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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 23.03.2006
Aktenzeichen: 6 Sa 157/05
Rechtsgebiete: TVG, KSchG


Vorschriften:

TVG § 4 Abs. 5
KV § 5
KV § 5 Abs. 2
KV § 5 Abs. 5
KV § 5 Ziff. 5
KSchG § 1 Abs. 2
KSchG § 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 6 Sa 157/05

Entscheidung vom 23.03.2006

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach vom 21.09.2004 - AZ: 6 Ca 653/04 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision an das Bundesarbeitsgericht wird für die Beklagte zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin ist seit 15.08.1990 als Küchenhilfe auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 29.06.1990 (Bl. 448 d. A.) beschäftigt und die Beklagte hat unter dem Namen Rheuma-Heilbad AG einen Aktienkaufvertrag mit den damaligen Trägern der Einrichtung geschlossen und firmiert jetzt als A..

Die Klägerin hat mit ihrer Klage die Kündigung der Beklagten vom 26.03.2004 (Bl. 4 - 6 d. A.) angegriffen, wonach ihr mit Frist zum 30.09.2004 die bislang gewährte Zuwendung nach dem TV über eine Zuwendung für Arbeiter vom 12.10.1973 idF vom 31.01.2003 (Weihnachtsgeld) im Rahmen der Änderungskündigung ab dem Jahre 2004 entfallen soll.

Die Klägerin hat ihre Klage, welche am 15.04.2004 beim Arbeitsgericht eingereicht wurde, im wesentlichen damit begründet, dass der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört worden sei, da der von der Beklagten im Prozess vorgebrachte Sachvortrag nicht Gegenstand der Betriebsratsanhörung gewesen sei.

Die ausgesprochene Kündigung sei tarifwidrig, weil sie Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaft sei. Dass die Beklagte aus dem Kommunalen Arbeitgeberverband ausgeschlossen worden sei, müsse sie mit Nichtwissen bestreiten, wobei zumindest der Zuwendungstarifvertrag nachwirke.

Die Beklagte habe in dem Aktienkaufvertrag die Aneile der Stadt Bad Kreuznach und des Landes Rheinland-Pfalz übernommen und habe in diesem Vertrag die Kündigung der Anwendung des BMT-G II ausgeschlossen.

Der Wille der Beklagten, Kosten zu senken, stelle keinen Kündigungsgrund zum Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung dar, zumal Einnahmeverluste auf Dauer nicht zu befürchten seien.

Von einer Insolvenzgefahr könne auch nicht geredet werden, weil die Beklagte Teil eines Konzerns sei, der sich insgesamt in einer guten Situation befinde. Auch fehle ein umfassender Sanierungsplan, der jedoch bei Kürzung von Entgelten im Wege der Kündigung Voraussetzung sei.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass die Arbeitsbedingungen der Klägerin durch die Änderungskündigung der Beklagten vom 26.03.2004 nicht geändert worden sind.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie rechtfertigt diesen Antrag damit, dass der Betriebsrat von Anfang an umfassend in die Gespräche und Entwicklung eingebunden gewesen sei und man ihn formell am 18.03.2004 angehört habe.

Die erklärte Änderungskündigung sei deshalb gerechtfertigt, weil sie nicht tarifwidrig sei, da die Parteien keiner unmittelbaren und zwingenden Tarifbindung unterliegen würden. Die Beklagte, die seinerzeit noch unter Rheuma-Heilbad AG firmiert habe, sei bis 31.03.1999 Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Rheinland-Pfalz gewesen und zu diesem Zeitpunkt ausgeschlossen worden, weil die geänderten Eigentumsverhältnisse die satzungsmäßigen Voraussetzungen für die Verbandsmitgliedschaft nicht mehr erfüllt hätten.

Die dringenden betrieblichen Gründe seien darin zu sehen, dass sowohl im Krankenhaus als auch in den Reha-Kliniken ein erheblicher Belegungsrückgang zu verzeichnen sei. Trotz Einsparmaßnahmen habe der Wirtschaftsplan für das Jahr 2004 mit einem voraussichtlichen Verlust von 960.000,- EUR geendet, der sich ohne die Streichung des Weihnachtsgeldes zu einem Betrag von 1,28 Mio. EUR belaufen hätte, was die Insolvenz der Beklagten nach sich gezogen hätte. Ein umfassendes Sanierungskonzept, das aus Verbesserung der Belegung, Schenkung des Sachkostenanteils und Reduzierung der Personalkosten entwickelt worden sei, könne die Existenz der Beklagten sichern, zumal auf eine Rettung des Mehrheitsaktionärs, Sana GmbH & Co. KG aA, wegen ihrer rechtlich, wirtschaftlichen organisatorischen Unabhängigkeit, zu rechnen sei.

