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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 24.08.2005
Aktenzeichen: 5 Ta 198/05
Rechtsgebiete: BRAGO, ZPO


Vorschriften:

BRAGO § 123
ZPO § 572 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 5 Ta 198/05

Entscheidung vom 24.08.2005

Tenor:

1. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 15.07.2005 - 8 Ca 2023/02 - aufgehoben.

2. Das den Kläger betreffende Prozesskostenhilfeverfahren wird zur erneuten Prüfung und Entscheidung an das Arbeitsgericht Kaiserslautern zurückverwiesen.

Gründe:

I.

Im September 2002 erhob der Kläger mit der Klageschrift vom 18.09.2002 Klage gegen den Beklagten. Auf Seite 3 der Klageschrift verwies der Kläger hinsichtlich der gleichzeitig beantragten Prozesskostenhilfe "auf die beiliegende Erklärung". Die Erklärung des Klägers über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse datiert vom 06.09.2002 und befindet sich in dem nicht paginierten PKH-Beiheft des Beklagten. Mit dem Schriftsatz vom 15.10.2002 erhöhte der Kläger seine Klage und bat (auch) insoweit um Bewilligung der Prozesskostenhilfe.

In der Klageerwiderung vom 15.10.2002 beantragte (auch) der Beklagte Prozesskostenkostenhilfebewilligung. Im Gütetermin vom 16.10.2002 schlossen die Parteien den aus Bl. 18 d. A. ersichtlichen Vergleich. In der diesbezüglichen Sitzungsniederschrift vom 16.10.2002 - 8 Ca 2023/02 - heißt es u.a.:

"... Dem Klägervertreter wird zugesichert, mit Wirkung Antragseingang über den Prozesskostenhilfeantrag zu entscheiden ...".

In der Folgezeit bewilligte das Arbeitsgericht dem Kläger die beantragte Prozesskostenhilfe und RA-Beiordnung nicht. Mit dem Schriftsatz vom 29.11.2004 (Bl. 36 f. d. A.) reichte der Prozessbevollmächtigte des Klägers seine Rechtsanwaltsgebührenrechnung (- "Prozesskostenhilfegebühren gem. § 123 BRAGO" -) zur Gerichtsakte. Im Anschluss an das gerichtliche Schreiben vom 01.12.2004 (Bl. 36 d. A.), von dem sich keine Leseschrift in der Akte befindet, wies das Arbeitsgericht mit dem undatierten - aber wohl am 15.07.2005 erlassenen - Beschluss - 8 Ca 2023/02 - (Bl. 39 ff. d. A.) den Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (- und RA-Beiordnung -) zurück. Zur Begründung wurde darauf abgestellt, dass das Gericht keine Prozesskostenhilfe aufgrund mehr als zwei Jahre alter Daten gewähren könne.

Nach näherer Maßgabe der Beschwerdeschrift vom 04.08.2005 (Bl. 43 f. d. A.) legte der Kläger gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts (vom 15.07.2005 - 8 Ca 2023/02 -), der am 20.07.2005 zugestellt worden war, sofortige Beschwerde ein.

Mit dem Beschluss vom 09.08.2005 - 8 Ca 2023/02 - half das Arbeitsgericht der Beschwerde des Klägers nicht ab und legte die Beschwerde dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vor.

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen, wird auf den weiteren Akteninhalt verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt worden. Die hiernach zulässige Beschwerde hat nach näherer Maßgabe der folgenden Ausführungen dahingehend Erfolg, dass das Prozesskostenhilfeverfahren an das Arbeitsgericht zurückzuverweisen ist (- von der Möglichkeit der Zurückverweisung kann im Beschwerdeverfahren Gebrauch gemacht werden; § 572 Abs. 3 ZPO; LAG Köln vom 17.05.2004 - 4 Ta 165/04 - LAG Report 2005, 160; LAG Sachsen-Anhalt vom 15.03.2004 - 11 Ta 35/04 -). Die vollständige Zurückweisung von Prozesskostenhilfe- und RA-Beiordnungsantrag lässt sich mit der Begründung, mit der das Arbeitsgericht seine Beschlüsse vom 15.07.2005 und vom 09.08.2005 versehen hat, nicht rechtfertigen. Den Umstand, dass seit der Einreichung der PKH-Erklärung vom 06.09.2002 im September 2002 nunmehr mehr als zwei Jahre vergangen sind und es sich deswegen jetzt um "mehr als zwei Jahre alte Daten" handelt, hat nicht der Kläger zu vertreten. Wollte man die Zurückweisung des Prozesskostenhilfeantrages auf diesen Umstand stützen, würde der Anspruch des Klägers auf eine faire Verfahrensführung verletzt. Der Grundsatz des "fairen Verfahrens" gehört zu den wesentlichen Ausprägungen des Rechtsstaatsprinzips, wie es in Artikel 20 Abs. 3 GG verankert ist.

Der Kläger hat vorliegend rechtzeitig (jeweils) um die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nachgesucht. Die diesbezüglichen Anträge sind in der Klageschrift und in dem klageerweiternden Schriftsatz vom 15.10.2002 enthalten. Des Weiteren ist aufgrund der Aktenlage anzunehmen, dass der Kläger auch die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie den Mietvertrag (in Kopie) vom 09.11.2001 rechtzeitig zur Gerichtsakte gereicht hat. Damit lag dem Arbeitsgericht - spätestens - im Termin vom 16.10.2002 ein formgerechter PKH-Antrag vor, so dass bereits am 16.10.2002 Entscheidungsreife im Prozesskostenhilfeverfahren des Klägers gegeben war. Davon ist ersichtlich auch das Arbeitsgericht selbst ausgegangen, denn in der Sitzungsniederschrift vom 16.10.2002 - 8 Ca 2023/02 - wird die dem Prozessbevollmächtigten des Klägers gegebene Zusicherung festgehalten, mit Wirkung (ab) Antragseingang über den Prozesskostenhilfeantrag zu entscheiden. Es ist nicht erkennbar, aus welchem Grund das Arbeitsgericht seinerzeit nicht zeitnah über den entscheidungsreifen Prozesskostenhilfeantrag befunden hat. (Jedenfalls) dürfen dem Kläger keine Rechtsnachteile daraus entstehen, dass das Arbeitsgericht die gebotene zeitnahe Entscheidung über das PKH-Gesuch des Klägers unterlassen hat.

Unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des vorliegenden Falles ist deswegen nunmehr ausnahmsweise die Sach- und Rechtslage hinsichtlich des Prozesskostenhilfeverfahrens rückwirkend so zu beurteilen, wie sie sich in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht im Zeitpunkt der Entscheidungsreife d.h. am 16.10.2002, darstellte. Mit dieser Maßgabe hat das Arbeitsgericht nunmehr zu prüfen, ob die vom Kläger seinerzeit beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg geboten hat und nicht mutwillig war, - außerdem ist auf der Grundlage der in der PKH-Erklärung vom 06.09.2002 enthaltenen Angaben und unter Berücksichtigung des seinerzeit geltenden PKH-Rechts zu prüfen, inwieweit der Kläger die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann (§§ 114 und 115 ZPO in der seinerzeit geltenden Fassung).

Da es bislang an diesbezüglichen Feststellungen und Wertungen konkreter Art fehlt, ist das Prozesskostenhilfeverfahren zur erneuten Prüfung und Entscheidung an das Arbeitsgericht zurückzuverweisen.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde war nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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