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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 23.03.2007
Aktenzeichen: 6 Sa 748/06
Rechtsgebiete: MTV, BGB, ArbGG, ZPO, BAT


Vorschriften:

MTV § 12 b
MTV § 24
BGB § 305 c Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 6
ArbGG § 66 Abs. 1
ZPO § 519
ZPO § 520
BAT § 22
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 6 Sa 748/06

Entscheidung vom 23.03.2007

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 05.09.2006 - 3 Ca 1308/06 - wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren (nur noch) um die Frage, ob die Klägerin nach dem am 24.09.2004 zwischen der P. S. C. und C. für Senioreneinrichtungen AG und der V. geschlossenen Manteltarifvertrag einen Anspruch auf Vergütung nach Vergütungsgruppe Ap II Fallgruppe 2 der Anlage B zum vorgenannten Manteltarifvertrag hat.

Die Klägerin ist bei der Beklagten seit 01.06.2000 mit schriftlichem Arbeitsvertrag als Altenpflegehelferin angestellt. Der Arbeitsvertrag sieht in § 5 eine Vergütung nach Vergütungsgruppe/- stufe KR I/01, einen Ortszuschlag, eine allgemeine Zulage und eine freiwillige Zulage (AT) vor und in § 14 eine Verweisung auf anwendbare Tarifverträge, soweit der Arbeitsvertrag keine eigenständige Regelung enthält.

Der eingangs erwähnte Manteltarifvertrag enthält u. a. folgende Regelungen:

§ 12 Eingruppierung

1. Die Eingruppierung der Arbeitnehmer richtet sich nach den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsordnung (Anlage B). Der Arbeitnehmer erhält Vergütung nach der Vergütungsgruppe, in die er eingruppiert ist.

....

§ 12 b Grundvergütung

1. Vom Beginn des Monats an, in dem ein Angestellter seine Tätigkeit bei der P. S. AG oder deren Tochtergesellschaft beginnt oder begonnen hat, erhält er die Anfangsgrundvergütung (erste Stufe) seiner Vergütungsgruppe.

2. Die Einstufung erfolgt nach Beschäftigungsjahren. Beschäftigungszeiten bei anderen Arbeitgebern können dabei angerechnet werden.

....

§ 24 Besitzstandswahrung

1. Soweit sich aus der Anwendung dieses Tarifvertrages und diesen ergänzenden und ersetzenden Tarifverträgen ein niedrigeres Gesamteinkommen als nach den für den jeweiligen Arbeitnehmer zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Tarifvertrages oder anderer Regelungen ergibt, gelten folgende Regelungen:

a) Bei denjenigen Arbeitnehmern, die am 30. September 2004 schon bei P. S. beschäftigt waren und deren Stufung solange bestehen, bis er die Anspruchsvoraussetzungen dieses Tarifvertrages zur Höherstufung erfüllt.

....

§ 27 In-Kraft-Treten, Laufzeit

1. Dieser Tarifvertrag tritt mit Wirkung vom 01. Oktober 2004 in Kraft.

2. Die in §§ 10, 12, 12a, 12b, 12c, 13, 16a, 19, 20 treten mit Wirkung vom 01. Januar 2005 in Kraft.

....

Die Klägerin hat erstinstanzlich - soweit für das Berufungsverfahren von Interesse - hilfsweise beantragt,

es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin seit dem 01.01.2005 die Vergütungsgruppe II der Anlage B (Pflegepersonal) zum MTV P. S. in Betriebszugehörigkeitsstufe 3 des Vergütungstarifvertrages P. S. (Vergütungs-TV) zu vergüten

Die Beklagte hat erstinstanzlich,

Klageabweisung beantragt.

Sie hat den hilfsweise verfolgten Anspruch mangels Vorliegens der Voraussetzungen des Tarifvertrages nicht für begründet gehalten.

