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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 16.06.2005
Aktenzeichen: 5 Ta 123/05
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 115
ZPO § 120 Abs. 1
ZPO § 120 Abs. 1 S. 1
ZPO § 120 Abs. 4
ZPO § 120 Abs. 4 S. 1
ZPO § 120 Abs. 4 S. 1 Halbsatz 1
ZPO § 120 Abs. 4 S. 1 Halbsatz 2
ZPO § 120 Abs. 4 S. 2
ZPO § 124
ZPO § 124 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 5 Ta 123/05

Entscheidung vom 16.06.2005

Tenor:

1. Der Beschluss des Arbeitsgerichts Kaiserlautern - Auswärtige Kammern Pirmasens-, vom 3.3.2005 - 6 Ca 1064/03 - wird aufgehoben.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die arbeitslose Klägerin ist verheiratet und hat fünf Kinder, die in der Zeit vom 06.05.1987 bis zum 29.08.1995 geboren wurden. Das Arbeitsgericht bewilligte der Klägerin nach näherer Maßgabe des Beschlusses vom 28.01.2004 - 6 Ca 1064/03 - (Blatt 27 f der Akte) für das erstinstanzliche Erkenntnisverfahren Prozesskostenhilfe unter RA-Beiordnung. Zahlungen im Sinne des § 120 Absatz 1 S.1 ZPO wurden nicht festgesetzt (- vergleiche dazu die PKH-Berechnung gemäß Blatt 12 des PKH-Beiheftes zu - 6 Ca 1064/03 -). Mit dem Beschluss vom 03.03.2005 - 6 Ca 1064/03 - hob das Arbeitsgericht den Beschluss vom 28.01.2004 - 6 Ca 1064/03 - über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe auf. Gegen den ihr am 07.03.2005 zugestellten Beschluss vom 03.03.2005 - 6 Ca 1064/03 - legte die Klägerin mit dem Schriftsatz vom 17.03.2005 am 18.03.2005 sofortige Beschwerde ein und fügte der Beschwerdeschrift die Prozesskostenhilfeerklärung vom 16.03.2005 sowie zwei Seiten des Änderungsbescheides der "Job-Börse Y-Stadt" vom 24.02.2005 bei, - hierauf (s. Blatt 22 ff des PKH-Beiheftes) wird jeweils verwiesen. Die Klägerin trägt vor, dass sie nicht in der Lage sei, für die Kosten der Rechtsverfolgung auch nur teilweise aufzukommen.

Das Arbeitsgericht gab der Klägerin - mit Fristsetzung bis spätestens 29.04.2005 - auf, den vollständigen Leistungsbescheid der "Job-Börse" vorzulegen sowie die Höhe des erhaltenen Kindergeldes und eventueller Einkünfte der Kinder mitzuteilen. Mit Beschluss vom 09.05.2005 half das Arbeitsgericht der Beschwerde nicht ab und legte die Beschwerde dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vor.

Zur nähren Darstellung des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt Bezug genommen, - insbesondere auf die Beschlüsse des Arbeitsgerichts vom 03.03.2005 und vom 09.05.2005. Die Bezirksrevisorin hat sich - wie aus der Stellungnahme vom 14.06.2005 ersichtlich (= Blatt 46 d. A.) - geäußert.

II

1. Die Beschwerde ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt worden. Die hiernach zulässige Beschwerde erweist sich als begründet.

2. Unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des vorliegenden Falles lässt sich die (vollständige) Aufhebung der PKH-Bewilligung nicht auf § 124 ZPO stützen. Zwar kann das Gericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach dieser Vorschrift u.a. dann aufheben, wenn die Partei eine Erklärung nach § 120 Absatz 4 S. 2 ZPO nicht abgegeben hat (vergleiche § 124 Nr. 2 aE. ZPO). Nach § 120 Absatz 4 S. 2 ZPO hat sich die Partei auf Verlangen des Gerichts darüber zu erklären, ob eine Änderung der Verhältnisse eingetreten ist. Vorliegend hat die Klägerin eine derartige Erklärung abgegeben. Diese Erklärung ist auch nicht derart pauschal, dass sie wie eine Nichterklärung behandelt werden müsste.

