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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 30.03.2007
Aktenzeichen: 6 Sa 4/07
Rechtsgebiete: BGB, ArbGG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 138 Abs. 1
BGB §§ 293 ff.
BGB § 273
BGB § 320 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 4
ArbGG § 64 Abs. 6
ArbGG § 66 Abs. 1
ZPO § 519
ZPO § 520
ZPO § 540
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 6 Sa 4/07

Entscheidung vom 30.03.2007

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 19.10.2006 - 1 Ca 1445/06 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger verfolgt in der Berufung Vergütungsdifferenzen, die aus einem Streit über Einzelheiten der Absprache hinsichtlich der Vergütung her resultieren.

Der Kläger war aufgrund eines befristeten Arbeitsvertrages vom 09.04.2006 bei der Beklagten für die Zeit vom 10.04.2006 bis 01.07.2006 als Kraftfahrer beschäftigt. Im Arbeitsvertrag der Parteien ist weder die Arbeitszeit noch die Höhe des Arbeitsentgeltes festgelegt.

Der Kläger erhielt im Monat Mai 2006 eine Überweisung in Höhe von 635,71 € auf sein Konto und eine Barzahlung in Höhe von 600,00 €. Für Mai 2006 erstellte die Beklagte eine Lohnabrechnung mit einem Auszahlungsbetrag von 1.200,85 €.

Mit seiner am 12.07.2006 eingegangenen Klage hat der Kläger für die Zeit vom 10.04. bis 01.07.2006 u. a. eine Bruttovergütung in Höhe von 7.920,00 € abzüglich 1.235,71 € netto geltend gemacht.

Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen,

er habe am 09.04.2006 mit Herrn A. eine Vergütung in Höhe von 2.000,00 € netto pro Monat vereinbart. Der von der Beklagten behauptete Bruttolohn von 950,00 € sei demgegenüber absurd. In der getroffenen Vergütungsvereinbarung sei vorgesehen gewesen, dass durch die Zahlung der vereinbarten Vergütung auch die anfallenden, vom Arbeitgeber üblicherweise zu erstattenden Spesen, abgegolten sein sollten. Angesichts der regelmäßig in erheblichem Umfang anfallenden Spesen sei ein monatlicher Auszahlungsbetrag von 2.000,00 € bei Kraftfahrern die Regel. Im Rahmen der Beweiswürdigung müsse berücksichtigt werden, dass die Beklagte vorsätzlich gegen das Nachweisgesetz verstoßen habe. Darüber hinaus würde die von der Beklagten behauptete Vergütung in Höhe von 950,00 € brutto einen sittenwidrigen Lohnwucher darstellen. Die vereinbarte Nettovergütung in Höhe von 2.000,00 € würde zu einer geschuldeten Bruttomonatsvergütung in Höhe von 2.860,00 € führen. Hiernach schulde ihm die Beklagte für die Zeit vom 10.04.2006 bis 01.07.2006 eine Bruttovergütung in Höhe von insgesamt 7.920,00 € brutto abzüglich des erhaltenen Betrages in Höhe von 1.235,71 € netto. Aufgrund der am 15.06.2006 mündlich ausgesprochenen fristlosen Kündigung sei die Beklagte auch in Annahmeverzug geraten und daher zur Fortzahlung der Vergütung bis zum vereinbarten Vertragsende verpflichtet.

Nachdem das Arbeitsgericht durch das am 01.08.2006 verkündete Versäumnisurteil dem Klagebegehren - soweit es berufungsrelevant ist - entsprochen hat,

beantragte der Kläger nach rechtzeitig eingelegtem Einspruch

das Versäumnisurteil vom 01.08.2006 aufrecht zu erhalten.

Die Beklagte hat erstinstanzlich,

die Aufhebung des Versäumnisurteils und Klageabweisung

beantragt und ausgeführt,

dass bei der Einstellung am 09.04.2006 im Büro der Beklagten eine Vergütung in Höhe von 950,00 € brutto gemäß der von ihr erstellen Abrechnung für den Monat Mai 2006 vereinbart worden sei.

Das Arbeitsgericht Ludwigshafen am Rhein hat durch Urteil vom 19.10.2006 - 1 Ca 1445/06 - das am 01.08.2006 verkündete Versäumnisurteil in Höhe von 4.400,00 € brutto abzüglich 1.235,71 € netto nebst Zinsen - soweit für das Berufungsverfahren von Interesse - aufrechterhalten.

