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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 16.10.2003
Aktenzeichen: 6 Sa 562/03
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, ArbGG


Vorschriften:

BGB § 288
BGB § 611
ZPO § 97
ZPO § 341
ArbGG § 64 Abs. 6 Satz 1
ArbGG § 72 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 6 Sa 562/03

Verkündet am: 16.10.2003

Tenor:

Auf den Einspruch des Klägers wird das Versäumnisurteil vom 14.08.2003 aufgehoben und die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung hat die Beklagte zu tragen mit Ausnahme der Kosten, die auf der Säumnis des Klägers vom 14.08.2003 beruhen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 1.380,87 EUR festgesetzt.

Die Revision an das Bundesarbeitsgericht wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger, der auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages, der unter § 18 eine Ausschlussfrist beinhaltet, bis 31.12.2001 als Elektroinstallateur beschäftigt war, hat mit seiner Klage, welche am 19.08.2002 beim Arbeitsgericht eingereicht wurde, Restzahlungsansprüche für Mai, Juni und Dezember 2001 geltend gemacht, wobei die Abrechnung der Beklagten für Dezember 2001 einen Lohnanspruch für den Kläger in Höhe von 1.380,87 € aufweist, der nicht gezahlt ist.

Der Kläger hat seine Klage im Wesentlichen damit begründet, dass für Mai und Juni 2001 über den abgerechneten Lohn noch weitere Ansprüche offen stünden und der abgerechnete Dezemberlohn nicht gezahlt sei. Darüber hinaus müssten für Dezember 34,65 Stunden wegen Lohnfortzahlung an Weihnachten und Silvester sowie eine Urlaubsabgeltung für 1,5 Tage gezahlt werden.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 4.758,55 € brutto abzüglich 2.330,70 € netto sowie 76,69 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz gemäß § 288 BGB ab 01.01.2002 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat im Wesentlichen ausgeführt, dass etwaige Restlohnansprüche des Klägers wegen der arbeitsvertraglichen Klauseln verfallen seien. Der Dezemberlohn sei deshalb nicht gezahlt worden, weil der Kläger firmeneigenes Werkzeug nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zurückgegeben habe.

Das Arbeitsgericht hat durch das Urteil vom 19.02.2003 dem Kläger die Dezember - Vergütung zuerkannt und die Klage im Übrigen als unbegründet abgewiesen.

Soweit für das Berufungsverfahren von Bedeutung hat es ausgeführt, dass die Dezember - Vergütung von der arbeitsvertraglich zulässigen Verfallsklausel deshalb nicht erfasst sei, weil hier eine zusätzliche Geltendmachung überflüssig gewesen sei, da die Beklagte den Lohn abgerechnet habe. Es sei überflüssige Förmelei, wenn ein Arbeitnehmer den in der Lohnabrechnung vom Arbeitgeber als richtig abgerechneten Anspruch erneut geltend machen müsse, wohingegen Ansprüche, die über die Abrechnung hinausgingen, von der Ausschlussklausel erfasst seien.

Soweit die Beklagte sich darauf berufen habe, dass sie eine Aufrechnung gegen den Lohnanspruch erkläre, weil der Kläger Werkzeug nicht oder nicht rechtzeitig zurückgegeben habe, sei dieser Vortrag nicht geeignet, prozessuale Berücksichtigung finden zu können.

Nach Zustellung des Urteils am 26.03.2003 ist Berufung am 25.04.2003 eingelegt und am 13.05.2003 begründet worden.

Die Beklagte greift das arbeitsgerichtliche Urteil im Wesentlichen damit an, dass auch das Dezembergehalt von der Ausschlussklausel deshalb erfasst werde, weil der Kläger die aufgemachte Abrechnung selbst nicht habe gelten lassen wollen. Die Bindungswirkung habe innerhalb des zeitlichen Rahmens der Verfallklausel bestanden und hätte weiter andauern können, wenn der Kläger die Abrechnung nicht wieder in Einzelheiten als unzutreffend angegriffen hätte. Der Arbeitgeber sei im vorliegenden Falle deshalb schutzwürdig, weil er habe davon ausgehen können, dass der Kläger wegen der erklärten Aufrechnung mit Schadenersatzansprüchen wegen nicht abgegebener Werkzeuge den abgerechneten Teil der Vergütung nicht mehr verlangen könne. Wenn der Kläger seinen Anspruch rechtzeitig verfolgt hätte, hätte die Beklagte wegen der Werkzeuge ebenfalls rechtzeitig die notwendigen Recherchen anstellen können.

Die Beklagte beantragt,

die Klage unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts in Koblenz vom 19.02.2003, AZ: 10 Ca 2794/02, insgesamt abzuweisen.

Im Termin vom 14.08.2003 ist der Kläger ohne anwaltlichen Beistand erschienen, so dass auf Antrag der Beklagten folgendes Versäumnisurteil ergangen ist:

Das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 19.02.2003 - AZ: 10 Ca 2794/02 - wird abgeändert und die Klage kostenpflichtig zurückgewiesen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 1.380,97 € festgesetzt.

Das Urteil wurde den sich bestellenden Anwälten R & Kollegen am 22.08.2003 zugestellt, woraufhin am 27.08.2003 Einspruch eingelegt wurde.

