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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 23.03.2007
Aktenzeichen: 6 Sa 854/06
Rechtsgebiete: BGB, HGB, BUrlG, StBGebV, ArbGG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 125
BGB § 242
BGB § 373 (1)
BGB § 623
HGB § 60
HGB § 60 Abs. 1
HGB § 60 Abs. 2
HGB § 61
BUrlG § 7 Abs. 3 S. 1
BUrlG § 7 Abs. 3 S. 2
StBGebV § 9 (2)
ArbGG § 64 Abs. 4
ArbGG § 64 Abs. 6
ArbGG § 66 Abs. 1
ZPO § 519
ZPO § 520
ZPO § 717 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 6 Sa 854/06

Entscheidung vom 23.03.2007

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 24.07.2006 - 4 Ca 2036/05 - wird zurückgewiesen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Verpflichtung des beim Kläger als Steuerberater angestellt gewesenen Beklagten zur Auskunfterteilung und zu Schadenersatz, sowie um die Berechtigung von im Wege einer Widerklage verfolgten Ansprüche auf Urlaubsabgeltung und Gratifikation.

Der Beklagte war seit 1984 mit einer Unterbrechung im Jahre 1990 und zuletzt aufgrund des Arbeitsvertrages vom 20.10.1990 als Steuerberater angestellt.

Dieser Vertrag enthält u. a. folgende Regelungen:

§ 7 Vertragsdauer

Dieser Vertrag tritt am 1. Januar 1991 in Kraft. Er kann mit einer Frist von einem halben Jahr zum Jahresende oder zur Jahresmitte gekündigt werden.

Zum 1.1.1994 wird die Einbringung der Steuerberatungspraxis von Herrn A. in eine Sozietät, der Herr A. und Herr C. angehören sollen, angestrebt. Herr A. und Herr C. verpflichten sich, über die diesbezüglichen Modalitäten spätestens am 30.6.1996 Verhandlungen aufzunehmen, sofern dieser Vertrag dann noch Gültigkeit hat.

§ 8 Praxisübernahme

Für den Fall, dass Herr A. seine Praxis im ganzen oder zum Teil aufgeben will oder muss, verpflichten sich Herr A. bzw. seine Rechtsnachfolger, Herrn C. die Übernahme der Praxis im ganzen oder zum Teil anzubieten. Zu diesem Zweck wird Herrn C. hiermit von Herrn A. ein Vorkaufsrecht eingeräumt.

Als Übernahmepreis gelten 110% des durchschnittlichen Jahresumsatzes der zu übernehmenden Mandate, der im letzten Jahr vor der Übernahme erzielt wurde.

Herrn C. wird eine Bedenkzeit von vier Wochen, gerechnet vom Zeitpunkt der Kenntnisnahme durch Herrn C., eingeräumt. Nach Ablauf dieser Frist erlischt das obengenannte Vorkaufsrecht...

Mit Schreiben vom 20.04.2005 kündigte der Beklagte das bestehende Anstellungsverhältnis "zum nächst möglichen Termin". Der Kläger bestätigte auf diesem Schreiben schriftlich die Kündigung des Beklagten erhalten zu haben. Mit gleichem Datum unterbreitete der Beklagte eine Aufhebungsvereinbarung, welche u. a. folgenden Inhalt hatte:

Aufhebungsvereinbarung

Zur Aufhebung des zwischen Herrn A., A-Straße, A-Stadt (im folgenden: Arbeitgeber) und Herrn StB C., C-Straße, C-Stadt im folgenden Arbeitnehmer) bestehenden Anstellungsverhältnis werden die nachstehenden Vereinbarungen getroffen.

1. Das Arbeitsverhältnis wird zum 30.04.2005 einvernehmlich beendet.

...

3. Der Arbeitnehmer wird mit sofortiger Wirkung von der Arbeit freigestellt.

...

5. Weitere gegenseitige Ansprüche bestehen nicht.

C-Stadt, den 20.04.2005

................................................................

A. C.

Bezugnehmend auf die Kündigung des Beklagten reagierte der Kläger mit Schreiben vom 29.04.2005 wie folgt:

Sehr geehrter Herr C.,

wir haben über 20 Jahre gut zusammengearbeitet. Nach meiner Meinung ist Ihre Kündigung eine Kurzschlussentscheidung. Leider wurde ich überraschend krank. In der arbeitsfähig bin ich stark eingeschränkt. Deshalb muss ich den Generationswechsel schneller vorziehen als ursprünglich geplant.

Sie haben erklärt, dass Sie sich selbständig machen werden. Ihr Wunsch war auch das Arbeitsverhältnis sofort aufzuheben. Auf Grund der guten Zusammenarbeit in der Vergangenheit habe ich Ihrem Wunsch zugestimmt. Da Sie intensiven Kontakt mit meinem Mandanten hatten, sehen Sie dass eventuell viele Mandanten aus meiner Praxis zu Ihnen kommen könnten. Das schädigt meine Praxis erheblich.

In § 8 des Arbeitsvertrages vom 20.10.1990 ist vorgesehen, wenn ich die Praxis ganz oder teilweise aufgeben muss, dass ich Ihnen die Praxis oder einen Teil anbiete. Da ich aus Krankheit und Altersgründen die Praxis in einer angemessenen Zeit aufgeben muss, biete ich Ihnen den Anteil, den Sie mitnehmen wollen, an.

Als Richtschnur für den Preis sehe ich die Vereinbarung im Vertrag. Es wäre aber noch verhandelbar.

Ich erwarte Ihre Äußerung

...

Ob diesem Schreiben die nachfolgend dargestellte Aufhebungsvereinbarung beigefügt war oder diese erst später beim Beklagten einging, ist streitig. Diese Aufhebungsvereinbarung hat folgenden Inhalt:

Aufhebungsvereinbarung

Zur Aufhebung des zwischen Herrn A., A-Straße, A-Stadt (im Folgenden: Arbeitgeber) und Herrn C., C-Straße, C-Stadt (im Folgenden: Arbeitnehmer) bestehenden Anstellungsverhältnisses wird die nachstehende Vereinbarung getroffen.

Das Arbeitverhältnis wird zum 30.04.2005 einvernehmlich beendet.

