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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 23.05.2005
Aktenzeichen: 7 Sa 105/05
Rechtsgebiete: MTV, ArbGG, ZPO, BetrVG, BGB


Vorschriften:

MTV § 17
MTV § 17 Ziff. 4
MTV § 17 Ziff. 5
ArbGG § 64 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 6
ArbGG § 66 Abs. 1
ArbGG § 67 Abs. 2
ArbGG § 67 Abs. 4
ZPO § 518
ZPO § 519
BetrVG § 75
BetrVG § 77 Abs. 4
BGB § 613 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Im Namen des Volkes Urteil

Verkündet am: 23.05.2005

In dem Rechtsstreit

hat die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz auf die mündliche Verhandlung vom 23. Mai 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. D. als Vorsitzenden und den ehrenamtlichen Richter Z. und den ehrenamtlichen Richter Y. als Beisitzer für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 07.12.2004 - 3 Ca 2273/04 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob der Kläger gegenüber der Beklagten einen Wiedereinstellungsanspruch hat.

Der Kläger war bei der Beklagten ab 01.11.1966 als Angestellter beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde sodann auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 14.08.1968 fortgesetzt, hinsichtlich dessen Inhalts auf Blatt 14 bis 17 der Akte Bezug genommen wird. Das Arbeitsverhältnis, auf das die Tarifverträge für die Chemische Industrie Anwendung fanden, ging zum 01.01.1991 auf die von der Beklagten gegründete X. GmbH über. Aus diesem Anlass unterzeichneten die Beklagte sowie die betroffenen Betriebsräte in C. und W. eine "Vereinbarung anlässlich der Ausgliederung der Magnetprodukte-Aktivitäten der C. in die "W GmbH", die in Ziffer 17 lautet:

"Den zum 01.01.1991 überwechselnden Mitarbeitern wird, soweit eine Weiterbeschäftigung innerhalb der W. GmbH aus betrieblichen Gründen nicht mehr möglich ist, eine Rückkehrmöglichkeit zugesagt, soweit freie und adäquate Arbeitsplätze in der C. vorhanden sind."

Der Kläger erhielt eine Kopie dieser Vereinbarung zusammen mit dem Begleitschreiben vom 06.12.1990, in dem es unter anderem heißt: "Der Vereinbarung können Sie die sich für sie aus dem Übergang des Arbeitsverhältnisses ergebenden Rechte und Pflichten entnehmen".

Nach mehreren gesellschaftlichen Veränderungen, die im Einzelnen zwischen den Parteien umstritten sind, wurde am 01.04.2003 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der X. eröffnet. Durch den Insolvenzverwalter wurde das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen durch Schreiben vom 29.04.2003 zum 31.07.2003 gekündigt.

Bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens hatte der Betriebsrat der Gemeinschuldnerin sich bei der Beklagten um eine Beschäftigung der von der Insolvenz betroffenen Arbeitnehmer bemüht (vgl. Anschreiben vom 12.03., 14.04., 23.05. und 15.09.2003).

Eine schriftliche Geltendmachung seines etwaigen Wiedereinstellungsanspruches durch den Kläger selbst erfolgte erstmals mit Schreiben vom 28.07.2004.

§ 17 des Manteltarifvertrages für die Chemische Industrie enthält folgende Ausschlussfristen:

1. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, die richtige und vollständige Abrechnungen und Vergütungen unverzüglich zu überprüfen.

2. Die Ansprüche beider Seiten aus dem Arbeitsverhältnis müssen innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung ausgeschlossen. Das gilt nicht, wenn die Berufung auf die Ausschlussfrist wegen des Vorliegens besonderer Umstände eine unzulässige Rechtsausübung ist.

3. Im Falle des Ausscheidens müssen die Ansprüche beider Seiten spätestens einen Monat nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses geltend gemacht werden.

4. Wird ein Anspruch erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig, muss er spätestens einen Monat nach Fälligkeit geltend gemacht werden.

5. Die genannten Ausschlussfristen gelten nicht für beiderseitige Schadenersatzansprüche sowie für beiderseitige nachwirkende Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis.

Der Kläger hat vorgetragen,

dass sich die Beklagte auf die tarifvertragliche Ausschlussfrist nicht berufen könne, da sein Anspruch dieser nicht unterfalle und die Berufung auf die Ausschlussfrist angesichts der Intervention des Betriebsrates der Gemeinschuldnerin auch treuwidrig sei.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, mit ihm zum 01.08.2003 einen Arbeitsvertrag über eine Angestelltentätigkeit entsprechend der Entgeltgruppe E 13 gemäß den Bestimmungen des Bundesentgelttarifvertrages der Chemischen Industrie im Bereich Controlling abzuschließen.

2. hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, mit ihm zum 29.07.2004 einen Arbeitsvertrag über eine Angestelltentätigkeit entsprechend der Entgeltgruppe E 13 gemäß den Bestimmungen des Bundesentgelttarifvertrages der Chemischen Industrie im Bereich Controlling abzuschließen.

3. hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, mit ihm zum 08.08.2004 einen Arbeitsvertrag über eine Angestelltentätigkeit entsprechend der Entgeltgruppe E 13 gemäß den Bestimmungen des Bundesentgelttarifvertrages der Chemischen Industrie im Bereich Controlling abzuschließen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen,

der geltend gemachte Anspruch unterfalle jedenfalls der anwendbaren tariflichen Ausschlussfrist, diese sei nicht eingehalten und folglich sei ein etwa gegebener Anspruch jedenfalls verfallen.

Das Arbeitsgericht Ludwigshafen hat daraufhin die Klage durch Urteil vom 07.12.2004 - 3 Ca 2273/04 - abgewiesen. Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Blatt 150 bis 160 der Akte Bezug genommen.

Gegen das ihm am 12.01.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger durch am 10.02.2005 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Er hat die Berufung durch am (Montag), den 14.03.2005 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz begründet.

Der Kläger wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, dass die tarifvertragliche Ausschlussfrist vorliegend entgegen der Auffassung der Beklagten nicht einschlägig sei. Denn sie vermöge Ansprüche aus Verletzungen des Persönlichkeitsrechts, ebenso wie Ansprüche auf Beschäftigung u.s.w. nicht zu erfassen. Auch würden absolute Rechte der Arbeitsvertragsparteien aus dem Arbeitsvertragsverhältnis nicht von Verfallklauseln erfasst. In dem Schriftsatz vom 19.05.2005, der vorab per Fax übermittelt worden ist, hat der Kläger erstmals einen schriftlichen Arbeitsvertrag vom 26.03.1979 vorgelegt, hinsichtlich dessen Inhalts auf Blatt 262 bis 265 der Akte Bezug genommen wird, in dem im Gegensatz zum zunächst vorgelegten Arbeitsvertrag keine Bezugnahme auf tarifliche Regelungen enthalten ist, es sich also um einen sogenannten AT-Dienstvertrag handelt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 07.12.2004 - 3 Ca 2273/04 - abzuändern und

1. die Beklagte zu verurteilen, die Annahme des Angebots des Klägers auf Begründung eines Arbeitsverhältnisses über eine Angestelltentätigkeit entsprechend der Entgeltgruppe E 13 gemäß den Bestimmungen des Bundesentgelttarifvertrages der chemischen Industrie im Bereich Controlling zum 01.08.2003 zu erklären,

2. hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, die Annahme des Angebots des Klägers auf Begründung eines Arbeitsvertrages über eine Angestelltentätigkeit entsprechend der Entgeltgruppe E 13 gemäß den Bestimmungen des Bundesentgelttarifvertrages der chemischen Industrie im Bereich Controlling zum 29.07.2004 zu erklären,

3. hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, die Annahme des Angebots des Klägers auf Begründung eines Arbeitsvertrages über eine Angestelltentätigkeit entsprechend der Entgeltgruppe E 13 gemäß den Bestimmungen des Bundesangestelltentarifvertrages der chemischen Industrie im Bereich Controlling zum 08.08.2004 zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor, die anzuwendende tarifvertragliche Ausschlussfrist sei vorliegend erkennbar nicht eingehalten, so dass der geltend gemachte Anspruch nicht gegeben sei. Hinsichtlich des am 19.05.2004 vorgelegten AT-Vertrages und der damit verbundenen Darstellung, dass die tarifvertragliche Ausschlussfrist für das Arbeitsverhältnis keine Anwendung finde, wird ausdrücklich Verspätung gerügt. Das Verhalten des Klägers sei unverständlich; die Beklagte könne diesen Vorgang so nicht nachvollziehen, weil sie über keine Personalakte des Klägers mehr verfüge. Bei der Beklagten habe von der Existenz des Arbeitsvertrages vom 26.03.1979 keine Kenntnis bestanden. Der Kläger habe während des gesamten erstinstanzlichen Verfahrens ebenso wenig wie in der Berufungsbegründungsschrift einen Hinweis auf die Vertragsänderung vom 26.03.1979 gegeben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen.

Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 23.05.2005.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

Das Rechtsmittel der Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Denn das Arbeitsgericht ist sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger die geltend gemachte Wiedereinstellung nicht verlangen kann.

Zwar ist der geltend gemachte Anspruch dem Grunde nach zunächst gegeben, denn er folgt aus Ziffer 17 der Vereinbarung anlässlich der Ausgliederung der Magnetprodukte Aktivitäten der C. in die W. GmbH.

Diese Zusage enthält keine zeitliche Befristung und auch den vorangehenden Regelungen ist nicht zu entnehmen, dass die Betriebsvereinbarung mit einem ausdrücklich genannten Datum oder durch eine inhaltlich abgrenzbare Zweckerreichung gegenstandslos werden, entfallen sollte. Eine Kündigung der Betriebsvereinbarung ist unstreitig nicht erfolgt und allein der Zeitablauf vermag Ansprüche aus einer Betriebsvereinbarung nicht entfallen zu lassen.

Der zum 01.01.1997 erfolgte Verkauf der W. an eine südkoreanische Gruppe berührt den Fortbestand der Betriebsvereinbarung nicht, da es sich dabei um einen bloßen Betriebsinhaberwechsel handele. Nichts anderes gilt für die Umfirmierung in X. Der Betriebsvereinbarung ist auch nicht zu entnehmen, dass sie nur so lange gelten sollte, wie die Beklagte des Berufungsverfahrens Muttergesellschaft der W. bliebe. Auch Sinn und Zweck der Rückkehrzusage spricht, auch insoweit folgt die Kammer dem Arbeitsgericht, gegen eine solche Auslegung, da die Beklagte des Berufungsverfahrens es ansonsten zu jeder Zeit in der Hand gehabt hätte, sich ihren Verpflichtungen aus der Betriebsvereinbarung durch Verkauf ihrer Tochtergesellschaft zu entziehen, wobei gerade ein solcher Verkauf die Bedeutung einer Rückkehrzusage deutlich erhöht.

Weitere Veränderungen rechtlicher oder tatsächlicher Art nach dem 01.01.1997, die den Fortbestand der Betriebsvereinbarung berühren könnten, sind nicht gegeben. Für das Eintreten derartiger Beendigungstatbestände nach dem 01.01.1997 wäre die Beklagte darlegungs- und beweispflichtig gewesen, da sie zu einer rechtsvernichtenden Einwendung führen würden. Es reicht daher nicht aus, wenn die Beklagte zu 2) des erstinstanzlichen Verfahrens lediglich die fortbestehende Identität mit Nichtwissen bestreitet.

Eine Weiterbeschäftigung des Klägers war bei der X. aus betrieblichen Gründen nicht mehr möglich. Substantiierte Tatsachen, die zu einem anderen Ergebnis führen könnten, hat die Beklagte nicht vorgetragen.

Dem Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages steht schließlich entgegen der Auffassung der Beklagten des Berufungsverfahrens auch nicht das beklagtenseits geltend gemachte Fehlen freier Arbeitsplätze entgegen. Es reicht nämlich insoweit aus, wenn Stellen bei der Beklagten des Berufungsverfahrens intern ausgeschrieben werden. Auch diese Stellen sind im Zeitpunkt der Ausschreibung nicht besetzt und damit frei im Sinne der Betriebsvereinbarung. Die mit dem Betriebsrat vereinbarten Leitlinien der Beklagten des Berufungsverfahrens zur Personalbeschaffung, die externe Einstellungen nur unter besonderen Voraussetzungen zulassen, können den sich aus einer mit dem selben Betriebsrat geschlossenen förmlichen Betriebsvereinbarung und damit höherrangigem Recht resultierenden Anspruch der Klägerin nicht abbedingen.

