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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 20.12.2005
Aktenzeichen: 5 TaBV 54/05
Rechtsgebiete: ArbGG, BetrVG


Vorschriften:

ArbGG § 69 Abs. 2
ArbGG § 98 Abs. 1 S. 2
BetrVG § 118 Abs. 1
BetrVG § 118 Abs. 1 S. 1
BetrVG § 118 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 5 TaBV 54/05

Entscheidung vom 20.12.2005

Tenor:

1. Die Beschwerde des Betriebsrates gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 18.08.2005 - 10 BV 31/05 - wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde kann nicht zugelassen werden.

Gründe:

I.

Dem Betriebsrat geht es um eine Entscheidung über die Besetzung einer Einigungsstelle, die im Zusammenhang mit einer Betriebsänderung im Druck- und Verlagshaus der Arbeitgeberin (= Auslagerung der Druckvorstufe bzw. eines Teiles davon) versuchen soll, eine Einigung über einen Interessenausgleich herbeizuführen.

Zur näheren Darstellung (insbesondere) des (erstinstanzlichen) Sach- und Streitstandes im Übrigen wird in entsprechender Anwendung des § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den tatbestandlichen Teil des Beschlusses des Arbeitsgerichts vom 18.08.2005 - 10 BV 31/05 - dort Seite 2 f. = Bl. 59 f. d. A.).

Das Arbeitsgericht hat die Anträge - soweit für das Beschwerdeverfahren von Interesse - zurückgewiesen. Gegen den am 09.09.2005 zugestellten Beschluss vom 18.08.2005 - 10 BV 31/05 - hat der Betriebsrat am 23.09.2005 Beschwerde eingelegt und diese gleichzeitig begründet. Zwecks Darstellung aller Einzelheiten der Beschwerdebegründung wird auf den Schriftsatz vom 23.09.2005 (Bl. 81 ff. d. A.) verwiesen.

Der Betriebsrat hält dort insbesondere an seiner Auffassung fest, dass es sich bei dem Unternehmen der Arbeitgeberin nicht mehr um einen Tendenzbetrieb im Sinne des BetrVG handele. Die Arbeitgeberin habe durch bewusste unternehmerische Entscheidung die "tendenzproduzierende Redaktion" ausgegliedert. Der Unternehmenszweck der Arbeitgeberin sei - wie bei anderen technischen Betrieben - nur noch die technische Produktion der Zeitung und die Organisation für einen erfolgreichen Vertrieb. Der Betriebsrat meint, dass die formelle Herausgeberschaft nicht dazu führen könne, dass die Mitbestimmungsrechte für nahezu sämtliche Beschäftigten eingeschränkt würden, - nur weil sich das Unternehmen dazu entschlossen habe, den Chefredakteur und den Chef vom Dienst im "Nichttendenzunternehmen" zu belassen. Sollte sich die Ansicht der Arbeitgeberseite durchsetzen - so führt der Betriebsrat weiter aus -, brauchten Zeitungsverlage zukünftig jeden Chefredakteur nur noch in der unternehmensrechtlich verselbständigten Druckerei zu beschäftigen und die Druckerei formal zum Herausgeber der Zeitung zu machen, um Mitbestimmungsrechte einzuschränken. Im Übrigen sei es auch nicht so, dass allein durch den Chefredakteur oder den Chef vom Dienst die Tendenz verwirklicht werde. Die Tendenz sei bereits im Wesentlichen vorher durch die von den Redakteuren und Radakteurinnen gelieferten Beiträge, aus denen nur noch ausgewählt werde, verwirklicht.

Der Betriebsrat beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 18.08.2005 - 10 BV 31/05- abzuändern und

1. zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle, die im Zusammenhang mit der Betriebsänderung in der Druckvorstufe einen Interessenausgleich versuchen soll, den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Dr. D. zu bestellen und

2. die Zahl der Beisitzer pro Seite auf drei festzusetzen

Die Arbeitgeberin beantragt,

die Beschwerde des Betriebsrats zurückzuweisen.

Die Arbeitgeberin hat den Beschluss des Arbeitsgerichts nach näherer Maßgabe ihrer Ausführungen in der Beschwerdebeantwortung vom 24.10.2005 (Bl. 110 ff. d. A.) und in dem Schriftsatz vom 19.12.2005 (Bl. 128 ff. d. A.), worauf jeweils verwiesen wird, verteidigt.

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.

II.

1.

Die Beschwerde ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die hiernach zulässige Beschwerde erweist sich als unbegründet.

Das Arbeitsgericht hat die Anträge zu Recht abgewiesen.

2.

Die Beschwerdekammer folgt den Gründen des Beschlusses des Arbeitsgerichts vom 18.08.2005 - 10 BV 31/05 - und stellt dies hiermit ausdrücklich bezugnehmend in entsprechender Anwendung des § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Das in der Beschwerdebegründung enthaltene Vorbringen des Betriebsrates rechtfertigt es nicht, die Sach- und Rechtslage abweichend von der Beurteilung des Arbeitsgerichts rechtlich zu bewerten.

