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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 08.06.2006
Aktenzeichen: 6 Sa 853/05
Rechtsgebiete: BAT, SGB IX, ZPO


Vorschriften:

BAT § 53 Abs. 3
BAT § 55 Abs. 1
BAT § 55 Abs. 2
BAT § 12
SGB IX § 81 Abs. 4
SGB IX § 81 Abs. 4 Satz 1
SGB IX § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4
SGB IX § 99 Abs. 1
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 6 Sa 853/05

Entscheidung vom 08.06.2006

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen/Rhein wie folgt klarstellend abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, vorbehaltlich der Zustimmung des Personalrates, die Klägerin als Mitarbeiterin beim Ordnungsamt der Beklagten für die Kontrolle des ruhenden Verkehrs (Politesse) mit der Hälfte der tarifvertraglichen wöchentlichen Arbeitszeit zu beschäftigen.

Die Beklagte wird verurteilt, die Arbeitsvergütung der Klägerin ab Dezember 2004 auf der Grundlage der zuletzt abgerechneten Arbeitsvergütung unter Berücksichtigung etwaiger tarifvertraglicher Änderungen abzurechnen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin zu 1/4 und die Beklagte zu 3/4 zu tragen.

Die Revision an das Bundesarbeitsgericht wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin, welche seit 01.05.1991 als Masseurin und medizinische Bademeisterin beschäftigt ist, diese Tätigkeiten aber unstreitig nicht mehr ausüben kann, zu beschäftigen und darüber, wie diese Tätigkeit ausgestaltet sein soll.

Die Klägerin hat ihre am 25.02.2005 beim Arbeitsgericht eingereichte Klage im Wesentlichen damit begründet, nach Vorlage der fachärztlichen Bescheinigung des Dr. Jürgen vom 31.08.2004 und 18.04.2005 habe sie sich in der Stadtklinik Z. gemeldet, um eine anderweitige Tätigkeit aufzunehmen, woraufhin mit Schreiben vom 14.06.2004 dem Personalamt der beklagten Stadt mitgeteilt worden sei, dass sie an der Fortsetzung ihrer Beschäftigung interessiert sei, wobei sie eine Umsetzung anregte und daraufhin mit Schreiben vom 09.09.2004 sich auf eine ausgeschriebene Stelle in der Straßenverkehrsabteilung beworben habe, die abschlägig beschieden wurde, woraufhin die vorliegende Klage eingereicht worden sei.

Die beklagte Stadt sei verpflichtet, sie im Hinblick auf ihre gesundheitlichen Beeinträchtigungen und der Tatsache, dass sie einer Schwerbehinderten gleichgestellt sei, in einem zumutbaren Tätigkeitsbereich zu beschäftigen.

Daneben sei die Beklagte verpflichtet, die Ansprüche auf Arbeitsvergütung ab Dezember 2004 abzurechnen und die sich ergebenden Nettobeträge auszuzahlen, soweit der Anspruch nicht auf die Bundesanstalt für Arbeit übergegangen sei.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, sie als Angestellte entsprechend dem Arbeitsvertrag vom 07.11.1991 zu beschäftigen.

2. die Beklagte zu verurteilen, ihre Ansprüche auf Arbeitsvergütung ab Dezember 2004 abzurechnen und die sich ergebenden Nettobeträge an sie zu zahlen, soweit der Anspruch nicht kraft Gesetzes auf die Bundesagentur für Arbeit übergegangen ist.

Die beklagte Stadt hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat diesen Antrag im Wesentlichen damit begründet, dass die Klägerin unstreitig auf ihren bisherigen Arbeitsplatz als Masseurin und medizinische Bademeisterin nicht mehr einsetzbar sei und im Verwaltungsbereich für die Klägerin kein leidensgerechter Arbeitsplatz existiere. Darüber hinaus fehle der Klägerin die erforderliche Verwaltungsausbildung, sodass reine Hilfs- und Anlerntätigkeiten in Betracht kämen, die jedoch nicht vorhanden seien.

Arbeitsplätze im Verwaltungsbereich, die neu besetzt würden, würden als Voraussetzung die Abschlussprüfung zum Verwaltungsfachangestellten bzw. Fachangestellten für Bürokommunikation und darüber hinaus qualifizierte EDV-Kenntnis erfordern, die die Klägerin allesamt nicht aufweise.

