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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 04.07.2005
Aktenzeichen: 7 Sa 256/05
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO


Vorschriften:

ArbGG § 64 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 6
ArbGG § 66 Abs. 1
ZPO § 518
ZPO § 519
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 7 Sa 256/05

Entscheidung vom 04.07.2005

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 09.02.2005 - 4 Ca 2771/04 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten über die Rechtswirksamkeit einer betriebsbedingten Arbeitgeberkündigung.

Der 39-jährige ledige Kläger ist seit dem 01.06.1993 als Metallverarbeiter im Rahmen einer 40 Stunden Woche bei einem durchschnittlichen Bruttoentgelt von zuletzt 2.000,00 € bei der Beklagten beschäftigt. Die Beklagte stellt Rollstühle her.

Wegen der Einzelheiten des Arbeitsvertrages der Parteien wird auf Bl. 5 ff. d. A. Bezug genommen.

Mit Datum vom 22.09.2004 hat die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger betriebsbedingt zum 31.01.2005 wegen Verlegung der Metallfertigung nach X-Stadt, verbunden mit der Ablehnung des Angebots an den Kläger, dort tätig zu werden, gekündigt. Dagegen wendet sich der Kläger mit der am 07.10.2004 eingereichten, am 15.10.2004 erhobenen Klage.

Der Kläger hat vorgetragen,

er sei in sämtlichen Abteilungen der Betriebsstätte in C-Stadt einsetzbar. Er habe in allen Abteilungen mit Ausnahme der Büros gearbeitet. Er habe CNC-Computer und CNC Maschinen bedient. Er sei bereits als Vorarbeiter im Bereich der Verpackung tätig gewesen, später im Bereich der Endkontrolle Kommissionierung und Verschickung. Von der Ausbildung her sei er Drehergeselle und damit in allen Abteilungen einsetzbar. Er sei auch bereit, in jeder Abteilung Arbeitsleistungen zu erbringen, soweit sie seiner Befähigung entsprächen. In der Betriebsstelle C-Stadt werde die Montageabteilung zudem vergrößert. Die Beklagte erhalte fünf neue Produkte, deren Zusammenbau von ihr durchgeführt werden solle. Von daher müsse er bestreiten, dass eine Weiterbeschäftigung für ihn in C-Stadt nicht in Frage komme. Im Übrigen habe er sich intern auf die Ausschreibungen der freien Stellen beworben. Es sei zwar zutreffend, dass er seit Mitte letzten Jahres in der Lohngruppe 6 eingegliedert gewesen sei, tatsächlich sei er aber auch bereit gewesen, einer Rückstufung in die Lohngruppe 5 zuzustimmen. Dazu sei er jedoch nicht befragt worden. Im Übrigen seien die von der Beklagten in die anderen Abteilungen übernommenen Mitarbeiter ebenfalls nach der Lohngruppe 6 vergütet worden. Unabhängig davon bestehe im Bereich Montage Beschäftigungsbedarf, da seit drei Monaten erhebliche Überstunden gefahren würden. Derzeit seien sogar Leiharbeiter eingestellt. Im Übrigen habe die Beklagte nicht näher vorgetragen, mit wem er sozial verglichen worden sei und aus welchen Gründen genau eine Weiterbeschäftigung scheitere.

Der Kläger hat beantragt,

es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 22.09.2004 nicht beendet ist, sondern über den 31.01.2005 zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen,