Die mit der Änderungskündigung anhergehende Streichung des Weihnachtsgeldes sei deshalb zumutbar, weil es zu einem Verlust des Jahreseinkommens in Höhe von 6,5 % bis 7,7 % führe und man die Zuwendung nicht völlig gestrichen hat, sondern durch eine erfolgsabhängige Sonderzahlung ersetzt habe.

Das Arbeitsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung der Klage in vollem Umfang stattgegeben und dies im wesentlichen damit begründet, dass von einer ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrates auszugehen sei, was sich aus den detaillierten Darlegungen der Beklagten i. V. m. den vorgelegten Unterlagen entnehmen lasse.

Die Kündigung verstoße auch nicht gegen zwingende unmittelbar geltende Vorschriften des Tarifvertrages, weil die Beklagte vor Ausspruch der Kündigung nicht mehr Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Rheinland-Pfalz gewesen sei, weswegen der Tarifvertrag nur noch nachwirkend gegolten habe. Da dieser Tarifvertrag zuletzt durch den Tarifvertrag vom 31.01.2003 geändert worden sei, gilt er lediglich aufgrund der Nachwirkung, § 4 Abs. 5 TVG, wobei jede einzelvertragliche Vereinbarung diese Nachwirkung ersetze, was in der Erklärung der Klägerin bereits zu sehen sei, dass sie das Angebot des Arbeitgebers vorbehaltlich annehme.

Auch der Aktienkaufvertrag (KV) schließe eine Kündigung nicht aus, weil sich die Beklagte mit der Zusage in § 5 Ziffer 5 KV nicht in der Weise gebunden habe, dass auf sämtliche Arbeitsverhältnisse, die damals bestanden hätten, auf ewige Zeiten der BNT-G anzuwenden sei. Die vertragliche Regelung sei Vertragsrecht, das durch einzelvertragliche Vereinbarung oder Änderungskündigung abgeändert werden könne.

Die erklärte Änderungskündigung sei jedoch deshalb rechtsunwirksam weil sie von keinen dringend betrieblichen Erfordernissen i. S. d. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt seien. Eine Änderungskündigung zum Zwecke der Lohnreduzierung sei nur unter ganz besonderen Voraussetzungen zulässig, wobei auf die wirtschaftliche Situation des Gesamtbetriebes abzustellen sei. Die Beklagte habe keinen umfassenden Sanierungsplan, der jedoch Voraussetzung sei, vorgetragen, da die von ihr behaupteten Maßnahmen solche seien, die jeder Unternehmer zur Kostenreduzierung ausschöpfe. Zu dem sei eine Lohnreduzierung im Wege der Änderungskündigung unzulässig, wenn damit der Wirtschaftsplan für ein bestimmtes Jahr ausgeglichen werden solle, zumal der Verzicht der Arbeitnehmer auf das Weihnachtsgeld nicht geeignet sei, die wirtschaftlichen Probleme der Beklagten zu lösen.

Das Urteil vom 21.09.2005 ist der Beklagten am 14.02.2005 zugestellt worden, woraufhin Berufung am 22.02.2005 eingelegt und am 11.04.2005 im wesentlichen damit begründet wurde, dass die Beklagte sehr wohl einen umfassenden Sanierungsplan erstellt habe, was im einzelnen auch erstinstanzlich ausgeführt worden sei. Diese Einsparungen und sonstigen Maßnahmen hätten Eingang in den Wirtschafplan 2004 gefunden, der am 27.11.2003 beschlossen worden sei. Nach dem man im Jahr 2003 ein Gesamtergebnis von 3.776.000 € erzielt habe, habe man damit gerechnet, ein ausgeglichenes Ergebnis zu erzielen, weil im Sachkostenbereich Einsparungen von rund 500.000 € und im Bereich der Personalkosten durch Kürzung des Weihnachtsgeldes um 35 % weitere 175.000 € hätten eingespart werden können. Man habe darüberhinaus ein Investitionsstopp durchgeführt und nur die zwingend erforderlichen Maßnahmen vorgenommen. Die Beklagte sei kein unselbständiger Betriebsteil der Sana GmbH & Co. KG a. A., sondern sei rechtlich und wirtschaftlich selbständig, so dass weder ein Konzernverbund vorliege und der Kündigungsgrund im Betrieb und nicht im Konzern zu suchen sei. Das Arbeitsgericht habe seine Behauptung, dass der Verzicht der Arbeitnehmer auf das Weihnachtsgeld nicht geeignet sei, die wirtschaftlichen Probleme der Beklagten zu lösen nicht begründet, obwohl die Beklagte dargelegt habe, dass die eingeleiteten Maßnahmen gerade die drohende Insolvenz verhindern werden.