Die Stelle, auf die sich die Klägerin beworben habe, sei mit einer internen Bewerberin, die ausgebildete Bürogehilfin sei und im Jahr 2002 die erste Angestelltenprüfung abgelegt habe, besetzt worden, was deswegen nicht zu beanstanden sei, weil die Klägerin die erforderliche Qualifikation nicht aufweise.

Eine Abrechnung der Arbeitsvergütung ab Dezember 2004 sei deshalb nicht vorzunehmen, weil sich die Beklagte nicht im Annahmeverzug befinde, dann die Klägerin nicht zur Erbringung der arbeitsvertraglichen Leistung in der Lage sei.

Das Arbeitsgericht hat am 25.08.2005 folgendes Teilurteil erlassen:

1. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin als Angestellte entsprechend dem Arbeitsvertrag vom 07.11.1991 zu beschäftigen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, die Arbeitsvergütung der Klägerin ab Dezember 2004 auf der Grundlage der zuletzt abgerechneten Arbeitsvergütung unter Berücksichtigung etwaiger tarifvertraglicher Änderungen abzurechnen.

3. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

4. Der Streitwert wird auf € 4.500,00 festgesetzt.

5. Soweit die Berufung nicht bereits kraft Gesetzes (§ 64 II lit. b und c ArbGG) statthaft ist, wird sie nicht zugelassen.

Diese Entscheidung ist im Wesentlichen damit begründet worden, dass die Klägerin ordentlich nicht mehr kündbar sei, § 53 Abs. 3 BAT, sodass zugunsten der Klägerin die Vorschriften des § 55 Abs. 1 und Abs. 2 BAT eingriffen, die eine Kündigung ausschlössen, wenn die Leistungsminderung durch einen Arbeitsunfall herbeigeführt worden sei. Die Beklagte hätte nach § 12 BAT der Klägerin eine Beschäftigung anbieten müssen, um der Beschäftigungspflicht im bestehenden Arbeitsverhältnis gerecht zu werden. Die beklagte Stadt habe die Klägerin als externe Bewerberin angesehen, was nicht zutreffend sei, da der Arbeitsvertrag der Parteien noch bestehe. Die Beschäftigungspflicht der Beklagten lasse sich aber auch aus dem Schutzgedanken des § 81 Abs. 4 Satz 1 SGB IX ableiten, wonach die Beklagte verpflichtet sei, der Klägerin Arbeit im Rahmen der vertraglichen gesetzlichen Vorgaben zuzuweisen, wobei die Klägerin sich hierzu bereits durch die Bewerbung bereit erklärt habe.

Die Beklagte hätte zumindest einen Versuch mit der Klägerin unternehmen müssen, als die Sachbearbeitungsstelle im Bereich des Zulassungswesens angestanden habe.

Die Beklagte hätte durch Ausübung des Direktionsrechtes der Klägerin eine neue Arbeit zuweisen können und müssen, weswegen sich die Beklagte ab 01.12.2004 in Annahmeverzug befunden hat und demgemäß auch verpflichtet war, den Lohnanspruch ab diesem Zeitpunkt abzurechnen. Da die Beklagte ihr Direktionsrecht ausüben könne, habe man der weit gefassten Anspruchsformulierung der Klägerin bzgl. der Beschäftigung stattgegeben.

Nach Zustellung des Teilurteils am 30.09.2005 hat die Beklagte am 20.10.2005 Berufung eingelegt, welche am 28.11.2005 im Wesentlichen damit begründet worden ist, dass die Klägerin zwar schwerbehindert, jedoch noch ordentlich kündbar sei, da noch keine Beschäftigungszeit von 15 Jahren bei der Klägerin vorliege.

Die Klägerin könne die aufgrund des einstellungsbegleitenden Anschreibens die geschuldete Arbeitsleistung einer Masseurin und medizinischen Bademeisterin im Städtischen Krankenhaus unstreitig nicht mehr ausüben, weswegen Ansprüche auf Annahmeverzug wegen des fehlenden ordnungsgemäßen Anbietens der arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung nicht entstehen könnten.

Die Beklagte sei auch nicht verpflichtet gewesen, die Klägerin auf dem Arbeitsplatz als Verwaltungsangestellte zu erproben, da sie die erforderlichen Voraussetzungen nicht mitbringe.