in einer am 08.03.2004 stattgefundenen Geschäftsführersitzung habe die Unternehmensleitung beschlossen, die Abteilung Metallfertigung im Betrieb C-Stadt sukzessive bis zum 28.02.2005 in die Betriebsstätte in X.-Stadt zu verlagern. Der Personalleiter sei am 08.03.2004 vom Geschäftsführer von dieser Entscheidung in Kenntnis gesetzt und mit deren Umsetzung beauftragt worden. Der Sinn der Verlagerung bestehe darin, dass bisher die Rohfertigung der Metallteile in C-Stadt vorgenommen worden sei, die Teile dann zur Oberflächenbeschichtung nach X.-Stadt überführt worden seien, um danach zwecks Montage wieder nach C-Stadt transportiert zu werden. Durch die Verlagerung falle ein Transportweg weg. Im Übrigen seien seit August 2004 etliche Fertigungsstätten für einzelne gefertigte Produkte nach X-Stadt verlagert worden. Die beabsichtigte Verlegung der Abteilung Metallfertigung sei im Rahmen einer Abteilungsversammlung am 22.07.2004 den in der Abteilung beschäftigten Arbeitnehmern bekannt gegeben worden. Dadurch entfielen in C-Stadt 19 Arbeitsplätze. Im Betrieb C-Stadt seien zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung 82 Arbeitnehmer beschäftigt gewesen, 58 gewerbliche Arbeitnehmer und 24 Angestellte. Mit jedem der betroffenen Arbeitnehmer habe der Personalleiter im Zeitraum zwischen dem 06.09. und 07.09.2004 Einzelgespräche geführt und ihnen jeweils einen Arbeitsplatz in der Metallfertigung in X-Stadt angeboten. Auch dem Kläger sei ein solches Angebot unterbreitet worden, er habe jedoch erklärt, er wolle aus familiären Gründen nicht nach X-Stadt gehen. Soweit neben der Abteilung Metallfertigung noch die Bereich Näherei, Montage und Versand in C-Stadt bestünden, würden in der Näherei und dem Versand sämtliche Mitarbeiter nach Lohngruppe 3 bis 5, die Arbeitnehmer in der Montageabteilung nach den Lohngruppen 3 bis 6 vergütet. In der Metallfertigung seien die Mitarbeiter nach Lohngruppen 6 bis 8 vergütet worden, so dass eine Vergleichbarkeit der Arbeitnehmer der Abteilung Metallfertigung mit denen in der Näherei, Montage und Versand ausscheide. Soweit sich der Kläger auf die Stellenausschreibung beworben habe, habe es sich um einen damals freien Arbeitsplatz in der Abteilung Montage, einen freien Arbeitsplatz in der Abteilung Kundenservice-Sonderbau sowie einen Arbeitsplatz in der Abteilung Kundenservice-Musterbau gehandelt. Auf diese Arbeitsplätze hätten sich sechs Mitarbeiter beworben. Dies seien Herr W., Herr V., Herr U., Herr T., Herr S. und der Kläger gewesen. Zudem sei während des Aushangs der Stellenausschreibung ein weiterer Arbeitsplatz in der Montage vakant geworden. Aufgrund der besseren Qualifiktation habe man sich dann im Rahmen des Bewerbungsverfahrens entschieden, Herrn V. und Herrn W. in der Montageabteilung, Herrn T. im Bereich Kundenservice-Musterbau und Herrn S. im Kundenservice-Sonderbau einzusetzen. Aufgrund der fehlenden Qualifikation des Klägers sei die Auswahl der Besetzung der zuvor beschriebenen Arbeitsplätze nicht auf ihn gefallen. Was die Überstunden angehe, handele es sich nicht um ein dauerhaftes Arbeitsvolumen.

Das Arbeitsgericht Koblenz hat daraufhin durch Urteil vom 09.02.2005 - 4 Ca 2771/04 - festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 22.09.2004 nicht aufgelöst worden ist. Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Blatt 50 bis 56 der Akte Bezug genommen.

Gegen das ihr am 17.03.2005 zugestellte Urteil hat die Beklagte durch am 22.03.2005 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Sie hat die Berufung durch am 06.05.2005 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