Man sei angesichts der Entwicklung in den Monaten Januar bis Februar 2004 und einer entsprechenden Hochrechnung für das Gesamtjahr zu einem Ergebnisrisiko von rund minus 1.280.000 € gekommen, wobei die buchmäßige Eigenkapitaldecke der Beklagten laut Bilanz per 31.12.2003 noch 719.859,35 € betragen hätte, so dass eine buchmäßige Überschuldung der Beklagten und damit ein Insolvenzgrund vorgelegen hätte. Auch die von der Klägerseite eingebrachten Maßnahmen, wie Arbeitszeit, Kunden, Kurzarbeit, Arbeitszeitverkürzung seien deshalb keine geeigneten Mittel, weil Kurzarbeit nur bei einer vorübergehenden kurzfristigen Situation genehmigt werde, Arbeitszeitkonten keine Kostenreduzierung darstelle und sich lediglich sieben Mitarbeiter letztendlich erklärt hätten, die Arbeitzeit zu verkürzen. Man habe die Kürzung des Weihnachtsgeldes für 2004 nur dadurch erreichen können, angesichts der langen Kündigungsfristen der langjährig beschäftigten Mitarbeiter, dass man die Kündigung noch im März auf den Weg gebracht habe. Das Volumen der Weihnachtsgeldzahlung für alle 193 betroffenen Arbeitnehmer habe 495.000 € betragen, wobei 83 Mitarbeiter freiwillig bereit gewesen seien, den neuen Vertrag zu unterzeichnen, was jedoch zur Abwendung der drohenden Insolvenzgefahr nicht ausgereicht hätte. Man habe zu dem den Arbeitnehmern, die freiwillig auf die Sonderzahlung verzichteten, erklärt, dass sie die Zahlung erhalten werden, sollte die vorgenommene Änderungskündigung sich als nicht wirksam herausstellen.

Neben diesen Sparmaßnahmen habe man noch Einsparungen im Sachkostenbereich verhandelt und auch Einigungen erzielt, was zu einer Kosteneinsparung von 633 T EUR geführt habe. Man habe weiter freigewordene Stellen nicht neu besetzt, was sich für 2004 auf einen Betrag von 405.000 € belaufen habe.

Der KV könne nicht dazu führen, dass der Klägerin die Leistung aus dem Zusatztarifvertrag auf Dauer zu gewähren sei, weil die Klägerin nicht Partei des Vertrages gewesen sei und der Vertrag nur die Beziehung der Aktienkaufvertragsparteien regele. Die Regelung § 5 Abs. 2, 5 KV sei zu dem nur deklaratorisch, weil im Zeitpunkt des Kaufes die Beklagte unter ihrer früheren Firmenbezeichnung Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Rheinland-Pfalz gewesen sei.

Die Präambel des KV belege zudem, dass es das erklärte Ziel der Vertragsparteien gewesen sei, das wirtschaftliche Überleben der Rheuma-Heilbad AG, der jetzigen Beklagten, zu sichern und im Annex dazu den Erhalt der Arbeitsplätze zu erreichen, wobei von einer Sicherung der Vertragskondition der Arbeitnehmerschaft nicht die Rede sei.

Nachdem die Hochrechnung anhand der Daten für Januar und Februar 2004 einen Fehlbetrag von 1280.000 € ergeben hätten, habe man den Wirtschaftsplan neu beschlossen und den eingestellten 65 %-igen Weihnachtsgeldbetrag ganz gestrichen, so dass man zu einem Fehlbetrag von nur noch 785.000 € gekommen wäre, da sich das Gesamtvolumen für die 193 betroffenen Arbeitnehmer auf 495.000 € belaufen hätte.

