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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 21.02.2006
Aktenzeichen: 5 Sa 888/05
Rechtsgebiete: ArbGG, BGB, ZPO, StGB, FahrpersonalVO


Vorschriften:

ArbGG § 69 Abs.2
BGB § 138
BGB § 626
BGB § 626 Abs. 1
ZPO § 138 Abs. 1
ZPO § 138 Abs. 2
ZPO § 138 Abs. 3
ZPO § 318 Abs. 3
StGB § 268
FahrpersonalVO § 8
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 5 Sa 888/05

Entscheidung vom 21.02.2006

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - vom 06.10.2005 - 9 Ca 1116/05 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

3. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 7.474,30 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

I.

Zur näheren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird gemäß § 69 Abs.2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts vom 06.10.2005 - 9 Ca 1116/05 - (dort S. 3 ff. = Bl. 118 ff. d. A.). Bei den dort (S. 3 - unten -, S. 4 - oben - des Urteils = Bl. 118 f. d. A.) erwähnten elf Einzelfällen handelt es sich um die Arbeitszeiten des Klägers im Zusammenhang mit folgenden Tagen:

2004:

30.11., 02.12., 15.12., 16.12. und 20.12.2004;

2005:

18.01., 04.02., 11.02., 21.02., 22.02. und 27./28.02.2005.

Soweit es insbesondere um den 30.11.2004 geht, legt die Beklagte dar, dass der Kläger damals um 15:00 Uhr das Aufzeichnungsgerät (folgend: Kontrollgerät) geöffnet und die interne Uhr auf "15:57" Uhr vorgedreht habe. Dann sei der Kläger mit dem Fahrzeug fünf Minuten gefahren. Um "16:02" Uhr habe der Kläger das Kontrollgerät erneut geöffnet und die interne Uhr auf 15:00 Uhr zurück gedreht. Der Arbeitstag des Klägers habe am 30.11.2004 um 15:00 Uhr geendet.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen.

Gegen das am 26.10.2005 zugestellte Urteil vom 06.10.2005 - 9 Ca 1116/05 - hat der anwaltlich vertretene Kläger (zunächst) am 27.10.2005 bei dem Arbeitsgericht Berufung eingelegt (- mit dem Schriftsatz vom 27.10.2005, Bl. 133 d. A.). Mit dem Schriftsatz vom 24.11.2005 (Bl. 142 d. A.) legte der Kläger erneut Berufung ein, - diesmal bei dem Landesarbeitsgericht. Mit dem Schriftsatz vom 20.12.2005 (Bl. 144 ff. d. A.), auf dessen Inhalt zwecks Darstellung aller Einzelheiten der Berufungsbegründung verwiesen wird, begründet der Kläger seine Berufung. Nach Ansicht des Klägers mangelt es an einem Kündigungsgrund. Der Kläger behauptet, dass die entsprechenden Zeiten, wie sie auf dem Fahrtenschreiber vermerkt gewesen seien, auch tatsächlich durch ihn erbracht worden seien. Der Kläger habe lediglich verschiedene Tachoscheiben verwandt, um entsprechende Ruhe-/Lenkpausen nachzuweisen. Durch entsprechende Verwendung mehrerer Tachoscheiben des Klägers seien nicht nur die entsprechenden Stunden auch seitens des Klägers erbracht worden, - sondern die Beklagte habe darüber hinaus kontinuierlich und systematisch Stunden, die der Kläger erbracht habe, nicht abgerechnet. Er, der Kläger, habe den Vorgaben der Beklagten Rechnung getragen, wonach er als einziger LKW-Fahrer dem entsprechenden Termindruck bei Auslieferung und Einbau der Tore habe nachkommen müssen. Stunden, die er, der Kläger, geleistet habe, habe er nicht bezahlt erhalten. Der Kläger habe sich keinen Vermögensvorteil verschafft. Allein der Umstand, dass er mehrere Tachoscheiben benutzt hätte, könne keinen wichtigen Grund im Sinne des § 626 (BGB) darstellen. Zumindest hätte eine Interessenabwägung zu Gunsten des Klägers eine Weiterbeschäftigung ermöglicht. Der Kläger verweist auf das von ihm als "Arbeitsanweisung" bezeichnete Schreiben der Beklagten vom 11.12.2003 sowie auf die von ihm auf der S. 3 - oben - des Schriftsatzes vom 15.08.2005 behauptete Frage des Geschäftsführers A. H. (s. Bl. 59 d. A. und 150 f. d. A.). Der Kläger macht geltend, dass dadurch eindeutig zum Ausdruck gebracht worden sei, dass eine entsprechende Manipulation habe stattfinden sollen, um den entsprechenden Vorgaben der Beklagten nachzukommen. Ergänzend äußert sich der Kläger im Schriftsatz vom 31.01.2006 (Bl. 176 ff. d. A.) und nimmt dabei (auch) zur Berufungsbeantwortung der Beklagten Stellung; wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 31.01.2006 verwiesen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - vom 06.10.2005 - 9 Ca 1116/05 - abzuändern und festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis weder durch die außerordentliche Kündigung vom 28.04.2005 noch die hilfsweise ausgesprochene außerordentlicheKündigung vom 28.04.2005 beendet worden ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts nach näherer Maßgabe ihrer Ausführungen in der Berufungsbeantwortung vom 20.01.2006 (Bl. 166 ff. d. A.), auf deren Inhalt zwecks Darstellung aller Einzelheiten verwiesen wird. Ergänzend äußert sich die Beklagte in den Schriftsätzen vom 16.02.2006 (Bl. 190 ff. d. A.) und vom 20.02.2006 (Bl. 200 ff. d. A.), auf deren Inhalt ebenfalls Bezug genommen wird.

