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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 05.01.2006
Aktenzeichen: 6 Sa 777/05
Rechtsgebiete: BGB, ArbGG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 611
ArbGG § 64 Abs. 6 Satz 1
ZPO § 91
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 6 Sa 777/05

Entscheidung vom 05.01.2006

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz - vom 06. Juli 2005 - AZ. 4 Ca 610/05 - wie folgt abgeändert:

Die Beklage wird verurteilt, an den Kläger 1.057,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz seit 01.01.2005 Urlaubsgeld zu zahlen.

Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Die Revision an das Bundesarbeitsgericht wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger noch ein halbes Urlaubsgeld in unstreitiger Höhe von 1.057,-- € brutto nebst entsprechender Verzinsung zu zahlen.

Die Parteien haben am 01.12.2004 eine Vereinbarung getroffen, wonach das Arbeitsverhältnis durch ordentliche betriebsbedingte Kündigung des Arbeitgebers vom 19.11.2004 zum 28.02.2005 seine Beendigung finden wird.

Die Beklagte hat das hälftige Urlaubsgeld nicht wie in den Jahren zuvor mit der Abrechnung Dezember 2004 ausgezahlt, weil sie sich auf den Standpunkt stellt, dass ein Anspruch des Klägers auf Zahlung durch die Vereinbarung vom 01.12.2004 abgedungen sei.

Der Kläger hat seine Klage, welche am 16.02.2005 beim Arbeitsgericht eingereicht wurde, im Wesentlichen damit begründet, dass die in Ziffer 1 Abs. 2 der Vereinbarung aufgenommene Verpflichtung, das Arbeitsverhältnis bis zum Kündigungstermin einschließlich 13. Monatsgehalt 2004 abzurechnen, auch beinhalte, dass die mit Dezember 2004 fällige 2. Rate des Urlausgeldes abgerechnet und ausgezahlt werden müsse.

Ein Verzicht des Klägers sei in der Vereinbarung nicht enthalten und die Ausgleichsklausel gelte nur dann, wenn alle wechselseitigen Ansprüche erfüllt seien, was jedoch bezüglich der 2. Rate des Urlaubsgeldes gerade nicht der Fall sei.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.057,-- € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz sei 01.01.2005 (2. Rate Urlaubsgeld 2004) zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat dies im Wesentlichen damit begründet, dass mit der Festlegung der Höhe der Bezüge für November 2004 bis Februar 2005 weitere Ansprüche, die, nicht in der Vereinbarung aufgeführt seien, ausgeschlossen seien.

Das Arbeitsgericht hat durch das angefochtene Urteil vom 06.07.2005 die Klage abgewiesen und dies im Wesentlichen damit begründet, dass die Vereinbarung vom 01.12.2004 abschließend regelte, welche Forderungen der Kläger für diesen Zeitraum anmelden könne.

Die Parteien hätten die Bruttovergütung für die Monate November 2004 bis Februar 2005 explizit genau bestimmt und als einzige abzurechnende Sonderleistung das 13. Monatsgehalt ausdrücklich in die Vereinbarung aufgenommen, woraus man schließen könne, dass weitere Leistungen nicht gezahlt werden sollten.

In III der Vereinbarung seien zudem alle weiteren Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschlossen worden.

Nach Zustellung des Urteils am 19.08.2005 ist Berufung am 19.09.2005 eingelegt und am 19.10.2005 im Wesentlichen damit begründet worden, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien bis zum Kündigungstermin ordnungsgemäß abzurechnen sei, womit alle vertragsgemäßen Ansprüche des Klägers erfasst würden, wozu auch das Urlaubsgeld, das jährlich in 2 Raten gezahlt werde, zähle.

Die Zahlungsverpflichtung der Beklagten sei vor und bei Abschluss der Vereinbarung nicht angezweifelt worden.

Auch der Hinweis des Arbeitsgerichtes, wonach alle nicht in Ziffer 1 der Vereinbarung geregelten Ansprüche erledigt sein sollten, treffe deshalb nicht zu, weil im Rahmen der abstrakt vereinbarten Abrechnungspflicht die einzelnen Ansprüche nicht ausdrücklich bezeichnet worden seien. Einen Verzicht habe der Kläger zumindest nicht erklärt.

Die Aufnahme des Weihnachtsgeldes sei darauf zurückzuführen, weil die Beklagte eventuell auch wegen des Kündigungsendes sich auf den Wegfall künftiger Betriebstreue bei Zahlung eines Weihnachtsgeldes habe etwa berufen wollen.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils vom 06.07.2005 gemäß Schlussantrag des Klägers erster Instanz zu verurteilen.

2. Der Beklagten die Kosten beider Rechtszüge aufzuerlegen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil im Wesentlichen damit, dass sämtliche Einzelheiten der Berechnung der Bezüge für die Monate November 2004 bis Februar 2005 explizit geregelt seien, weil beispielsweise kein anteiliges 13. Monatsgehalt für 2005 gezahlt werden sollte. Die Parteien hätten alle abzurechnenden Ansprüche explizit aufgelistet und weil die Zahlung der 2. Hälfte des Urlaubsgeldes nicht darunter falle, sei auch ein Anspruch des Klägers nicht gegeben.

