhaupt als Willenserklärung im Sinne der Rechtsgeschäftslehre aufgefasst werden kann.

bb) Unter Berücksichtigung der Auslegungsgrundsätze des § 133 BGB lässt sich (auch) das Schreiben des Klägers vom 25.11.2003 nicht als "abändernde Annahme" im Sinne des § 150 Abs. 2 BGB begreifen. Nach dieser Bestimmung gilt freilich eine Annahme unter Erweiterungen, Einschränkungen oder sonstigen Änderungen als Ablehnung verbunden mit einem neuen Antrag. Es ist jedoch weiter anerkanntes Recht, dass selbst trotz äußeren Abweichens der Annahmeerklärung eine unbeschränkte Annahme des Vertragsangebotes dann vorliegen kann, wenn der Annehmende nur versuchen will, das Einverständnis des Antragenden zu erlangen, - jedoch erkennen lässt, dass er im Falle der Ablehnung von seinen Änderungsvorschlägen Abstand nimmt. Vorliegend ist zu berücksichtigen, dass bereits der Tatbestand des äußeren Abweichens der Annahmeerklärung (vom Vertragsangebot) nicht gegeben ist. Der Kläger hat in der Vertragsurkunde "Vertrag für Altersteilzeitarbeit" selbst (= Bl. 8 bis 10 d.A.) - für die die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit streitet - keinerlei Erweiterungen, Einschränkungen oder sonstige Änderungen vorgenommen. Er hat die Vertragsurkunde, einschließlich der Schlussbestimmungen in § 6 des Vertrages, so unterschrieben, wie sie von der Beklagten vorformuliert und dem Kläger vorgelegt wurde. Dieses in sich geschlossene, in der Vertragsurkunde verkörperte Vertragsangebot hat der Kläger durch seine Unterschrift und die Rückgabe der nunmehr beiderseits unterschriebenen Vertragsurkunde an die Beklagte uneingeschränkt und vorbehaltlos angenommen. Allein durch die Erklärungen, die der Kläger in dem Begleitschreiben vom 25.11.2003 abgegeben hat, wird die Wirksamkeit des eben abgeschlossenen Vertrages nicht in Frage gestellt. Zu diesem Ergebnis führt die gem. § 133 BGB vorgenommene Auslegung dieses Schreibens. Es ist rechtlich möglich - und vorliegend so geschehen - einen Antrag unverändert zu akzeptieren und daneben eine Änderung des eben abgeschlossenen Vertrages anzuregen.

c) Die Auslegung gem. den §§ 133 und 157 BGB führt somit zu der Feststellung, dass zwischen den Parteien seit dem 01.01.2004 ein Altersteilzeit-Arbeitsverhältnis zu den Bedingungen der Vertragsurkunde vom 08.09.2003 besteht. Dem entspricht die Vertragspraxis der Parteien, wie sie jedenfalls zunächst von ihnen gehandhabt worden ist. Die Beklagte hat dem Kläger unstreitig die Abfindung gem. § 6 der GBV 2001 gezahlt. Diese Abfindung setzt das Bestehen eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses voraus. Der Kläger hat diese Abfindung - soweit ersichtlich - ebenso widerspruchslos entgegengenommen wie die Abrechnungen, die ihm die Beklagte für Januar und Februar 2004 erteilt hat. Diesen Abrechnungen entsprechend hat die Beklagte dem Kläger ATZ-Aufstockungsleistungen gewährt. Es ist unstreitig, dass die Beklagte den Kläger in all den Monaten von Januar 2004 bis November 2004 (zumindest buchhalterisch) tatsächlich als Altersteilzeitarbeitnehmer in der Arbeitsphase des Blockmodels geführt hat. Entsprechende schriftliche Vorbehalte hat die Beklagte frühestens mit den Schreiben vom 08.03.2004 und vom 07.01.2004 formuliert. Dagegen hat sie Ende November 2003 die vom Kläger vorgenommene Annahme des Vertragsangebotes (vom 08.09.2003) nicht umgehend als verspätet zurückgewiesen.