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, es sei keine Nettolohnvereinbarung über 2.000,00 € zustande gekommen. Der Kläger hätte im Einzelnen darlegen müssen, aufgrund welcher Umstände eine sogenannte Nettolohnvereinbarung anzunehmen sein sollte. Ein Wille der Beklagten zur Übernahme der Steuern und Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung sei nicht erkennbar und ließe sich auch nicht aufgrund des Schriftsatzes des Klägers vom 10.10.2006 nicht feststellen. Es sei vielmehr von einer Bruttolohnvereinbarung auszugehen. Das Bestreiten des Beklagten mit der Behauptung, es seien 950,00 € brutto als Vergütung vereinbart worden, sei unerheblich. Eine derart niedrige Vergütung würde im Streitfall ein besonders grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung begründen, mit der Folge, dass die Vergütungsabrede gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig wäre. Die von der Beklagten behauptete Höhe der Vergütung würde die übliche Vergütung eines Kraftfahrers im nationalen Fernverkehr von 2.000,00 € brutto um mehr als die Hälfte unterschreiten. Der Vergütungsanspruch des Klägers für die Zeit nach seiner tatsächlichen Beschäftigung sei entfallen, weil dieser nicht mehr für die Beklagte gearbeitet habe. Insoweit sei die Beklagte nicht in Annahmeverzug gemäß §§ 293 ff. BGB geraten. Der Kläger habe mit der von ihm übersandten SMS unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass er für die Beklagte mangels Zahlung des von ihm geforderten Betrages nicht mehr tätig sein wolle. Zwar schlösse fehlender Leistungswille Annahmeverzug nicht aus, wenn sich der Arbeitnehmer zu Recht auf ein Leistungsverweigerungsrecht berufen könne. Der Kläger sei aber nicht aufgrund seines Zurückbehaltungsrechts gemäß § 273 BGB berechtigt gewesen, die bis zum 01.07.2006 geschuldete Arbeitsleistung zu verweigern. Im Hinblick darauf, dass sich der monatliche Vergütungsanspruch des Klägers nur auf 2.000,00 € brutto belaufe und er im Mai 2006 bereits einen Nettobetrag in Höhe von 1.235,71 € erhalten habe, sei der am 16.06.2006 bestehende Lohnrückstand als verhältnismäßig geringfügig anzusehen, so dass entsprechend § 320 Abs. 2 BGB kein Leistungsverweigerungsrecht bestanden habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf das vorbezeichnete Urteil (Bl. 110 - 113 d. A.) Bezug genommen.

Gegen das dem Kläger am 04.12.2006 zugestellte Urteil richtet sich dessen am 04.01.2007 eingelegte und am 05.02.2007 begründete Berufung.

Der Kläger bringt zweitinstanzlich weiter vor,

bereits in der Klageschrift vom 11.07.2006 sei vorgetragen worden, dass der Geschäftsführer der Beklagten dem Kläger eine Vergütung von 2.000,00 € netto pro Monat zugesagt habe. Derartige Vergütungsabreden seien in Klein- und Kleinstbetrieben nach wie vor weit verbreitet. Hinzu käme, dass zusätzlich vor allem vereinbart gewesen sei, dass mit der monatlichen Nettovergütung in Höhe von 2.000,00 € sämtliche Ansprüche des Klägers auf Ersatz von Aufwendungen durch die Beklagte mit abgegolten sein sollten. Das Landesarbeitsgericht Köln habe in seiner Entscheidung vom 31.07.1998 (NZA 1999, 545 ff.) in einem vergleichbaren Fall aufgrund eines Verstoßes des Arbeitgebers gegen das Nachweisgesetz den Beweis für die strittige Nettolohnvereinbarung als geführt angesehen, wenn sie aufgrund von Indizien plausibel erscheine. Die behauptete Vergütungsvereinbarung wäre in Übereinstimmung mit dem Arbeitsgericht zweifelsohne sittenwidrig. Im erstinstanzlichen Verfahren sei unstreitig geblieben, dass die Beklagte mit mindestens einem weiteren bei ihr beschäftigten Kraftfahrer, nämlich Herrn Siegfried Lautenschläger, ebenfalls eine Vergütungsvereinbarung über 2.000,00 € netto getroffen habe. Der Kläger habe ferner den Beklagten am 15.06.2006 per SMS aufgefordert, ihm endlich die zustehenden 2.000,00 € auszubezahlen. Ferner habe er der Beklagten zu keinem Zeitpunkt Spesenabrechnungen vorgelegt. Lohnabrechnungen für April und Juni 2006 seien dem Kläger nicht vorgelegt worden. Insgesamt hätte das Arbeitsgericht unter Berücksichtigung des unstreitigen vorsätzlichen Verstoßes der Beklagten gegen das Nachweisgesetz zum Ergebnis kommen müssen, dass der Kläger den Beweis für das Zustandekommen einer Nettolohnvereinbarung in Höhe von 2.000,00 € monatlich erbracht habe. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei die Beklagte auch in Annahmeverzug geraten. Von einem geringfügigen Lohnrückstand könne nicht ausgegangen werden. Die Vergütung für Mai 2006, die zum 31.05.2006 fällig geworden sei, habe komplett ausgestanden.

Hinsichtlich des weiteren Berufungsvorbringens wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 05.02.2007 (Bl. 137 - 143 d. A.) Bezug genommen.

Der Kläger beantragt zweitinstanzlich,

auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 19.10.2006 (AZ: 1 Ca 1445/06) teilweise abgeändert und das Versäumnisurteil vom 01.08.2006 aufrechterhalten.