Die Beklagte wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, lediglich vorsorglich seien die Sozialdaten der Arbeitnehmer zu benennen, die die vier in den Stellenausschreibungen benannten Arbeitsplätze letztendlich eingenommen hätten. Sie seien allesamt sozial schutzwürdiger als der Kläger. Insoweit wird zur weiteren Darstellung der Auffassung der Beklagten auf den Berufungsbegründungsschriftsatz vom 03.05.2005 (Bl. 70 - 75 d. A.) Bezug genommen. Der vom Kläger behauptete Umstand, er sei in der Vergangenheit in sämtlichen Abteilungen der Betriebsstätte der Beklagten mit Ausnahme der Büros eingesetzt worden, müsse mit Nichtwissen bestritten werden. Seit der Betriebsübernahme durch die Beklagte 1999 habe der Kläger allein in der Metallfertigung gearbeitet. Zudem beschränke sich die Sozialauswahl nur auf vergleichbare freie Arbeitsplätze. Desweiteren erstrecke sie sich lediglich auf die Arbeitnehmer in der Metallfertigung. Sämtliche Arbeitsplätze in den anderen Abteilungen, wie Näherei, Versand und Montage seien mit denen der Metallfertigung nicht zu vergleichen. Dies ergebe sich schon aus dem Vergütungsgefüge. Zwar sei der Kläger in der Metallfertigung in der Lohngruppe 6 eingruppiert, dennoch bestehe keine Vergleichbarkeit mit der höchsten Lohngruppe, nämlich der Lohngruppe 6 in der Montageabteilung. Denn die Arbeitnehmer in der Montageabteilung in dieser Vergütungsgruppe müssten Vorarbeiterfunktionen wahrnehmen, was bei den Arbeitnehmern der Metallfertigung mit gleicher Vergütungsgruppe nicht der Fall sei. Die Lohngruppe 6 stellte in der Montageabteilung grundsätzlich die höchste Vergütungsgruppe dar, während die in der Metallfertigung die niedrigste sei. Von daher werde verdeutlicht, dass sämtliche verbliebenen Arbeitnehmer der anderen Abteilungen nicht mit dem Kläger zu vergleichen seien.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 09. Februar 2005, Az.: 4 Ca 2771/04 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor, der Umstand, dass er zuvor in anderen Abteilungen beschäftigt gewesen sei, könne nicht mit Nichtwissen bestritten werden. Es gehe zudem nicht an, dass die Beklagte allein auf die Eingruppierung in Lohngruppen Bezug nehme. Zur weiteren Darstellung der Auffassung des Klägers wird auf den Berufungserwiderungsschriftsatz vom 31.05.2005 (Bl. 8 - 84 d. A.) Bezug genommen. Desweiteren werde der Kläger im Rahmen eines Prozessarbeitsverhältnisses in der Montageabteilung angelernt. Die dort anfallenden Tätigkeiten könne er durchaus ausführen. Die Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, dass keine ausreichende Arbeit mehr vorhanden sei. Der Kläger habe zwischenzeitlich 2 Tage an Überstunden abfeiern müssen, zudem habe er aktuell 10 Überstunden aufgeschrieben, er sei auch zweimal samstags tätig gewesen. Seit dieser Beschäftigung im Rahmen des Prozessarbeitsverhältnisses würden auch keinerlei Leiharbeitnehmer in der Abteilung mehr beschäftigt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen.

Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 04.07.2005.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

Das zulässige Rechtsmittel der Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Denn das Arbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der ordentlichen Kündigung der Beklagten vom 22.09.2004 am 31.01.2005 sein Ende gefunden hat.

Mit dem Arbeitsgericht geht die Kammer davon aus, dass die Kündigung nicht sozial gerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 1, 2, 3 KSchG).

Hinsichtlich des Prüfungsmaßstabes, von dem das Arbeitsgericht zutreffend ausgegangen ist, wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf Seite 6 bis 8 des angefochtenen Urteils (Bl. 53 - 55 d. A.) Bezug genommen.

Vorliegend ist davon auszugehen, dass für den Stand des Sachvortrages der Parteien im erstinstanzlichen Rechtszug die Beklagte bei der Entscheidung über die Weiterbeschäftigung einzelner Arbeitnehmer auf den letztlich vier freien Arbeitsplätzen die Pflicht zur Sozialauswahl nicht gewahrt hat.

Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf Seite 8, 9 der angefochtenen Entscheidung (Bl. 55, 56 d. A.) Bezug genommen.

Der Sachvortrag der Beklagten im Berufungsverfahren rechtfertigt keine abweichende Beurteilung des hier maßgeblichen Lebenssachverhaltes.

Zwar wird im Berufungsverfahren nunmehr hinsichtlich der vier weiterbeschäftigten Arbeitnehmer im Einzelnen behauptet, sie hätten teilweise besondere Kenntnisse, die eine Weiterbeschäftigung bedingen, desweiteren seien sie sozial schutzwürdiger; selbst wenn man dem vorliegend folgen würde, ist aufgrund des wirksamen Bestreitens des Klägers vorliegend nicht von einer ordnungsgemäß durchgeführten Sozialauswahl auszugehen.

Denn der Kläger hat bereits in der Klageschrift vom 06.10.2004 bestritten, dass die Beklagte eine ausreichende Sozialauswahl vorgenommen hat. Er hat dargestellt, dass Mitarbeiter nicht entlassen wurden, die geringer qualifiziert sind und sich seit kürzerer Zeit in der Firma befinden, wobei die sozialen Voraussetzungen die gleichen gewesen sein sollen. Von daher war die Beklagte bereits mit Zugang der Klageschrift veranlasst, im Einzelnen darzulegen, wie sie die Sozialauswahl durchgeführt hat, insbesondere, wie sei den Kreis der nach ihrer Auffassung vergleichbaren Arbeitnehmer gebildet hat.

