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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 18.05.2006
Aktenzeichen: 6 Sa 962/05
Rechtsgebiete: KSchG


Vorschriften:

KSchG § 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 6 Sa 962/05

Entscheidung vom 18.05.2006 Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 23.09.2005 - AZ: 3 Ca 1009/05 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen. 2. Die Revision an das Bundesarbeitsgericht wird nicht zugelassen. Tatbestand:

Der Kläger wehrt sich mit seiner Klage gegen eine Kündigung der Beklagten, bei der er ab 01.10.2004 auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 19.12.2003 zuletzt als Niederlassungsleiter in Bochum beschäftigt war und fordert noch die Zahlung einer Jahresteilprämie in Höhe von 2.500, € brutto und die Rückzahlung eines Betrages von 767, € zu, den die Beklagte unberechtigterweise von der Juli-Abrechnung zu Unrecht einbehalten habe, weil ihm ein Anspruch auf Urlaubsgeld zustehe. Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Anstellungsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 24.03.2005 - ihm zugegangen am 30.03.2005 - nicht aufgelöst ist. 2. Die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.267, € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hiervon seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen. Sie hat dies im Wesentlichen damit begründet, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien das Kündigungsschutzgesetz angesichts der Dauer des Beschäftigungsverhältnis bei Zugang der Kündigung keine Anwendung finde, weswegen die ordentliche Kündigung wirksam zum 30.09.2005 das Arbeitsverhältnis aufgelöst habe. Ein Anspruch des Klägers auf Urlaubsgeld sei vertraglich nicht geregelt, weswegen man die Beträge, die im Dezember 2004 und Mai 2005 als Urlaubsgeld ausgezahlt wurden in der Juli-Abrechnung 2005 wieder rückgeführt habe. Eine Teilprämie von 2.500, € für die Beschäftigung vom 01.10. bis 31.12.2004 stünde dem Kläger nicht zu, da er in dieser Zeit nicht Leiter der Niederlassung gewesen sei. Das Arbeitsgericht hat im Urteil vom 23.09.2005 dem Kläger einen Zahlungsanspruch von 2.500, € brutto nebst den geforderten Zinsen zuerkannt und die weitergehende Klage abgewiesen. Das Arbeitsgericht hat dies im Wesentlichen damit begründet,