Das Arbeitsgericht Mainz hat durch Urteil vom 05.09.2006 - 3 Ca 1308/06 - das mit der Berufung weiter verfolgte Begehren auf Vergütung nach der Vergütungsgruppe Ap II Fallgruppe 2 abgewiesen, da das erforderliche Merkmal der dreijährigen Bewährung nicht vorläge. Die Bewährungszeit habe erst mit dem In-Kraft-Treten des Tarifvertrages laufen begonnen. Die Vergütungsgruppe sei erst mit Abschluss des Manteltarifvertrages vom 24.09.2004 mit Wirkung zum 01.10.2004 bzw. 01.01.2005 in Kraft getreten. Übergangsregelungen zur Rückwirkung von Bewährungszeiten seien nicht vorhanden. Dies zeige auch ein Vergleich, zu der die stufenzugehörigkeitregelnden Vorschrift des § 12 b MTV, die in Ziffern 1 und 2 auf den Beginn der Beschäftigung abstelle. § 12 b MTV könne auch weder direkt noch entsprechend auf die Eingruppierung angewandt werden, da eindeutig zwischen der Eingruppierungsregelung und der Stufenvergütung unterschieden würde.

Gegen das der Klägerin am 13.09.2006 zugestellte Urteil richtet sich deren am 26.09.2006 eingelegte und am 13.12.2006 begründete Berufung nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist.

Die Klägerin bringt zweitinstanzlich weiter vor,

entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts seien die Bewährungszeiten bei dem ab 01.01.2005 geltenden Manteltarifvertrag zu berücksichtigen, da die Tarifvertragsparteien kein grundsätzlich neues Vergütungssystem hätten einführen wollen, sondern die bisherigen Regelungen samt Berücksichtigung der in den identischen Fallgruppen zurückgelegten Bewährungszeiten beibehalten wollten. Die ursprünglichen Überlegungen, ein vollständig eigenständiges Vergütungssystem zu schaffen, sei gerade nicht umgesetzt worden. Das bisherige Eingruppierungssystem für Pflegepersonal sollte fortgeführt werden. Die erstinstanzlich vorgelegte Synopse zeige, dass das Vergütungssystem des BAT hinsichtlich der KR-Gruppen in der Anlage B zum MTV übernommen worden sei. Außerdem ergebe sich ein entsprechender Anspruch aus § 5 des Arbeitsvertrages, der eine dynamische Verweisung auf das Vergütungsgruppensystem des BAT (KR-Vergütungsgruppen) enthielte. Unter Berücksichtigung der Unklarheitenregelung des § 305 c Abs. 2 BGB sei daher die bisher zurückgelegte Bewährungszeit zu berücksichtigen.

Hinsichtlich der weiteren Ausführungen der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 13.12.2006 (Bl. 234 bis 240 d. A.) Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt zweitinstanzlich,

das Urteil des Arbeitsgerichtes Mainz vom 05.09.2006, Az: 3 Ca 1308/06, wird abgeändert und es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin seit 01.02.2005 Vergütung nach der Vergütungsgruppe Ap II der Anlage B zum MTV P. S. in der Betriebszugehörigkeitsstufe 3 zu zahlen.

Die Beklagte hat

Zurückweisung der Berufung

beantragt und erwidert,

dem Manteltarifvertrag ließe sich nicht entnehmen, dass zurückliegende Beschäftigungszeiten bei einem Bewährungsaufstieg zu berücksichtigen seien. Die Tarifvertragsparteien hätten in § 24 MTV eine Besitzstandsregelung lediglich dahingehend getroffen, dass eine Verschlechterung der Arbeitnehmer bei In-Kraft-Treten des Tarifvertrages ausgeschlossen sein sollte. Frühere Beschäftigungszeiten sollten keine Berücksichtigung für die Eingruppierung finden. Lediglich für Vorbeschäftigungszeiten bei P. S. sei in § 12 b MTV eine Anrechnungsmöglichkeit als Option vorgesehen. Das Arbeitsgericht habe zutreffend zwischen der Eingruppierungsregelung und den Stufenvergütung unterschieden. Eine rückwirkende Geltung des Tarifvertrages sei nicht vereinbart. Bewährungszeiten könnten daher frühestens ab dem In-Kraft-Treten des MTV zu laufen beginnen. Das Tarifwerk spräche von einer Bewährung in "dieser" Fallgruppe. Eine solche existiere erst seit In-Kraft-Treten des Tarifvertrages am 01.01.2005. Zu § 5 des Arbeitsvertrages habe das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 09.11.2005 (Az: 5 AZR 128/05) entschieden, dass die Eingruppierungsautomatik nicht eingreifen solle.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Berufungsbeantwortung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 16.01.2007 (Bl. 250 - 255 d. A.) Bezug genommen. Im Übrigen wird auf die Feststellungen in der Sitzungsniederschrift des Landesarbeitsgerichts vom 23.03.2007 (Bl. 260 - 262 d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Klägerin ist nach § 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Sie ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet worden. Sie ist insgesamt zulässig.

