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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 25.11.2004
Aktenzeichen: 6 Sa 524/04
Rechtsgebiete: TVBB, InsO, SGB III


Vorschriften:

TVBB § 6
TVBB § 16
InsO § 38
InsO § 55 Abs. 1
InsO § 103
InsO § 108 Abs. 2
SGB III § 184 Abs. 1 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 6 Sa 524/04

Entscheidung vom 25.11.2004

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitgerichts Kaiserslautern vom 13.05.2004 - Az.: 7 Ca 474/04 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision an das Bundesarbeitsgericht wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin, hat mit der Firma G AG am 03.07.2000 einen Arbeitsvertrag für verblockte Altersteilzeit abgeschlossen, wonach das Arbeitsverhältnis am 31.12.2004 ohne Kündigung endet und unter § 10 eine Abfindungszahlung vorsieht, deren Höhe am Ende des Altersteilzeitverhältnisses errechnet werden soll.

Mit der Klage vom 10. März 2004 hat die Klägerin neben einer Feststellungsklage auch in einem Hilfsantrag die Zahlung einer Abfindung am Ende des Arbeitsteilzeitverhältnisses in Höhe von 11.046,45 € gefordert.

Der Beklagte ist nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Arbeitgeberin, Beschluss des Amtsgerichtes Kaiserslautern vom 01.04.2002, zum Insolvenzverwalter bestellt worden und hat mit Schreiben vom 19.09.2002 die entsprechende Anfrage der Klägerin damit beantwortet, dass der Abfindungsanspruch der Klägerin nicht als Masseverbindlichkeit anzusehen sei, da der Anspruch vor Insolvenzeröffnung mit Vertragsabschluss im Jahre 2000 entstanden sei.

Die Klägerin hat ihre Klage im Wesentlichen damit begründet, dass der Insolvenzverwalter das Arbeitsverhältnis nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gemeinschuldnerin fortgesetzt habe, so dass auch die aus dem Arbeitsverhältnis resultierenden Forderungen im vollen Umfange als Masseverbindlichkeit anzusehen seien, also auch die Abfindungsforderung. Zu den Lohn- und Gehaltsansprüchen der Arbeitnehmer zählten alle mit dem betreffenden Vertrag zusammenhängenden Ansprüche, also auch Ansprüche aus dem Altersteilzeitvertrag.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie am Ende des Arbeitsteilzeitverhältnisses für den Verlust des Arbeitsplatzes eine nach § 6 TVBB vorgesehene Abfindung in Höhe von 21.600, DM = 11.046,45 € zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er begründet den Antrag im Wesentlichen damit, dass es sich bei der geltend gemachte Forderung um eine Insolvenzforderung handele, die die Klägerin zur Tabelle anzumelden habe, da der Anspruch auf die Abfindung bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sei.

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 13.05.2004 die Klage abgewiesen und dies im Wesentlichen damit begründet, dass der Anspruch der Klägerin auf die vertraglich zugesagte Abfindung eine Insolvenzforderung nach § 38 InsO sei. Das Arbeitsverhältnis bestehe auch nach Insolvenzeröffnung mit Wirkung für die Insolvenzmasse fort, wobei der Insolvenzverwalter kein Wahlrecht im Sinne des § 103 InsO habe, wo er die Erfüllung fordere oder diese ablehne. Der Insolvenzverwalter könne sich allenfalls unter den Voraussetzungen des § 113 InsO durch Kündigung von dem Arbeitsverhältnis lösen.

Die Forderung nach Zahlung der Abfindung sei keine Masseverbindlichkeit, wobei es hierbei auf den Zeitpunkt des Entstehens des Anspruchs und nicht auf seine Fälligkeit ankomme, weil der Anspruch aus der Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens herrühre, § 108 Abs. 2 InsO.

Mit Unterzeichnung des Altersteilzeitvertrages am 03.07.2000 sei der Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Abfindung entstanden, während lediglich die Fälligkeit auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinaus geschoben worden sei.

Die Klage auf Zahlung gegen den Insolvenzverwalter sei unzulässig, weil es sich um eine Insolvenzforderung handele und lediglich zur Insolvenztabelle angemeldet werden könne.

Nach Zustellung des Urteils am 16.06.2004 hat die Klägerin Berufung am 30.06.2004 eingelegt und am 24.08.2004 innerhalb verlängerter Frist begründet.

Die Klägerin greift das arbeitsgerichtliche Urteil im Wesentlichen damit an, dass es sich bei der geltend gemachten Forderung deshalb um eine Masseverbindlichkeit handele, weil sich der Insolvenzverwalter für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses im Rahmen des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses entschieden habe und damit auch alle sich hieraus ergebenden Forderungen in vollem Umfang als Masseverbindlichkeit auszugleichen habe. Dies gelte nicht nur für die Lohn- und Gehaltsansprüche, sondern für alle sich aus dem Vertrag ergebenden und mit ihm zusammenhängenden Ansprüche, also auch für die Abfindung.

Dies ergebe sich insbesondere daraus, dass die Klägerin sich in Altersteilzeit befunden habe und die Vereinbarung mit ihrem ehemaligen Arbeitgeber nicht abgeschlossen hätte, wenn nicht die Abfindung vereinbart worden wäre. Die Gegenseite mache sich durch ihr Verhalten lediglich die für sie positive Auswirkung dieser Vertragsregelung zunutze, indem sie die reduzierte Lohnzahlung erbringe, während sie die für sie nachteiligen Folgen nicht übernehmen wolle.