Der Kläger beantragt,

das Versäumnisurteil, verkündet am 14.08.2003, AZ: 6 Sa 562/03, des Landesarbeitsgerichts Rheinland - Pfalz aufzuheben und die Berufung der Beklagten und Berufungsklägerin kostenpflichtig zurückzuweisen.

Das arbeitsgerichtliche Urteil wird unter Bezugnahme auf das Vorbringen des Klägers aus der 1. Instanz verteidigt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze, die im Berufungsverfahren zur Akte gereicht wurden und Gegenstand der mündlichen Verhandlung sind ebenso wie auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist form- und fristgerecht eingelegt worden, jedoch deshalb ohne Erfolg, weil das Arbeitsgericht dem Kläger den abgerechneten Dezemberlohn in Höhe von 1.380,87 € brutto nebst der entsprechenden Verzinsung zuerkannt hat, weil der Kläger hierauf einen Anspruch hat, § 611 BGB.

Auf den zulässigen Einspruch des Klägers hin ist das Versäumnisurteil vom 14.08.2003 aufzuheben, weil die Versäumnisentscheidung nicht der Rechtslage entspricht.

Das Arbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Dezemberlohn vom Kläger rechtzeitig geltend gemacht wurde, weil dieser Anspruch nicht unter § 18 des Arbeitsvertrages vom 15.06.2001 fällt. Das Arbeitsgericht hat damit die Maßstäbe angelegt, die das Bundesarbeitsgericht in vergleichbaren Fällen entwickelt hat (vgl. BAG, Urteil vom 21.04.1993 = EzA § 4 BVG Ausschlussfristen Nr. 103). Denn dann, wenn der Arbeitgeber als Schuldner der Lohnleistungen eine Lohnabrechnung erstellt hat und diese dem Arbeitnehmer übermittelt, braucht der Arbeitnehmer die darin ausgewiesene Forderung nicht mehr fristgerecht geltend zu machen. Hierin würde eine überflüssige Förmelei gesehen, weil durch das Überlassen der Abrechnung und der darin enthaltenen Erklärung des Arbeitgebers der Sinn und Zweck der Ausschlussfrist bereits erfüllt ist.

Diesen Überlegungen folgt die Beklagtenseite auch, wenn sie ausführt, dass dies richtig gesehen werde, aber von diesem Grundsatz deshalb eine Abweichung zu machen sei, weil der Kläger die Richtigkeit der Dezember - Abrechnung selbst angezweifelt hat. Dem ist entgegen zu halten, dass der einmal erreichte Zweck der Ausschlussfrist, Dokumentation des Anspruches, durch die Vorlage der Abrechnung durch den Arbeitgeber erreicht wird und durch kein Verhalten weder des Arbeitnehmers noch des Arbeitgebers, das in einer Erschütterung der Abrechnung oder der Reklamation von Gegenansprüchen bestehen kann, rückwirkend beseitigt wird. Damit bleibt es dabei, dass der Kläger die Dezember - Vergütung nach Erhalt der Abrechnung nicht noch einmal schriftlich geltend machen musste, so dass die erste Stufe des § 18 eingehalten ist. Die weitere Frist von einem Monat, die im Falle der Ablehnung einzuhalten und die Forderung gerichtlich geltend zu machen ist, greift im vorliegenden Falle ebenfalls deshalb nicht, weil die Beklagtenseite den Anspruch nicht abgelehnt hat. Die Nichtzahlung einer fälligen Forderung bedeutet nicht die Ablehnung des abgerechneten Anspruchs, zumal auch die Abrechnung (Bl. 16 d. A.) keinerlei Einbehalte oder sonstige Einwände enthält. Damit konnte der Kläger seine Dezember - Forderung im Rahmen der Verjährung geltend machen, die offensichtlich noch nicht erreicht sind. Der Einwand der Beklagten, dass sie dann ihre Gegenansprüche hätte sichern können, wenn sich der Kläger früher gemeldet hätte, greifen deshalb nicht, weil auch für ihre Ansprüche § 18 des Arbeitsvertrages eingreifen würde, weil dieser alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis erfasst und nicht nur Ansprüche des Arbeitnehmers. Deshalb kann auch dahinstehen, dass die geltend gemachte Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen wegen nicht abgelieferten Werkzeuges deshalb nicht entscheidungserheblich sein kann, weil die einzelnen Teile und ihren Wert nicht im Einzelnen angegeben wurden und zudem die Pfändungsschutzvorschriften bei der von der Beklagten gewollten Aufrechnung nicht beachtet worden sind.

Nach dem Vorstehenden ist die Berufung unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 14.08.2003 zurückzuweisen, weswegen der Beklagten die Kosten des Berufungsverfahrens aufzuerlegen sind, §§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 97 ZPO, wobei die Kosten, die auf der Säumnis des Klägers vom 14.08.2003 beruhen, von diesem zu tragen sind, §§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 341 ZPO.

Der Wert des Streitgegenstandes ist der noch im Streit befindlichen Forderung anzumessen.

Die Revision an das Bundesarbeitsgericht ist angesichts der gesetzlichen Vorgaben in § 72 Abs. 2 ArbGG nicht zugelassen.

Ende der Entscheidung

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