Die Beklagte sei zunächst nicht bereit gewesen, ein 13. Monatsgehalt zu zahlen, was man auch unmissverständlich deutlich gemacht habe und weil man sich später doch auf die Zahlung verständigt hätte, sei das 13. Monatsgehalt explizit aufgenommen worden.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf den Inhalt der Schriftsätze, die im Berufungsverfahren zur Akte gereicht wurden und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, ebenso wie auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils (Bl. 37-40 d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist zulässig, weil innerhalb der gesetzlichen Fristen form- und fristgerecht eingelegt und begründet und hat auch deshalb Erfolg, weil das Arbeitsgericht die Klage auf Zahlung der 2. Rate des einzelvertraglich vereinbarten Urlaubsgeldes in der unstreitigen Höhe von 1.057,-- € brutto nebst geforderter Verzinsung abgewiesen hat.

Der Kläger hat einen Anspruch nach § 611 BGB, weil die Zahlung eines Urlaubsgeldes in 2 Raten für jedes Kalenderjahr zwischen den Beteiligten vereinbart gewesen ist und von der Beklagten in der geforderten Höhe, die im Dezember 2004 hätte abgerechnet werden müssen, noch nicht erfüllt ist.

Ein Verzicht des Klägers auf diese Forderung ist der Vereinbarung der Parteien vom 01.12.2004 nicht zu entnehmen, weil ein Verzicht des Arbeitnehmers als Gläubiger auf Rechte nach der Lebenserfahrung im allgemeinen nicht zu erwarten und nicht zu vermuten ist und deswegen neben dem Wortlaut der Erklärung auch die Begleitumstände zu berücksichtigen sind, unter denen sie abgegeben werden.

Unstreitig ist über das Urlaubsgeld nicht gesprochen worden, woraus sich jedoch kein Verzicht des Klägers entnehmen lässt, weil etwa über die Höhe der Bezüge von November 2004 bis Februar 2005 eine ausdrückliche Vereinbarung einschließlich der Arbeitgeberanteile für die vermögenswirksamen Leistungen getroffen wurde.

Unstreitig ist nämlich, dass die Beklagte bis zum Ende der Kündigungsfrist eine Vergütung zahlen sollte und sich die Parteien lediglich über den streitigen Punkt: Höhe der Bezüge, geeinigt haben. Allein die Höhe der Bezüge war in der Diskussion, nicht die grundsätzliche Verpflichtung der Beklagten, eine Vergütung zu zahlen.

Der Klägervertreter hat vorgetragen, dass die Zahlung des 13. Monatsgehaltes für 2004 deshalb aufgenommen wurde, weil die Beklagte eine Zahlung zunächst abgelehnt hat, was der Beklagtenvertreter auch insoweit einräumte. Damit war aber Veranlassung gegeben, diese Leistung aufzunehmen, weil im Gegensatz zu anderen Leistungen die Beklagtenseite hier eine Erfüllung zunächst abgelehnt hat. Daraus kann nicht gefolgt werden, dass hier eine enumerative ausschließliche Aufzählung der Leistungen erfolgt ist, die von der Beklagten zu erbringen sind.

Im Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung war auch die 2. Rate des Urlaubsgeldes noch nicht fällig, da diese erst mit der Dezemberabrechnung des Jahres 2004 abgerechnet werden sollte, so dass auch dem Kläger nicht bewusst war, dass seine offen stehende Forderung mit der Vereinbarung als erledigt behandelt werden sollte.

Bei einem Verzicht wird jedoch gefordert, dass dem Erklärenden klar ist, dass überhaupt ein Verzicht erklärt wird, wovon im vorliegenden Falle nicht ausgegangen werden kann.

Die Vereinbarung, dass das Arbeitsverhältnis bis zum Kündigungstermin ab November 2004 abgerechnet werden soll, umfasst also auch die Abrechnung der 2. Hälfte des Urlaubsgeldes und deren Auszahlung, wobei die unter III getroffene Vereinbarung, dass mit der Erfüllung dieses Vergleiches alle wechselseitigen Ansprüche der Parteien aus dem Arbeitsverhältnis erledigt sein sollen, dem deshalb nicht entgegen steht, weil diese Klausel nur dann greift, wenn eine vertragsgemäße Abrechnung vorliegt, die auch die Änderung der Gehaltshöhe berücksichtigt. Solange die vertragsgemäße Abrechnung nicht erfolgt ist, kann von einer Erfüllung des Vergleiches nicht gesprochen werden, so dass nach dem Vorstehenden die Entscheidung des Arbeitsgerichts abzuändern und der Klage zu entsprechen ist, was dazu führt, der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, §§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 91 ZPO.

Eine gesetzlich begründbare Veranlassung, die Revision an das Bundesarbeitsgericht zuzulassen, besteht nach der Vorgabe des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht.

Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde anzufechten, § 72 ArbGG, wird die Beklagte hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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