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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 27.10.2005
Aktenzeichen: 5 Ta 238/05
Rechtsgebiete: ArbGG, RVG, BetrVG


Vorschriften:

ArbGG § 83a Abs. 2
RVG § 23 Abs. 3 S. 2 HS 1
RVG § 23 Abs. 3 S. 2 HS 2
RVG § 33 Abs. 1
BetrVG § 40 Abs. 1
BetrVG § 99 Abs. 4
BetrVG § 100 Abs. 2
BetrVG § 100 Abs. 2 S. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 5 Ta 238/05

Entscheidung vom 27.10.2005

Tenor:

1. Die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 08.09.2005 - 2 BV 53/05 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

A.

Die Beteiligte zu 1 (Arbeitgeberin) hatte mit der Antragsschrift vom 13.05.2005 nach näherer Maßgabe der dort enthaltenen Anträge das Beschlussverfahren - 2 BV 53/05 - eingeleitet mit den Anträgen

1. die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zu sieben Einstellungen und sieben Versetzungen zu ersetzen, -

hilfsweise festzustellen, dass die Zustimmung des Betriebsrates zu diesen Einstellungen und Versetzungen als erteilt gilt;

2. festzustellen, dass die entsprechenden vorläufigen sieben Einstellungen und sieben Versetzungen aus sachlichen Gründen dringend erforderlich gewesen seien.

Der Betriebsrat begehrte unter Ankündigung einer gesonderten - letztlich aber unterbliebenen - Antragsbegründung - nach näherer Maßgabe seines Schriftsatzes vom 23.05.2005 die Zurückweisung der Anträge der Arbeitgeberin sowie die Feststellung, dass die Einstellungen von fünf namentlich benannten Arbeitnehmern aus sachlichen Gründen nicht dringend erforderlich seien. Mit dem Schriftsatz vom 06.06.2005 erklärte die Arbeitgeberin die Hauptsache für erledigt, da sich die personellen Maßnahmen wegen Zeitablaufs erledigt hätten. Der Betriebsrat schloss sich mit dem Schriftsatz vom 13.06.2005 der Erledigterklärung an. Das Arbeitsgericht stellte das Beschlussverfahren gem. § 83a Abs. 2 ArbGG ein. Die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates baten um Gegenstandswertfestsetzung und führten dazu im Schriftsatz vom 19.07.2005 (Bl. 99 f. d. A.), worauf verwiesen wird, aus. Nach Ansicht der Verfahrensbevollmächtigten (= Beschwerdeführer) ist der Gesamtgegenstandswert auf 47.333,- EUR festzusetzen

(Antrag zu 1.: 28.000,- EUR; Antrag zu 2.: 9.333,- EUR; Gegenantrag des Betriebsrates: 10.000,- EUR).

Im Anschluss an das Anhörungsschreiben vom 29.08.2005 und die Stellungnahme der Beschwerdeführer vom 01.09.2005 (Bl. 112 f. d. A.) sowie die Stellungnahme der Arbeitgeberin vom 06.09.2005 (Bl. 114 f. d. A.) setzte das Arbeitsgericht mit dem Beschluss vom 08.09.2005 - 2 BV 53/05 - den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit ("der Prozessbevollmächtigten der Parteien") auf 13.333,33 EUR fest (= 8.000,- EUR + 2.666,66 EUR + 2.666,66 EUR).

Gegen den ihnen am 22.09.2005 zugestellten Beschluss vom 08.09.2005 - 2 BV 53/05 - legten die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates mit dem Schriftsatz vom 30.09.2005 (Bl. 122 f. d. A.) am 30.09.2005 Beschwerde ein und begründeten diese durch Bezugnahme auf ihre Schriftsätze vom 19.07.2005 und vom 01.09.2005.

Mit dem Beschluss vom 06.10.2005 - 2 BV 53/05 - half das Arbeitsgericht der Beschwerde nicht ab und legte die Beschwerde dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vor.

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt verwiesen.

B.

I.

