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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 19.01.2006
Aktenzeichen: 5 Ta 2/06
Rechtsgebiete: ZPO, KSchG, RVG, SGB XII, GKG


Vorschriften:

ZPO § 115 Abs. 1 S. 1
ZPO § 115 Abs. 3
ZPO § 115 Abs. 3 S. 1
ZPO § 115 Abs. 3 S. 2
ZPO § 120 Abs. 1 S. 1
ZPO § 120 Abs. 4 S. 1
ZPO § 278 Abs. 6 S. 2
KSchG § 9
KSchG § 10
RVG § 50
SGB XII § 90
SGB XII § 90 Abs. 2 Nr. 9
SGB XII § 90 Abs. 2 Ziffer 1
SGB XII § 90 Abs. 2 Ziffer 2
SGB XII § 90 Abs. 2 Ziffer 3
SGB XII § 90 Abs. 2 Ziffer 4
SGB XII § 90 Abs. 2 Ziffer 5
SGB XII § 90 Abs. 2 Ziffer 6
SGB XII § 90 Abs. 2 Ziffer 7
SGB XII § 90 Abs. 2 Ziffer 8
SGB XII § 90 Abs. 2 Ziffer 9 HS 2
SGB XII § 90 Abs. 3
GKG § 3 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 5 Ta 2/06

Entscheidung vom 19.01.2006

Tenor:

1. Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - vom 08.11.2005 - 6 Ca 1638/05 - teilweise dahingehend abgeändert, dass der Kläger am 20.01.2006 aus seinem Vermögen (zunächst) einen Betrag in Höhe von 945,10 EUR zu zahlen hat.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

4. Vom Kläger ist eine Gerichtsgebühr in Höhe von 20,- EUR zu erheben.

Gründe:

Mit dem Beschluss vom 08.08.2005 - 6 Ca 1638/05 - bewilligte das Arbeitsgericht dem Kläger unter Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten Prozesskostenhilfe für die erste Instanz mit der Maßgabe, dass der Kläger vorerst keinen eigenen Beitrag zu den Kosten der Prozessführung zu leisten hatte.

Das erstinstanzliche Erkenntnisverfahren wurde durch gerichtlichen Vergleich gütlich beigelegt. Den Inhalt dieses Vergleiches hat das Arbeitsgericht gemäß § 278 Abs. 6 S. 2 ZPO mit dem Beschluss vom 08.08.2005 - 6 Ca 1638/05 - festgestellt. Dort (s. Bl. 65 f. d. A.) wird in den Ziffern 2. und 3. die Zahlung einer - spätestens am 15.01.2006 fälligen - Abfindung gemäß den §§ 9 und 10 KSchG geregelt.

Mit dem Schreiben vom 07.10.2005 (Bl. 6 des PKH-Beiheftes) teilte das Arbeitsgericht dem Kläger mit, dass aus den dort genannten Gründen zunächst beabsichtigt sei, eine einmalige Zahlung in Höhe von 945,10 EUR anzuordnen. Im Anschluss an die Stellungnahme des Klägers vom 12.10.2005 (Bl. 7 f. des PKH-Beiheftes) änderte das Arbeitsgericht die im PKH-Bewilligungs-Beschluss vom 08.08.2005 getroffene Zahlungsbestimmung dahingehend ab, dass der Kläger am 20.01.2006 einen einmaligen Betrag in Höhe von 1.403,88 EUR zu zahlen hat.

Gegen den am 11.11.2005 zugestellten Beschluss vom 08.11.2005 - 6 Ca 1638/05 - legte der Kläger mit dem Schriftsatz vom 02.12.2005 am 02.12.2005 sofortige Beschwerde ein und begründete diese mit dem Schriftsatz vom 22.12.2005, worauf verwiesen wird (Bl. 16 des PKH-Beiheftes).

Der Kläger beruft sich insbesondere darauf, dass er mit den ihm zustehenden Leistungen aus dem Arbeitslosengeld I keinesfalls in der Lage sei, seine Verbindlichkeiten zu bedienen. Die Abfindung sei keineswegs isoliert als Vermögen anzusehen. Er habe sie deswegen nicht im Rahmen der Prozesskostenhilfe einzusetzen.

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt verwiesen.

II.

1.

Die Beschwerde ist als sofortige Beschwerde an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt worden. Die hiernach zulässige Beschwerde erweist sich teilweise als begründet.

Gemäß den §§ 120 Abs. 4 S. 1 und § 120 Abs. 1 S. 1 ZPO kann (jedenfalls derzeit) nur ein aus dem Vermögen zu zahlender Betrag in Höhe von 945,10 EUR festgesetzt werden.

a) Will das Gericht aufgrund des Nachprüfungsverfahrens gemäß § 120 Abs. 4 S. 1 ZPO nachträglich eine Entscheidung über § 120 Abs. 1 S. 1 ZPO zu zahlende Raten und/oder Beträge erlassen, so ist der (bedürftigen) Partei, die zunächst keinen eigenen Beitrag zu den Kosten der Prozessführung zu leisten hatte, vor der entsprechenden (- sie belastenden -) Entscheidung rechtliches Gehör zu gewähren (Art. 103 Abs. 1 GG). Dabei ist das Gericht für das weitere Verfahren (jedenfalls zunächst) an den Inhalt des jeweiligen Anhörungsschreibens gebunden.