Der Monat Januar sei ein belegungs- und umsatzschwächerer Monat als dies in den Geschäftsmonaten Februar bis November eines jeden Jahres der Fall sei. Insgesamt sei jedoch im Vergleich zu den Jahren 2002 und 2003 ein deutlicher Rückgang zu verzeichnen, der im Verhältnis zu 2003 durchschnittlich 12,44 % betrage. Bei einer geplanten Auslastung von insgesamt 74,2 % für die beiden Einrichtungen hätte sich anhand der Zahlen für Januar und Februar 2004 eine durchschnittliche Belegung von 60,13 %, also eine Planunterschreitung von 14,07 % für 2004 ergeben.

Den Arbeitnehmern sei zudem ein Angebot unterbreitet worden, welches bei einer zufrieden stellenden Vertragslage sogar höhere Leistungen zulassen würde.

Die Beklagte beantragt,

1. das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz, Auswärtige Kammern Bad Kreuznach, vom 21.09.2004, Az.: 6 Ca 653/04 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.

2. die Kosten des Rechtsstreits werden der berufungsbeklagten Partei auferlegt.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil im Wesentlichen damit, dass die Betriebsratsanhörung nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sei und keine dringenden betrieblichen Erfordernisse für die Kündigung vorliegen würden, die die Änderungskündigung bedingten. Die Klägerin könne nicht nachvollziehen, warum bei einem Gesamtergebnis von minus 1280.000 € eine Insolvenz eintreten solle, während dies bei einem Gesamtergebnis von minus 960.000 € nicht der Fall sei. Auch die vollständige Streichung des Weihnachtsgeldes, wie es die Beklagte vorhabe, führe ohne weitere Maßnahmen zu keinem ausgeglichenen Unternehmensergebnis. Zudem hätten 83 der betroffenen 193 Mitarbeiter die angebotene Vertragsveränderung freiwillig angenommen, so dass nicht nachvollziehbar sei, inwieweit die Insolvenz der Beklagten ohne die Änderungskündigung eintreten werde. Man könne dem Wirtschaftsplan für das Gesamtjahr 2004 aufgrund der Belegzahlen für Januar und Februar nicht die Bedeutung beilegen, wie dies die Beklagte tue, weil eine Überschuldung sich nicht ergebe. Es hätte eine gesonderte Überschuldungsbilanz nach betriebwirtschaftlichen Erkenntnissen erstellt werden müssen, bei der Bewertungsfragen im Fordergrund stehen. Es hätten die ausgewiesenen Vermögensgegenstände mit dem aktuellen Wert erfasst werden müssen, stille Reserven hätten aufgelöst werden müssen um dann zu schauen, ob eine Überschuldung vorliegt und wenn dies zu bejahen gewesen wäre, hätte man eine Fortführungsprognose erstellen müssen, woran es jedoch fehle.

Die Beklagte hätte zudem ein unbelastetes Grundstück belasten können. Arbeitszeitkonten hätten eine Reduzierung dadurch erreicht, dass Überstundenzuschläge nicht angefallen wären. Kurzarbeit sei für den jeweiligen Saisonalbelegungszugang das taugliche Mittel, welches die Beklagte nicht ergriffen habe und Arbeitszeitverkürzungen hätten eine dauernde Einsparung von Personalkosten im größeren Umfang mit sich gebracht. Es dürfe auch nicht verkannt werden, dass 83 Mitarbeiter freiwillig auf das Weihnachtsgeld verzichtet hätten, was bei einem Gesamtvolumen für 193 Arbeitnehmern in Höhe von 495.000 € einen beachtenswerten Betrag ausmache, der das Defizit in nicht existenzgefährdende Dimensionen rücke. Auch die Zusage, dass der Erfolg auch nur einer Klage gegen die Änderungskündigung zur Nachzahlung der Weihnachtsgelder aller Mitarbeiter bewirke, belege, dass eine Zahlungsfähigkeit bei der Beklagten bestehe.