Herr C. steht Herrn A. und anderen Personen, die in der Kanzlei von Herren A. beschäftigt sind, zur Aufklärung von Fällen und Fragen, die mit Herrn C. beschäftigt waren, zur Verfügung.

Der Arbeitnehmer verpflichtet sich keine Mandanten abzuwerben. Falls Mandanten des Arbeitgebers sich beim Arbeitnehmer melden, so hat Herr C. sie an den Arbeitgeber zu verweisen.

Für Schadensersatzansprüche jeder Art, die an Herrn A. gestellt werden und die aus Aufträgen resultieren, die Herr C. unterschrieben hat, steht Herr C. zu Fragen und Aufklärung zur Verfügung.

Herr C. wird auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinausgehende Wirkung der Verschwiegenheitspflicht hingewiesen.

C-Stadt, den 29.04.2005

Der Beklagte reagierte hierauf mit Schreiben vom 10.05.2005, welches u. a. folgenden Inhalt hat:

Aufhebung meines Arbeitsverhältnisses

Sehr geehrter Herr A.,

wie vereinbart, nehme ich zur der von Ihnen vorgeschlagenen Aufhebungsvereinbarung meines Arbeitsverhältnisses wie folgt Stellung:

1. Falls ich zur Aufklärung von Fällen und Fragen, mit denen ich im Rahmen meines Arbeitsverhältnisses befasst war, von Ihnen oder anderen in Ihrer Kanzlei tätigen Personen benötigt werden sollte, stehe ich dafür von Fall zu Fall nach telefonischer Terminsvereinbarung und gegen angemessene Bezahlung zur Verfügung; mein diesbezüglicher Stundensatz beträgt derzeit 110,00 Euro/Stunde.

2. Ich habe bislang und werde auch in Zukunft keine standeswidrigen Aktivitäten entfalten, um Mandanten abzuwerben. Ich bin jedoch nicht bereit und sehe dazu keine Veranlassung, Mandanten an Sie zu verweisen, wenn diese an mich herantreten sollten und zukünftig von mir betreut werden wollen.

3. Ihrer Auffassung, dass für Mandanten, die bisher von Ihrer Kanzlei beraten wurden und in Zukunft von mit beraten werden wollen, die Bestimmung aus § 8 des zwischen Ihnen und mir geschlossenen Arbeitsvertrages vom 20.10.1990 anwendbar sein soll, vermag ich nicht zu folgen. Denn ich beabsichtige nicht, von Ihnen eine Praxis oder eine Teilpraxis zu erwerben; vielmehr habe ich am 03.05.2005 eine neue, nämlich meine eigene Praxis eröffnet.

....

Am 14.05.2005 (Pfingstsamstag) erfolgte in der Ingelheimer Zeitung eine Anzeige über die Kanzleieröffnung des Beklagten ab 03.05.2005.

Die ursprünglichen Prozessbevollmächtigten des Klägers wiesen mit Schreiben vom 09.08.2005 - dem Beklagten am 11.08.2005 zugegangen - auf die ihrer Auffassung nach gegebenen Rechtslage zur Fortdauer des Arbeitsverhältnisses und zur Unterlassung jeglicher Konkurrenztätigkeit hin. Zugleich wurden Auskunftsansprüche und Schadensersatzansprüche angedroht. Der Beklagte nahm seinerseits mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 19.08.2005 Bezug, wies die Ansprüche zurück und forderte die Zahlung von Urlaubsgeld.

In einem vom Kläger beim Arbeitsgericht Mainz eingeleiteten einstweiligen Verfügungsverfahren - (4 Ga 41/05) - verpflichtete sich der Beklagte seine werbende Tätigkeit einzustellen, eine Anzeige in gleicher Aufmachung wie die Anzeige vom 14.05.2005 in der Lokalzeitung über die Schließung seiner Kanzlei per 30.08.2005 zu schalten, seine Tätigkeit am 30.08.2005 wieder aufzunehmen und seine Mandanten, die früher Mandanten des Klägers waren, entsprechend der Schließungsanzeige zu informieren.

In seiner Anzeige vom 10.09.2005 teilte der Beklagte mit, dass er seine Kanzlei aus "arbeitsrechtlichen Gründen schließen müsse". Unmittelbar oberhalb dieser Anzeige findet sich eine Anzeige der Frau G - der ehemaligen Beklagten zu 2) - in der diese die Eröffnung ihrer Steuerberaterkanzlei am 02.09.2005 mitteilte.

Unter dem 30.09.2005 erteilte der Beklagte Auskunft zu Leistungen, die er in seiner Funktion als Steuerberater seit dem 03.05.2005 erbracht hat. Für die Zeit vom 03.05. - 29.08.2005 legte er eine Gewinnermittlung vor (Bl. 40 - 45 Anlagenordner).

In seiner am 12.08.2005 erhobenen Klage wegen Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz hat der Kläger erstinstanzlich die Auffassung vertreten, der Beklagte habe vertragswidrig Wettbewerb durch eine eigene Steuerberaterkanzlei in der Zeit vom 03.05. bis 29.08.2005 betrieben und in der Folgezeit den in einstweiligen Verfügungsverfahren abgeschlossenen Vergleich umgangen; hilfsweise würden Schadensersatzansprüche zur Aufrechnung gestellt.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

II. Der Beklagte zu 1 wird verurteilt,

dem Kläger Auskunft darüber zu erteilen,

1. welche Leistungen er in seiner Funktion als Steuerberater in der Zeit vom 03.05.2005 bis 31.12.2005 erbracht hat,

2. gegenüber welchen Mandanten er diese Leistungen erbracht hat,

3. welche Honorarvereinbarungen über die vorstehenden Leistungen er mit den vorstehend bezeichneten Mandanten getroffen hat,

4. welche dieser Leistungen er in welcher Höhe diesen Mandanten gegenüber bereits abgerechnet hat,

5. welche noch nicht abgerechneten Honoraransprüche ihm wegen der in der Zeit vom 03.05.2005 bis 31.12.2005 gegenüber jedweden Mandanten als Steuerberater erbrachten Leistungen zustehen.