a) Die Anfangsworte des § 124 ZPO (-, dass die Bewilligung aufgehoben werden "kann", -) räumen dem Gericht ein Ermessen ein. Hierdurch soll vermieden werden, dass die Folgen der Aufhebung die Prozesskostenhilfebewilligung die PKH-berechtigte Partei übermäßig hart trifft (vergleiche Zöller/Philippi 25. Auflage ZPO § 124 Rz 3). Vorliegend trifft die Klägerin, - die verheiratet ist und fünf Kinder hat -, die vollständige Aufhebung der PKH-Bewilligung hart. Dies hat das Arbeitsgericht nicht genügend beachtet. Es hat ersichtlich übersehen, dass auch dann, wenn "an sich" einer der Aufhebungsgründe des § 124 ZPO gegeben ist, gleichwohl - je nach Lage des einzelnen Falles - an der PKH-Bewilligung festgehalten werden darf. Vorliegend hat die Klägerin die ihr gemäß § 120 Absatz 4 S.2 ZPO abverlangte Erklärung, ob eine Änderung der Verhältnisse eingetreten sei, dadurch abgegeben, dass sie in der Beschwerdeschrift geltendgemacht hat, (weiterhin) nicht in der Lage zu sein, für die Kosten der Rechtsverfolgung aufzukommen. In Anbetracht der besonderen Umstände des vorliegenden Falles war diese Erklärung ausreichend. Die Klägerin hat der Beschwerdeschrift nämlich die PKH-Erklärung vom 16.03.2005 beigefügt und dort Angaben über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht. Außerdem hat sie - zumindest auszugsweise - den Änderungsbescheid der "Job-Börse Y-Stadt" vom 24.02.2005 beigefügt. Es ist anerkanntes Recht, dass die Partei die ihr gemäß § 120 Absatz 4 S. 2 ZPO abverlangte Erklärung auch noch - wie vorliegend in der Beschwerdeschrift geschehen - im Laufe des Beschwerdeverfahrens abgeben kann. Aufgrund der im PKH-Beiheft befindlichen Unterlagen kann nicht angenommen werden, dass die PKH-Bewilligungsvoraussetzungen (überhaupt) nicht mehr vorliegen. Der Umstand, dass die Klägerin die gerichtliche Anfrage bzw. Auflage vom 19.04.2005 (Blatt 24 R des PKH-Beiheftes) unbeantwortet gelassen hat, führt vorliegend nicht dazu, dass die Klägerin so zu behandeln wäre, als habe sie sich auf das Verlangen des Arbeitgerichtes überhaupt nicht im Sinne des § 120 Absatz 4 S. 2 ZPO erklärt. Diesen Umstand konnte bzw. kann das Arbeitsgericht (allenfalls) zum Anlass nehmen, nachträglich die Leistung von Zahlungen gemäß § 120 Absatz 4 S. 1 ZPO anzuordnen, - nämlich dann, wenn das Arbeitsgericht aufgrund entsprechender konkreter Prüfung zu dem Ergebnis gelangt, die Klägerin verfüge aufgrund einer Veränderung (= Verbesserung) ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nunmehr über ein für die Anordnung von Zahlungen ausreichendes "einzusetzendes Einkommen" i. S. des § 115 ZPO.

b) In Fällen der vorliegenden Art ist (jedenfalls) im Rahmen der Ermessensausübung gemäß § 124 Absatz 1 ZPO ("kann") darauf Bedacht zu nehmen, dass das Gericht die Entscheidung über gemäß § 120 Absatz 1 ZPO zu leistende Zahlungen oder die Entscheidung, dass derartige Zahlungen nicht zu leisten sind, ändern kann, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich verändert haben. Dies gilt nach näherer gesetzlicher Maßgabe des § 120 Absatz 4 S. 1 Halbsätze 1 und 2 ZPO.

Die Partei wird durch die vollständige PKH-Aufhebung härter getroffen als durch die nach näherer Maßgabe des § 120 Absatz 4 S.1 ZPO (auch) mögliche nachträgliche Anordnung von Zahlungen gemäß § 120 Absatz 1 ZPO. Die nachträgliche Anordnung von Zahlungen gemäß § 120 Absatz 1 und 4 S. 1 ZPO hat nach Sinn und Zweck des Prozesskostenhilferechts Vorrang vor der vollständigen Aufhebung der Bewilligung nach § 124 ZPO. Auf diesen Vorrang wird im angefochtenen Beschluss vom 03.03.2005 und im Nichtabhilfebeschluss vom 09.05.2005 nicht genügend Bedacht genommen. Aus diesem Grunde stellt sich die angefochtene Entscheidung als ermessenfehlerhaft dar und war deswegen aufzuheben.

c) Die Aufhebung des Beschlusses vom 03.03.2005 - 6 Ca 1064/03 - hindert das Arbeitsgericht nicht daran, im Nachprüfungsverfahren gemäß § 120 Absatz 4 ZPO der Frage nachzugehen, ob wegen einer wesentlichen Änderung (= Verbesserrung) der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin nunmehr nachträglich Zahlungen gemäß § 120 Absatz 1 und 4 S.1 ZPO anzuordnen sind. Insoweit ist aufgrund der vorliegenden Unterlagen und Angaben der Klägerin zu prüfen, über welches Einkommen die Klägerin verfügt, welche Absetzungen und Abzüge davon vorzunehmen sind und welches Einkommen danach als "einzusetzendes Einkommen" im Sinne des § 115 ZPO verbleibt. Dem Ergebnis dieser vom Arbeitsgericht in eigener Zuständigkeit vorzunehmenden Prüfung kann das Beschwerdegericht nicht vorgreifen. Allerdings wird die Klägerin ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich im diesem Zusammenhang durchaus zu ihrem Nachteil auswirken kann, dass sie bislang die gerichtliche Auflage bzw. Anfrage vom 19.04.2005 unbeantwortet gelassen hat. Aus ihrer insoweit fehlenden (weiteren) Mitwirkung wird das Arbeitsgericht gegebenenfalls darauf schließen können, dass der Klägerin nun0mehr die Leistung von Zahlungen i.S.d. § 120 Absatz 1 und Absatz 4 ZPO möglich ist.

3. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde war nicht veranlasst. Da die Beschwerde Erfolg hatte konnte von dem Erlass einer Kostenentscheidung abgesehen werden (vergleiche dazu die Gebührentatbestände der Nummern 8610 ff des Kostenverzeichnisses - Anlage 1 zu § 3 Absatz 2 GKG). Auch eine Streitwertfestsetzung war entbehrlich. Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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