Die Klägerin könne auch aus dem KV Recht ableiten, weil sich die Beklagte zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses verpflichtet hätte, die vorhandenen Mitarbeiter weiterhin nach BMT-G zu entlohnen und deren Zusatzversorgung nach dem einschlägigen Tarifvertrag zu gewährleisten. Die Verpflichtung, über die Details des KV Stillschweigen zu bewahren, berühre nur das Verhältnis zu außenstehenden Dritten und nicht das Innenverhältnis mit den Mitarbeitern. Die Regelung in § 5 KV sei auch nicht deklaratorisch, weil nicht alle Mitarbeiter der Beklagten im Zeitpunkt des Vertragsschlusses gewerkschaftlich organisiert gewesen seien und für diese Fälle durch die Regelung sichergestellt sein sollte, dass auch weiterhin die Bestimmung des BMT-G Anwendung finden.

Zur Ergänzung des Tatbestandes und wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze, die im Berufungsverfahren zur Akte gereicht wurden und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, nebst der umfangreichen Anlagen ebenso Bezug genommen, wie auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist statthaft, zulässig, weil innerhalb der gesetzlichen Fristen eingelegt und begründet, jedoch deshalb nicht erfolgreich, weil das Arbeitsgericht zu Recht der Kündigungsschutzklage der Klägerin entsprochen hat.

Die Berufungskammer lässt es dahingestellt, ob das Anhörungsverfahren wirksam durchgeführt wurde, weil es hierauf nicht entscheidungserheblich ankommt.

Die Klage ist deshalb begründet, weil der Beklagten kein Kündigungsgrund i. S. d. § 1 Abs. 2 KSchG, der unstreitig auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung findet, gegeben ist. Die von der Beklagten erklärte Änderungskündigung wird auf externe Gründe gestützt, weil sie Umsatzrückgang, bedingt durch sinkende Belegzahlen, anführt. Grundsätzlich ist es möglich, eine Entgeltminderung nach § 2 KSchG, also im Wege einer Änderungskündigung herbeizuführen, wobei jedoch zu fordern ist, dass eine Situation eingetreten ist, die ohne Ausspruch der Änderungskündigung eine Beendigungskündigung nach sich ziehen wird. Dies bedeutet, dass die Voraussetzungen an die Wirksamkeit einer derartigen Änderungskündigung nicht geringer sind, als die, die an eine Beendigungskündigung zu stellen sind.

Umsatzrückgang, der zu einem Verlust führt, kommt als betrieblicher Grund für eine Kündigung in Frage, sofern man die Dringlichkeit erkennen kann. Dies ist dann gegeben, wenn ohne weitere Umstände der Arbeitsanfall so zurückgeht, dass das Bedürfnis zur Weiterbeschäftigung für einen oder mehrere Arbeitnehmer entfällt und deshalb die Weiterbeschäftigung nicht möglich ist. Die Beklagte versucht, über den Weg der Änderungskündigung Kosten einzusparen, was überwiegend als gangbarer Weg angesehen wird, wenn die betriebliche Situation sich als existenzgefährdend, also dringlich i. S. d. Gesetzes darstellt.

Die in diesem Zusammenhang zu fordernde Unternehmerentscheidung, dass Kosten eingespart werden sollen, ist für die Berufungskammer im Wirtschaftsplan zu sehen, der am 27.11.2003 zunächst für 2004 beschlossen worden ist und nach Vorlage der Belegzahlen für Januar und Februar 2004 im März 2004 geändert wurde. Wenn sich diesem Wirtschaftsplan auch nur nüchterne Zahlen entnehmen lassen, so belegen doch die Größenordnung, dass sich der unternehmerische Willen, Kosten zu senken, darin niedergeschlagen hat.

Über die Plausibilität und darüber, ob sie letztendlich zu den vom Arbeitgeber gewünschten Ziel führt, ist in diesem Zusammenhang nicht zu befinden, da lediglich zu untersuchen ist, ob überhaupt die Unternehmerentscheidung vorliegt und welchen konkreten Inhalt sie hat.

Diese Entscheidung hat die Beklagte auch umgesetzt, als sie nach Einschaltung des Betriebsrates die Änderungskündigung an die Mitarbeiter verschickte, die nicht freiwillig auf ihr Weihnachtsgeld nach dem Tarifvertrag über eine Zuwendung für Arbeiter verzichtet haben.