2.

Hiernach scheitern die Ansprüche des Klägers aus der GBV 2003 nicht daran, dass zwischen den Parteien kein Altersteilzeitarbeitsverhältnis bestünde.

a) Der Kläger erfüllt die Anspruchsvoraussetzungen für die Zahlung einer Verkürzungsprämie gem. Ziffer 3.2 der GBV 2003. Danach - Ziffer 3.2.2 - erhalten u.a. Mitarbeiter, die bis zum 31.12.2003 einen Anspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages nach Ziffer 3.2.1 GBV 2003 geltend machen und dabei mit einer Laufzeit bis zu einem vorgezogenen Rentenbeginn einverstanden sind, eine Verkürzungsprämie. Der Kläger hat nicht lediglich einen Anspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages geltend gemacht, - er hat - wie eben ausgeführt - einen derartigen Altersteilzeitvertrag mit der Beklagten auch tatsächlich - und zwar vor dem 31.12.2003 - abgeschlossen. Dieser Altersteilzeitvertrag sieht - wie sich aus § 5 des Vertrages ergibt - einen vorgezogenen Rentenbeginn für den am 27.12.1948 geborenen Kläger vor. Bei dem Vertrag vom 08.09.2003 handelt es sich auch um einen Altersteilzeitvertrag nach Ziffer 3.2.1 im Sinne der Ziffer 3.2.2 GBV 2003. Nach Wortlaut, Sinn und Zweck der Regelung über die Verkürzungsprämie ist es nicht notwendig, dass der Altersteilzeitvertrag ausdrücklich "nach Ziffer 3.2.1 GBV 2003" abgeschlossen wird. Insoweit regelt die GBV 2003 kein Zitiergebot. Ausreichend und erforderlich ist es in diesem Zusammenhang, dass es sich um einen Altersteilzeitvertrag eines Mitarbeiters der Gruppen handelt, die in der Ziffer 3.2.1 - dort unter a) oder b) - aufgeführt werden. Der am 27.12.1948 geborene Kläger gehört unstreitig einer dieser beiden Mitarbeitergruppen an. Aus der Fälligkeitsregelung im letzten Satz der Ziffer 3.2.2 GBV 2003 ("... wird fällig ... frühestens jedoch am 01.12.2003") ergibt sich, dass anspruchsberechtigt gerade auch solche Arbeitnehmer sein sollen, die den Altersteilzeitvertrag vor dem 01.12.2003 geschlossen oder abgeändert haben. Die Verkürzungsprämie honoriert das Einverständnis des Arbeitnehmers mit einem vorgezogenen Rentenbeginn und der damit einhergehenden vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Der Kläger hat sich in § 5 des Vertrages vom 08.09.2003 mit der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem sich daraus ergebenden vorgezogenen Rentenbeginn einverstanden erklärt. Sinn und Zweck der Verkürzungsprämie treffen also gerade auch auf den Kläger zu. Der Kläger darf insoweit nicht schlechter gestellt werden, als die Mitarbeiter die in der ersten Alternative der Ziffer 3.2.2 GBV 2003 genannt werden. Der Kläger beansprucht also zu recht EUR 1.500,00 brutto pro Monat des vorzeitigen Rentenbeginns vor der gesetzlichen Regelaltersgrenze. Ihm stehen jedoch nicht EUR 1.500,00 x 36 (Monate) = EUR 54.000,00 zu, sondern nur der in Ziffer 3.2.2 GBV 2003 genannte Höchstbetrag von EUR 18.000,00 brutto.

b) Gemäß Ziffer 3.2.3 GBV 2003 ist die Beklagte weiter verpflichtet, dem Kläger die Sprinterprämie in Höhe von EUR 15.000,00 zu zahlen. Der Kläger hat - wie oben dargelegt - bis zur Unterzeichnung der GBV 2003 (vom 01.12.2003) mit der Beklagten einen Altersteilzeitvertrag abgeschlossen. Unter den gegebenen Umständen ist davon auszugehen, dass der Kläger diesen Vertrag (auch) in Erwartung des Zustandekommens einer GBV-Kapazitätsmanagement abgeschlossen hat. Damit sind die Anspruchsvoraussetzungen für die Zahlung einer Sprinterprämie erfüllt.

