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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 18.01.2006
Aktenzeichen: 6 Ta 291/05
Rechtsgebiete: ArbGG


Vorschriften:

ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3 a
ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3 d
ArbGG § 5 Abs. 1 Satz 1
ArbGG § 5 Abs. 1 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 6 Ta 291/05

Entscheidung vom 18.01.2006

Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - vom 10.11.2005 - AZ: 9 Ca 2964/04 - wird zurückgewiesen.

2. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 700,-- € festgesetzt.

Gründe:

Der Kläger, Steuerberater in Bingen, fordert mit der Klage vom 21.12.2004 welche beim Arbeitsgericht eingereicht wurde, vom Beklagten Schadenersatz, wobei der Beklagte eine Widerklage erhoben hat. Die Klage ist im Wesentlichen damit begründet, dass der Beklagte auf der Grundlage von schriftlichen Arbeitsverträgen seit 01.10.1994 in dem dort umrissenen Aufgabengebiet für den Kläger tätig geworden sei, wobei monatliche Abrechnungen erstellt, die Sozialabgaben abgeführt und der Nettobetrag an den Beklagten ausgezahlt worden sei.

Der Beklagte sei ausgebildeter Betriebswirt und er habe aus dem Mandantenkreis eines früher im Westerwald tätigen Steuerberaters für den Kläger gearbeitet, in dem er Jahresabschlüsse vorbereitet habe, Steuererklärungen für gewerbliche Arbeitnehmer und Privatpersonen gefertigt, eine Buchhaltungskontrolle in Abstimmung mit dem Praxisleiter des Klägers sowie die Vorbereitung des Schriftverkehrs durchgeführt habe. Die Arbeitszeit sei ab 01.12.1995 im Vertrag mit 40 Wochenstunden angegeben und sei in eigenen bzw. dem Miteigentum der Ehefrau des Beklagten stehenden Büroräumen auch erbracht worden.

Der Beklagte hat die Zuständigkeit des angerufenen Arbeitsgerichtes gerügt und ausgeführt, dass er seit 1998/1999 bereits als freiberuflicher Mitarbeiter für den Kläger tätig geworden sei, indem er habe seine Tätigkeit und seine Arbeitszeit selbst frei bestimmen können. Er sei auch nicht in den Organisationsbereich des Klägers eingegliedert oder an dessen Weisung bezüglich Arbeitszeit, Arbeitsort und Art der Arbeiten gebunden gewesen. Die Mandanten habe er selbst ausgesucht und angenommen.

Das Arbeitsgericht hat dahingestellt sein lassen, ob die Voraussetzungen gegeben sind, um von einem Arbeitnehmer i. S. d. § 2 Abs. 1 Nr. 3 a, 5 Abs. 1 Satz 1, 2 ArbGG gegeben sind, weil es davon ausgegangen ist, dass der beklagte Arbeitnehmerähnliche Person i. S. d. § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG sei, weil er wirtschaftlich vom Kläger abhängig und ansonsten in wesentlich freier Zeitbestimmung und ohne Eingliederung in die betriebliche Organisation gearbeitet habe.

Auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages handele es sich um eine Vollzeitbeschäftigung, aus der der Beklagte im Wesentlichen seine Unterhaltsgelder beziehe.

Der Beschluss ist dem Beklagten am 23.11.2005 zugestellt worden, woraufhin seine sofortige Beschwerde am 06.12.2005 beim Arbeitsgericht eingegangen ist.

Der Beschwerdeführer begründet seine Beschwerde im Wesentlichen damit, dass die Zusammenarbeit von Anfang an als freie Mitarbeit gesehen worden sei und die Arbeitsverträge nur abgeschlossen worden seien, um einem laufenden Verfahren der Steuerberaterkammer wegen Untersagung des auswärtigen Büros in B entgegen zu wirken. Die Arbeitsstelle in B sei 1999 von ihm aufgelöst worden. Es seien zudem nicht monatlich Verdienstbescheinigung erstellt worden, weil z. B. die für Februar 2000 fehle. Er sei zudem deshalb nicht wirtschaftlich abhängig von der Klägerseite, weil er bereits vor dem Jahr 2000 als Heimleiter einer Alten- und Pflegepension beschäftigt sei, wo ihm neben dem Dienstwagen ein branchenübliches Gehalt zur Verfügung stehe. Er habe als Strohmann als Buchführungshelfer seinen Stempel zur Verfügung gestellt, da ihm selbst die Tätigkeit als Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater nicht erlaubt gewesen sei.

Die Beschwerde ist deshalb nicht begründet, weil der Weg zu dem Arbeitsgerichteröffnet ist. Es handelt sich bei der Schadenersatzklage des Klägers um eine Streitigkeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis, bzw. aus unerlaubten Handlungen, die mit dem Arbeitsverhältnis in Zusammenhang stehen, § 2 Abs. 1 Nr. 3 a und d ArbGG.