Die von einigen Stimmen in der Literatur geforderte Voraussetzung, dass der Arbeitgeber, der Entgeltkürzungen durch Änderungskündigung vornehmen will, einen Sanierungsplan aufstellt, sieht die Kammer ebenfalls als erfüllt an, da es nicht darauf ankommen kann, dass dieses Vorhaben schriftlich umgesetzt wird. Es genügt, was die Beklagte auch im Berufungsverfahren belegt hat, dass Verhandlungen eingeleitet werden, die sonstigen Kostenstellen betreffen. Die Beklagte hat dargelegt, dass nicht nur im Personal-, sondern auch im Sachkostenbereich Einsparungen erzielt werden konnten, die sich auf insgesamt 633.000 € belaufen. Auch der Entschluss, nur noch die nötigsten Investitionen vorzunehmen, gehörten in diesen Konzeptbereich ebenso wie die Bemühung, die Belegzahlen zu verbessern.

Die Kammer lässt dabei offen, ob zu fordern ist, dass bei einer Sanierung alle im Betrieb Arbeitenden bei der Lastenverteilung zu erfassen sind, weil die Beklagtenseite immer nur von Mitarbeitern redet und nicht auch die Geschäftsführung erwähnt, der ein Beitrag zur wirtschaftlichen und finanziellen Gesundung der Beklagten abzufordern ist.

Auch wenn man also davon ausgeht, dass ein Sanierungsplan erstellt ist, der diesen Anforderungen gerecht wird, verbleibt es dennoch bei der Unwirksamkeit der Kündigung deshalb, weil zum einen der Zeitraum, den die Beklagte zur Darlegung ihrer wirtschaftlichen Notlage anführt, zu gering bemessen ist, da er gerade das Jahr 2003 und die voraussichtlichen Verläufe in 2004 berücksichtigt. Es ist zu fordern, dass mindestens 3 Jahre insgesamt zu umfassen ist, um eine Verstetigung oder Verschlechterung von Entwicklungen erkennen zu können. Dazu reicht es nicht aus, die Ergebnisse des Vorjahres und die Planung des Monats März des laufenden Jahres heranzuziehen, zumal das Ergebnis für das Jahr 2003 mit einem positiven Ergebnis endete.

Ein derart kurzer Zeitraum reicht nicht aus, zumal für das Jahr 2004 lediglich Prognosen gestellt wurden, um davon ausgehen zu können, dass das Unternehmen der Beklagten wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten ernsthaft und nachhaltig gefährdet ist.

Die Berufungskammer sieht den Einwand der Klägerin als zu recht erhoben, wo sie darauf hinweist, warum eine Insolvenzgefahr zu greifen sei, wenn das Gesamtergebnis mit 1280.000 € abschließt, während dies bei einem negativen Ergebnis von 960.000 € nicht der Fall sei. Die Beklagte hätte hier ihre wirtschaftliche Notlage durch die Betriebsanalyse eines Sachverständigen unter Darstellung ihrer Ursachen darlegen und belegen müssen. Dabei genügt es nicht, dass sie auf den Hinweis der Wirtschaftsprüfer Z. für das Kalenderjahr 2003 hinweist, weil nicht erkennbar ist, wann die geprüfte Bilanz mit dem Hinweis vorgelegen hat, weswegen nicht erkannt werden kann, ob dieser Hinweis bereits im Vorfeld der Kündigung der Geschäftsleitung der Beklagten bekannt gewesen ist.

Die Beklagte hätte sich also nicht nur auf das noch gute Ergebnis 2003 und die beiden Monate Januar und Februar 2004 - Zahlen verlassen dürfen, zumal auch bei längeren Kündigungsfristen von 6 Monaten noch Zeit bis zum Monat November, dem tariflichen Fälligkeitszeitpunkt der Sonderleistung, gewesen wäre, um verlässlich nachzuvollziehen, dass es zu den befürchteten nachteiligen Entwicklungen kommt. Nur eine gutachterliche Betriebsanalyse, die die wirtschaftliche Notlage unter Angabe der Ursachen hierfür darstellt ist verlässlich, zumal in dem Wirtschaftsplan der Beklagten Elemente enthalten sind, wie Abschreibungen und sonstiger Aufwand und nicht zu rechenbare Personalkosten, die nicht zwingend in der angenommenen Höhe anfallen müssen, bzw. variabel gestaltet werden können.

Die Beklagte brauchte keine Bankengespräche zur Aufnahme weiterer Kredite zu führen und auch nicht die vom Betriebsrat, so die Klägerin, unterbreiteten weiteren Anstrengungen zu unternehmen, wie Kurzarbeitszeitkonten, weil zum einen bereits im Zeitpunkt der Unternehmerentscheidung der fragliche Zeitraum verstrichen war und zum anderen Kosten lediglich verschoben, jedoch nicht aufgehoben werden.