dass die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 24.03.2005 wirksam sei, weil der allgemeine Kündigungsschutz nach § 1 KSchG nicht zugunsten des Klägers anzuwenden sei. Gründe, aus denen sich besondere Umstände entnehmen ließen, dass die Kündigung dennoch unwirksam sei, könnten nicht erkannt werden. Wenn die Behauptung des Klägers zutreffend sein sollte, er sei aus seinem früheren Arbeitsverhältnis abgeworben worden, so hätte er in den Vertragsinhalt eine höhere Absicherung aufnehmen müssen, was nicht erfolgt sei. Der Kläger hätte nämlich auch wissen müssen, dass bei Neubegründung eines Arbeitsverhältnisses die 6-monatige Wartezeit zu laufen beginnt, weswegen ein erhöhter Schutz gegen eine ordentliche Kündigung in diesem Stadium nicht gegeben sei. Der Inhalt des unterzeichneten Arbeitsvertrages sei als vollständig zu betrachten, so dass eventuelle andere Zusagen unbeachtlich seien, was insbesondere die Behauptung des Klägers anlange, das Arbeitsverhältnis sei von Beginn an ausdrücklich unter den Schutzbereich des Kündigungsschutzgesetzes gestellt worden. Die Beklagte sei verpflichtet, an den Kläger eine anteilige Prämie, errechnet aus einem Gesamtbetrag für das Kalenderjahr von 10.000, € brutto für den Zeitraum 01.10. bis 31.12.2004 in der zuerkannten Höhe zu zahlen nebst den geforderten Zinsen, weil der Kläger die Organisationseinheit als stellvertretender Niederlassungsleiter geführt habe und nicht erkennbar sei, dass die Prämie nur gezahlt werden sollte, wenn eine eigenverantwortliche Alleinführung gegeben sein sollte. Den weitergehenden Zahlungsanspruch hat das Arbeitsgericht deshalb abgewiesen, weil die Beklagte das an den Kläger gezahlte Urlaubsgeld von der Juli-Abrechnung zu Recht einbehalten habe, da aufgrund des Arbeitsvertrages kein Anspruch des Klägers auf Zahlung von Urlaubsgeld erkennbar sei. Das Urteil ist dem Kläger am 07.11.2005 zugestellt worden, worauf er am 05.12.2005 Berufung einlegte, welche innerhalb verlängerter Frist am 07.02.2006 im Wesentlichen damit begründet worden ist, dass das Arbeitsgericht zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass das Kündigungsschutzgesetz nicht anwendbar sei, da der Kläger von der Beklagten über einen Zeitraum von über 6 Monaten mit allen Mitteln und Versprechungen umworben und abgeworben worden sei. Der Arbeitsvertrag enthalte nicht die ausdrückliche Regelung, dass das Kündigungsschutzgesetz schon vom ersten Tag an Anwendung finden solle, wobei der Arbeitsvertrag aber auch keine Probezeitvereinbarung enthalte. Gerade der Verzicht auf die Probezeit durch die Beklagte, die diese eigentlich wollte, habe beim Kläger die Erwartung geweckt, dass die Beklagte ab dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht die Absicht habe, sich unter Ausklammerung von Schutzregeln von ihm zu trennen. Das Verlangen des Klägers, in den Arbeitsvertrag aufzunehmen, dass das Kündigungsschutzgesetz von Beginn an eingreifen solle, hätte ein Misstrauen des Klägers gegenüber dem Angebot der Beklagten bedeutet und der zudem zu erkennen gegeben hätte, dass er selbst die Gefahr einer kurzfristigen Trennung in den ersten 6 Monaten sehe, was ihn in seiner Wertigkeit als künftiger Mitarbeiter herabgesetzt hätte. Auch die in größerer Zahl geführten Gespräche seit Mai 2003 zwischen dem Kläger und dem Geschäftsführer der C., der Obergesellschaft Z. Bautec GmbH bzw. der Personalvermittlungsfirma X. hätten deutlich gemacht, dass der Kläger zwangsläufig auf das Interesse der Beklagten schließen musste, ihn als Arbeitnehmer als Niederlassungsleiter für Bochum auf Dauer zu gewinnen. Den Gesprächspartnern seien zudem das Alter des Klägers bekannt gewesen und der Verzicht auf die Probezeit führe dazu, dass Kündigungsschutzgesetz deshalb anzuwenden, weil der Sinn und Zweck der Probezeit es sei, dass der Arbeitgeber den neuen Mitarbeiter besser kennen lernen könne. Wenn allerdings auf eine Probezeit auf ausdrückliches