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt, - insbesondere auch auf die Sitzungsniederschrift vom 21.02.2006 - 5 Sa 888/05 - (= Bl. 196 ff. d. A.) - Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Zulässigkeit der Berufung:

Bedenken hinsichtlich der Berufungseinlegung können daraus abgeleitet werden, dass der Kläger die (erste) Berufungsschrift an das Arbeitsgericht gerichtet hat und er in beiden Berufungseinlegungsschriften die Parteibezeichnungen (Rechtsmittelführer/Rechtsmittelgegner) nicht klargestellt hat. Außerdem mangelt es der Berufungsbegründungsschrift eines ausdrücklichen bzw. optisch hervorgehobenen Berufungsantrages. Letztlich greifen diese Bedenken unter den gegebenen Umständen jedoch nicht durch. Die Berufung ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die hiernach zulässige Berufung erweist sich als unbegründet.

II.

Die Kündigungsschutzklage ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat sie zu Recht abgewiesen. Das Arbeitsverhältnis ist mit dem Zugang der außerordentlichen Kündigung vom 28.04.2005 fristlos beendet worden. Dies ergibt sich aus § 626 Abs. 1 BGB.

1.

Der Kläger hat ein Verhalten gezeigt, das an sich geeignet ist, die verhaltensbedingte Kündigung auch als außerordentliche Kündigung im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB zu rechtfertigen.

a) Die arbeitsvertragliche Treuepflicht/Interessenwahrnehmungspflicht (§ 242 BGB; § 241 Abs. 2 BGB) gebietet es dem Arbeitnehmer, bei der Erfüllung arbeitsvertraglicher Verpflichtungen den Arbeitgeber nicht zu schädigen. Gegen diese Pflicht hat der Kläger dadurch in grob-vertragswidriger Weise verstoßen, dass er (jedenfalls) für den 30.11.2004 ein unrichtiges Arbeitszeitende ("16:00 Uhr") in den von ihm geführten Stundenzettel für November 2004 (Bl. 45 d. A.) eingetragen hat und dadurch die Beklagte veranlasst hat, den Lohn des Klägers für den 30.11.2004 unrichtig abzurechnen.

Die Beklagte hat den diesbezüglichen Sachverhalt im Wesentlichen bereits erstinstanzlich in der Klageerwiderung i. V. m. den Anlagen, die der Klageerwiderung beigefügt waren, schlüssig vorgetragen.