Denn die Vergleichbarkeit der in die soziale Auswahl einzubeziehenden Arbeitnehmer richtet sich in erster Linie nach arbeitsplatzbezogenen Merkmalen und damit nach der ausgeübten Tätigkeit (BAG 07.02.1985 EzA § 1 KSchG Soziale Auswahl Nr. 20). Es ist also zu prüfen, ob der Arbeitnehmer, dessen Arbeitsplatz weggefallen ist, die Funktion eines anderen Arbeitnehmers wahrnehmen kann. Maßgeblich ist, ob derjenige Arbeitnehmer, dessen Arbeitsplatz aus betriebsbedingten Gründen ganz oder teilweise zum Fortfall gekommen ist, aufgrund seiner beruflichen Qualifikation sowie aufgrund seiner bisherigen Tätigkeiten im Betrieb dazu in der Lage ist, die andersartige, aber gleichwertige Arbeit von anderen Arbeitnehmern auszuüben (BAG 29.03.1990 EzA § 1 KSchG Soziale Auswahl Nr. 29). Zu berücksichtigen sind individuelle berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten, Leistungsfähigkeiten und -bereitschaft. Dagegen hat der arbeitsplatzbezogene Routinevorsprung außer Betracht zu bleiben. Allerdings muss der Arbeitnehmer, dessen Arbeitsplatz weggefallen ist, aufgrund seiner Fähigkeiten und betrieblichen Erfahrung nach einer kurzen Einarbeitungszeit in der Lage sein, die für den fortbestehenden Arbeitsplatz geforderte Tätigkeit auszuüben. Welcher Zeitraum dem Arbeitnehmer im Rahmen der Vergleichbarkeitsprüfung zuzubilligen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Als äußerste Grenze wird die Probezeit angesehen (vgl. Dörner/Luczak/Wilschütz, Handbuch Arbeitsrecht, 4. Auflage 2004 (DLW-Dörner), D Rz. 1475 ff. = Seite 1319 ff.).

Da der konkrete Arbeitsplatz eine Funktion des Betriebes ist, zu dem er gehört, nicht jedoch eines Unternehmens, bezieht sich die Sozialauswahl grundsätzlich auf den Betrieb, der vom Wegfall des Arbeitsplatzes betroffen ist, nicht auf das gesamte Unternehmen; die Sozialauswahl erfolgt daher betriebsbezogen.

Folge des Bestreitens der ordnungsgemäßen Sozialauswahl durch den Kläger in der Klageschrift, das als Auskunftsverlagen zu interpretieren ist, ist es, dass der Arbeitgeber die Gründe für die von ihm getroffene Sozialauswahl vorzutragen hat (vgl. DLW-Dörner a.a.O. Rz. 1623 m.w.N.). Hat der Arbeitgeber nach seinem Sachvortrag den Kreis vergleichbarer Arbeitnehmer objektiv zu eng gezogen, spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass seine Auswahl unzutreffend und damit im Ergebnis sozialwidrig ist (vgl. BAG 18.10.1984 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 33). Ergänzt er sodann seinen Sachvortrag nicht, so ist die Behauptung des Arbeitnehmers, der Arbeitgeber habe soziale Belange nicht ausreichend gewürdigt, als unstreitig anzusehen (BAG 15.06.1989 NZA 1990, 226).

Davon ist vorliegend auszugehen.

Denn nach dem Sachvortrag der Beklagten im Berufungsverfahren sind sämtliche Arbeitsplätze in den anderen Abteilungen wie Näherei, Versand und Montage mit denen der Metallfertigung generell nicht zu vergleichen, was sich schon aus dem Vergütungsgefüge ergeben soll. Dem kann nicht gefolgt werden.