Verlangen des Arbeitnehmers verzichtet werde, sei es widersprüchlich sich dann noch auf die Wartezeit i. S. d. Kündigungsschutzgesetzes zu berufen. Durch den Verzicht auf die Probezeit hätte für die Beklagte erkennbar eine Absicherung des Klägers erreicht werden sollen, was auch in einem Gespräch am 23.10.2003 in Essen zum Ausdruck gebracht worden sei. Auch die vom Kläger auszufüllende Funktion, die eine hinreichende Einarbeitungszeit von weit über 6 Monaten gefordert hätte, stünde der Wirksamkeit der Kündigung entgegen. Der Kläger sei nach einer 3-monatigen Tätigkeit als stellvertretender Niederlassungsleiter lediglich 10 Wochen als Leiter tätig gewesen, und damit zu kurz um das von der Beklagten vorgegebene Einstellungsziel den Standort Bochum zu erneuern, erreichen zu können. Der Kläger hätte deshalb davon ausgehen dürfen, dass ihm hinreichend Zeit gegeben wird, um dieses Vorhaben umzusetzen. Dem Kläger stünde auch der noch geforderte Restbetrag zu, weil nicht allein auf die fehlende Schriftform diesbezüglich abgestellt werden dürfe, weil im Gespräch vom 23.10.2003 der Entwurf eines Dienstvertrages vom 16.09.2003 die Grundlage für das Gespräch gewesen seien, dessen Ergebnisse im Dienstvertrag vom 19.12.2003 sodann Niederschlag gefunden hätten. Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen - AZ: 3 Ca 1009/05 - vom 23.09.2005 abzuändern und die Beklagte über den durch das Arbeitsgericht bereits zugesprochene Betrag von 2.500, € nebst Zinsen hinaus gemäß den Klageanträgen 1. Instanz zu verurteilen. Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen. Sie verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil im Wesentlichen damit, dass sich der Kläger auf die Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes wegen Nichterfüllung der 6-monatigen Wartezeit berufen könne. Der Kontakt zwischen den Parteien sei durch die Personalberatungsfirma X. hergestellt worden, wobei ein Interesse der Beklagten, den Kläger einzustellen anzunehmen sei. Die Beklagte habe zudem auch bei Vertragsschluss die Hoffnung gehabt, den Kläger dauerhaft beschäftigen zu können, wenn er die Erwartungen erfüllen werde, da ein häufiger Personalwechsel nicht im Interesse der Beklagten liege. Auch wenn auf eine Probezeit verzichtet worden wäre, sei nie die Rede davon gewesen, dass das Kündigungsschutzgesetz ab 01.10.2004 auf das Arbeitsverhältnis der Parteien angewendet werden solle. Zudem habe der Verzicht auf eine Probezeit lediglich die Rechtsfolge, dass der Arbeitgeber keine verkürzte Kündigungsfrist nutzen könne, wobei man dem Kläger eine relativ lange Kündigungsfrist von 6 Monaten zugebilligt habe. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf das geforderte Urlaubsgeld, da dieses weder mündlich noch schriftlich vereinbart gewesen sei und die Auszahlungen von Dezember 2004 und Mai 2005 fälschlicherweise erfolgt seien. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf den Inhalt der Schriftsätze, die zur Akte gereicht wurden und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, ebenso Bezug genommen wie auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils (Bl. 163-168 d. A.). Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch deshalb nicht begründet, weil das Arbeitsgericht zu Recht davon ausgegangen ist, dass die ordentliche Arbeitgeberkündigung das Arbeitsverhältnis zum 30.09.2005 aufgelöst hat und dass die Beklagte den Betrag von 767, € zu Recht an der Abrechnung für Juli 2005 einbehalten hat, weil zum Einen das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet und Unwirksamkeitsgründe für die Kündigung nicht vorhanden sind und dem Kläger eine Anspruch auf Urlaubsgeld nicht zusteht. Die Berufung richtet sich auch gegen den Teil des Arbeitsgerichtsurteils, mit dem die Feststellungsklage abgewiesen wird, auch wenn dies im gestellten Berufungsantrag nicht so deutlich zum Ausdruck kommt. Dass sich der Angriff des Klägers auch dahin