Soweit der Kläger sich im Berufungsverfahren damit verteidigt, dass die entsprechenden Zeiten, wie sie auf dem Fahrtenschreiber vermerkt seien, auch tatsächlich durch ihn erbracht worden seien, hat er die ihm obliegende Einlassungslast nicht genügend erfüllt. Jedenfalls ist für den 30.11.2004 nicht ersichtlich, dass der Kläger an diesem Tag nach 15:00 bzw. 15:05 Uhr noch tatsächlich für die Beklagte gearbeitet hat.

b) Soweit es diesbezüglich um die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast geht, obliegt diese im Kündigungsrechtsstreit im Rahmen des § 626 BGB zwar letztlich dem kündigenden Arbeitgeber. Bei bestimmten - auch hier gegebenen - Kündigungssachverhalten ist die Darlegungs- und Einlassungslast jedoch nach näherer Maßgabe des § 138 BGB und der hierzu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung abgestuft verteilt. Insbesondere dann, wenn sich der Arbeitnehmer auf Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe oder auf sonstige Umstände beruft, die sein Verhalten rechtfertigen oder entschuldigen bzw. in einem milderen Licht erscheinen lassen sollen, genügt eine pauschale Einlassung des Arbeitnehmers nicht. Vielmehr ist der Arbeitnehmer aufgrund der ihm obliegenden Erklärungs- und Einlassungslast gemäß § 138 Abs. 1 und 2 ZPO gehalten, sein diesbezügliches Vorbringen zu substantiieren. Erst wenn eine derart hinreichend substantiierte Einlassung des Arbeitnehmers vorliegt, ist der Arbeitgeber gehalten, diese Einlassung des Arbeitnehmers zu widerlegen und sein - des Arbeitgebers - Vorbringen zu beweisen. Ähnliches gilt, wenn die Parteien darüber streiten, ob bzw. wie lange der Arbeitnehmer gearbeitet hat.

c) In Anwendung dieser Grundsätze ist vorliegend eine grob-vertragswidrige Verhaltensweise des Klägers im Sinne eines schuldhaft-pflichtwidrigen Verhaltens festzustellen.

aa) Die Beklagte hat dargelegt, dass der Kläger - wie aber von diesem im Stundennachweis für November 2004 eingetragen - seine Arbeit am 30.11.2004 nicht erst um 16:00 Uhr, sondern bereits um 15:00 Uhr beendet habe. Zur Stützung dieser Darlegung bezieht sich die Beklagte auf die Diagrammauswertung vom 15.04.2005, die der K. R. von der Siemens VDO vorgenommen und erstellt hat. Nach den in der Diagrammauswertung vorgenommenen Feststellungen für den 30.11.2004 wurde das Kontrollgerät um 15:00 Uhr und um 16:02 Uhr geöffnet sowie um 15:00 Uhr und um 15:57 Uhr geschlossen. Damit findet die Darlegung der Beklagten, der Kläger habe sich für den 30.11.2004 eine Stunde zu viel Arbeitszeit aufgeschrieben (- resultierend aus der unrichtigen Angabe des Arbeitsendes 16:00 Uhr statt 15:00 Uhr -) in den Feststellungen der Diagrammauswertung eine ausreichende Stütze. Mit diesen Darlegungen der Beklagten bzw. den entsprechenden konkreten Feststellungen in der Diagrammauswertung für den 30.11.2004 hat sich der Kläger - mit der sich aus § 318 Abs. 3 ZPO ergebenden Folge - weder erstinstanzlich noch im Berufungsverfahren genügend auseinander gesetzt. Insbesondere hat er nicht in Abrede gestellt, überhaupt Manipulationen des Kontrollgerätes bzw. der Aufzeichnungen der Diagrammscheibe vorgenommen zu haben. Allerdings versucht der Kläger diese Manipulationen damit zu rechtfertigen, dass er entsprechende Ruhe-/Lenkpausen habe nachweisen wollen.