Die Beschwerde ist als sofortige Beschwerde an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt worden. Beschwerdeführer sind, dies ergibt die Auslegung der Beschwerdeschrift, die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates, - nicht etwa der Betriebsrat selbst.

II.

Die Beschwerde ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates zutreffend gem. § 33 Abs. 1 RVG (- jedenfalls keineswegs zu niedrig -) festgesetzt.

Spezielle gesetzliche Wertvorschriften bestehen für die einzelnen Anträge, wie sie in dem Erkenntnisverfahren - 2 BV 53/05 - verfahrensgegenständlich gewesen sind, nicht. Da der Gegenstandswert weder feststeht, noch sich aus anderen Vorschriften ergibt, ist er gem. § 23 Abs. 3 S. 2 HS 1 RVG nach billigem Ermessen zu bestimmen. In Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung und bei nichtvermögensrechtlichen Gegenständen ist der Gegen- standswert mit 4.000,- EUR nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht über 500.000,- EUR anzunehmen. In Verfahren der vorliegenden Art bedarf es einer Rückbesinnung auf Grundprinzipien des arbeitsgerichtlichen Verfahrens. "Die alten und anerkannten Ziele, das Verfahren zu vereinfachen, zu beschleunigen und zu verbilligen, bleiben aktuell und verpflichten zur kontinuierlichen Korrektur sich entwickelnder Missstände" (vgl. Müller-Glöge RdA 1990, 80 ff., 82, 89 f., dort unter IV). Es besteht (doch) eine einhellige Rechtsüberzeugung dahingehend, dass gerichtliche Auseinandersetzungen in Arbeitssachen in (insbesondere) wenig Kosten verursachenden Verfahren durchgeführt werden sollen. Diese Rechtüberzeugung darf nicht zu einem bloßen "Lippenbekenntnis" verkommen. Ihr muss vielmehr bei der praktischen Rechtsanwendung tatsächliche Geltung verschafft werden.

Dazu im Einzelnen:

1. a) die Ersetzungsanträge/Hauptanträge der Arbeitgeberin:

Die Anträge der Arbeitgeberin, die Zustimmung des Betriebrates zu bestimmten Einstellungen und Versetzungen zu ersetzen, bezog sich zwar jeweils auf mehrere Maßnahmen, - die freilich alle von vorneherein auf wenige Tage oder Wochen befristet waren. Mit Rücksicht darauf, dass es zum einen um Einstellungen und zum anderen um Versetzungen ging, ist es gerechtfertigt (- zumal da mehrere Arbeitnehmer betroffen waren -), den Regel- oder Hilfs- bzw. Auffangwert des § 23 Abs. 3 S. 2 HS 2 RVG von 4.000,- EUR zweimal auszuschöpfen, - d.h. den Ersetzungsantrag zu 1. mit 2 x 4.000,- EUR = 8.000,- EUR zu bewerten.

b) Hilfsanträge der Arbeitgeberin zu 1..

Aus Gründen der rechtlichen Präjudizialität und der wirtschaftlichen bzw. sonstigen Identität hat eine gesonderte Bewertung des Hilfsantrages zu 1. zu unterbleiben.

2. Der sich auf die Vorläufigkeit der personellen Maßnahmen beziehende Feststellungsantrag der Arbeitgeberin:

Dieser Antrag hat einen eigenständigen Wert, der mit Rücksicht auf das Verhältnis des Antrages gem. § 99 Abs. 4 BetrVG zu dem Antrag des § 100 Abs. 2 S. 3 BetrVG gesondert zu bewerten ist. Das Arbeitsgericht hat die wegen der Vorläufigkeit der Maßnahmen gestellten Anträge der Beteiligten zusammen mit - im Ergebnis - zwei Drittel des Wertes des Hauptantrages zu Ziffer 1. bewertet. (= 2/3 von 8.000,- EUR = 5.333,33 EUR). Dies ist unter den gegebenen Umständen jedenfalls keine zu niedrige Bewertung.

