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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 29.08.2008
Aktenzeichen: 6 Sa 323/08
Rechtsgebiete: ArbGG, BUrlG, ZPO


Vorschriften:

ArbGG § 64 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 6
ArbGG § 66 Abs. 1
ArbGG § 69 Abs. 2
BUrlG § 7 Abs. 3
BUrlG § 7 Abs. 3 Satz 2
ZPO § 519
ZPO § 520
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - vom 23.4.2008 - 9 Ca 47/08 teilweise abgeändert.

Das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - vom 15.2.2008 wird in Höhe von 2.234,20 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz aufrecht erhalten. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand:

Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz (nur noch) um Urlaubsabgeltung und Urlaubsgratifikation. Der Kläger war mit schriftlichem Arbeitsvertrag vom 28.09.2006 ab 01.12.2006 als Leiter Marketing/PR gegen eine monatliche Bruttovergütung von zuletzt 5.000,00 EUR beschäftigt. Der Arbeitsvertrag enthält u. a. folgende Regelungen: § 5 Urlaub

1. Der Urlaubsanspruch des Mitarbeiters richtet sich grundsätzlich nach dem Bundesurlaubsgesetz. Mit dem Mitarbeiter werden zur Zeit 26 Arbeitstage als Urlaub vereinbart.... 2. Resturlaub muss bis spätestens 31.03. des Folgejahres genommen sein, da der Anspruch sonst verfällt. 3. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhält der Arbeitnehmer für jeden vollen Beschäftigungsmonat anteilig 1/12 des Jahresurlaubs. 4. Ist im Zeitpunkt der Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Urlaubsanspruch noch nicht erfüllt, ist der Urlaub, soweit dies unter Berücksichtigung betrieblicher Interessen möglich ist, während der Kündigungsfrist zu gewähren und zu nehmen. Soweit der Urlaub nicht gewährt werden kann oder die Kündigungsfrist nicht ausreicht, ist der Urlaub abzugelten. 5. ... 6. Die Firma zahlt dem Arbeitnehmer eine Urlaubsgratifikation in Höhe von 15,34 EUR pro Tag. § 18

Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden.

Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von 2 Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von 3 Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf schriftlich geltend gemacht wird. Nach arbeitgeberseitiger Kündigung vom 09.07.2007 zum 15.08.2007 gegen die sich der Kläger unter dem Aktenzeichen 6 Ca 1260/07 mit seiner Kündigungsklage gewandt hat und weiterer unter dem Aktenzeichen 6 Ca 1828/07 geführter Zahlungsklage wegen nach Ablauf der Probezeit arbeitsvertraglich zugesagter Gehaltserhöhungen haben die Parteien im Verfahren 6 Ca 1260/07 am 28.11.2007 einen Vergleich geschlossen. Dieser sieht u. a. eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch ordentliche Kündigung am 15.08.2007 sowie unter Ziffer 5) die Abrechnung des Arbeitsverhältnisses zum 15.08.2007, soweit nicht bereits geschehen, vor. Mit seiner beim Arbeitsgericht unter dem 09.01.2008 eingereichten Klage hat der Kläger - soweit für das vorliegende Verfahren von Interesse - Klage auf Zahlung von Urlaubsabgeltung für verbliebene 10 Urlaubstage á 8 Stunden á 26,00 EUR brutto mit einem Betrag von 2.080,00 EUR brutto erhoben, ferner Klage auf Zahlung anteiligen Urlaubsgeldes für 10 Urlaubstage á 15,34 EUR mit 153,40 EUR brutto. Hinsichtlich der erstinstanzlich gestellten Klageanträge sowie der dort geäußerten Rechtsauffassungen wird auf das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - vom 23.04.2008 - 9 Ca 47/08 - gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen. Das Arbeitsgericht hob nach form- und fristgerechtem Einspruch ein im Gütetermin vom 15.02.2008 wegen Säumnis der Beklagten ergangenes Versäumnisurteil auf und wies die Klage ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt,

der noch bestehende Resturlaubsabgeltungsanspruch aus 2007 sei auf das Kalenderjahr befristet und erloschen. Die Übertragungsvoraussetzungen des § 7 Abs. 3 BUrlG seien mangels Vortrages nicht feststellbar. Gleiches gelte für den Anspruch auf Urlaubsgeld, da er ein Annexanspruch zum entfallenen Urlaubsabgeltungsanspruch sei. Gegen das dem Kläger am 08.05.2008 zugestellte Urteil richtet sich dessen mit gleichzeitiger Begründung versehene Berufung vom 09.06.2008. Der Kläger bringt zweitinstanzlich weiter vor,

das Arbeitsgericht berücksichtige nicht hinreichend § 5 des Arbeitsvertrages, wonach der Resturlaub bis spätestens 31.03. des Folgejahres genommen sein müsse. Außerdem sei im Vergleich die Verpflichtung aufgenommen, dass die Beklagte das Arbeitsverhältnis bis zum 15.08.2007 ordnungsgemäß abrechne, soweit dies nicht geschehen sei. Dies sei als Anerkenntnis aller berechtigten Ansprüche zu werten. Einer gesonderten Geltendmachung habe es nicht bedurft. Im Übrigen verstieße die zeitliche Befristung des Urlaubsabgeltungsanspruches gegen die Vorschriften des Übereinkommens Nr. 132 der IAO, dem durch Bundesgesetz nach Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG zugestimmt worden sei. Es entspreche der herrschenden Meinung, dass die Befristung des Urlaubsabgeltungsanspruchs nicht analog des Urlaubsanspruchs konstruiert werden könne. Der Kläger hat zweitinstanzlich zuletzt beantragt,