In Bezug auf den hier konkret relevanten Tag - 30.11.2004 - ist jedoch keineswegs erkennbar, dass die Beklagte dem Kläger Arbeiten zugewiesen hätte, die dieser notwendigerweise nur unter Verstoß gegen die für das Fahrpersonal geltenden gesetzlichen Bestimmungen (Verordnungen - EWG - Nr. 3820/85 und 3821/85 des Rates; Fahrpersonalgesetz nebst Fahrpersonalverordnung) hätte erledigen können. Die Arbeit hatte der Kläger am Vortag (29.11.2004) um 16:15 Uhr beendet. Die Arbeit am 30.11.2004 hatte er um 06:30 Uhr begonnen. Dies ergibt sich jeweils aus dem Stundenzettel für November 2004 (s. Bl. 45 und Bl. 99 d. A.). Von daher ist nicht ersichtlich, weshalb sich an diesem Tag (30.11.2004) im Hinblick auf etwaige Kontrollen durch Polizei oder Bedienstete des Bundesamtes für Güterverkehr die "Notwendigkeit" hätte ergeben können, das Kontrollgerät bzw. dessen Aufzeichnungen zu manipulieren. Auch kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger zeitnah zum 30.11.2004 von der Beklagten zu einem entsprechenden manipulativen Handeln aufgefordert worden wäre. Sofern der Geschäftsführer A. H. die vom Kläger auf S. 3 des Schriftsatzes vom 15.08.2005 behauptete Frage überhaupt an den Kläger gerichtet haben sollte, geschah dies - wie der Kläger im Termin vom 21.02.2006 bekundet hat - deutlich vor November 2004. Der Kläger hat erklärt, dass dieser "Vorgang ... schon Jahre her" sei (s. Bl. 197 d. A.). Abgesehen davon, ging es am 30.11.2004 nicht darum, dass der Kläger sofort nach Rückkunft von einer Auslieferungs- und Montagetour nach München sofort weiter nach Hamburg fahren sollte - und er damals bereits 20 Stunden gearbeitet hatte. Es ging am 30.11.2004 auch nicht um einen damit vergleichbaren Sachverhalt, sondern lediglich darum, dass er im Rahmen eines überschaubaren Arbeitsauftrages Holz und Asbestmüll entsorgen und laden sollte. Ein derartiger Termindruck - wie er sich möglicherweise im Rahmen einer (Montage-)Fahrt bei Auslieferung und Einbau von Toren - hätte ergeben können, bestand am 30.11.2004 nicht. Derartiges lässt jedenfalls das Parteivorbringen nicht erkennen. Zwischen dem Arbeitsende am Vortag (29.11.2004, 16:15 Uhr) und dem Arbeitsbeginn am 30.11.2004 (06:30 Uhr) hat dem Kläger hier eine ausreichend lang bemessene Ruhezeit im Sinne der gesetzlichen Vorschriften für das Fahrpersonal zur Verfügung gestanden.

bb) Soweit der Kläger im Rahmen seiner persönliche Anhörung im Berufungsverhandlungstermin erstmals eingewandt hat, das Kontrollgerät sei (am 07.03.2005) erneuert bzw. repariert worden, entlastet ihn dies nicht. Der Kläger hat bereits nicht nachvollziehbar dargetan, dass die Feststellungen, die in der Diagrammauswertung vom 15.04.2005 für den 30.11.2004 enthalten sind, irgendetwas mit einem schadhaften Kontrollgerät zu tun haben könnten. (Auch) in diesem Zusammenhang hat der Kläger also die ihm gemäß § 138 Abs. 1 und 2 ZPO obliegende Einlassungs- und Erklärungslast nicht genügend erfüllt.

cc) Hiernach ist festzustellen, dass der Kläger für den 30.11.2004 vorsätzlich unrichtige Angaben über das Arbeitszeitende an diesem Tag gemacht hat. Unstreitig ist, dass die Aufzeichnungen Grundlage der Lohnabrechnung der Beklagten für den Kläger gewesen sind (S. 2 der Berufungsbegründung vom 20.12.2005).