Die Kammer geht davon aus, dass der Beklagte Arbeitnehmer des Klägers gewesen ist, weil zum Einen zwei Arbeitsverträge schriftlich abgefasst wurden, denen eine Indizwirkung beigelegt wird, zumal in beiden Verträgen das Aufgabengebiet des Beklagten eingehend beschrieben ist und, was den bisherigen Sachvortrag zu entnehmen ist, auch tatsächlich so gehandhabt wurde und zwar bis ins Jahr 2000.

Der Beklagte hat sodann die Mandanten, die sich an ihn in seinem Bereich gewendet haben, mit den jeweils gestellten Aufgaben betreut und die Arbeiten auch verrichtet und sodann die Unterlagen, um die Leistung abrechnen zu können, an den Kläger nach Bingen geleitet, weil nur da der Kläger hat Rechnungen erstellen können.

Wenn auch der Beklagte die Buchhaltungsarbeiten und sonstigen zur Bilanzen und Abgaben der Steuererklärung erforderlichen Vorarbeiten und Feststellungen eigenständig erledigt hat, weil auch von Seiten des Klägers nicht anderes behauptet wird, zur Annahme nicht die Bejahung des Arbeitnehmerstatus des Beklagten gehört, die sich mit dem Arbeitnehmerbegriff nicht verträgt, ist dann auszugehen, wenn der Betreffende auch ein gewisses Arbeitnehmerrisiko übernimmt und nicht schon dann, wenn er in der Erfüllung der Arbeit weisungsfrei handelt, wie dies beim Beklagten offensichtlich, auch angesichts der räumlichen Entfernung, der Fall war.

Da zudem die vorgelegten Arbeitsverträge nicht erlauben, dass der Beklagte die Arbeit weiter delegiert, ein Erholungsurlaub vereinbart wurde, Lohnsteuer und Versicherungsabgaben abgeführt wurden, und der Beklagte dazu noch im Schreiben vom 08.01.2001 davon spricht, dass das Angestelltenverhältnis vom Kläger aufgekündigt wurde und der Beklagte noch kein Arbeitslosengeld habe beanspruchen können, und auch ein Recht des Klägers auf die Abrechnungsunterlagen, die der Beklagte erstellt hat, eingeräumt wird, ist davon auszugehen, dass die vertragliche Beziehung eine.richtig verstandene abhängige Tätigkeit des Beklagten war. Der Beklagte hat hauptsächlich für den Kläger gearbeitet, weil er, was unstreitig ist, selbständig nicht als verantwortlicher Steuerberater tätig werden kann und alle Mandanten über das Briefformular des Klägers abgewickelt hat. Aus der Tätigkeit, nämlich die Mandanten in Steuerfragen zu betreuen und dabei die Arbeitszeit und die konkret auszuführenden Arbeiten frei zu bestimmen ist wesentlicher Bestandteil der Tätigkeit, die der Beklagte übernommen hat, schließt die Annahme aus, dass der Arbeitgeber ständig in Detailanweisungen dokumentiert, dass die verrichtete Tätigkeit auch tatsächlich weisungsgebunden ist. Hier genügt das Umreißen des Aufgabenbereiches, nämlich Vorbereiten der Erklärung, die sodann von dem Kläger als dem dazu Befugten autorisiert weiter geleitet werden. Diese Tätigkeiten des Beklagten stellen zugleich die organisatorische - wenn auch nicht die räumliche - Eingliederung in den Betrieb des Klägers dar, weil die Vorarbeiten des Beklagten erst zu einem wirtschaftlich sinnvollen Ergebnis zusammen fließen, wenn der Kläger als allein dazu befugter Steuerberater mit seinem Namen berechtigt, dieses den zuständigen Stellen vorlegt. Auch der Umstand, seine Arbeitszeit im Wesentlichen frei gestalten zu können, wobei eine Abstimmung der Termine mit den Kunden zu erfolgen hat, verhindert die Annahme seiner Arbeitnehmereigenschaft ebenfalls nicht. Arbeitsteilung angesichts der räumlichen Entfernung vom Betrieb in Bingen und der Tatsache, dass der Beklagte einer Vollzeittätigkeit bereits nachgegangen ist, ergibt sich zwangsläufig und ist nicht Ausfluss seiner freien Gestaltungsmöglichkeit etwa als Handlungsgehilfe ähnlich Tätiger.

Nach dem Vorstehenden ist die sofortige Beschwerde des Beklagten zurückzuweisen, was zur Folge hat, dass er die Kosten dieses Verfahrens, § 97 ZPO zu tragen hat.

Die Wertfestsetzung orientiert sich an den geschätzten Anwaltsgebühren, die im Falle einer Verweisung entstehen würden.

Für die Zulassung der weiteren sofortigen Beschwerde besteht gemäß § 17 Abs. 4, 5 GVG keine Veranlassung, weswegen diese Entscheidung nicht anfechtbar ist.

Ende der Entscheidung

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