Auch der Anspruch aus § 81 Abs. 4 SGB IX scheide aus, da dieser unter den Vorbehalt gestellt sei, dass die Erfüllung dieses Anspruches für den Arbeitgeber zumutbar sei. Nur dann, wenn ein freier Arbeitsplatz zur Verfügung stünde, auf dem eine den Fähigkeiten und Kenntnissen des Arbeitnehmers entsprechende Beschäftigung möglich sei, sei der Arbeitgeber verpflichtet, mit dem schwerbehinderten Arbeitnehmer einen Arbeitsvertrag abzuschließen, der die dem Behinderten mögliche Arbeitsaufgabe entspreche.

Der Arbeitsplatz in der Straßenverkehrsabteilung sei bei Klageerhebung bereits besetzt gewesen und die Klägerin habe bislang lediglich Arbeitsplätze angegeben, die zwischenzeitlich besetzt seien, wobei der Arbeitgeber nicht verpflichtet sei, diese Plätze frei zu kündigen. Ob ein Schadenersatzanspruch der Klägerin zustehe, könne dahinstehen, da das Arbeitsgericht dem Anspruch auf Beschäftigung gemäß dem Arbeitsvertrag entsprochen habe.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Teilurteils, die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen,

und hilfsweise,

das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 25.08.2005 - AZ: 3 Ca 497/05 - dahingehend abzuändern, dass die Beklagte verurteilt wird, die Klägerin mit der Maßgabe zu beschäftigen, dass bei der Tätigkeit der Klägerin

- das Heben und Tragen von Lasten über 5 kg und

- Überkopfarbeiten und

- einseitige Körperzwangshaltungen vermieden werden, bspw. als

- Mitarbeiterin der Pforte der Stadtklinik Z.

- Mitarbeitern des Archivs der Stadtklinik Z.

- Mitarbeiterin im Vorzimmer des Haupt- und Personalamtes der beklagten Stadt (Stelle Nr. 23 im Mitteilungsblatt Nr. 6 vom 16.03.2005)

- Sachbearbeiterin der Straßenverkehrsabteilung der beklagten Stadt (Stelle Nr. 52 im Mitteilungsblatt Nr. 11 vom 08.04.2004)

- Sachbearbeiterin beim Stadtjugendamt, Abt. Kindertagesstätten der beklagten Stadt (Stelle Nr. 68 im Mitteilungsblatt Nr. 17 vom 19.10.2005)

- Mitarbeiterin beim Ordnungsamt der beklagten Stadt für die Kontrolle des ruhenden Verkehrs (Politesse)

- Mitarbeiterin beim Ordnungsamt der beklagten Stadt (allgem. Streifendienst, Kontrolldienst).

Die Klägerin verteidigt die arbeitsgerichtliche Entscheidung im Wesentlichen damit, dass die Beklagte im Jahre 2005 eine ganze Reihe interner Stellenausschreibungen durchgeführt habe und die Klägerin zum Teil den Anforderungsprofilen der ausgeschriebenen Stellen entsprochen habe. Die Klägerin nimmt dabei Bezug auf die Mitteilungsblätter Nr. 5 bis 7, 10 bis 14, 17 bis 18 und 20 Bezug, die im Bereich der Beklagten im Jahre 2005 Stellenausschreibungen enthalten (Bl. 205-242 d. A.).

Die Klägerin habe darüber hinaus erklärt, auch als Politesse beschäftigt zu sein, um die Kontrolle des ruhenden Verkehrs durchzuführen.

Die Beklagte erwidert darauf, dass ein Einsatz der Klägerin im Krankenblattarchiv unter Poststelle der Stadtklinik aufgrund der tatsächlichen Tätigkeiten ausscheide, da häufig Überkopfarbeiten zu verrichten seien und zudem die dortigen Arbeitsplätze besetzt seien. Auch die anderen von der Klägerin benannten Stellen seien besetzt, wobei lediglich im Bereich der Politessen vier der 4,5 Halbzeitstellen besetzt seien, wobei der 0,5-Stellenanteil bisher deshalb nicht besetzt worden sei, da die Notwendigkeit für die Beschäftigung einer weiteren Politesse nicht bestehe. Die Politessen würden ihren Dienst nach einem Schichtplan jeweils vier Stunden täglich verrichten, wobei es auch Sonntagkontrollen gebe, die morgens ab 6.00 Uhr beginnen und abends bis 21.30 Uhr dauern könnten, wobei auch an Samstagen und verkaufsoffenen Sonntagen und Festveranstaltungen Dienst zu versehen sei.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der im Berufungsverfahren zur Akte gereichten Schriftsätze, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, ebenso Bezug genommen wie auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils (Bl. 98-104 d. A.).