6. welche bestehenden und potentiellen neuen Mandanten er in der Zeit zwischen dem 31.08.2005 und dem 31.12.2005 an die Beklagte zu 2. vermittelte oder zur zukünftigen Beauftragung der Beklagten zu 2. bewegt hat und welchen bestehenden und potentiellen neuen Mandanten gegenüber er seine Tätigkeit für den Kläger in der Zeit zwischen dem 31.08.2005 und dem 31.12.2005 nicht offengelegt hat

7. und welche mandatsbezogenen Leistungen er in der Zeit vom 01.07.2004 bis zum 31.05.2005 nicht mittels der Kanzleierfassung des Klägers erfasste.

III. Es wird festgestellt,

1. dass der Beklagte zu 1. verpflichtet ist, dem Kläger sämtlichen Schaden zu ersetzen, den dieser dem Kläger dadurch verursachte, dass er Leistungen als Steuerberater in der Zeit vom 03.05.2005 bis zum 31.12.2005 im Sinne der Ziffer I. 1 des Antrages selbst oder durch Dritte erbrachte,

2. dass der Beklagte zu 1. verpflichtet ist, dem Kläger allen Schaden zu ersetzen den dieser dem Kläger dadurch verursachte, dass er in der Zeit vom 31.08.2005 bis zum 31.12.2005 neue Mandate und Mandatsanfragen nicht an den Kläger sondern an die Beklagte zu 2. vermittelte,

3. dass der Beklagte zu 1. verpflichtet ist, dem Kläger den entgangenen Gewinn zu ersetzen, den dieser mit den zum Beklagten zu 1. gewechselten Mandanten und den an die Beklagte zu 2. vermittelten neue Mandanten innerhalb der nächsten 2 Jahre erzielt hätte.

Der Beklagte hat erstinstanzlich

Klageabweisung

beantragt und erwidert,

er sei der Meinung gewesen, dass der Arbeitsvertrag zum 30.04.2005 einvernehmlich aufgelöst worden sei aufgrund der Erklärungen des Klägers in dessen Schreiben vom 29.04.2005. Er - der Beklagte - habe keine Mandanten zum Mandatswechsel aufgefordert. Am 30.08.2005 habe er sich zum Arbeitsantritt beim Kläger gemeldet, sei aber mit Ablauf dieses Arbeitstages u. a. wegen der unzumutbaren Arbeitsbedingungen erkrankt. In der Folgezeit habe er durch eine Anzeige auf die Schließung seiner Steuerberaterkanzlei hingewiesen und erst nach dem 31.12.2005 eine Wiedereröffnung vorgenommen. Einen im Auftrag des Klägers anrufenden Privatdetektiv habe er auf die Zeit nach dem 01.01.2006 verwiesen. Im übrigen stünde ihm das Weihnachtsgeld 2005 in Höhe 4.025,- EUR zu, da ihm seit dem Jahre 1990 ein Weihnachtsgeld in Höhe eines halben Monatsgehaltes bezahlt worden sei. Wegen der Beschäftigung vom 01.01. bis 30.04.2005 und in der Zeit vom 30.08. bis 31.12.2005 stünde ihm ein Urlaubsanspruch in Höhe von restlichen dreizehn Arbeitstagen zu. Durch seine Arbeitsunfähigkeit bis zum 30.12.2005 sei er gehindert gewesen, diesen Urlaubsanspruch zu nehmen. Insgesamt errechnet sich ein Urlaubsabgeltungsanspruch in Höhe von 4.830,- EUR.

Der Beklagte hat demgemäß widerklagend erstinstanzlich beantragt,

an den Widerkläger und Beklagten 9.123,33 EUR brutto zu zahlen.

Der Kläger und Widerbeklagte hat

die Abweisung der Widerklage

beantragt und erwidert,

er berufe sich auf die Einrede des nichterfüllten Vertrages. Der Beklagte habe seine Arbeiten nur unvollständig dokumentiert. Hilfsweise würde die Aufrechnung mit dem geltend gemachten Schadensersatzansprüchen erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachstandes wird auf den gesamten Akteninhalt und sämtlichen vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht Mainz hat durch Urteil vom 24.07.2006 - 4 Ca 2036/05 die Klage auf Auskunft und Feststellung einer Schadensersatzverpflichtung abgewiesen und den Widerbeklagten auf Zahlung von 9.123,33 EUR verurteilt.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt,

der Auskunftsanspruch sei unbegründet für die Zeit vom 03.05. bis 29.08.2005, weil die Parteien zwar § 623 BGB nicht beachtet, aber den bestehenden Vertrag inhaltlich einvernehmlich außer Kraft gesetzt hätten. Der Beklagte sei im Einverständnis und mit Wissen des Klägers ab 03.05.2005 selbstständig tätig gewesen. Die Auskunftsansprüche für die Zeit vom 03.05. bis 29.08.2005 seien durch das Schreiben des Beklagten vom 30.09.2005 erfolgt. Soweit dies nicht ausreichend sei, hätte der Kläger weiter vortragen müssen. Für Zeit ab 29.08.2005 sei im einstweiligen Verfügungsverfahren eine vergleichsweise Regelung hinsichtlich der Durchführung des Arbeitsverhältnisses ab 30.08.2005 erfolgt. Der Beklagte habe vorgetragen, dass er in der Folgezeit die Kanzlei geschlossen habe, dies in einer Zeitungsanzeige bekannt gemacht und seine selbstständige Tätigkeit eingestellt habe. Dem habe der Kläger keinen erheblichen Sachvortrag über ein vertragswidriges Verhalten entgegengesetzt. Selbst wenn der Beklagte den vom Kläger beauftragten Privatdetektiv gegenüber erklärt haben sollte, er möge sich an die frühere Beklagte zu 2. wenden und auf seine nach dem 01.01.2006 wieder zu eröffnende Kanzlei verwiesen haben sollte, stelle dies kein vertragswidriges Verhalten dar. Eine aktive Mitwirkung des Beklagten an der Anzeige der früheren Beklagten zu 2. sei nicht behauptet. Hier läge kein relevantes Fehlverhalten. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Auskunft welche mandatsbezogenen Leistungen in der Zeit vom 01.07.2004 bis 31.05.2005 nicht mittels der Kanzleierfassung des Klägers erfasst worden seien, weil sein Sachvortrag unsubstantiiert sei. Lücken in der Dokumentation seien nicht dargelegt. Der Antrag zu III. sei abzuweisen, weil keine Vertragsverletzungen des Beklagten vorgelegen hätten. Der Beklagte habe vorgetragen, keinen Wettbewerb betrieben zu haben.