Die Beklagte beantragt

Zurückweisung der Berufung

und erwidert,

der Vortrag der Gegenseite würde bestritten, soweit er nicht zugestanden sei. Im übrigen habe der Kläger erheblich gegen seine vertraglichen Pflichten verstoßen, indem er u. a. Herrn A. per SMS habe dazu nötigen wollen, 2.000,00 € zu bringen mit der Drohung, ansonsten den LKW in Berlin stehen zu lassen.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 08.03.2007 (Bl. 153 - 158 d. A.) nebst vorgelegter Unterlagen Bezug genommen.

Zum weiteren Sach- und Streitstand wird auf den gesamten Akteninhalt einschließlich der Feststellungen in der Sitzungsniederschrift des Landesarbeitsgerichts vom 30.03.2007 (Bl. 170 bis 172 d. A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Rechtsmittel der Berufung des Klägers ist gemäß § 64 Abs. 4 ArbGG statthaft. Die Berufung ist gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 ZPO auch form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet worden. Sie ist somit auch insgesamt zulässig.

II.

In der Sache zeitigt die Berufung jedoch keinen Erfolg.

Das Arbeitsgericht ist im angefochtenen Erkenntnis zu Recht zur Auffassung gelangt, dass das Versäumnisurteil vom 01.08.2006 nur in Höhe von 4.400,00 € brutto abzüglich 1.235,71 € netto und weiterer 574,00 € aufrecht zu erhalten war.

Um Wiederholungen zu vermeiden, nimmt die Kammer hinsichtlich der Feststellungen zur Höhe der strittigen Vergütung auf den gemäß § 540 ZPO begründenden Teil des angefochtenen Urteils Bezug, stellt dies ausdrücklich fest und sieht unter Übernahme der Entscheidungsgründe hier von einer wiederholenden Darstellung ab.

Bezüglich der Angriffe der Berufung besteht Veranlassung zu folgenden Ergänzungen:

1.

Soweit sich die Berufung auf die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Köln vom 31.07.1998 - 11 Sa 1484/97 - bezieht, kann auf sich beruhen, ob der dort vertretenen Auffassung zur Erleichterung der Beweisführungslast für den Arbeitnehmer zu folgen ist, wenn der Arbeitgeber keinen schriftlichen Arbeitsvertrag abschließt, der § 2 Abs. 1 Nachweisgesetz entspricht (vgl. zum Problemkreis der Beweislast: Preis, Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 7. Auflage 2007, Rz 22 ff. zu 510 Nachweisgesetz); denn die vom Kläger angeführten Indizien sind auch angesichts des zulässigen Bestreitens des Beklagten nicht zwingend, um den Schluss auf das Vorliegen einer entsprechenden Nettolohnvereinbarung zuzulassen.

Soweit der Kläger vorträgt, die Beklagte habe mit mindestens einem weiteren Fahrer - S. L. - eine Vergütungsvereinbarung in Höhe von 2.000,00 € netto getroffen, fehlt es angesichts des Bestreitens des Beklagten an Einzelheiten dazu, woher der Kläger diese Informationen zur Vergütung mit einem weiteren Kraftfahrer hat und welche weiteren Tatsachen eine solche Vergütungshöhe belegen. Zu einer Vergleichbarkeit mit dem Kläger fehlen Aussagen, zumal abweichende Vergütungsvereinbarungen mit Fahrern möglich sind.

Die Aufforderung des Klägers am 15.06.2006 zur Vergütungszahlung per SMS besagt nichts hinsichtlich solcher Tatsachen, die auf eine konkrete Vereinbarung hinsichtlich des angeblichen Nettogehalt schließen ließen; denn die bloße Aufforderung des Klägers ersetzt keinen substantiellen Sachvortrag zur Vergütungshöhe und den Umständen ihrer Vereinbarung.

Schließlich vermag auch die Nichtvorlage der Spesenabrechnung durch den Kläger keinen Schluss auf das Vorliegen einer entsprechenden Nettovereinbarung zuzulassen. Eine Darlegung dazu, ob überhaupt und welche Spesen angefallen wären und in welcher Höhe sowie für welche Fahrten und Tage ist nicht ansatzweise gegeben. Der Umfang eines eventuellen Verzichts ist damit schon nicht erkennbar. Im übrigen können rein subjektive Überlegungen wie ein Ansparverhalten bei Spesen für die Verhaltensweise des Klägers relevant gewesen sein.

Dass dem Kläger schließlich keine Lohnabrechnungen erteilt wurden, trifft so nicht zu, denn mit der Klageschrift, hat er selbst die Lohnabrechnung für Mai 2005 über den Betrag von 1.200,85 € vorgelegt.

2.

Die Auffassung der Berufung zum Annahmeverzug des Beklagten basieren auf der Rechtsauffassung des Klägers, die er aus den von der Kammer für nicht zwingend gehaltenen Indizien ableitet.

Es muss daher bei den im arbeitsgerichtlichen Urteil (S. 9) enthaltenen Feststellungen verbleiben, mit welchem dem Kläger eine Bruttovergütung auf der Basis von 2.000,00 € zuerkannt wurde.

III.

Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Ende der Entscheidung

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