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten, die form- und fristgerecht gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichtes Ludwigshafen vom 25.08.2005 - 3 Ca 497/2005 - eingelegt worden ist, ist im Hinblick auf die Verurteilung in Ziff. 1 des Teilurteils teilweise begründet, während sie im Übrigen als unbegründet zurückzuweisen ist.

Die Berufung ist insoweit zurückzuweisen, als die Beklagte verurteilt worden ist, Abrechnungen ab Dezember 2004 der Klägerin zu erteilen, wobei es keinen Unterschied macht, ob sich die Beklagte im Annahmeverzug befunden hat oder ob der Klägerin ein Schadenersatzanspruch wegen Nichtbeschäftigung zusteht, da der Schadenersatzanspruch sich in genau der gleichen Höhe beläuft, wie es das zuletzt bezogene Gehalt unter Berücksichtigung etwaiger tarifvertraglicher Veränderung darstellt.

Demgemäß war die Beklagte zu der Abrechnung ab Dezember 2004 unter Aufrechterhaltung des arbeitsgerichtlichen Urteils zu verurteilen.

Auf die Berufung der Beklagten hin ist das Teilurteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen dahingehend abzuändern, als eine Verurteilung zur vertragsgemäßen Beschäftigung erfolgte und statt dessen dem hilfsweise gestellten Antrag zu entsprechen, dass die Beklagte verurteilt wird, die Klägerin als Politesse zur Kontrolle des ruhenden Verkehrs mit der tarifvertraglichen wöchentlichen Arbeitszeit zu beschäftigen, wobei diese Beschäftigung unter den Zustimmungsvorbehalt des Personalrates zu stellen ist.

Das arbeitsgerichtliche Urteil ist abzuändern, weil die Verurteilung in Ziff. 1 des Teilurteils, die Klägerin als Angestellte entsprechend dem Arbeitsvertrag vom 07.11.1991 zu beschäftigen, durch die Sach- und Rechtslage nicht begründet ist. Die Klägerin ist als Angestellte beschäftigt worden, wobei sich die geschuldete Arbeitsleistung auf die Tätigkeit als Masseurin und medizinische Bademeisterin konkretisiert hat, wegen der weiteren Begründung verweist die Berufungskammer auf den Beschluss vom 17.01.2006 die einstweilige Einstellung einer Zwangsvollstreckung betreffend, der den Parteien bekannt ist.

Da dieser Tätigkeitsbereich die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung der Klägerin ist und diese von ihr unstreitig nicht mehr ausgeübt werden kann, hat sie auch keinen Anspruch, entsprechend dem Arbeitsvertrag beschäftigt zu werden.

Aus diesem Grunde ist der dahingehende Antrag der Klägerin auf die Berufung der Beklagten hin abzuweisen und insoweit ist die Berufung der Beklagten erfolgreich.

Jedoch ist auf die mit Schreiben vom 28.02.2006 vorgenommene Klageerweiterung in Form des Hilfsantrages die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin als Mitarbeiterin beim Ordnungsamt der Beklagten für die Kontrolle des ruhenden Verkehrs (Politesse) zu beschäftigen.

Die in dem Hilfsantrag vorgenommene Klageerweiterung entspricht dem Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wobei erkennbar die Klägerin nicht alle aufgeführten Tätigkeiten kumulativ, sondern nur eine davon ausüben will und dem Direktionsrecht des Arbeitgebers Rechnung trägt, in dem sie der Beklagten die Auswahl lässt, in welchem Bereich sie eine Beschäftigung der Klägerin tatsächlich realisieren will. Die Kammer folgt insoweit der Entscheidung des BAG vom 10.05.2005 (AZ: 9 AZR 230/2004), wo unter II 2. die Zulässigkeit eines derartigen Hilfsantrages und die ausreichende Bestimmtheit bejaht worden ist.