Die Widerklage sei zulässig und begründet. Gemäß Entgeltfortzahlungsgesetz habe der Beklagte und Widerkläger einen Anspruch auf Zahlung des Gehalts für sechs Wochen ab dem 30.08.2005 sowie auf den in der Widerklage erwähnten Differenzbetrag. Die Einwendungen des Widerbeklagten seien unsubstantiiert. Er spräche nur von unvollständiger Dokumentation und davon, dass die Stundenabrechnung unvollständig sei. Eine Aufrechnung ginge mangels feststehenden Schadensersatzanspruchs ins Leere. Auch Urlaubsabgeltungsansprüche und Weihnachtsgeld seien in der eingeklagten Höhe zuzusprechen gewesen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf das vorbezeichnete Urteil (Bl. 229 - 233 d. A.) verwiesen.

Gegen das dem Kläger am 13.10.2006 zugestellte Urteil richtet sich dessen am 06.11.2006 eingelegte und am 12.01.2007 begründete Berufung nach entsprechender Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist.

Der Kläger bringt zweitinstanzlich weiter vor, nachdem die Kinder des Klägers, Frau WP/StB A. und Herr WP/StB A. im Wege der Generationsnachfolge ab dem Monat Januar 2003 schrittweise in die Kanzlei des eingestiegen seien, habe der Beklagte offenbar bereits die Übernahme des klägereigenen Geschäfts ohne die Zahlung des Kaufpreises nach § 8 des Arbeitsvertrages geplant. Bereits Mitte 2004 habe der Beklagte den Bauunternehmer E. damit beauftragt, die Räumlichkeiten des Wohnhauses des Beklagten auszubauen und für die Einrichtung als Kanzlei vorzubereiten (Beweis: Zeuge E.). Mit Beginn des Monats Juli 2004 habe der Kläger seine Zeit im Zeiterfassungssystem nur noch lückenhaft erfasst (Beweis: Dr. A. und A.). Die Zeiterfassung sei nach den Bestimmungen der Steuerberatergebührenverordnung unerlässlich. Einen Aufhebungsvertragsentwurf des Beklagten habe der Kläger nie unterschrieben, sondern vielmehr mit Schreiben vom 29.04.2005 reagiert, welches der Beklagte achtlos zur Seite geworfen habe. In diesem Schreiben sei insoweit entgegen der Behauptung des Beklagten ein eigener Aufhebungsvertragsentwurf beigefügt gewesen. Für eine spätere Absendung würde sich im Postausgangsbuch kein Eintrag über eine Postsendung an den Beklagten in der Zeit vom 28.04. bis 31.05.2005 finden (Beweis: Zeugnis Dr. A. und A.; Vorlage des Postausgangsbuchs). Nach Schaltung der Kanzleieröffnungsanzeige durch den Beklagten am 14.05.2005 hätten in der Folgezeit zahlreiche langjährige Mandanten den Kläger darüber informiert, dass sie nunmehr zum Beklagten wechseln wollten. Dies seien z. B. die Mandanten D. , Familien S. und verbundene Unternehmen, H., M., B., A., Z., G. und dessen oHG gewesen. Die Familie R., Betreiber der R. sei zur Kanzlei des Beklagten gewechselt, obwohl die Familie R. nur den Beklagten, nicht aber Frau G. kannte (Zeugnis R.). Der Kläger habe seine Verpflichtungen aus dem abgeschlossenen Vergleich umgangen. Die am 10.09.2005 erfolgte Anzeige über die Kanzleischließung sei zugleich mit der Eröffnung der Frau G. - ehemalige Beklagte zu 2) - erfolgt, wobei die Telefonnummern in Anzeige vom 14.05.2005 und 10.09.2005 identisch gewesen seien. Frau G. habe am 29.08.2005 zum Beklagten in einem Arbeitsverhältnis gestanden. Die Version einer fristlosen Kündigung vom 29.08.2005 gegenüber Frau G. sei unglaubhaft. Die Kündigung sei rückdatiert worden (Sachverständigenbeweis). Der Kläger habe darüber hinaus dem sozialmedizinischen Dienst angedeutet, er werde seine selbständige Tätigkeit am 02.01.2006 oder möglichst schon vorher wieder aufnehmen. Auch gegenüber einem damaligen Mandanten des Klägers, dem Arzt Dr. B. habe sich der Beklagte in dieser Zeit dahingehend geäußert, dass er im Januar 2006 wieder zur Verfügung stünde. Dies habe Herr Dr. B. dem Zeugen A. am 14.09.2005 mitgeteilt. Im übrigen habe die vom Beklagten erteilte Auskunft nicht die in § 9 der Steuerberatergebührenverordnung genannten Details enthalten. Das arbeitsgerichtliche Urteil weise Mängel auf. Hätte es das Schreiben vom 10.05.2005 richtig gelesen, hätte es die Ablehnung des Arbeitsvertragsentwurfs durch den Kläger feststellen müssen. Eine entsprechende Einigung wäre auch nach §§ 125, 623 BGB formnichtig gewesen. Spätestens nach Erhalt des Entwurfs des Klägers habe der Beklagte erkennen müssen, dass der Kläger nur unter Vereinbarung einer Mandantenschutzklausel und unter Bedingung unentgeltliche Hilfestellung bereit gewesen sei. Nicht nachzuvollziehen sei die Auffassung des Arbeitsgerichts, der Arbeitsvertrag sei inhaltlich einvernehmlich außer Kraft gesetzt worden. Das Arbeitsgericht übersähe, dass die Auskunftspflicht nicht an die Verletzung einer Hauptpflicht, sondern an die Verletzung einer Nebenpflicht anknüpfte. Um eine solche handele es sich bei dem Wettbewerbsverbot nach § 60 HGB. Für die Zeit ab 29.08.2005 gäbe es zwingende Indizien, dass der Beklagte seine Kanzlei nicht geschlossen habe. Im übrigen sei die Widerklage unbegründet. Ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung bestünde nicht, da der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert sei. Hierzu lägen zahlreiche Indizien vor. Nämlich das parallele Ausscheiden der dem Beklagten zugeordneten Mitarbeiterin Frau H., die ebenfalls die Kündigungsfrist nicht eingehalten habe und die Flucht in die psychosomatische Krankheit angetreten habe; trotz zeitweise erhebliche Belastung als personalverantwortliche leitende Angestellte habe in über 20 Jahren Beschäftigung keine psychosomatische Erkrankung des Beklagten vorgelegen. Ferner sei die Ausstellung der Atteste durch denselben Arzt (Dr. W.) innerhalb kurzer Zeit (H. am 15.08.2005, Beklagte am 30.08.2005), die frappierende Ähnlichkeit der Zeitungsanzeigen vom 10.09.2005, die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit Frau G., die Verwendung derselben Kanzleiadresse und derselben Telefonnummer und Telefaxnummer durch den Beklagten und Frau G.. Die Faxkopfzeile "Steuerbüro C.", die Äußerung des Beklagten gegenüber dem untersuchenden Arzt beim sozialmedizinischen Dienst, die zur geplanten Genesung gegenüber dem Mandanten Dr. B. und die Erkundigungen des Privatdetektivs mit insbesondere der Bemerkung des Beklagten, er arbeite mit Frau G. im selben Raum, maßgeblich. Auch bestünde keine Urlaubsabgeltungsanspruch da der Urlaubsanspruch bei hypothetischer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht erfüllbar gewesen wäre. Der Urlaubsanspruch wäre mit Jahreswechsel 2005/ 2006 gemäß § 7 Abs. 3 S. 1 Bundesurlaubsgesetz ersatzlos weggefallen. An einem Übertragungsverlangen des Beklagten vor Jahresende 2005 mangele es, auch bestünde ein Anspruch auf Zahlung von Weihnachtsgeld da der Beklagte am maßgeblichen Stichtag (Weihnachten 2005) nicht mehr betriebstreu gewesen sei. Im übrigen würde ein weiteres Zurückbehaltungsrecht nach § 373 (1) BGB wegen der nicht erfolgten Auskunfterteilung geltend gemacht. Außerdem die Aufrechnung wegen der Schadensersatzansprüche erklärt, die dem Kläger daraus entstehen, dass er das Zeithonorar mangels Zeiterfassung durch den Beklagten nicht in Rechnung stellen könne.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 12.01.2007 (Bl. 340 - 370 d. A.) und sämtliche vorgelegte Unterlagen Bezug genommen.