Daraus folgt für den vorliegenden Fall, dass das Arbeitsgericht eine abändernde Entscheidung (Festsetzung einer Zahlung gemäß § 120 Abs. 1 und Abs. 4 S. 1 ZPO) nur in dem Umfang erlassen durfte, der dem Kläger in dem Anhörungsschreiben vom 07.10.2005 mitgeteilt worden war. Dort heißt es aber eindeutig, dass beabsichtigt sei, eine Zahlung in Höhe von (nur) 945,10 EUR anzuordnen. Bei dem damals genannten Betrag handelte es sich um die angefallenen Gerichtskosten in Höhe von 8,40 EUR sowie um die bis dahin von der Landeskasse gezahlten Vergütung der beigeordneten Rechtsanwältin in Höhe von 936,70 EUR. Die Abrechnung einer sogenannten weiteren Vergütung gemäß § 50 RVG war seinerzeit von der Prozessbevollmächtigten des Klägers noch nicht geltend gemacht worden. Die entsprechende Kostenrechnung der Prozessbevollmächtigten vom 18.10.2005 ist erst am 20.10.2005 bei dem Arbeitsgericht eingegangen, - ohne dass der Akte eindeutig entnommen werden kann, dass zwischenzeitlich auch bereits eine entsprechende Vergütungsfestsetzung (- Festsetzung einer weiteren Vergütung gemäß § 50 RVG -) tatsächlich erfolgt wäre.

Sollte das Arbeitsgericht also beabsichtigen, über den im Anhörungsschreiben vom 07.10.2005 genannten Betrag von 945,10 EUR hinaus eine weitere Zahlung in Höhe von 458,78 EUR festzusetzen, bedarf es dazu einer erneuten Anhörung des Klägers. Diese notwendige erneute Anhörung ist vor Erlass des Beschlusses vom 08.11.2005 unterblieben.

Insoweit erweist sich die Beschwerde hiernach aus dem Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs als begründet.

b) Im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet. Nach näherer Maßgabe des § 115 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 ZPO hat die hilfsbedürftige Partei ihr Einkommen und Vermögen einzusetzen. Zum Vermögen gehören grundsätzlich auch Abfindungen der verfahrensgegenständlichen Art. Anhaltspunkte für die Annahme, die im Vergleich vom 08.08.2005 - 6 Ca 1638/05 - vereinbarte Abfindung gemäß den §§ 9 und 10 KSchG sei dem Kläger zwischenzeitlich noch nicht gezahlt, sind nicht ersichtlich. Derartiges hat (auch) der Kläger im Beschwerdeverfahren nicht vorgebracht.

Damit gehört die Abfindung in Höhe von 9.100,- EUR zu dem verwertbaren Vermögen, das der Kläger nach § 115 Abs. 3 S. 1 und 2 ZPO i. V. m. § 90 SGB XII einzusetzen hat. Eine - wie vorliegend - für den Verlust des Arbeitsplatzes gezahlte Abfindung fällt nicht unter die Ausnahmetatbestände des § 90 Abs. 2 Ziffer 1 bis 8 bis SGB XII. Nicht berücksichtigt wird die Abfindung nur dann, wenn es sich um einen kleineren Barbetrag oder um einen sonstigen Geldwert handelt. Was unter einem derartigen "kleineren" Betrag bzw. Wert zu verstehen ist, ergibt sich aus § 1 der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII. Die dem Kläger gezahlte Abfindung übersteigt unstreitig die dort genannten Beträge. Das Bestehen einer "besonderen Notlage" im Sinne des § 90 Abs. 2 Ziffer 9 HS 2 SGB XII ist vorliegend nicht erkennbar. Allerdings darf nach § 90 Abs. 3 SGB XII die Sozialhilfe (ferner) nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies, für den, der das Vermögen einzusetzen hat, eine Härte bedeuten würde. Unterstellt man zu Gunsten des Klägers, dass die Anwendung auch dieser Bestimmung des SGB XII aufgrund der in § 115 Abs. 3 S. 2 ZPO angeordneten Verweisung in Betracht zu ziehen ist, dann bestimmt sich die Zumutbarkeit des Einsatzes der Abfindung für die Bestreitung der Prozesskosten nach den konkreten Umständen des Einzelfalles. Zu diesen Umständen gehören an sich auch Verbindlichkeiten, wie sie der Kläger in seiner - undatierten - PKH-Erklärung (Bl. 1 des PKH-Beiheftes) angegeben hat. Unterstellt man weiter zu Gunsten des Klägers, dass er Inhalt und Höhe dieser Verbindlichkeiten hinreichend dargetan und belegt hat, - so ergibt die Einzelfallprüfung, dass es dem Kläger zumindest zumutbar ist, von der Abfindung einen Betrag in Höhe von 945,10 EUR einzusetzen. Dies ergibt sich aus der Höhe der Abfindung, die dem Kläger gemäß Ziffer 2. des Vergleichs vom 08.08.2005 - 6 Ca 1638/05 - gezahlt worden ist. Die im vorliegenden Beschlusstenor titulierte Zahlung in Höhe von 945,10 EUR beträgt lediglich 10,4 % des Abfindungsbetrages. Jedenfalls in diesem Umfang, ist dem Kläger der Einsatz der Abfindung zur Bestreitung der Prozesskosten zumutbar.

2.

Die Kostenentscheidung beruht auf S. 2 des Gebührentatbestandes Nr. 8613 des Teil 8 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG. Es entspricht - orientiert an den §§ 92 Abs. 1 und 97 Abs. 1 ZPO - billigem Ermessen, die Gerichtsgebühr des Gebührentatbestandes Nr. 8613 auf die Hälfte zu ermäßigen.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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