Die Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass der schwerbehinderte Mensch keinen absoluten Anspruch auf Beschäftigung hat, sondern sich dieser Anspruch, der aus § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 SGB IX entspringt, beschränkt auf solche Tätigkeiten, für die die Klägerin nach ihren Fähigkeiten und Kenntnissen unter Berücksichtigung der Behinderung auch befähigt ist. Die Klägerin hat diesen Anspruch vor Klageerhebung bei der Beklagten eingefordert und die Beklagte ist dem nicht nachgekommen, obwohl eine Beschäftigung der Klägerin möglich gewesen ist. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, auf den Arbeitsplätzen in der Pforte, dem Archiv, im Vorzimmer des Haupt- und Personalamtes, der Straßenverkehrsabteilung, beim Stadtjugendamt, Abteilung Kindertagesstätten oder beim Ordnungsamt der Beklagten beschäftigt zu werden, weil dort die Stellen vor Klageerhebung bereits besetzt waren, weil dies die Beklagtenseite unbestritten vorgetragen hat.

Die Frage, ob aus anderen Einstellungs- Besetzungsvorgängen ein Schadenersatzanspruch für die Klägerin resultiert, weil sie hätte berücksichtigt werden müssen, spielt im vorliegenden Verfahren keine Rolle.

Die Klägerin hat jedoch einen Anspruch darauf, als Mitarbeiterin beim Ordnungsamt der beklagten Stadt für die Kontrolle des ruhenden Verkehrs als Politesse beschäftigt zu werden, weil die Beklagte einräumt, dass dort eine Beschäftigungsmöglichkeit besteht, weil im Stellenplan eine Stelle mit der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit vorhanden und nicht besetzt ist.

Die Klägerin hat sich mit dieser Beschäftigung bereit erklärt, sodass, da auch die Arbeitsplatzbedingungen den Beeinträchtigungen der Klägerin Rechnung tragen, insbesondere im Hinblick darauf, dass die Arbeitsmaterialien kein Gewicht von mehr als 5 kg ausmachen, ist die Beklagte verpflichtet, die Klägerin auf dieser Stelle einzusetzen und zu beschäftigen, da hier eine Beschäftigung möglich ist. Aus den Darlegungen der Beklagten ergibt sich nicht, dass die Beschäftigung der Klägerin auf dieser Politessenstelle unzumutbar ist.

Zumindest kann die Beklagte damit nicht gehört werden, weil sie das zuständige Integrationsamt und auch nicht die Schwerbehindertenvertretung zur Lösungssuche eingeschaltet hat, § 99 Abs. 1 SGB IX. Die Personalleiterin Y. hat nur von einem Informationstelefonat erzählt, in welchem Ende 2004 das Gespräch mit der Integrationsbehörde gesucht und der Fall der Klägerin geschildert wurde. Welche Informationen gegeben wurden und warum auch die Schwerbehindertenvertretung nicht offiziell und ordnungsgemäß eingeschaltet worden ist, ist nicht deutlich geworden, als dass man davon ausgehen könnte, dass die Beklagte sich mit dem gesetzlich vorgesehenen Aufwand um eine Lösung der anstehenden Probleme im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin bemüht hat.

Eine Beschäftigung der Klägerin ist allerdings unter den Vorbehalt zu stellen, dass die Personalvertretung dieser neuen Vertragsgestaltung auch zustimmt, weil die Zustimmung erforderlich ist und der Arbeitgeber verpflichtet ist, die Zustimmung hierzu einzuholen (BAG Urteil vom 03.12.2002 - 9 AZR 481/01).

Da die Klägerin auf dem einzigen freien Arbeitsplatz einzusetzen ist, der sich als Halbzeittätigkeit darstellt, sind die weiteren Beschäftigungsmöglichkeiten, die im Hilfsantrag, den die Kammer als sachdienlich und deshalb zulässig erachtet, nicht gegeben und die Klage insoweit abzuweisen.

Nach dem vorstehenden sind die Kosten des Berufungsverfahrens unter den Parteien aufzuteilen, dass der Klägerin 1/4 und der Beklagten 3/4 aufzuerlegen sind, was dem jeweiligen Anteil des Unterliegens bzw. Obsiegens entspricht, §§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 92 Abs. 1, 97, 91 ZPO.

Veranlassung, die Revision an das Bundesarbeitsgericht zuzulassen, besteht angesichts der gesetzlichen Vorgaben in § 72 Abs. 2 ArbGG nicht.

Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass die Nichtzulassung der Beschwerde durch ein selbständiges Beschlussverfahren nach § 72a ArbGG angefochten werden kann.

Ende der Entscheidung

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