Dabei ist zunächst davon auszugehen, dass der schriftlich zwischen den Parteien abgeschlossenen Arbeitsvertrag ausdrücklich in Ziffer 1 die Verpflichtung enthält, dass der Kläger alle ihm übertragenen Arbeiten nicht nur sorgfältig und gewissenhaft auszuführen hat, sondern bei Bedarf auch andere Arbeiten entsprechend seiner Qualifikation übernehmen und sich gegebenenfalls in eine andere Betriebsabteilung oder Betriebsstätte versetzen lassen muss. Bereits dieser Umstand ist ein starkes Indiz dafür, dass eine Einsatzmöglichkeit und die Fähigkeit des Klägers auch in anderen Betriebsabteilungen der Beklagten gegeben ist. Hinzu kommt, dass es nach der betrieblichen Struktur der Beklagten, soweit es den hier maßgeblichen Betrieb in C-Stadt anbelangt, allein im Hinblick auf die Beschäftigtenzahl (58 gewerbliche Arbeitnehmer) nahe liegt, dass eine weitergehende Substituierbarkeit, als von der Beklagten angenommen, gegeben ist. Denn bei der relativ geringen Zahl liegt es auf der Hand, dass Arbeitnehmer z. B. beim Zusammentreffen von Krankheitsfällen oder Urlaub und damit bei Arbeitsengpässen in bestimmten Bereichen auch teilweise Tätigkeiten ausüben, die vom unmittelbar vertraglich geschuldeten Berufsbild abweichen, zumal der Vertrag eine derartige Verpflichtung gerade vorsieht. Dies legt es besonders nahe, dass Arbeitnehmer in den einzelnen Abteilungen, in denen produziert wird, im Laufe des Arbeitsverhältnisses sich Fertigkeiten aneignen, die über den erlernten Ausbildungsberuf hinausgehen. Von daher ist es nachzuvollziehen, dass der Kläger im Einzelnen behauptet hat, dass er in praktisch allen Abteilungen der Beklagten im Rahmen des seit 1993 bestehenden Arbeitsverhältnisses mit Ausnahme der Büros beschäftigt worden ist.

Dem hat die Beklagte lediglich entgegengehalten, dass sich aus den Lohngruppen etwas anderes ergeben soll. Dies vermag die Kammer nicht nachzuvollziehen. Soweit es um die Vergleichbarkeit von Arbeitnehmern in der Metallfertigung und in der Montageabteilung geht, mag es sein, dass die Lohngruppe 6, in der der Kläger eingruppiert ist, in der Montageabteilung grundsätzlich die höchste Vergütungsgruppe darstellt, während diese in der Metallfertigung die niedrigste ist. Auf die Substituierbarkeit hinsichtlich des Inhalts der Tätigkeit hat dies freilich keinerlei Einfluss. Im Gegenteil spricht die gleiche Vergütungsgruppe gerade für eine Substituierbarkeit. Soweit die Beklagte demgegenüber darauf hingewiesen hat, dass die Mitarbeiter in der Lohngruppe 6 in der Montageabteilung Vorarbeiterfunktionen wahrnehmen müssten, während dies bei den Arbeitnehmern in Metallfertigung mit gleicher Vergütungsgruppe nicht der Fall sei, rechtfertigt dies keine abweichende Beurteilung. Zum einen wird nicht deutlich, in welchem zeitlichen Ausmaß Vorarbeiterfunktionen anfallen, zum anderen bleibt offen, warum der Kläger dazu nicht in der Lage sein soll, zumal er im Einzelnen behauptet hat, bereits derartige Vorarbeiterfunktionen tatsächlich ausgeübt zu haben. Die Beklagte hat demgegenüber diesen Umstand mit Nichtwissen bestritten, und sich darauf im Einzelnen nicht substantiiert eingelassen. Dies genügt vorliegend nicht, denn auch wenn die Beklagte 1999 den Betrieb übernommen hat, bedeutet das nicht, dass sie von allem, was im Betrieb der Beklagten zuvor im Rahmen des Arbeitsverhältnisses geschehen ist, keine Kenntnisse haben kann. Es mag sein, dass dies für die Geschäftsführer zutrifft, im Übrigen kommt ein Bestreiten mit Nichtwissen insoweit lediglich dann in Betracht, wenn keine anderen Arbeitnehmer mehr vorhanden sind, die über die Informationen verfügen, die es der Beklagten ermöglichen würden, im Einzelnen substantiiert zu diesem Sachvortrag des Klägers Stellung zu nehmen. Anhaltspunkte dafür bestehen nicht; dies widerspricht auch jeder Lebenserfahrung.

Von daher ist davon auszugehen, dass die Beklagte den Kreis der vergleichbaren Arbeitnehmer objektiv zu eng gezogen hat, so dass die Vermutung für eine fehlerhafte Sozialauswahl besteht. Diese Vermutung hat die Beklagte durch tatsächliches Vorbringen nicht ausgeräumt.

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Für eine Zulassung der Revision war angesichts der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.

Ende der Entscheidung

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