Der Kläger beantragt zweitinstanzlich,

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 24.07.2006 (4 Ca 2036/05), zugestellt am 13.10.2006, wird abgeändert.

2. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft darüber zu erteilen, zzgl. aller Angaben nach § 9 (2) StBGebV,

a) welche Leistungen er in seiner Funktion als Steuerberater in der Zeit vom 03.05.2005 bis zum 31.12.2005 erbracht hat,

b) gegenüber welchen Mandanten er diese Leistungen erbracht hat,

c) welche Honorarvereinbarungen über die vorstehenden Leistungen er mit den vorbezeichneten Mandanten getroffen hat,

d) welche dieser Leistungen er in welcher Höhe diesen Mandanten gegenüber bereits abgerechnet hat,

e) welche noch nicht abgerechneten Honoraransprüche ihm wegen der in der Zeit vom 03.05.2005 bis zum 31.12.2005 gegenüber jedweden Mandanten als Steuerberater erbrachten Leistungen zustehen,

f) welche bestehenden und potentiellen neuen Mandanten er in der Zeit vom 31.08.2005 bis zum 31.12.2005 an Frau G vermittelte oder zur zukünftigen Beauftragung der Frau G. bewegt hat und welchen bestehenden und potentiellen neuen Mandanten gegenüber er seine Tätigkeit für den Kläger in der Zeit vom 31.08.2005 bis zum 31.12.2005 nicht offengelegt hat,

g) und welche mandatsbezogenen Leistungen er in der Zeit vom 01.07.2004 bis zum 30.04.2005 nicht mittels der Kanzleizeiterfassung des Klägers erfasste.

h) seine Einkommenssteuererklärung 2005 nebst Gewinnermittlung 2005 vorzulegen.

3. Es wird festgestellt,

a) dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche Schäden zu ersetzen, den dieser dem Kläger dadurch verursachte, dass der Leistungen als Steuerberater in der Zeit vom 03.05.2005 bis zum 31.12.2005 selbst oder durch Dritte erbrachte, sofern diese nicht im Namen und für Rechnung des Klägers angeboten und/oder erbracht wurden,

b) dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtlichen Schaden zu ersetzen, den dieser dem Kläger dadurch verursachte, dass er in der Zeit vom 30.08.2005 bis zum 31.12.2005 neue Mandate und Mandatsfragen nicht an den Kläger, sondern an Frau G. vermittelte,

c) dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den entgangenen Gewinn zu ersetzen, den dieser mit den zum Beklagten gewechselten Mandanten und den an Frau G. vermittelten neuen Mandanten innerhalb der nächsten zwei Jahre erzielt hätte,

d) dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger - sobald erlassen - seien Einkommensteuerbescheid 2005 vorzulegen.

4. Die Widerklage wird abgewiesen.

sowie

der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag von € 9.123,33 nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz aus € 3.678,66 seit dem 19.10.2006 sowie aus € 5.444,67 seit dem 12.03.2007 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

Zurückweisung der Berufung und Klageabweisung.