Die Beklagte braucht sich auch nicht auf die Hilfe der Gesellschaftermutter, der Sana GmbH & Co. KG a. A. verweisen zu lassen, weil sie selbst einen Betrieb i. S. d. Kündigungsschutzgesetzes darstellt und kein unselbständiger Betriebsteil des vorgenannten Unternehmens ist.

Auch in einem Konzern kommt es dann, wenn die wirtschaftliche Lage von Bedeutung ist, grundsätzlich auf die Situation beim Schuldner, hier dem Arbeitgeber, an. Selbst wenn ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag zwischen der Beklagten und der vorgenannten Firma bestehen sollte, so führt dies nicht dazu, sich die eventuell wirtschaftlich günstigere Lage des Mutterunternehmens zurechnen zu lassen. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die mangelnde Leistungsfähigkeit durch die Konzernleitung herbeigeführt worden wäre. Hiervon ist jedoch nicht auszugehen, so dass es allein auf die wirtschaftliche Lage der hiesigen Beklagten ankommt.

Die Berufungskammer legt der Regelung in § 5 Abs. 2, 5 KV eine besondere Bedeutung deshalb bei, weil es sich hierbei um einen Vertrag zugunsten Dritter, der damals im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorhandenen Arbeitnehmer der hiesigen Beklagten handelt und der die Lossagung von den Ansprüchen, die aus den Tarifverträgen resultieren, die im Arbeitsvertrag der Klägerin als anwendbar erklärt wurden, erschwert. Die Passage in § 5 KV ist nicht nur deklaratorisch, weil nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Vertragsparteien sicher davon ausgegangen sind oder ausgehen durften, dass alle Arbeitnehmer, die in dem damaligen Unternehmen tätig waren, gewerkschaftlich organisiert sind und dass deshalb die Tarifverträge auch tatsächlich kraft Organisationszugehörigkeit Anwendung finden. Nur dann könnte davon ausgegangen werden, dass man eine deklaratorische Erklärung hat abgeben wollen. Da dies aber gerade nicht der Fall ist, zumindest fehlen für eine derartige Annahme konkrete Tatsachen,ist davon auszugehen, dass diese Regelung einen weitergehenden Sinngehalt hat. Die Präambel, auf die sich die Beklagte bezieht, hatte das Ziel, die Rheuma- Heilbad AG zu konsolidieren, als Gesamteinrichtung zu erhalten und die Arbeitsplätze der dort Beschäftigten zu sichern. Gerade wenn das Überleben des gekauften Unternehmens nicht sicher ist, kommt der Vertragsklausel, dass dennoch bei allem Zwang zum sparen, die tarifvertraglichen Regeln Anwendung finden werde, eine besondere Bedeutung i. S. eines Bestandsschutzes zu. Selbst wenn man nicht von einer Garantieerklärung ausgehen will, so erfordert diese Klausel doch, dass an die Definition der dringenden betrieblichen Gründe, die eine Kündigung bedingen, noch höhere Anforderungen zu stellen sind, als dies gemeinhin der Fall ist. Da die Beklagte als Aktiengesellschaft betrieben ist, wäre eine Kapitalerhöhung zum Zwecke der Konsolidierung als eventuell taugliches Mittel, möglicherweise auftauchende finanzielle Engpässe zu beheben, in Betracht gekommen.

Die Beklagte hat es sich zu einfach gemacht, anhand eines Jahresplanes, der zudem auf nur 2 Monaten des laufenden Geschäftsjahres ausfußt, eine wirtschaftliche Bedrohung des Unternehmens auszumachen und die Kündigung zu erklären, zumal 83 Mitarbeiter auf die Zuwendung verzichtet haben, was für das laufende Jahr einer Ersparnis von 213.000 € unter Zugrundelegung des Rechenwerkes der Beklagten, entspricht.

Nach dem Vorstehenden kann die Berufungskammer nicht erkennen, dass die Existenz der Beklagten in einem Umfang bedroht ist, der die Maßnahme, Änderungskündigungen zum Zwecke der Entgeltminderung, als unumgänglich erscheinen lassen, weswegen die Kündigung unwirksam ist und die arbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten nicht verändert hat.

Der Beklagten sind die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, weil sie die unterlegene Partei ist, §§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 97 ZPO.

Ende der Entscheidung

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