wendet, ergibt sich aus der Berufungsbegründung sehr deutlich und ist auch so von der Beklagtenseite gesehen worden. Um Wiederholungen zu vermeiden nimmt die Berufungskammer auf die ausführliche und zutreffende Begründung des Arbeitsgerichts zur Frage der Wirksamkeit der Kündigungserklärung Bezug. Das Arbeitsgericht hat insbesondere zu Recht darauf abgestellt, dass auch dann, wenn ein Abwerben durch die Beklagte erfolgt sein sollte, allein durch diesen Umstand noch kein erhöhter Bestandsschutz für das Arbeitsverhältnis zustande kommt. Gerade in dieser Situation hat es der Arbeitnehmer. an dem der neue Arbeitgeber ein so hohes Interesse hat, eine bessere Verhandlungsmöglichkeit, Vorstellungen im Vertragsinhalt wirksam werden zu lassen, während das Interesse des Arbeitgebers gerade nicht so hoch ist. Wenn als Ergebnis der Verhandlung erreicht wird, dass eine Probezeit entfällt, so hat dies für den Kläger bereits einen weitergehenden Bestandsschutz dadurch bewirkt, dass der Arbeitgeber auf verkürzte Kündigungsfristen nicht zurückgreifen kann, sondern die dem Kläger eingeräumte Kündigungsfrist, die die gesetzlichen Vorgaben deutlich überschreitet zu beachten. Eine weitergehende Bedeutung wird diesem Verzicht auf die Probezeit auf Seiten der Berufungskammer nicht beigemessen. Auch andere Unwirksamkeitsgründe sind für die Berufungskammer nicht erkennbar, zumal der Kläger selbst in seinem letzten Schreiben vom 10.05.2006 mitteilt, dass die von seinem Arbeitgeber geplanten Umstellungen und Neuplanungen von der Muttergesellschaft der Beklagten korrigiert worden sind. Derartige Vorgänge in Konzernfirmen sind für die nachgeordneten Unternehmen bindend und können deren Planungen in Frage stellen bis hin zur Aufgabe der geplanten Vorhaben, ohne dass hieraus ein Verstoß gegen Treu und Glauben oder eine sittenwidrige Verhaltensweise erkennbar wird, wenn die Folgeentscheidungen wie eine Kündigung getroffen werden. Wenn das Arbeitsgericht, so der Kläger, zu wenig das Augenmerk auf die vor Vertragsschluss geführten Gespräche und Aktivitäten gelegt hat, so kann hieraus für die Unwirksamkeit der Kündigung deshalb nichts abgeleitet werden, weil alle die Gespräche und Vorbereitungen schließlich im endgültigen Vertrag vom 19.12.2003 ihren Eingang gefunden haben und weiteres angesichts der Vollständigkeitsklausel nicht zu berücksichtigen ist. Auch der Umstand, dass die dem Kläger gestellte Aufgabe nicht innerhalb der 6-Monats-Frist hätte erfüllt werden können, lässt keine andere Sicht der Dinge deshalb zu, weil die Beklagte nicht verpflichtet war, dem Kläger einen Zeitraum zur Verfügung zu stellen, ohne eine Kündigung zu erklären, der über den 6-Monats-Zeitraum hinaus geht. Der Arbeitgeber darf, im Regelfall sogar bis zum letzten Tag dieser Frist zuwarten, um noch eine Kündigung des nicht besonders geschützten Arbeitsverhältnisses zu erklären. Das Arbeitsgericht hat auch den Anspruch des Klägers auf Behalt der 767, € an Urlaubsgeld als deshalb nicht begründet abgewiesen, weil der Arbeitsvertrag keinen derartigen Anspruch für den Kläger abgibt. Auch die zweimalige Zahlung im Dezember 2004 und Mai 2005 durch die Beklagte führt deshalb zu keinem anderen Verhältnis, weil erst bei einer dreimaligen Zahlung ohne Vorbehalt ein Anspruch des Klägers etwa aus betrieblicher Übung hätte entstehen können, wozu es jedoch nicht gekommen ist. Da das Arbeitsgericht mit zutreffender Begründung die richtigen Ergebnisse erzielt hat, ist die Berufung des Klägers insgesamt als unbegründet mit der Kostenfolge der §§ 64 Abs. 6 Satz 1, 97 ZPO zurückzuweisen. Ein Anlass, die Revision an das Bundesarbeitsgericht zuzulassen, besteht angesichts der gesetzlichen Vorgaben in § 72 Abs. 2 ArbGG nicht. Der Kläger wird darauf hingewiesen, dass die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde angegriffen werden kann, § 72 a ArbGG.

Ende der Entscheidung

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