Er bezieht sich auf die Feststellungen des Arbeitsgerichts und bestreitet zunächst eine Verpflichtung zur Kanzleiübernahme, des weiteren den Vortrag des Klägers zur Einrichtung einer Kanzlei. Hier sei es so gewesen, dass an seinem Haus lediglich Renovierungsarbeiten durchgeführt worden seien. Die Zeiterfassung sei im Jahreskalender vollständig geführt und Abrechnungen entsprechend aus mandantenbezogenen Aufzeichnungen erstellt. Den Kalender für Januar 1999 bis April 2005 habe er - der Beklagte - den Kindern des Klägers übergeben. Beide er - der Beklagte - und der Kläger hätten auf gleicher Ebene gestanden, wobei sich wegen der besonderen Situation der Kläger selbst nicht an die Erfordernisse gehalten habe. Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei ein grundsätzliches Einverständnis des Klägers gegeben gewesen. Diese habe die Arbeitsbescheinigung für die Bundesagentur unterzeichnet. Der Beklagte sei der Bitte um Erstellung eines Jahresabschlusses nachgekommen. Der Vortrag des Klägers zum Zeitpunkt eines eigenen Arbeitsvertragsentwurfs treffe nicht zu. Nicht jede Postsendung insbesondere bei privater Korrespondenz würde in das Postausgangsbuch eingetragen werden. Die Familie S. habe sich erst am 03.05.2005 hinsichtlich einer Betreuung geäußert. Familie R. sei zu der persönlich bekannten Steuerberaterin G. ab November 2005 gewechselt. Der Vortrag zu identischen Telefonnummern treffe nicht zu. Die fristlose Kündigung gegenüber Frau G. sei vom Arbeitsamt anerkannt. Bezüglich der Äußerung gegenüber dem Zeugen Dr. B. sei der Zeuge A. ungeeignet, da er lediglich Zeuge vom Hörensagen sei. Im übrigen seien die Ansprüche auch verjährt.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Schriftsatz des Beklagten vom 16.02.2007 (Bl. 387 - 412 d. A.) nebst allen vorgelegten Unterlagen Bezug genommen. Des weiteren wird auf die Feststellungen der Sitzungsniederschrift des Landesarbeitsgerichts vom 23.03.2007 (Bl. 544 - 546 d. A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Rechtsmittel der Berufung des Klägers ist gemäß § 64 Abs. 4 ArbGG statthaft. Die Berufung ist gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i. V. m. §§ 519, 520 ZPO auch form- und fristgerecht eingelegt, sowie begründet worden. Sie ist auch insgesamt zulässig.

II.

In der Sache selbst zeitigt die Berufung jedoch keinen Erfolg.

Das Arbeitsgericht ist in seinem angefochtenen Erkenntnis vom 24.07.2006 zu Recht zur Auffassung gelangt, dass dem Kläger weder ein Anspruch auf Auskunft zusteht, noch die Feststellung begründet ist, Schaden zu ersetzen und zugleich auch, dass der Kläger zur Zahlung von Weihnachtsgeld und Urlaubsabgeltung zu verurteilen war. Die in der Berufungsinstanz weiter verfolgten Ansprüche auf Vorlage des Einkommenssteuerbescheids 2005 und Rückzahlung der ausgeurteilten Widerklagebeträge bestehen nicht.

1. Schadenersatzansprüche:

Soweit der Kläger in der Berufung sein Begehren weiter verfolgt, festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, sämtliche Schäden zu ersetzen, die dieser dadurch verursacht haben soll, dass er Leistungen als Steuerberater in der Zeit vom 03.05.2005 bis 31.12.2005 selbst oder durch Dritte erbracht hat, dass er Mandanten nicht an den Kläger, sondern an Frau G. vermittelt hat, sowie die des entgangenen Gewinn zu ersetzen, beurteilt sich das rechtliche Begehren nach § 60 HGB analog (vgl. hierzu: von Hoyningen-Huene, Münchner Kommentar Handelsgesetzbuch, 2. Auflage § 61 Rz. 5 und 6).

Für einen diesbezüglichen Anspruch bedarf es zivilprozessual einer ausreichenden Darlegung, dass dem Kläger i n f o l g e der verbotenen Konkurrenz Schäden erwachsen sein können. Der Arbeitgeber muss auch dartun, dass er das Geschäft selbst getätigt hätte (vgl. Blomeyer, Münchner Arbeitsrecht, § 52 Rz 35 und Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 10. Auflage § 57 IV 2 sowie Tschöpe, Anwaltshandbuch Arbeitsrecht 3. Auflage Teil 2 ARZ 286).

Nach Meinung der Berufungskammer reicht der Vortrag des Klägers auch angesichts der Einwendungen des Beklagten nicht aus, um eine haftungsbegründende Kausalität bzw. das rechtlich nötige Verschulden feststellen zu können. Soweit der Zeitraum bis zur vergleichsweisen Verpflichtung zur Wiederaufnahme der Arbeit beim Kläger und zur Auskunftserteilung betroffen ist, fehlt es für die diesbezüglich verfolgten Ansprüche des Klägers zumindest an einem entsprechenden Verschulden des Beklagten; denn dem Arbeitgeber stehen die Ansprüche aus § 61 HGB nämlich nur dann zu, wenn ein schuldhafter Verstoß (§ 276 BGB) gegen das Verbot des § 60 HGB vorliegt (vgl. von Hoyningen-Huene, aaO, § 61 HGB Rz 8 m. w. N. auf Buchner, AR-Blattei SD 1830.2 RnNr.96 und Blomeyer, aaO § 52 RnNr. 35). Das Arbeitsverhältnis war - wie das Arbeitsgericht im Ergebnis zutreffend gesehen hat - nämlich bis zu diesem Zeitpunkt suspendiert. Der Beklagte durfte aufgrund des Inhalts des Schreibens vom 29.04.2005 - "Sie haben erklärt, dass Sie sich selbständig machen werden. Ihr Wunsch war auch, dass Arbeitsverhältnis sofort aufzuheben. Aufgrund der guten Zusammenarbeit in der Vergangenheit habe ich Ihrem Wunsch zugestimmt" - davon ausgehen, dass der Kläger mit einer einvernehmlichen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses einverstanden gewesen ist. Verstärkt wird dies durch die nicht qualifiziert bestrittene Behauptung des Beklagten, dass der Kläger die Arbeitsbescheinigung für die Bundesagentur für Arbeit entsprechend unterzeichnet hat. Soweit der Kläger mit der Begründung, dem Schreiben vom 29.04. sei ein eigener Aufhebungsvertragsentwurf (Anlagenordner Bl. 71) beigefügt gewesen, rechtlich herleiten möchte, dass gerade keine einvernehmlich Beendigung zum vom Beklagten angenommenen Zeitpunkt zustande gekommen ist, hält dies die Berufungskammer auch angesichts des Vortrages zu Eintragungen im Postausgangsbuch des Klägers nicht für durchschlagend. Der Beklagte hat nämlich eingewandt hat, dass nicht jede Postsendung im Postausgangsbuch und schon keine private Korrespondenz jeweils eingetragen würde. Insofern hätte es eines ergänzenden Vortrages des Klägers in diesem Punkt bedurft. Die Vernehmung der angebotenen Zeugen A. sowie die Vorlage des Postausgangsbuchs waren daher aus Gründen zivilprozessual verbotener Ausforschung nicht veranlasst.