II.

Das Rechtsmittel der Klägerin ist jedoch nicht begründet.

Das Arbeitsgericht Mainz hat in seinem angefochtenen Erkenntnis vom 05.09.2006 - 3 Ca 1308/06 - hinsichtlich des noch in der Berufung in Rede stehenden Begehrens zutreffend entschieden, dass der Klägerin nach der am 01.01.2005 in Kraft getretenen Eingruppierungsregelung des § 12 b MTV i. V. m. der Anlage B zum Manteltarifvertrag keine Vergütung nach Vergütungsgruppe Ap II Fallgruppe 2 zusteht, da das erforderliche Merkmal einer "dreijährigen Bewährung" nicht festgestellt werden kann.

Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt die Kammer auf den diesbezüglich geführten Teil des arbeitsgerichtlichen Urteils Bezug und sieht hier von einer weiteren Darstellung ab.

Die Angriffe der Berufung geben Veranlassung zu folgenden ergänzenden Ausführungen:

1.

Soweit die Berufung vorbringt, die Tarifvertragsparteien hätten kein grundsätzlich neues Vergütungssystem einführen wollen, sondern bisherige Regelungen samt Berücksichtigung der in den identischen Fallgruppen zurückgelegten Bewährungszeiten übernommen, was sich auch aus einer erstinstanzlich vorgelegten Synopse (Bl. 94 d. A.) ergebe, vermag dem die Berufungskammer nicht zu folgen.

Die erwähnte Synopse stellt zwar eine Gegenüberstellung der Vergütungsgruppen Kr II nebst der Vergütungsgruppe Ap II dar, sie ist aber weder tarifrechtlich noch arbeitsvertraglich in irgendeiner Form bindend. Insoweit ist sie lediglich eine Orientierungshilfe ohne zwingenden Rechtscharakter. Weitere Anhaltspunkte dafür, dass die Tarifvertragsparteien die bisherige Regelung samt der in den identischen Fallgruppen zurückgelegten Bewährungszeiten berücksichtigen wollten, sind mangels Sachvortrags der Klägerin hierzu nicht auszumachen. § 24 MTV enthält lediglich eine auf das monatliche Gesamteinkommen, das in einer Protokollnotiz mit den Bestandteilen Grundvergütung, Ortszuschlag und allgemeine Zulage beschrieben ist, bezogene bloße Besitzstandswahrung. Auch eine rückwirkende Geltung des Tarifvertrages ist nicht vereinbart. Desgleichen kann auch nicht aus § 12 b MTV, welcher die Grundvergütung regelt und die Einstufung nach Beschäftigungsjahren, auf das Vorliegen der Bewährungszeiten der begehrten Vergütungsgruppe geschlossen werden.

Da das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 09.11.2005 - 5 AZR 128/05 - im Rahmen seiner Entscheidung zur Tragweite der Verweisung auf Tarifnormen in einem Formulararbeitsvertrag, der mit dem vorliegenden Arbeitsvertrag vergleichbar ist, zum Ergebnis kam, dass die Eingruppierungsautomatik des § 22 BAT offenbar nicht gelten soll, kann die arbeitsvertraglich vereinbarte KR-Regelung nicht auf die Vergütungsgruppe Ap II Ziff. 2, die eine dreijährige Bewährung in "dieser" Fallgruppe mit entsprechender Tätigkeit vorsieht, übertragen werden. Eine Bewährung in "dieser" Fallgruppe im Sinne der Vergütungsgruppe Ap II kann nach Auffassung der Berufungskammer erst ab dem Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Manteltarifvertrages in Betracht kommen; denn nach dem für die Auslegung einer Tarifvorschrift maßgebenden Wortlaut (vgl. BAG Urteil vom 19.06.2001 - 1 AZR 598/00) ist das Wort "dieser" als Demonstrativpronomen auf die Bewährung in der neuen Fallgruppe 2 der Vergütungsgruppe Ap II ausgerichtet.

III.

Aus vorgenannten Gründen muss es daher bei der arbeitsgerichtlichen Entscheidung im angegriffenen Punkt verbleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Für die Zulassung einer Revision liegen die in § 72 Abs.2 ArbGG enthaltenen Voraussetzungen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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