Lediglich ergänzend ist klarzustellen:

die Einigungsstelle ist hier offensichtlich unzuständig im Sinne des § 98 Abs. 1 S. 2 ArbGG. Bei fachkundiger Beurteilung ist sofort erkennbar, dass ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates in der fraglichen Angelegenheit unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt in Frage kommt. Aus dem zur Begründung des Antrages vorgetragenen Sachverhalt bzw. aus dem übereinstimmenden Vorbringen der Beteiligten ist für das Gericht ohne weitere Nachprüfung erkennbar, dass aus ihm die vom Betriebsrat begehrte Rechtsfolge nicht hergeleitet werden kann. Die Sach- und Rechtslage ist hier in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht so eindeutig, dass der Antrag des Betriebsrates nach Gesetz und Recht keinen Erfolg haben kann. Bei der Beteiligten zu 2, der Arbeitgeberin, handelt es sich um einen Tendenzbetrieb im Sinne des § 118 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BetrVG. In einem Tendenzbetrieb entfällt aber ein Interessenausgleich. Dies ergibt sich aus dem Gesetz und ist in höchstrichterlicher Rechtsprechung anerkannt (§ 118 Abs. 1 S. 2 BetrVG; BAG vom 18.11.2003 - 1 AZR 637/02 -; BAG vom 27.10.1998 - 1 AZR 766/97 -; vgl. auch LAG Rheinland-Pfalz vom 18.08.2005 - 4 TaBV 33/05 -).

Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 118 Abs. 1 S. 1 BetrVG sind erfüllt. Das Unternehmen und der Betrieb der Arbeitgeberin dient unmittelbar und überwiegend Zwecken der Berichterstattung oder Meinungsäußerung, auf die Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG Anwendung findet. Soweit der Betriebsrat vorbringt, die Unternehmungsleitung habe den "gesamten redaktionellen (Tendenz-)Bereich" unternehmensrechtlich ausgegliedert, ist dies unzutreffend. Das Arbeitsgericht hat im tatbestandlichen Teil seines Beschlusses vom 18.08.2005 - 10 BV 31/05 - dort S. 2 = Bl. 59 d. A. (unter I.) in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, dass über die Veröffentlichung der redaktionellen Beiträge allein die Arbeitgeberin entscheide, bei der weiterhin der Chefredakteur, der Chef vom Dienst sowie eine Anzahl von Arbeitnehmern im Bereich Assistenz/Zuarbeit mit Aufgaben im Zusammenhang mit Zwecken der Berichterstattung oder Meinungsäußerung tätig sind. Ergänzend dazu hat die Arbeitgeberin in der Beschwerdebeantwortung vorgetragen, dass derzeit - ohne die zwei sich in der Freistellungsphase befindenden Redakteure - noch acht Redakteure einschließlich Chefredakteure und Chef vom Dienst bei ihr beschäftigt seien. In diesem Zusammenhang hat sich die Arbeitgeberin weiter auf das Redaktionsstatut und das Impressum der Rhein-Zeitung mit ihren Heimatzeitungen berufen (Bl. 116 ff. d. A.). Diese tatsächlichen Feststellungen und Darlegungen, die der Betriebsrat insoweit nicht in rechtlicher Weise angegriffen hat und die er auch nicht in Abrede stellen kann, führen zu der Feststellung, dass die Arbeitgeberin weiterhin den Tendenzschutz nach näherer Maßgabe des § 118 Abs. 1 BetrVG für sich in Anspruch nehmen kann. Die Arbeitgeberin ist eben nicht nur "formal" - wie der Betriebsrat wertend behauptet - Herausgeberin der Rhein-Zeitung, sondern sie ist es de jure und de facto. Wie zu entscheiden wäre, wenn die Arbeitgeberin tatsächlich nur noch einen einzigen Redakteur beschäftigen würde, kann dahingestellt bleiben, weil es um einen derartigen Sachverhalt vorliegend nicht geht.

Hinsichtlich des Kriteriums des "quantitativen Übergewichts" unterliegt der Betriebsrat einem Irrtum. Es kommt - selbst in einem sogenannten Mischunternehmen - nicht allein auf die Arbeitszeit der eigentlichen Tendenzträger an, sondern auf die Arbeitszeit aller Arbeitnehmer, die an der Tendenzverwirklichung mitwirken, - etwa indem sie die technischen Voraussetzungen für die Tendenzverwirklichung schaffen. Den insoweit maßgeblichen Umstand hat bereits das Arbeitsgericht genannt (Beschluss vom 18.08.2005 - 10 BV 31/05 - dort S. 6 = Bl. 63 d. A.).

3.

Die Rechtsbeschwerde kann in einem Fall der vorliegenden Art nicht zugelassen werden (§ 98 Abs. 2 S. 4 ArbGG).

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