Im übrigen hat der Kläger für diese Zeit - bis zur Wiederaufnahme der Arbeit - Auskünfte erteilt und die Gewinnermittlungen vom 03.05. bis 29.08.2005 (Bl. 70 Anlagenordner) vorgelegt. Insofern hätte für diese Phase des Verfahrens ohne weiteres auf eine Leistungsklage umgestellt werden können und müssen.

Soweit darüber hinaus das Begehren für die Zeit ab 01.09.2005 weiter verfolgt wird, zeigt der Kläger zwar eine Reihe von Indizien auf, die für ein vertragswidriges Verhalten des Beklagten zu sprechen scheinen, nicht jedoch, wie sich seine Geschäfte seit dem Weggang des Klägers insbesondere nach der Einigung im einstweiligen Verfügungsverfahren über eine Wiederaufnahme der Arbeit durch den Beklagten entwickelt haben. Hier wäre es dem Kläger nach Meinung der Berufungskammer zumutbar gewesen, im Einzelnen aufzuzeigen, wie sich das Mandantenaufkommen in dieser Zeit und im Vergleich zu den Vorjahren entwickelt hat und welche Gewinne zu erwarten gewesen wären. Eine andere rechtliche Betrachtungsweise verlagert die dem Kläger obliegende Darlegung auf den Beklagten.

Zu den vom Kläger vorgetragenen Haftungsindizien ist auszuführen, dass diese teils unsubstantiiert, teils widerlegt und teils nicht zwingend sind. Auch müssen die Indizien einen unmittelbaren Bezug zum Streitgegenstand haben (vgl. Greger in Zöller, Zivilprozessordnung, 26. Auflage, § 286 Rz 9 a).

Das für ein Zusammenwirken des Beklagten mit Frau G. angeführte Indiz einer gleichen Telefonnummer wurde vom Beklagten widerlegt. Insoweit wurde ausgeführt, dass der Vortrag nicht zutrifft, denn die am 14.05.2005 bzw. 10.09.2005 in der Allgemeinen Zeitung erschienenen Anzeigen (Anlage K-6 der Klage vom 11.08.2005 bzw. Anlage K-17 der Klageerweiterung vom 25.01.2006) zeigen, dass der Beklagte bis zur Schließung seiner Kanzlei die Telefonnummer 06132/88902 genutzt hat, während Frau S. (später G.) unter der Nummer 06132/715589 erreichbar war.

Soweit der Kläger weiter vorträgt, der Beklagte und Frau G. hätten die außerordentliche Kündigung von Frau G. nachträglich erfunden und zurückdatiert, damit sich der Beklagte aus seinen übernommenen Vergleichspflichten herauswinden könne, bleibt dies angesichts des zulässigen Bestreitens des Beklagten ohne konkrete Begründung, aus welcher sich die diesbezügliche Behauptung des Klägers mit entsprechenden Folgerungen ergeben könnte. Hierzu wären zivilprozessual Tatsachen erforderlich, die sich außerhalb der Kündigungserklärung abspielen und den Schluss auf eine Manipulation des Beklagten zulassen. Die Behauptung, Kriminallabore und sonstige Schriftgutachter seien in der Lage das Datum der Unterschrift mit Füllfederhalter noch innerhalb von fünf Jahren nach Leistung der Unterschrift auf den Tag genau zu bestimmen und gleiches gelte für eine Unterschrift durch den Kugelschreiber, mag zutreffen, ist aber ohne den geforderten Sachvortrag zu verlässlichen Anhaltspunkten für eine Straftat auf eine unzulässige Ausforschung gerichtet.

Auch der Hinweis des Klägers auf die Fax-Kopfzeile "Steuerberaterbüro J." unter Bezugnahme auf das Fax vom 15.09.2005 führt nicht weiter. Hierzu hat der Beklagte ohne qualifizierten Widerspruch des Klägers vorgetragen, dass sich die Steuerberaterin G. nicht bewusst gewesen sei, wonach die von ihr versandten Faxe die Fax-Kopfzeile "Steuerbüro C." getragen hätten. Nach entsprechendem Hinweis durch ihren erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten habe Frau G. dies entsprechend abgestellt.

Die Kammer vermag auch nicht aus Äußerungen des Klägers gegenüber dem sozialmedizinischen Dienst, wonach er seine selbständige Tätigkeit am 02.01.2006 oder möglicherweise schon vorher wiederaufnehmen wolle oder irgendwelchen Erklärungen gegenüber Dr. B. nachteilige, einen möglichen Schadenersatzanspruch begründende, Umstände herzuleiten. Denn solche Erklärungen sind im Hinblick auf die sicher zu erwartende Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2005 nicht von solchen Gewicht, dass sie zu einem potentiellen Schadensersatzanspruch führen könnten. Schließlich ergibt der - insistierende - Einsatz des Privatdetektivs durch den Kläger keinen zwingenden Schluss auf ein aktives rechtswidriges Tun des Beklagten während der noch bestehenden Arbeitsphase; denn der Beklagte hat gegenüber dem Detektiv unstreitig eine eigene Tätigkeit vor dem Januar 2006 abgelehnt und im übrigen auch die Behauptungen des Klägers bestritten, dass er im selben Raum wie Frau G. gearbeitet habe. Der Beklagte hat insoweit vorgetragen, dass er zum Zeitpunkt des Anrufs des Privatdetektivs in seinen Privaträumen gewesen sei und dann in die Räumlichkeiten von Frau G. gegangen sei.