3. Gegenantrag des Betriebsrates:

Der Gegenantrag des Betriebsrates vom 23.05.2005 wirkt sich aus Gründen der rechtlichen Präjudizialität und der sonstigen Identität nicht noch weiter zusätzlich werterhöhend aus. Die Ausführungen im Schriftsatz vom 23.05.2005 lassen nicht erkennen, dass es dem Betriebsrat mit diesem Antrag um einen gesondert zu bewertenden Gegenstandswert gegangen ist.

Das in den Schriftsätzen vom 19.07.2005 und vom 01.09.2005 enthaltene Vorbringen der Beschwerdeführer und die dort erwähnten gerichtlichen Entscheidungen rechtfertigen keine von der Entscheidung des Arbeitsgerichts abweichende höhere Bewertung des Gegenstandswertes der anwaltlichen Tätigkeit. Mit Rücksicht auf die nur jeweils kurzfristigen personellen Maßnahmen und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die einzelnen Fälle, auf die sich das Ersetzungsbegehren der Arbeitgeberin bezogen hat, gleichgelagert waren, ist die Bewertung des Ersetzungsbegehrens mit dem siebenfachen Betrag des Auffangwertes des § 23 Abs. 3 S. 2 HS 2 RVG keineswegs gerechtfertigt. Eine Festsetzung in dieser Größenordnung würde weder dem Zweck dieser Vorschrift, noch den alten und anerkannten Zielen des arbeitsgerichtlichen Verfahrens gerecht. In Beschlussverfahren, wie sie erstinstanzlich verfahrensgegenständlich waren, geht es vornehmlich um die Frage der Teilhabe des Betriebsrates an der Gestaltung des betrieblichen Geschehens. Darin liegt die entsprechende Bedeutung der jeweiligen Angelegenheit. Die Bedeutung der Angelegenheit gehört zu den Umständen und Anhaltspunkten, die für die Wertfestsetzung maßgeblich sind. Daneben können auch der Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit bei der Wertfestsetzung zu berücksichtigen sein. Allerdings müssen die beiden letztgenannten Gesichtspunkte in Relation zur Bedeutung der Sache gesehen werden. Entspricht also der anwaltliche Arbeitsaufwand von seinem Umfang und seiner Schwierigkeit her typischerweise der Bedeutung der Sache, bleibt es bei deren Bewertung. Die Bedeutung ist also dann letztlich das ausschlaggebende Moment für die vorzunehmende Wertfestsetzung. Weiter ist der im Beschlussverfahren zum Ausdruck gekommenen Grundtendenz Rechnung zu tragen, wonach die dem Arbeitgeber gem. § 40 Abs. 1 BetrVG obliegende Verpflichtung, die außergerichtlichen Kosten zu tragen, bei ihm nicht zu einer unangemessenen Belastung führen darf. Da der Hauptantrag/Ersetzungsantrag der Arbeitgeberin hiernach zutreffend mit 8.000,- EUR zu bewerten ist, kann das sich auf die Vorläufigkeit der Maßnahmen beziehende Begehren der Arbeitgeberin nicht - wie die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates meinen - mit 9.333,- EUR bewertet werden. Soweit es um den Gegen- bzw. Widerantrages des Betriebsrates geht, lässt der Schriftsatz vom 23.05.2005 nicht erkennen, dass dieser Antrag gerade im vorliegenden Fall eine eigenständige und über den Antrag der Arbeitgeberin gem. § 100 Abs. 2 BetrVG hinausgehende Zielsetzung gehabt hätte, - der über den vom Arbeitsgericht für die Vorläufigkeit der Maßnahmen bereits angenommenen Wert von insgesamt 5.333,33 EUR hinaus noch weiter zusätzlich zu bewerten wäre.

Erweist sich die Beschwerde hiernach als unbegründet, war sie kostenpflichtig gem. § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

In Fällen der vorliegenden Art kommt die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht in Betracht (§ 33 Abs. 4 S. 3 RVG). Dieser Beschluss ist deswegen unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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