Soweit die Beklagte im Übrigen in Abrede stellt, dass Ziffer 17 der Ausgliederungsvereinbarung eine Anspruchsgrundlage zugunsten des Klägers darstelle, folgt die Kammer dem nicht. Warum es sich nicht um eine Betriebsvereinbarung handeln soll, nach deren Maßgabe des Klägers gemäß § 77 Abs. 4 BetrVG ein einklagbarer Anspruch zusteht, ist nicht erkennbar. Weder dem Wortlaut der Regelung in der Ausgliederungsvereinbarung, noch Sinn und Zweck der Regelung lassen sich Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass es sich lediglich um eine Absichtserklärung gehandelt haben soll. Vielmehr war das nach Auffassung der Kammer erkennbare Ziel der Regelung, unter anderem auch mit Ziffer 17 eine gewisse Sicherheit für die betroffenen Arbeitnehmer zu gewährleisten, um weitgehend Widersprüche gemäß § 613 a BGB zu vermeiden. Die gegen diese Regelung im Übrigen von der Beklagten erhobenen Bedenken teilt die Kammer nicht. Insbesondere ist nicht ersichtlich, warum ein Verstoß gegen § 75 BetrVG gegeben sein könnte. Soweit die Beklagte im Übrigen bezweifelt, dass die Tatbestandsvoraussetzungen von Ziffer 17 vorliegend gegeben seien, teilt die Kammer diese Bedenken gleichfalls nicht. Die Beklagte trägt insoweit keine neuen, nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiierten Tatsachen vor, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnten. Von daher ist mit dem Arbeitsgericht davon auszugehen, dass auch die tatsächlichen Voraussetzungen von Ziffer 17 vorliegend gegeben sind.

Ebensowenig vermag die Kammer die Auffassung der Beklagten zu teilen, allein der zwischenzeitliche Zeitablauf habe einen angeblichen Anspruch des Klägers entfallen lassen. Anhaltspunkte für eine Zeit- oder Zweckbefristung der Regelung in Ziffer 17 lassen sich mit allen Methoden zur Auslegung von Normen dieser Regelung nicht entnehmen. Im Eingangstext wird lediglich der Anlass der nachfolgenden Regelungen beschrieben, nämlich die Übernahme des Magnetbandgeschäftes zum 01.01.1991. Auch in Ziffer 17 sind, worauf das Arbeitsgericht bereits zutreffend hingewiesen hat, keinerlei Anhaltspunkte für eine Zeit- oder Zweckbefristung gegeben. Gleiches gilt für den Vorbehalt der Beklagten, etwas anderes müsse zumindest gelten, weil die X. GmbH inzwischen längst aus dem Konzernbund der Beklagten ausgeschieden sei. Auch ein dahingehender Vorbehalt ist nicht ersichtlich. Desweiteren enthält Ziffer 17 auch keinen Vorbehalt dahin, dass eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit vorbehaltlich einer nicht wahrenden Kollission mit der Vereinbarung Personalstandssteuerung vom 19.09.2002 bestehen könnte. Es mag sein, dass die Beklagte insoweit ihre internen Leitlinien zur Personalbeschaffung aktualisiert hat. Da die Vereinbarung 1991 naturgemäß auf die spätere Regelung keinen Bezug nehmen konnte, andererseits die Regelung aus dem Jahre 2002 auch keinen Bezug auf die Regelung aus dem Jahre 1991 nimmt, käme eine Beseitigung von Ziffer 17 als Anspruchsgrundlage zwar durch die sogenannte Zeitkollissionsregelung in Betracht. Danach ersetzt die spätere Norm die frühere. Der Regelung 2002 lassen sich aber keinerlei Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass eine Regelung bezogen auf die von der Vereinbarung 1991 getroffenen Mitarbeiter überhaupt getroffen werden sollte.

Allerdings ist mit dem Arbeitsgericht davon auszugehen, dass der insoweit gegebene Anspruch aufgrund einer tariflichen Verfallfrist jedenfalls nach dem Erkenntnisstand im erstinstanzlichen Rechtszug verfallen ist.

Der Wiedereinstellungsanpruch ist geknüpft an die Voraussetzung, dass eine Weiterbeschäftigung innerhalb dieser neuen Gesellschaft aus betrieblichen Gründen nicht mehr möglich ist. Dieser Anspruch ist daher erst zu diesem Zeitpunkt und damit nach dem Ende des (alten) Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien fällig, so dass für ihn die einmonatige Ausschlussfrist von § 17 Ziff. 4 MTV gilt. Dieser Anspruch ist kein nachwirkender Anspruch im Sinne von § 17 Ziff. 5 MTV, da darunter allgemein lediglich nachvertragliche Pflichten, etwa Verschwiegenheits- oder Auskunftspflichten verstanden werden. Unter Berücksichtigung des Beendigungszeitpunktes des mit der Gemeinschuldnerin bestehenden Arbeitsverhältnisses zum 31.07.2003 ergibt sich folglich ein Ende der tarifvertraglichen Ausschlussfrist mit Ablauf des 31.08.2003.