Die Klägerin beantragt,

1. das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 13.05.2004 in dem Verfahren - AZ: 7 Ca 474/04 wird aufgehoben.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin eine Zahlung in Höhe von 11.046,45 € nebst 5 % Zinsen hieraus über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit an die Klägerin zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung wird zurückgewiesen und die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Er verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil im Wesentlichen damit, dass der Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtsnatur einer Forderung, ob sie eine Insolvenz- oder Masseforderung sei, der Zeitpunkt des Entstehens und nicht der der Fälligkeit sei. Der Anspruch sei mit Abschluss des Vertrages entstanden, während die Fälligkeit hinausgeschoben gewesen sei.

Der Anspruch habe sich auch nicht in eine Masseverbindlichkeit umgewandelt, weil der Insolvenzverwalter die Entstehung des Anspruchs habe nicht hindern können, so dass er auch nicht auf einer Rechtshandlung des Insolvenzverwalters beruhe. Die fortlaufenden Bezüge der Altersteilzeitbeschäftigten seien auf der Grundlage des § 16 des TVBB durch ein Treuhandkonto gesichert gewesen, welches außerhalb der Masse stehe, während Abfindungen gerade nicht abgesichert worden seien.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt ihrer im Berufungsverfahren zur Akte gereichten Schriftsätze, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin ist deshalb nicht begründet, weil das Arbeitsgericht zu Recht davon ausgegangen ist, dass der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch keine Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 1 InsO darstellt, sondern eine Insolvenzforderung nach § 38 InsO und demzufolge die Klage als unzulässig abgewiesen hat.

Ansprüche auf Abfindung aus einem vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit dem Arbeitgeber abgeschlossenen Vertrag oder Vergleich sind keine Masseverbindlichkeiten im Sinne des § 55 Abs. 1 InsO, sondern als einfache Insolvenzforderung nach § 38 im Insolvenzverfahren zu berücksichtigen (so für das Konkursverfahren BAG vom 06.12.1984 - 2 AZR 348/81 - = NZA 1985, 394). Dies wird damit begründet, dass der Anspruch aus einer Zeit herrührt, wo noch kein Insolvenzverfahren eröffnet war und es damit auf den Zeitpunkt ankommt, indem der Anspruch begründet worden ist. Dass dieser Anspruch erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig wird, ändert an dieser Sicht der Dinge nichts (BAG Urteil vom 25.02.1981 - 5 AZR 922/78 -), weil dies lediglich den Zeitpunkt der Fälligkeit anlangt, der wie gerade ausgeführt, nicht maßgeblich ist.

Dass der beklagte Insolvenzverwalter das Altersteilzeitvertragsverhältnis unangetastet ließ, ändert am gefunden Ergebnis deshalb nichts, weil der Abfindungsanspruch hierdurch nicht in seiner Rechtsnatur zur Masseverbindlichkeit geworden ist. Auch wenn man davon ausgehen wollte, dass der Insolvenzverwalter durch die Hinnahme des Altersteilzeitvertrages dessen Erfüllung zur Masse im Sinne des § 103 InsO verlangt hat, so wird lediglich der Lohnanspruch der Klägerin, wobei auch dies heftig umstritten ist, zur Masseverbindlichkeit. Zu diesen Ansprüchen zählt aber nicht die Abfindung, was sich für die Berufungskammer daraus ergibt, dass die Abfindung kein Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis ist, sondern wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlt wird, also nicht aus dem Arbeitsverhältnis als wechselseitige Forderung entsteht. Sie ist vielmehr eine Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes

Dies haben die Tarifvertragsparteien auch so gesehen, als sie, was unstreitig ist, lediglich die Ansprüche der Altersteilzeitarbeitnehmer durch ein Treuhandkonto gesichert haben, während dies für die Abfindung gerade nicht zugesagt worden ist.

Auch nach § 184 Abs. 1 Nr. 1 SGB III gehören Abfindungen nicht zu den insolvenzgeldfähigen Ansprüchen auf Arbeitsentgelt, wenn sie als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes gezahlt werden, wie es im vorliegenden Falle von den ursprünglichen Arbeitsvertragsparteien vorgesehen war.

Auch der Umstand, dass die Klägerin den Vertrag nicht abgeschlossen hätte, wenn sie gewusst hätte, dass die Abfindung nicht für den Fall der Insolvenz des Arbeitgebers gesichert ist, führt deshalb nicht weiter, weil die vertragliche Vereinbarung einen derartigen Vorbehalt oder Bedingung bzw. eine entsprechende Garantiezusage nicht enthält und Ergänzungen des Vertrages zur Wirksamkeit der Schriftform bedürfen.

Das Arbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Klage als Leistungsklage unzulässig ist, weil die Klägerin den Abfindungsanspruch lediglich als Insolvenzforderung zur Tabelle anmelden kann, weswegen auch die Berufung nicht erfolgreich ist und der Klägerin deswegen die Kosten des gesamten Rechtsstreits aufzuerlegen sind, §§ 64 Abs. 6 Satz 1, 91, 97 ZPO.

Gegen diese Entscheidung ist die Revision an das Bundesarbeitsgericht deshalb nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht erfüllt.

Ende der Entscheidung

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