Durch das vom Kläger am 30.11.2004 und für den 30.11.2004 gezeigte Verhalten hat der Kläger die für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses notwendige Vertrauensgrundlage zerstört. Vorliegend kann dahingestellt bleiben, inwieweit das Schreiben der Beklagten vom 10.12./11.12.2003 (Anlage 18 = Bl. 174 f. d. A.) als einschlägige Abmahnung zu begreifen ist. Selbst wenn vorliegend vom Fehlen einer einschlägigen Abmahnung auszugehen wäre, stünde dies der Eignung des Verhaltens des Klägers als Kündigungsgrund nicht entgegen. Zwar ist eine Abmahnung bei einem steuerbaren Verhalten grundsätzlich erforderlich, - bei schweren Pflichtverletzungen gilt dies aber nur dann, wenn der Arbeitnehmer mit vertretbaren Gründen annehmen konnte, sein Verhalten sei nicht vertragswidrig oder werde vom Arbeitgeber zumindest nicht als erhebliches, den Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdendes Verhalten angesehen. Ein solcher Ausnahmefall ist vorliegend nicht gegeben.

2. (Auch) die Interessenabwägung führt zu keinem für den Kläger günstigen Ergebnis. Die Berufungskammer teilt die Auffassung des Arbeitsgericht, dass der Beklagten die Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist von sieben Monaten zum Monatsende (- hier also bis zum 30.11.2005 -) unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile nicht zugemutet werden konnte. Die entsprechende Wertung (= Unzumutbarkeit -) trifft auch dann zu, wenn dem Kläger "nur" in Bezug auf den 30.11.2004 eine - hier freilich - ganz erhebliche Pflichtverletzung vorzuwerfen ist. Dies gilt auch dann, wenn es zutreffend sein sollte, dass die Beklagte - wie der Kläger (recht pauschal) behauptet - in der Vergangenheit den Lohn des Klägers nicht richtig abgerechnet hat. Sollte dieser Vorwurf des Klägers überhaupt zutreffend sein, hätte der Kläger insoweit eben beizeiten mit einer entsprechenden Zahlungsklage gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen können. Insoweit ist auf die diesbezüglichen Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts zu verweisen, auf die auch im Übrigen ergänzend Bezug genommen wird (§ 69 Abs. 2 ArbGG).

3. Dahingestellt bleiben kann deswegen, ob dem Kläger auch bezüglich der übrigen Tage und Vorgänge, so wie sie sich aus der Anlage 17 zur Klageerwiderung (= Bl. 49 f. d. A.) ergeben, entsprechende Pflichtverletzungen vorzuwerfen sind. Dahingestellt bleiben kann weiter, ob sich nicht bereits aus der eigenen Einlassung des Klägers der gemäß § 626 Abs. 1 BGB notwendige Kündigungsgrund ergibt. Der Kläger räumt insoweit ja immerhin ein "Tachoscheiben dergestalt manipuliert zu haben, dass sie auch bei einer oberflächlichen Kontrolle von Polizei oder BAG genügt hätten" (S. 1 des Schriftsatzes vom 31.01.2006). Der Kläger hat (auch) nicht die Darlegungen der Beklagten bestritten, die sich damit befassen, wie er das Kontrollgerät bzw. die Aufzeichnungen auf den einzelnen Diagrammscheiben "manipuliert", - d.h. verfälscht hat. Die Beklagte hat insoweit konkret (- s. dazu S. 1 f. des Schriftsatzes vom 20.01.2006 = Bl. 166 f. d. A. -) genannt:

- das Vor- bzw. Zurückdrehen (der Uhr) des Kontrollgerätes

und

- das Schließen von Aufzeichnungslücken auf der Diagrammscheibe (Tacho- scheibe) mittels eines dünnen Bleistiftes bzw. einer Nadel.

Mit den diesbezüglichen Darlegungen hat sich der Kläger ebenso wenig im Einzelnen auseinandergesetzt, wie mit den diesbezüglichen Feststellungen in der Diagrammauswertung vom 15.04.2005 der Siemens VDO und den weiter dort enthaltenen Beanstandungen, dass z.B. die Endkilometerstände gefehlt hätten. Außerdem wird dort beanstandet, dass die Diagrammscheiben länger als 24 Stunden in dem Kontrollgerät eingelegt waren und Aufzeichnungen mit Stillstandsregistrierungen überschrieben gewesen seien. Auch in der Diagrammauswertung werden festgestellte Abweichungen auf ein "Verdrehen der Uhr" zurückgeführt. Schließlich heißt es auf S. 3 der Diagrammauswertung (Bl. 36 d. A.), dass das Fahrzeug zwischenzeitlich entweder ohne Diagrammscheibe oder mit geöffnetem Gerätedeckel bewegt worden sei.