Der Kläger hat seinen Anspruch gegenüber der Beklagten erstmalig - persönlich - mit Schreiben vom 28.07.2004 über die ihn vertretene Fachgewerkschaft geltend gemacht. Mit dieser Geltendmachung hat der Kläger die tarifvertragliche Ausschlussfrist gemäß § 17 Ziff. 4 MTV mit dem Arbeitsgericht nicht gewahrt.

Der Kläger hat demgegenüber zu Unrecht eingewandt, dass sein Anspruch durch die tarifvertragliche Ausschlussfrist nicht erfasst werde. Die Kammer teilt die Auffassung des Arbeitsgerichts, dass dem auch nicht die Rechtsprechung des vom Kläger zitierten BAG (15.05.1991 EzA § 4 TVG Ausschlussfrist Nr. 91) entgegensteht, wonach z. B. der Beschäftigungsanspruch als Persönlichkeitsrecht nicht der Ausschlussfrist des BRTV Bau unterliegen soll, weil die Rechtsprechung dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht den Schutz der absoluten Rechte zuerkannt habe. Insoweit wird zur zutreffenden Begründung des Arbeitsgerichts auf Seite 11 = Bl. 158 d. A. der angefochtenen Entscheidung zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Zudem steht dem Kläger gerade gegenüber der Beklagten derzeit noch kein Beschäftigungsanspruch aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis zu, sondern Streitgegenstand ist vielmehr ein etwaiger Anspruch auf Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages.

Die Ausschlussfrist ist nicht durch die Bemühungen des Betriebsrates der Insolvenzschuldnerin zur Wiedereinstellung der Insolvenzbetroffenen bei der Beklagten gewahrt. Es gehört nämlich nicht zu den gesetzlichen Aufgaben des Betriebsrates, individuelle Ansprüche der Arbeitnehmer gegenüber der Arbeitgeberin geltend zu machen. Das hat umso mehr zu gelten, wenn - wie hier - der Betriebsrat eines anderen Unternehmens bei der Beklagten vorstellig geworden ist. Von daher kann es nicht rechtsmissbräuchlich sein, wenn sich die Beklagte auf die ohnehin von Amts wegen zu berücksichtigende Ausschlussfrist beruft. Dem diesbezüglichen Sachvortrag des Klägers ist nicht zu entnehmen, dass die Beklagte ihn davon abgehalten hat, seinen Anspruch geltend zu machen, oder durch ihre Erklärungen gegenüber dem Betriebsrat der Gemeinschuldnerin in einer ihr zurechenbaren Weise beim Kläger den Eindruck erweckt zu haben, sie wolle sein Begehren erfüllen, so dass dessen ausdrückliche Geltendmachung nur noch als unnötige Förmelei anzusehen gewesen wäre.

Zu Recht hat das Arbeitsgericht desweiteren darauf hingewiesen, dass vorliegend hinzukommt, dass die Beklagte ohne ausdrückliche Geltendmachung seines Begehrens durch den Kläger auch gar nicht davon ausgehen musste, dass er an einer Weiterbeschäftigung interessiert sein würde. Der am 08.02.1946 geborene Kläger befindet sich in einem Alter, in dem viele Arbeitnehmer im Bereich der chemischen Industrie ebenso wie in anderen Industriezweigen trotz erheblicher finanzieller Einbußen Arbeitsverhältnisse mit dem Ziel eines möglichst frühen Renteneintritts beenden. Dass von dieser Möglichkeit letztlich insbesondere oft dann Gebrauch gemacht wird, wenn zusätzlich zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch eine Sozialplanabfindung bzw. eine sonstige Abfindung gezahlt wird, ist nicht entscheidend. Zumindest durfte hier die Beklagte ohne ausdrückliche Bekundung eines Rückkehrwillens durch den Kläger gegenüber der Beklagten in zeitlicher Nähe zur Beendigung seines Arbeitsverhältnisses bei der Insolvenzschuldnerin davon ausgehen, dass der Kläger letztlich kein persönliches Interesse mehr an der Weiterbeschäftigung gehabt hat. Da letztlich auch nicht ausgeschlossen werden konnte, dass der Kläger aufgrund seiner Berufserfahrung eine anderweitige Beschäftigung hat finden können, war die persönliche Geltendmachung des Weiterbeschäftigungsanspruchs durch den Kläger innerhalb der tarifvertraglichen Ausschlussfrist gegenüber der Beklagten notwendig.