Die dem Kläger jeweils zugesprochenen Zinsen sind gem. den §§ 286 und 288 BGB nach Grund und Höhe gerechtfertigt.

3.

a) Im Übrigen erweist sich die Klage als unbegründet. Soweit es um die denkbaren Anspruchsgrundlagen "Gesamtzusage", Vorvertrag, "arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz" und "individuelle Zusage des Prokuristen V." geht, macht sich die Berufungskammer im Übrigen den entsprechenden Teil der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts (= Urteil - 2 Ca 479/04 -, dort Seite 13 ff = Bl. 127 ff d.A. -), denen sie insoweit folgt, zu eigen und stellt dies hiermit ausdrücklich bezugnehmend gem. § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren rechtfertigt insoweit keine von der Beurteilung des Arbeitsgerichts abweichende rechtliche Bewertung. Zwar erörtert das Arbeitsgericht diese Anspruchsgrundlagen und rechtlichen Gesichtspunkte im Rahmen des Hilfsantrages. Sie treffen jedoch nicht nur für den Hilfsantrag zu, sondern auch für die Abweisung des Hauptantrages soweit der Kläger dort über den Betrag von EUR 33.000,00 hinaus weitere EUR 36.000,00 (nebst Zinsen) beansprucht. Der Kläger hat die von ihm jeweils geltend gemachten höheren Ansprüche auch im Berufungsverfahren nicht schlüssig dargelegt. Soweit es insbesondere um den Aspekt der Gleichbehandlung geht, ist die Behauptung des Klägers, er sei der einzige Mitarbeiter, bei dem die Beklagte im Nachhinein versuche, sich von den Bedingungen zu lösen, die in der Sonderausgabe vom 26.08.2003 bekannt gegeben worden seien, unsubstantiiert. Die Beklagte hat bereits erstinstanzlich auf die Verfahren - 1 Ca 673/03 - Schwarze -, - 5 Ca 819/04 - Diefenbach - und - 5 Ca 966/03 - Mies - verwiesen. Aus den Urteilen vom 30.04.2004 des ArbG Köln und des ArbG Karlsruhe vom 04.06.2004 (Bl. 83 ff und 94 ff d.A.) ergibt sich, dass die Beklagte jedenfalls (auch) diesen Klägern Leistungen verweigert, die die jeweiligen Kläger auf die Sonderausgabe vom 26.08.2003 stützen.

b) Da der Klage hiernach mit dem Hauptantrag nicht insgesamt stattgegeben worden ist, war auch im Berufungsverfahren über den Hilfsantrag zu befinden. Soweit der Hilfsantrag im Berufungsverfahren zur Entscheidung angefallen ist, erweist er sich aus den bereits vom Arbeitsgericht erörterten Gründen als unbegründet. Deswegen gilt die bereits gem. § 69 Abs. 2 ArbGG vorgenommene Bezugnahme auf die arbeitsgerichtlichen Entscheidungsgründe auch insoweit.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO. Das jeweilige Obsiegen und Unterliegen der Parteien hält sich annähernd die Waage. Die Zulassung der Revision gem. § 72 Abs. 2 ArbGG war nicht veranlasst. Gegen dieses Urteil ist deswegen (jedenfalls derzeit) kein Rechtsmittel gegeben. Unter den Voraussetzungen des § 72a ArbGG und nach näherer Maßgabe dieser Bestimmung kann Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt werden. Auf diesen Rechtsbehelf werden die Parteien hiermit aufmerksam gemacht.

Ende der Entscheidung

Zurück