unter teilweiser Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 23.04.2008 zu AZ: 9 Ca 47/08 wird das Versäumnisurteil des erkennenden Gerichts vom 15.02.2008 in Höhe von 2.234,20 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aufrecht erhalten. Die Beklagte hat Zurückweisung der Berufung beantragt und erwidert, die arbeitsvertragliche Klausel sei nicht einschlägig, da sie ein Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses voraussetze. Die Übertragungsvoraussetzungen des § 7 Abs. 3 BUrlG lägen nicht vor, da das Arbeitsverhältnis zum 15.08.2007 rechtswirksam beendet worden sei. Im Vergleich läge auch kein Anerkenntnis. Insoweit habe sich die diesbezügliche Abrechnungsklausel lediglich auf noch nicht abgerechnete Vergütungsansprüche bezogen, die im Streit gestanden hätten und nicht erfüllt gewesen seien. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 06.06.2008 (Bl. 99 - 102 d. A.), hinsichtlich der Berufungsbeantwortung auf den Schriftsatz der Beklagten vom 30.07.2008 (Bl. 129 - 131 d. A.) nebst sämtlich vorgelegten Unterlagen sowie auf die Feststellungen in der Sitzungsniederschrift des Landesarbeitsgerichts vom 29.08.2008 Bezug genommen. Entscheidungsgründe:

I. Das Rechtsmittel der Berufung des Klägers ist gemäß § 64 Abs. 1, Abs. 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i. V. m. §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet worden. Sie ist insgesamt zulässig. II. Die Berufung des Klägers ist im Umfang der erfolgten Teilanfechtung des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - vom 23.04.2008 - 9 Ca 47/08 - begründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung in Höhe von 2.234,20 EUR an Urlaubsabgeltung und Urlaubsgeld gem. § 5 des am 28.09.2006 abgeschlossenen Arbeitsvertrages nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu. Nach Auffassung der Berufungskammer ist der vom Kläger verfolgte Urlaubsabgeltungsanspruch nicht mit dem Ende des Kalenderjahres erloschen; denn § 5 Ziffer 2 des Arbeitsvertrages enthält ausdrücklich die Regelung, dass der Resturlaub bis spätestens 31.03. des Folgejahres genommen sein muss, da er sonst verfiele. Diese Regelung modifiziert die in § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG enthaltene engere gesetzliche Regelung, wonach eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr nur statthaft ist, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Diese arbeitsvertragliche Regelung wirkt zu Gunsten des Klägers, weil sie das Nehmen des Resturlaubs nicht an die eingeschränkten gesetzlichen Übertragungsvoraussetzungen koppelt, sondern hiervon - wie der Inhalt deutlich zeigt - unabhängig ist. Insoweit wirkt das Günstigkeitsprinzip (vgl. zutreffend: HWK-Schinz, Arbeitsrechtkommentar, § 7 BUrlG, Rz 76; auch LAG Hamm Urteil vom 28.11.2007 - 18 Sa 923/07). Soweit die Beklagte der Auffassung ist, dass die arbeitsvertragliche Klausel an ein Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses anknüpfe, vermag dem die Berufungskammer nicht zu folgen, da hierfür nach dem Inhalt der Klausel keine Anhaltspunkte bestehen. Der Anspruch des Klägers ist auch nicht durch die arbeitsvertraglich vereinbarte Ausschlussfristenregelung in § 18 ausgeschlossen, wonach vorgesehen ist, dass alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden; ferner bei Ablehnung der Gegenpartei oder Nichterklärung innerhalb von zwei Wochen ein Verfall eintritt, wenn der Anspruch nicht innerhalb von drei Monaten nach Ablehnung oder Fristablauf schriftlich geltend gemacht wird. Der mit der Berufung verfolgte Anspruch des Klägers ist nach Auffassung der Berufungskammer erst mit der Bestandskraft des am 28.11.2007 abgeschlossenen Vergleichs im Verfahren 6 Ca 1260/07 fällig, da erst dort die endgültige Beendigung des Arbeitsverhältnisses vereinbart wurde. Die am 09. Januar 2008 zum Arbeitsgericht erhobenen Klage ist erkennbar innerhalb der arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist von drei Monaten erhoben. Von einem Verfall kann daher nicht ausgegangen werden. Ob der Anspruch dem Grunde nach auch aus der vergleichsweise aufgenommenen Abrechnungsklausel resultiert, weil hierin ein Anerkenntnis aller berechtigten Ansprüche liege und die zeitliche Befristung des Urlaubsabgeltungsanspruchs gegen die Vorschrift des Übereinkommens Nr. 132 der IAO verstößt (vgl. ablehnend BAG Urteil vom 07.12.1993 = AP BUrlG § 7 Nr. 15; sowie 24.09.1996 = AP ArbGG § 64 Nr. 25), kann dahinstehen. Das Arbeitsgericht hat zutreffend gesehen, dass es sich bei der Urlaubsgratifikation in § 5 Ziffer 6 des Arbeitsvertrages um einen Annexanspruch handelt. Dieser teilt daher das Schicksal der Urlaubsabgeltung und ist ebenfalls begründet. Der Höhe nach sind die verfolgten Ansprüche unstreitig. Aus vorgenannten Gründen war das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - vom 15.02.2008 in der zuerkannten Höhe nebst den Zinsen aufrecht zu erhalten. III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. IV. Von der Zulassung der Revision wurde mangels gesetzlicher Bedeutung abgesehen (§ 72 Abs. 2 ArbGG).

Ende der Entscheidung

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