Das Berufungsvorbringen des Klägers rechtfertigt keine abweichende Beurteilung des hier maßgeblichen Lebenssachverhaltes.

Zunächst beschränkt sich das Berufungsvorbringen des Klägers darauf, die von der Kammer geteilte Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts hinsichtlich der Anwendbarkeit der einschlägigen Ausschlussfrist in Abrede zu stellen. Neue, nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiierte Tatsachen werden demgegenüber nicht vorgetragen, so dass weitere Ausführungen nicht veranlasst sind.

Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht mit aus dem vom Kläger am 19.05.2005 (donnerstags) zur Gerichtsakte gereichten AT-Vertrages vom 26.03.1979. Zwar ist danach das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien im Jahre 1979 auf eine neue rechtliche Grundlage gestellt worden, einen sogenannten AT-Vertrag, in dem die Anwendbarkeit tariflicher Vorschriften, also auch der zuvor für zutreffend angewendet angesehenen Regelung des MTV Chemie nicht vorgesehen ist. Dies würde zu einem gegenteiligen Ergebnis führen, weil sich die Beklagte dann nicht auf einen Verfall des geltend gemachten Anspruchs stützen könnte.

Das Vorbringen des Klägers ist aber, insoweit folgt die Kammer ausdrücklich der Auffassung der Beklagten, aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalles als verspätet zurückzuweisen. Im Auflagenbeschluss vom 21.09.2004 (Bl. 43 d. A.) hat das Arbeitsgericht Ludwigshafen unter Ziffer 4 beiden Parteien aufgegeben, den letzten Arbeitsvertrag der Parteien - gültig bis zum Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die X. GmbH - in Kopie zur Gerichtsakte zu reichen. Den Parteien wird insoweit mitgeteilt, dass ein kurzer Hinweis dahingehend ausreichend ist, wenn dieser Arbeitsvertrag noch identisch sein sollte mit dem bereits zur Gerichtsakte gereichten Arbeitsvertrag vom 14.08.1968. Gemäß Ziffer 5 dieses Beschlusses werden beide Parteien darauf hingewiesen, dass verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben kann. Gemäß § 67 Abs. 2 ArbGG sind neue Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug entgegen einer dafür nach § 56 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 oder 61 a Abs. 3 oder 4 gesetzten Frist nicht vorgebracht worden sind, nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreites nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Zum einen hat der Kläger die Verspätung in keiner Weise entschuldigt. Zum anderen hätte die Zulassung nach der freien Überzeugung der Kammer die Erledigung des Rechtsstreits verzögert. Der Arbeitsvertrag, der zu einer völlig anderen Sachverhaltsbeurteilung führen musste, wurde am Donnerstag der Vorwoche per Fax erstmals dem Landesarbeitsgericht ebenso wie der Beklagten übermittelt; der Termin zur mündlichen Verhandlung war auf den nachfolgenden Montag festgesetzt. Zwar hat die Beklagte per Fax noch am selben Tage schriftsätzlich erwidert, sie hat aber dabei insbesondere darauf hingewiesen, dass sie über einen derartigen Vertrag nicht verfügt, weil ihr schlicht keine Personalakte des Klägers mehr zur Verfügung steht, sie diesen Sachvortrag also nicht nachvollziehen kann. Von daher wäre es aufgrund des selbstverständlichen Gebotes des fairen Verfahrens und des ausreichenden rechtlichen Gehörs erforderlich gewesen, den Rechtsstreit zu vertagen; die Erledigung des Rechtsstreits hätte sich also verzögert. Hinzu kommt, dass gemäß § 67 Abs. 4 ArbGG dann, wenn das Vorbringen neuer Angriffs und Verteidigungsmittel nach § 67 Abs. 2 ArbGG - war vorliegend nicht der Fall ist - zulässig wäre, diese vom Berufungskläger in der Berufungsbegründung vorzubringen sind. Werden sie später vorgebracht, sind sie nur zuzulassen, wenn sie nach der Berufungsbegründung oder der Berufungsbeantwortung entstanden sind oder das verspätete Vorbringen nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögert oder nicht auf Verschulden der Partei beruht. Dass der Vertrag nicht erst im Rahmen des Berufungsverfahrens zustande gekommen ist, bedarf keiner Erörterung. Die Erledigung des Rechtsstreits hätte sich aus den zuvor dargestellten Erwägungen heraus verzögert; dass das Verhalten des Klägers nicht auf seinem Verschulden beruht, lässt dies seinem eigenen Sachvorbringen nicht entnehmen.

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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