Die Parteien haben zu Recht nicht darüber gestritten, dass der von dem Kläger gefahrene LKW bzw. der Kläger den gesetzlichen Vorschriften über das Kontrollgerät im Straßenverkehr bzw. den Sozialvorschriften im Straßenverkehr unterlag (Fahrpersonalverordnung/Verordnung zur Durchführung des Fahrpersonalgesetzes und Verordnungen EWG Nr. 3820/85 und 3821/85 des Rates). Die Verhaltensweisen, die der Kläger entweder ausdrücklich zugesteht (= Manipulationen um Bedienstete von Polizei und/oder des Bundesamtes für Güterverkehr zu täuschen) oder gemäß § 138 Abs. 3 ZPO nicht bestreitet, stellen zumindest Ordnungswidrigkeiten dar und - bei Erfüllung der Voraussetzungen der § 268 StGB - auch strafbare Handlungen dar. Derartige Pflichtverletzungen eines Berufskraftfahrers wiegen (auch) im Rahmen des § 626 BGB schwer. Die EG-Verordnungen Nr. 3820/85 und 3821/85 dienen ebenso wie das Fahrpersonalgesetz und die hierzu erlassene Fahrpersonalverordnung der Sicherheit im Straßenverkehr (s. dazu die präambelhaften Erwägungen des Rates vor Abschnitt I der VO (EWG) Nr. 3820/85 -). Welche Bedeutung auch der nationale Gesetzgeber der Sicherheit des Straßenverkehrs beimisst, ergibt sich aus dem Katalog der in § 8 der Fahrpersonalverordnung normierten Ordnungswidrigkeiten-Tatbestände (Fahrpersonalverordnung in der vom 30.05.1998 an bis zum 01.07.2005 gültigen Fassung). In diesem Zusammenhang fällt weiter zu Lasten des Klägers ins Gewicht, dass dieser zwar pauschal für sich in Anspruch nimmt, entsprechend den "Vorgaben der Beklagten" gehandelt zu haben. An konkretem Vortrag hat es der Kläger insoweit jedoch fehlen lassen. Er stellt etwaige "Vorgaben" der Beklagten für die Arbeitsleistungen, die er am 30.11., 02.12., 15.12., 16.12. und 20.12.2004 sowie am 18.01., 04.02., 11.02., 21.02., 22.02. und am 27./28.02.2005 zu erbringen hatte, nicht nachvollziehbar dar. Dies gilt umso mehr als der Kläger sich auf unterschiedliche Entlastungsgesichtspunkte berufen will, die so ohne weiteres nicht in Einklang zu bringen sind (Manipulationen, um Polizei und Bundesamt für Güterverkehr zu täuschen; angeblich vor Jahren provokant bzw. provokativ gestellte Frage des Geschäftsführers A. H., wie dies denn die anderen LKW-Fahrer machen würden; möglicher Defekt des Kontrollgerätes).

Die aufgeworfenen Fragen bedürfen keiner abschließenden Entscheidung, weil - wie bereits oben ausgeführt - allein das Verhalten des Klägers im Zusammenhang mit der Stundenabrechnung für den 30.11.2004 die außerordentliche Kündigung rechtfertigt. Den vom Kläger angebotenen Beweisen war nicht nachzugehen, da er bereits die ihm obliegende Einlassungslast gemäß § 138 Abs. 1 und 2 ZPO nicht erfüllt hat.

III.

Die Kosten seiner erfolglosen Berufung muss gemäß § 97 Abs. 1 ZPO der Kläger tragen. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wurde gemäß § 63 Abs. 2 GKG festgesetzt. Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst. Das vorliegende Berufungsurteil ist deswegen derzeit mit der Revision nicht anfechtbar.

Die Nichtzulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht kann unter den Voraussetzungen des § 72a ArbGG und nach näherer Maßgabe dieser Vorschrift selbständig durch Beschwerde, die beim Bundesarbeitsgericht, Hugo-Preuss-Platz 1, 99084 Erfurt, einzulegen ist, angefochten werden. Darauf wird der Kläger hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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