Hilfsweise ist aufzuführen, dass potentiellen Teilansprüchen nach § 60 HGB der von dem Beklagten erhobene Einwand der Verjährung entgegensteht. Im Schriftsatz des Klägers vom 25.01.2006 (Bl. 56 d. A.) wird nämlich vorgetragen, dass die Familie S., G. und verschiedene andere Familiengesellschaften am 03.05. mündlich gegenüber dem Kläger und auch den Zeugen Dr. A. und A. angekündigt hätten, zukünftig vom Beklagten betreut zu werden. Nach § 60 Abs. 2 HGB anlog unterliegt der - potentielle - Schadensersatzanspruch in der kurzen Verjährung von drei Monaten von Zeitpunkt an, in welchem der Arbeitgeber Kenntnis vom Abschluss des Geschäfts erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erkennen musste. Die kurze Verjährungsfrist gilt nicht nur für die Ansprüche aus § 60 Abs. 1 HGB sondern auch für weitere konkurrierende deliktische Schadensersatzansprüche (vgl. zutreffend von Hoyningien-Huene, aaO § 60 HGB Rz 26). Vorliegend ist die dreimonatige Frist jedenfalls hinsichtlich des dargestellten Teilanspruchs verstrichen; denn die Klage wegen Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz wurde erst am 12.08.2005 zum Arbeitsgericht Mainz erhoben. Die Ausführungen sind auf den Mandanten H. zu übertragen; denn auch hier erfolgte die Mitteilung über die anderweitige Mandatierung bereits am 10.05.2005 und damit außerhalb der Dreimonats-Frist.

2. Auskunftsanspruch:

Besteht der verfolgte Schadensersatzanspruch bereits dem Grunde nach nicht, erweist sich Auskunftsanspruch zur Vorbereitung des entsprechenden Schadensersatzanspruches als unbegründet.

Ergänzend ist auszuführen, dass dem von der Rechtsprechung nach § 242 BGB anerkannten Auskunftsanspruch nur dann nachzukommen ist, wenn der Arbeitgeber in entschuldbarer Weise über das Bestehen und dem Umfang seines Rechts im Ungewissen ist (vgl. Preis, Erfurter Kommentar, 6. Auflage 230 BGB 611 Rz. 898 m. w. N. auf BAG Urteil vom 18.01.1996 = AP Nr. 25 zu § 242 Auskunftspflicht). Für die Zeit bis zur Einigung der Wiederaufnahme des Beschäftigungsverhältnisses hat der Beklagte, wie bereits ausgeführt, Auskunft erteilt. Substantiierte Einwendungen hierzu sind vom Kläger im Laufe des Berufungsverfahrens nicht vorgebracht worden, sodass dieses Begehren aus diesem Grunde zumindest auch für diese zeitliche Phase entfällt.

3. Entgeltfortzahlung:

Sofern die Berufung die Verurteilung des Klägers zur Zahlung von Entgeltfortzahlung mit der Begründung beanstandet, es läge ein sogenannter Erschütterungsfall vor, der zur Verweigerung der Engeltfortzahlung berechtigte, kann dem nicht gefolgt werden. Zum einen hat der Kläger bei der Wiederaufnahme seiner Tätigkeit am 30.08. eine Situation geschildert, die eine adäquate Beschäftigung nicht mehr zuließ. Insofern wurde nämlich ausgeführt, dass dem Kläger weder ein Arbeitsplatz zugewiesen worden sei, noch die Möglichkeit gegeben war, überhaupt seiner Qualifikation entsprechend tätig zu werden. Im übrigen hat der Kläger eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt und sich auf Wunsch der Klägerseite dem medizinischen Dienst der Krankenkassen für eine Untersuchung zur Verfügung gestellt. Nach dem Stand der Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts ist die ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung das gesetzlich vorgesehene Beweismittel, mit dem der Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und deren Dauer nachweist (vgl. BAG Urteil vom 01.10.1997 = NZA 1998, 396, vom 19.02.1997 = AP Nr. 4 zu § 3 EngeltFG; auch BGH Urteil vom 16.10.2001 = NZA 2002, 40). Dies gilt auch für die prozessuale Bewertung in einem Streit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Die doppelte Beweisführung durch den Beklagten genügt nach Auffassung der Kammer, um die von der Berufung zahlreich aufgeführten Indizien im Einzelnen zu widerlegen.

4. Urlaubsabgeltung:

Dem Beklagten steht auch der Urlaubsabgeltungsanspruch in der nicht weiter streitigen Höhe zu; denn dieser ist unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer zur Zeit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses arbeitsfähig ist oder nicht (vgl. BAG Urteil vom 28.06.1984 = AP Nr. 18 zu § 7 AP BUrlG). Zwar ist der Urlaubsanspruch grundsätzlich an das Kalenderjahr gebunden, eine Übertragung findet jedoch nach § 7 Abs. 3 S. 2 BUrlG statt, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe vorliegen. Der Übertragungsvorgang vollzieht sich Kraft Gesetzes (vgl. Dörner, Erfurter Kommentar, 7. Auflage, BUrlG 250 § 7). Persönliche Gründe sind nach dem Stand der Rechtsprechung Gründe der Erkrankung und eine damit verbundene Arbeitsunfähigkeit zum Jahresende, sodass Erfüllbarkeit trotz der zum Jahresende wirkenden Kündigung zwar nicht gegeben war, jedoch im Übertragungszeitraum angesichts der eingetretenen Genesung des Klägers möglich war. Der Abgeltungsanspruch hat sich daher in einem Schadensersatzanspruch umgewandelt. Dieser ist zu erfüllen.

5. Weitergehende Ansprüche:

Für das in der Berufung klageerweiternd erfolgte Begehren des Klägers auf Vorlage des Einkommenssteuerbescheids 2005 fehlt es an einer entsprechenden Rechtsgrundlage. Für den darüber hinaus verfolgten Zahlungsantrag liegen die gesetzlichen Voraussetzungen des § 717 Abs. 2 ZPO nicht vor.

III.

Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen und die weitergehende Klage des Klägers abzuweisen.

Ende der Entscheidung

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